Ingo Schulze
Broschiertes Buch
33 Augenblicke des Glücks (Dreiunddreißig)
Aus den abenteuerlichen Aufzeichnungen der Deutschen in Piter
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Traumhaft schöne Geschichten aus dem Wilden Osten. »Vor einem Jahr erfüllte ich mir einen langgehegten Wunsch und fuhr mit der Bahn nach Petersburg.«
Die einzelnen Episoden dieses fabelhaften Prosadebüts erzählen von einer Stadt, die schon Generationen von Schriftstellern, Künstlern, Musikern - und Lesern fasziniert hat. Die quicklebendige Stadt an der Newa, wo die Pracht der Vergangenheit sich mit den Schrecken der Gegenwart mischt, eignet sich vorzüglich als Projektionsfläche für Schulzes literarische Phantasien.
Die einzelnen Episoden dieses fabelhaften Prosadebüts erzählen von einer Stadt, die schon Generationen von Schriftstellern, Künstlern, Musikern - und Lesern fasziniert hat. Die quicklebendige Stadt an der Newa, wo die Pracht der Vergangenheit sich mit den Schrecken der Gegenwart mischt, eignet sich vorzüglich als Projektionsfläche für Schulzes literarische Phantasien.
Ingo Schulze wurde 1962 in Dresden geboren und lebt in Berlin. Er wurde u.a. mit dem Joseph-Breitbach-Preis und dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Seine Bücher erscheinen in 30 Sprachen.
Produktdetails
- dtv Taschenbücher 19129
- Verlag: DTV
- 1. Auflage
- Seitenzahl: 320
- Erscheinungstermin: 1. März 2009
- Deutsch
- Abmessung: 190mm x 120mm x 19mm
- Gewicht: 266g
- ISBN-13: 9783423191296
- ISBN-10: 3423191295
- Artikelnr.: 23825365
Herstellerkennzeichnung
dtv Verlagsgesellschaft
Tumblingerstraße 21
80337 München
produktsicherheit@dtv.de
Dreiunddreißig Augenblicke des Glücks
St. Petersburger Szenen von Ingo Schulze als Vorabdruck in der F.A.Z.
Das einzige, was Hofmann zurückgelassen hatte, war ein Manuskript, von dem keineswegs sicher war, daß es wirklich von Hofmann stammte. Nach einem langen, gemeinsam verbrachten Abend im Speisewagen steckte es am Morgen im Gepäcknetz des Schlafwagens, der die Reisende nach St. Petersburg bringen sollte. Kommentarlos, ein letzter Gruß der charmanten, wennn auch recht undurchsichtigen Reisebekanntschaft, die so kurzweilig aus Rußland zu erzählen verstand und eigenen Worten zufolge die Fiktion für nicht weniger wirklich hielt als den Unfall auf der Straße.
Bei ihrer nächsten Zufallsbegegnung im Zug
St. Petersburger Szenen von Ingo Schulze als Vorabdruck in der F.A.Z.
Das einzige, was Hofmann zurückgelassen hatte, war ein Manuskript, von dem keineswegs sicher war, daß es wirklich von Hofmann stammte. Nach einem langen, gemeinsam verbrachten Abend im Speisewagen steckte es am Morgen im Gepäcknetz des Schlafwagens, der die Reisende nach St. Petersburg bringen sollte. Kommentarlos, ein letzter Gruß der charmanten, wennn auch recht undurchsichtigen Reisebekanntschaft, die so kurzweilig aus Rußland zu erzählen verstand und eigenen Worten zufolge die Fiktion für nicht weniger wirklich hielt als den Unfall auf der Straße.
Bei ihrer nächsten Zufallsbegegnung im Zug
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trifft die Reisende einen jungen Mann mit literarischen Ambitionen. Kurz darauf erhält er das Manuskript per Post, mit der Bitte, für eine Veröffentlichung zu sorgen. Denn durch ein paar kleine Überarbeitungen lasse sich bestimmt eine "recht kurzweilige Unterhaltung" daraus machen. Der junge Literat übernimmt die Aufgabe in der Überzeugung, die ihm anvertrauten Aufzeichnungen seien nicht nur unterhaltsam, sondern womöglich bestimmt, "die anhaltende Diskussion um den Stellenwert des Glücks neu zu beleben".
