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Die Theologische Realenzyklopädie ist neben der gebundenen, "großen" Ausgabe auch in einer broschierten Studienausgabe erhältlich.
Teil I der Studienausgabe ist mit den Bänden 1-17 (Aaron - Katechismuspredigt) im Jahr 1993 erschienen. Ende 1999 folgte der Teil II mit den Bänden 18-27 (Katechumenat/Katechumenen - Publizistik/Presse). Damit reicht die TRE-Studienausgabe vom Stichwort "Aaron" bis zum Stichwort "Publizistik/Presse". Teil I und Teil II enthalten darüber hinaus jeweils ein Zwischenregister (1-17; 1-27). Nach Fertigstellung des Gesamtwerks legte der Verlag auch Teil III der…mehr

Produktbeschreibung
Die Theologische Realenzyklopädie ist neben der gebundenen, "großen" Ausgabe auch in einer broschierten Studienausgabe erhältlich.

Teil I der Studienausgabe ist mit den Bänden 1-17 (Aaron - Katechismuspredigt) im Jahr 1993 erschienen. Ende 1999 folgte der Teil II mit den Bänden 18-27 (Katechumenat/Katechumenen - Publizistik/Presse). Damit reicht die TRE-Studienausgabe vom Stichwort "Aaron" bis zum Stichwort "Publizistik/Presse". Teil I und Teil II enthalten darüber hinaus jeweils ein Zwischenregister (1-17; 1-27). Nach Fertigstellung des Gesamtwerks legte der Verlag auch Teil III der TRE-Studienausgabe vor (Pürstinger - Zypern).

Das 2006 erschienene Gesamtregister der gebundenen Ausgabe liegt seit 2010 in einer Broschurausgabe vor.

Die Bände der Studienausgabe entsprechen im wesentlichen denen der Originalausgabe. Das Druckbild ist geringfügig verkleinert, auf Kunstdrucktafeln und Faltkarten wird verzichtet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.01.2006

