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Eine Ausstellung im Stuttgarter Haus der Geschichte unter dem Titel Mythos Rommel wurde 2008 zu einem großen Publikumserfolg. Noch immer interessieren Leben und Tod des bekanntesten deutschen Generals im Zweiten Weltkrieg offenbar viele Deutsche. Die einen beschäftigt sein legendärer Feldzug in Afrika, der ihm den Beinamen Wüstenfuchs eintrug, und sein Verhältnis zum Widerstand des 20. Juli, die anderen sehen in ihm vor allem Hitlers populärsten General. Nun beschreibt sein Sohn Manfred Rommel aus eigener Anschauung und in Kenntnis wichtiger Quellen zum ersten Male ausführlich die spektakuläre…mehr

Produktbeschreibung
Eine Ausstellung im Stuttgarter Haus der Geschichte unter dem Titel Mythos Rommel wurde 2008 zu einem großen Publikumserfolg. Noch immer interessieren Leben und Tod des bekanntesten deutschen Generals im Zweiten Weltkrieg offenbar viele Deutsche. Die einen beschäftigt sein legendärer Feldzug in Afrika, der ihm den Beinamen Wüstenfuchs eintrug, und sein Verhältnis zum Widerstand des 20. Juli, die anderen sehen in ihm vor allem Hitlers populärsten General. Nun beschreibt sein Sohn Manfred Rommel aus eigener Anschauung und in Kenntnis wichtiger Quellen zum ersten Male ausführlich die spektakuläre Laufbahn seines Vaters, seine Einstellung zum NS-Regime und vor allem seinen Plan, durch eineKapitulation der Wehrmacht in Frankreich den Krieg im Westen 1944 in der Hoffnung zu beenden, dadurch vielleicht den Vormarsch der Roten Armee im Osten stoppen zu können.
Autorenporträt
Professor Dr. h.c. Manfred Rommel, geboren 1928 in Stuttgart als Sohn des späteren Feldmarschalls Erwin Rommel, war dort bis 1996 22 Jahre lang Oberbürgermeister, dreimal Präsident des Deutschen Städtetages und bis 1999 Koordinator für die deutsch-französische Zusammenarbeit. Nach dem Studium der Rechte und der Zweiten Juristischen Staatsprüfung trat er in den Dienst der Regierung seines Heimatlandes. Vor seiner Wahl zum Oberbürgermeister war er Staatssekretär des Finanzministeriums. Seit 1981 veröffentlichte er zwölf Bücher. Seine Erinnerungen "Trotz allem heiter" (1998) standen lange auf den Bestsellerlisten. 2000 erschien von ihm bei Hohenheim "Neue Sprüche und Gedichte", 2001 "Holzwege zur Wirklichkeit" und 2002 "Ratschläge und fromme Wünsche".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.08.2010

Der Zuwiderhandler und die Waffen-SS
Erwin Rommel und Sepp Dietrich strebten 1944 einen "Friedensschluss" im Westen an, meint Manfred Rommel

Der Sohn des legendären Generalfeldmarschalls kann auf eine glanzvolle Karriere als Spitzenbeamter und Kommunalpolitiker zurückblicken. Trotz schwerer Krankheit setzt sich Manfred Rommel nun mit seinem berühmten Vater auseinander - angeregt durch jene publikumswirksame Ausstellung, die er durch Dokumente und Devotionalien aus seinem Privatbesitz 2009 im Haus der Geschichte Baden-Württemberg ermöglichte. Im Vorwort des aufschlussreichen Buchs teilt er mit, dass er "von Rommel oder Feldmarschall" sprechen werde, nicht vom Vater oder Papa. Man solle "sich nicht mehr als nötig verkindlichen, außerdem bin ich ja 81 Jahre alt, während mein Vater nur 52 Jahre alt wurde". Der Buchtitel führt etwas in die Irre, weil keine auf das Jahr 1944 konzentrierte Darstellung geboten wird, sondern die ganze Laufbahn, angereichert durch Reden von Manfred Rommel über das Attentat auf Hitler vom 20. Juli und über Carl Goerdeler, der - leicht unpassend - als "Kanzlerkandidat des deutschen Widerstands" eingeführt wird.

Der Autor stellt wortreich das Desinteresse des Vaters an der Politik heraus. Außerdem wird auf eine von Hitler veranlasste "unvorstellbare Uninformiertheit über die Gesamtlage" hingewiesen: "Es ist erstaunlich, dass die Spitzen der Wehrmacht solch eine Abkoppelung von den Informationen hingenommen haben." Immerhin räumt er ein, dass "einzelne Militärs, Beamte und sonstige Funktionsträger durch eigene Anschauung oder dank besonderer Informationsquellen über die Verbrechen des NS-Staates informiert" waren. Anfang 1944 setzte Generaloberst Blaskowitz den Feldmarschall über deutsche Massenerschießungen beim Polen-Feldzug in Kenntnis, Stuttgarts Oberbürgermeister Strölin sprach davon, "dass Juden durch Gas ermordet würden". Das alles habe Rommel nicht gebilligt, sich vielmehr darum bemüht, "den Ruf der Wehrmacht auch bei den Gegnern zu wahren. Seine Zurückhaltung mit Kritik an Hitler war normal. Auch ich habe mich als Verwaltungsbeamter bemüht, über meine Oberen besser zu sprechen, als ich manchmal von ihnen dachte."