Mit dieser Rahmenhandlung beginnt Ingo Schulzes chronikalische Erzählung "33 Augenblicke des Glücks. Aus den abenteuerlichen Aufzeichnungen der Deutschen in Piter", die wir von morgen an vorabdrucken. Die literarischen Modelle der Rahmenhandlung und der fingierten Herausgabe eines Textes von fremder Hand und obskurer Herkunft sind dem achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhundert entliehen, der Tonfall aber, in dem Schulze seine Rahmenhandlung angelegt hat, ist unverkennbar von heute. Und von der Gegenwart handeln denn auch fast alle Stücke des Buches, trotz des historisierenden Untertitels, der von ferne an Goethes "Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten" denken läßt.
Die Anspielung auf Goethe dürfte kein Zufall sein. Denn so wie Goethe den Untergang des Ancien régime und den Epochenwechsel der Französischen Revolution zum Hintergrund seines Novellenzyklus machte, hat auch der 1962 in Dresden geborene Schulz einen historischen Wendepunkt zum Anlaß seines Prosadebüts genommmen. Die 33 Texte - kurze Szenen, skizzenhafte Erzählungen, Prosaminiaturen, Kunstmärchen und kleine Novellen - ergeben ein Petersburger Panorama, das beispielhaft das Leben in Rußland nach dem Zusammenbruch der Nomenklatura und der Implosion des kommunistischen Systems widerspiegeln soll.
In erstaunlicher stilistischer Vielfalt erzählt Schulze das Märchen vom amerikanischen Generaldirektor, der die drei schönen Töchter einer armen Arbeiterin heiratet, berichtet von unheimlichen Ausflügen aufs Land und davon, wie noch in dem alten Regime der Zauberstab erfunden wurde, aber nur ein einziges Mal benutzt werden konnte. Der Westen, so scheint es, ist in Rußland heute kaum weniger präsent als die alte Sowjetunion. Aber wenn Schulze aus Puschkins berühmtem Postmeister einen Tankwart macht, sonst aber nahezu nichts am Gang der klassischen Novelle ändert, soll dies bedeuten, daß auch in Piter, wie die Einwohner von St. Petersburg ihre Stadt nennen, nicht alles Elend neu und nicht alles Neue elend ist. HUBERT SPIEGEL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mit dieser Rahmenhandlung beginnt Ingo Schulzes chronikalische Erzählung "33 Augenblicke des Glücks. Aus den abenteuerlichen Aufzeichnungen der Deutschen in Piter", die wir von morgen an vorabdrucken. Die literarischen Modelle der Rahmenhandlung und der fingierten Herausgabe eines Textes von fremder Hand und obskurer Herkunft sind dem achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhundert entliehen, der Tonfall aber, in dem Schulze seine Rahmenhandlung angelegt hat, ist unverkennbar von heute. Und von der Gegenwart handeln denn auch fast alle Stücke des Buches, trotz des historisierenden Untertitels, der von ferne an Goethes "Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten" denken läßt.
Die Anspielung auf Goethe dürfte kein Zufall sein. Denn so wie Goethe den Untergang des Ancien régime und den Epochenwechsel der Französischen Revolution zum Hintergrund seines Novellenzyklus machte, hat auch der 1962 in Dresden geborene Schulz einen historischen Wendepunkt zum Anlaß seines Prosadebüts genommmen. Die 33 Texte - kurze Szenen, skizzenhafte Erzählungen, Prosaminiaturen, Kunstmärchen und kleine Novellen - ergeben ein Petersburger Panorama, das beispielhaft das Leben in Rußland nach dem Zusammenbruch der Nomenklatura und der Implosion des kommunistischen Systems widerspiegeln soll.
In erstaunlicher stilistischer Vielfalt erzählt Schulze das Märchen vom amerikanischen Generaldirektor, der die drei schönen Töchter einer armen Arbeiterin heiratet, berichtet von unheimlichen Ausflügen aufs Land und davon, wie noch in dem alten Regime der Zauberstab erfunden wurde, aber nur ein einziges Mal benutzt werden konnte. Der Westen, so scheint es, ist in Rußland heute kaum weniger präsent als die alte Sowjetunion. Aber wenn Schulze aus Puschkins berühmtem Postmeister einen Tankwart macht, sonst aber nahezu nichts am Gang der klassischen Novelle ändert, soll dies bedeuten, daß auch in Piter, wie die Einwohner von St. Petersburg ihre Stadt nennen, nicht alles Elend neu und nicht alles Neue elend ist. HUBERT SPIEGEL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Verschwendetes Erzähltalent
In seiner ersten Buchveröffentlichung «33 Augenblicke des Glücks» von 1995 hat Ingo Schulze eigene Erfahrungen verarbeitet, die er während seiner beruflichen Tätigkeit in Sankt Petersburg gewonnen hatte, worauf auch der Untertitel …
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Verschwendetes Erzähltalent
In seiner ersten Buchveröffentlichung «33 Augenblicke des Glücks» von 1995 hat Ingo Schulze eigene Erfahrungen verarbeitet, die er während seiner beruflichen Tätigkeit in Sankt Petersburg gewonnen hatte, worauf auch der Untertitel «Aus den abenteuerlichen Aufzeichnungen der Deutschen in Piter» schon hinweist. Diese Großstadt bildet eine Projektionsfläche für knapp drei Dutzend Kurzgeschichten recht unterschiedlicher Länge, die von den Alltagsproblemen der Bevölkerung in «Piter», wie sie ihre Stadt liebevoll nennen, nach der Epochenwende handeln, dem Fall des Eisernen Vorhangs und den darauf folgenden Umwälzungen. Der von der Kritik auffallend konträr bewertete Erzählband fand später Aufnahme in die zweite Staffel der Anthologie der Süddeutschen Zeitung, - zu Recht?