Glaube, mit und ohne Bett
Zum Abschluss der Theologie-Lexika „TRE” und „RGG”
Fachwörterbücher sind Wölfe im Schafspelz. Anscheinend ohne jede eigene Absicht stellen sie die Sachverhalte eines Fachgebietes von A bis Z vor. Tatsächlich aber konstituieren sie die Kategorien, mit deren Hilfe die Sachen gesehen werden sollen. Keinem anderen wissenschaftlichen Medium gelingt es so leicht, in schlichter Be-schriftung eine Vor-schrift zu verstecken. Das trifft auch auf zwei mehrbändige Fachwörterbücher im Gebiet von Theologie und Religion zu, von denen nun jeweils der letzte Band erschienen ist: der achte Band der vierten Auflage der „Religion in Geschichte und Gegenwart” (RGG) und der 36. Band der „Theologischen Realenzyklopädie” (TRE). Acht Jahre hat die RGG dafür benötigt, 28 Jahre die TRE, Vorbereitungsjahre nicht mitgerechnet. Die TRE ist die vierte Auflage der „Realencyclopädie für protestantische Theologie und Kirche”; die vorangehende Auflage erschien 1908 und bestand aus 21 Bänden. Die Kontinuität der RGG ist nicht weniger beeindruckend. Das Handwörterbuch erschien seit 1909 in mehreren Auflagen im selben Verlag.
Der gleichzeitige Abschluss beider Großprojekte - es werden nur noch Registerbände folgen - bietet die Chance, hinter die Kulissen zu schauen und die verborgenen Konstruktionspläne für religiöse Sachverhalte ans Licht zu bringen. Unschuldig waren wissenschaftliche Wörterbücher auf diesem Gebiet natürlich nie. Das wusste schon Ernst Troeltsch, als er 1906 schrieb: „Die durch die Einwirkung der Wissenschaft hindurchgegangene Religion wird eine andere werden und muss eine andere werden”. Welche Politik betreiben beide Werke bei dieser Verwandlung von Religion?
Dass die Zahl der Einträge der „RGG4” so viel größer ist als die der TRE, mag wie eine Äußerlichkeit erscheinen. Nach einer Überschlagsrechnung enthalten die acht Bände ungefähr 10 300 Einträge, von denen viele noch einmal intern unterteilt sind und von mehreren Autoren bearbeitet wurden. Die TRE dagegen hat nur 2 200 Einträge in 36 Bänden, von denen viele allerdings wieder mehrfach untergliedert sind. Der Reichtum an Stichworten, der die RGG so benutzerfreundlich macht, geht auf Debatten rund um die erste Auflage zurück. Der Verleger Paul Siebeck engagierte sich für ein „wissenschaftliches Nachschlagewerk für Jedermann”. Sein Vorbild waren die Konversationslexika, die deshalb einen mächtigen Einfluss auf das Bürgertum ausübten, weil sie dem Benutzer Wissenschaft in kleinen Dosen verabreichten, eine „Fülle schnell orientierender kleiner Artikel”.
Bei dieser Debatte ging es um mehr als Didaktik. Die feinmaschige Erfassung des Stoffes reagiert auch auf die Einsicht, dass die Bedeutung religiöser Sachverhalte nicht mehr im Rahmen theologischer Systematik, sondern nur noch gelebter Praxis erfasst werden kann. Keine Metaphysik, nicht einmal mehr die ethische von Kant, konnte noch eine Evidenz des Religiösen garantieren. Allein die Handlungspraxis war als Instanz der Beglaubigung religiöser Wahrheit übrig geblieben. Die RGG anerkannte uneingeschränkt die Geschichtlichkeit auch religiöser Glaubensgehalte und wollte sie auf möglichst erfahrungsnahe Sachverhalte herabbrechen.
Mittels historischer und vergleichender Methoden sollte hinter den schriftlichen Quellen lebendige Religiosität der frühen Christen und anderer Gläubiger wiedergewonnen werden. Dazu mussten Bezeichnungen wie Apokalyptik, Askese, Erlösungsreligion, Gnosis, Mystik geprägt werden; sie sollten auch die Fremdartigkeit genuinen Glaubens im Verhältnis zur modernen Kultur zur Darstellung bringen. Die führenden Köpfe der RGG reagierten damit auf eine in Deutschland verbreitete Befürchtung, die Rationalisierung der Lebenswelt bedrohe widerspenstige Formen subjektiver Religiosität. Die Auffindung einer möglichst großen Vielfalt von authentischen Formen von Religiosität war Programm.
Gereinigt und veredelt
Die Aufnahme populärer Schlagworte ist das auffälligste Merkmal der RGG. Als Lemma sollte „immer dasjenige Wort” dienen, „das den Benutzern des Handlexikons voraussichtlich am nächsten läge, mochte es den Fachgelehrten auch ferner liegen”, hieß es im Vorwort des ersten Bandes von 1909. Außerkirchliche Religiosität hatte damals wie heute wieder Hochkonjunktur; ein gemeinverständliches Wörterbuch für all diejenigen, die die neu „erwachte Kraft der Religion” am lebhaftesten empfanden, aber fehlte. Das Lexikon sollte „die Schlagwörter der Gegenwart, zufällig wie sie ihrer Natur nach sind” aufgreifen.
Soll ein Wörterbuch kursierende Begriffe aufgreifen und wissenschaftlich verfeinern - oder diese Begriffe gleich durch systematisch durchdachte ersetzen? TRE und RGG haben in dieser Frage jeweils anders entschieden. Die TRE will die „theologische Forschung repräsentieren” - nicht mehr nur die protestantische, wie 1908, sondern aller christlichen Kirchen. Andere Disziplinen werden nur insoweit herangezogen, als sie dabei unentbehrlich sind. Angesichts der selbst gestellten Aufgabe - „die Erfassung des Ganzen” der Theologie - sind dies Philosophie, Religionsgeschichte und Judaistik. Aufgenommen wird nur das, an dem „das Ganze zur Darstellung gebracht werden kann”. Die TRE hält sich nicht lange bei der vagabundierenden Religiosität auf und liefert dem Wissenschaftsbetrieb gleich die gereinigten und veredelten Produkte.