«Ich will es ihnen erklären: Vor einem Jahr erfüllte ich mir einen langgehegten Wunsch und fuhr mit der Bahn nach Petersburg» lautet der erste Satz. Der Autor baut damit die Fiktion auf, eine Frau hätte die Mappe eines Mitreisenden namens Hofmann im Zug gefunden, in denen dieser eigene und ihm von Freunden zugetragene Erlebnisse niedergeschrieben habe. Sie schickt die Mappe dem Autor zur Veröffentlichung. «Wäre ich nicht zu der Überzeugung gelangt», schreibt jener, «dass die hier versammelten Aufzeichnungen über einen bloßen Unterhaltungswert hinausgingen und die Möglichkeit in sich trügen, die anhaltende Diskussion um den Stellenwert des Glücks zu beleben, hätte ich von dieser Aufgabe Abstand genommen». Genau diese Mappe liege nun als Buch vor dem Leser. Ein Hinweis also gleich am Anfang schon auf «Hoffmanns Erzählungen», und abenteuerlich geht es denn auch bereits in der ersten Geschichte zu.
In Episoden ohne erkennbaren Zusammenhang wird aus dem postsowjetischen Alltag berichtet, Protagonisten sind dabei die sogenannten kleinen Leute, die mit den gesellschaftlichen Veränderungen mehr oder weniger gut zurechtkommen. Die Figuren sind recht plastisch beschrieben, sie lassen die typisch russische Seele erkennen in einem bunten Panoptikum, beginnend mit der Edelhure im Hotelfoyer über einfache Arbeiter, arme Landleute, kleine Angestellte, gerissene Geschäftemacher, skrupellose Waffenhändler bis hin zu den brutalen russischen Mafiosi. Was da erzählt wird ist abenteuerlich surreal, der Autor treibt ein ironisches Spielchen mit seinen Lesern, zweigt vom Schönen, Anheimelnden, Märchenhaften plötzlich und unvermutet ins Groteske, Eklige, Grausame und leider häufig völlig Sinnfreie ab. Ein «Wilder Osten» also, der in Kannibalismus gipfelt, das im Buchtitel verheißene Glück wird ad absurdum geführt.
Es wird gekonnt erzählt in einer leicht lesbaren Sprache, wobei inhaltlich Bezüge zu verschiedenen russischen Autoren erkennbar werden, aber auch zu E.T.A. Hoffmann. Kurz nach der Kannibalismus-Episode in der Mitte hat ein Leser vor mir in das Buch geschrieben: «Ingo, Ingo. Bis hierhin bin ich nun gekommen beim Lesen, - aber so langsam denke ich darüber nach, dieses Buch nicht mehr zu Ende zu lesen». Ähnliches findet sich auch in anderen Kommentaren, viele waren froh, als die Lektüre endlich beendet war. Mir ging es ebenso! Denn die sarkastische Erzählweise führt den Leser zu einer makabren Art von «Glück», das verstörend oft die Bösewichte betrifft, zum Beispiel bei den glücklichen Mördern der kannibalischen Sauna-Orgie. Der Sarkasmus des Autors ist also schon im Titel präsent, und man fragt sich unwillkürlich, warum straft der Autor seine Leser derartig? Nicht das Makabre ist damit gemeint, auch nicht das zumeist rätselhaft abrupte Ende seiner Kurzgeschichten, sondern das ins Nichts führende, so offenkundig Sinnlose, das den Leser zweifeln lässt an seinen eigenen geistigen Fähigkeiten. Eine Art Publikumsbeschimpfung à la Handke, oder der Versuch, originell anders zu sein als Schriftsteller, und das schon gleich beim Debüt? Schade für ein zweifellos vorhandenes, aber sinnlos verschwendetes Erzähltalent am untauglichen Objekt!
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