Man kann die Leistungsfähigkeit beider Strategien an gleichen Einträgen ablesen. Nehmen wir den Fall des „Fundamentalismus”. Der Begriff wurde in den siebziger Jahren von den Medien populär gemacht, um öffentlich auftrumpfende religiöse Gruppen als vormodern abzustempeln. Die TRE reagiert darauf mit einer Definition: Fundamentalistisch seien solche christlichen Gruppen, die an der Lehre von der Verbalinspiration und Unfehlbarkeit der Bibel festhalten; entstanden seien sie Ende des 19. Jahrhunderts in Gegnerschaft zur historisch-kritischen Forschung. Der Verfasser des Eintrags findet diese Haltung krampfhaft und bar jeder Glaubensfreiheit.
Der gleiche Eintrag der RGG4 nennt Fundamentalismus einen „Kampfbegriff”. Auch ein solcher könne jedoch „eine wissenschaftlich-diagnostische Bedeutung” besitzen, wenn er nämlich erkennen lässt, dass es sich um eine Erscheinung nicht gegen die Moderne, sondern in der Moderne handelt. Da diese Erscheinung weltweit verbreitet ist, erweitert die neue RGG den Eintrag „Fundamentalismus” der 3. Auflage von einer auf zwölf Spalten in 12 Unterartikeln, durch die sich die Beziehung des Fundamentalismus zur Moderne zieht: Fundamentalismus bekräftigt solche Traditionen, die mit einem Glauben an Vernunft und Fortschritt unvereinbar sind und die deshalb Prüfsteine des wahren Glaubens sind.
Der Antichrist ist auch dabei
Diese Herangehensweise verlangt zwingend die Einbeziehung von nicht-theologischen Disziplinen. Bereits die erste Auflage würdigte einen Umstand positiv, der von Theologen oft beklagt wurde: dass sich Philosophie und Einzelwissenschaften von der Theologie gelöst hätten. Die RGG begrüßte das ausdrücklich und sah es als ihre eigene Aufgabe an, die verselbständigten Disziplinen zu Worte kommen zu lassen.
Ähnlich die Haltung gegenüber der religiösen Pluralität. Seit der 1. Auflage verarbeitete die RGG „von den Tatsachen der allgemeinen Religionswissenschaft alles Material, das für Geschichte und Gegenwart unserer Religion Bedeutung hat” (Vorwort). Historische Unterschiede werden eher vertieft. Im Fall der „Apokalyptik” etwa heißt das, dass jüdische und altchristliche Apokalyptik getrennt behandelt werden. Auch sonst zerlegen die Einträge die Religion nach Epochen und verschiedenen Traditionen.
Anfangs wurde das Judentum noch aus dem Blickwinkel des Alten Testamentes präsentiert; der Islam tauchte nur als ferne und fremde Religion auf. Es ist spannend zu verfolgen, wie in der vierten RGG-Auflage diese Beschränkungen fallen. Wo früher die Konzeption „Altes Testament” die Darstellung bestimmte, wird jetzt das Judentum als solches behandelt. Noch revolutionärer ist, dass der Islam einbezogen wird. So gibt es unter „Bekehrung/Konversion” oder „Bekenntnis” jetzt auch einen Abschnitt „Islam”. Die Islamteile begleiten den zeithistorisch wichtigen Vorgang der Rückkehr des Islams nach Europa. Die TRE hingegen hat noch gezögert, diesen Schritt zu tun; eine mögliche religiöse Ökumene der drei abrahamischen Religionen Judentum, Christentum, Islam bleibt außerhalb des Vorstellbaren.
Geschichte ist eine Konstruktion aus der Gegenwart heraus. Auch das Erkennen von Religion unterliegt diesem Gesetz. Die erste Auflage der RGG war sich dessen noch quälend bewusst und gab in dieser Sache Heinrich Rickert das Wort: Der Historiker erfasse die geschichtliche Wirklichkeit nach Maßgabe der allgemeinen Kulturwerte, die in seinem Gegenwartsbewusstsein leben. Wieweit dieses Problem die Herausgeber heute umtreibt und bei der Arbeit an den Wörterbüchern geleitet hat, wird man fragen dürfen. Blickt man auf die neue RGG, stößt man immerhin auf einen kurzen Artikel „Kulturwissenschaften” von Friedrich Wilhelm Graf; glasklar legt er dar, dass der Konstruktionscharakter historischen Wissens auch heutige Kulturwissenschaftler herausfordert. Was einst ein mächtiger Balken im Gebäude der ersten Auflage der RGG war, ist heute ein Eintrag unter anderen geworden.
Die eher zögerliche Anerkennung der Gegenwart als Horizont auch der Religionsgeschichte wiederholt sich in Bezug auf die Aktualität religionshistorischer Sachverhalte. So behandelt die RGG zwar die Figur des „Antichrists” in der Neuzeit, aber nur bis Friedrich Nietzsche. Und die TRE meldet, nur wenige Menschen glaubten heute noch an den Antichrist. Beide Wörterbücher ignorieren die enorme Verbreitung des Glaubens an den Antichrist oder analoger Gestalten in den USA und im Nahen Osten im 20./21. Jahrhundert.
„Das Schicksal einer Kulturepoche, die vom Baum der Erkenntnis gegessen hat, ist es, wissen zu müssen, dass wir den Sinn des Weltgeschehens nicht aus dem noch so sehr vervollkommneten Ergebnis seiner Durchforschung ablesen können, sondern ihn selbst zu schaffen imstande sein müssen”, konstatierte Max Weber. Beide Werke können diesem Problem nicht aus dem Wege gehen. Die TRE wählt die theologische Forschung als Konvergenzpunkt der Einträge, die RGG eine institutionell entbettete und kulturell diversifizierte Religion.
HANS G. KIPPENBERG
THEOLOGISCHE REALENZYKLOPÄDIE. Hrsg. v. Gerhard Müller u. a. Band 36: Wiedergeburt - Zypern. Walter de Gruyter, Berlin 2005. 872 S., 268 Euro.
RELIGION IN GESCHICHTE UND GEGENWART. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Vierte Auflage. Hrsg. v. Hans Dieter Betz u. a. Band 8: T-Z. Mohr Siebeck, Tübingen 2005. 983 Seiten, 214 Euro.
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