Nun zur zentralen Frage: Glaubt der Sohn, dass sein Vater ein Widerstandskämpfer war? Eher nicht: "Rommel hielt vor einer alliierten Landung keinen Aufstand gegen Hitler für machbar", wollte "im Westen den Krieg beenden", hielt aber "ohne einen Friedensplan der Westmächte" einen Aufstand nicht für sinnvoll. Ja, er glaubte lange daran, "dass Hitler selber geht, wenn ihm bewusst wird, dass der Krieg verloren ist. Deshalb versuchte er, ihn mit der Wahrheit zu konfrontieren und ihm eine Stellungnahme zum weiteren Kriegsverlauf abzuringen."

Aber der "Führer" dachte nicht daran, "dem Volk diesen Dienst zu erweisen". So "entschloss sich Rommel, gegen Hitlers Befehl zu kapitulieren". Mit den an Hitler gerichteten "Betrachtungen zur Lage" vom 15. Juli 1944 habe er den point of no return überschritten, hätte handeln müssen: "Erwägungen, ein Attentat auf Hitler durchzuführen, waren Rommel bekannt. Möglicherweise rechnete er am 17. Juli 1944, als seine letzte Gefechtsfahrt im Geschosshagel der britischen Tiefflieger endete, nicht damit, dass ein Attentat tatsächlich unternommen werde." Durch schwere Verwundungen war er dann nicht mehr handlungsfähig. Nach dem 20. Juli seien viele Spuren verwischt worden, aber es sei sicher, dass er "den Krieg um jeden Preis" beenden wollte.

Relativ gut weg kommen in Manfred Rommels Buch einige Generale der Waffen-SS - allen voran Sepp Dietrich -, die "keinen der Verschwörer verraten" hätten, "natürlich auch, weil man bestrebt war, dass die eigene Verstrickung nicht bekannt wurde. Heute mag es manchen erstaunen, dass Rommel den Chefs der dem Führer besonders verbundenen politischen Truppe seine Absichten andeutete oder sogar mitteilte." Ohne deren Beteiligung sei es ihm nicht möglich gewesen, die Heeresgruppe B "auf die andere Seite zu bringen und zu verhindern, dass sich seine Soldaten deswegen gegenseitig umbringen". Dazu teilt der Autor mit: "Im Juli 1944 sprach Rommel Dietrich an und fragte: Mit wem geht ihr, wenn ich hier Schluss mache? Dietrich antwortete: ,Sie sind unser Oberbefehlshaber, wir gehen mit Ihnen!' Rommel erwähnte dieses Gespräch vor seinem Tod mehrmals im Familienkreise." Frau Lucie Rommel und Sohn Manfred "bestätigen Dietrich diese Äußerung Rommels durch eine eidesstattliche Erklärung" im Mai 1950. Dies wiederholt Manfred Rommel im Laufe seiner Darstellung: Er und seine Mutter versicherten feierlich, "der Feldmarschall habe den Eindruck gehabt, dass sich die von Sepp Dietrich geführte SS im Falle eines eigenmächtigen Friedensschlusses durch das Oberkommando der Herresgruppe B nicht hinter Hitler, sondern hinter das Oberkommando gestellt hätte".

Vollständig zitiert wird jener Brief, mit dem sich Erwin Rommel am 1. Oktober 1944 bei Hitler für den inhaftierten Generalleutnant Hans Speidel einsetzen wollte. Hier nahm er Bezug auf seine Lagebetrachtung vom 15. Juli und die dem Oberbefehlshaber West Hans-Günther von Kluge "dringendst" vorgetragene Bitte, er möge dem "Führer" stets "ganz offen die Lage an der Front berichten und nichts Unangenehmenes" verschweigen. Oft gäben Historiker nur den Schluss des Briefes wieder: "Sie, mein Führer, wissen, wie ich meine ganze Kraft und mein Können eingesetzt habe, sei es im Westfeldzug 1940 oder in Afrika 1941-1943 oder in Italien 1943 oder wieder im Westen 1944. Mich beherrschte stets nur ein Gedanke: zu kämpfen und zu siegen für Ihr neues Deutschland." Dabei habe der Feldmarschall den Brief nicht abgeschickt, "weil er meinte, er sei nicht glaubhaft"; sodann sollte das Schriftstück "Hitler als Herr über Leben und Tod zugunsten Speidels milde stimmen". Zudem habe der Schreiber "einige seiner sehr kritischen Hinweise auf Hitlers Führungsfehler" wiederholt. Den Brief übergab Frau Rommel nach dem erzwungenen Selbstmord des Feldmarschalls vom 14. Oktober dem Ordonnanzoffizier Hellmuth Lang mit der Bitte, "den Brief über SS-Oberstgruppenführer Sepp Dietrich doch noch Hitler zuzuleiten." Dazu kam Lang jedoch nicht.

In dem gelungenen Sammelband über Rommel aus der Vorbereitungsphase der Stuttgarter Ausstellung wird der Bogen geschlagen vom Ersten Weltkrieg über den Schauplatz Afrika und den Wochenschau-Helden bis zur Gedenkstätte El-Alamein, die Ernst-Heinrich Schmidt vorstellt: Beim "Battlefield Museum" schufen Fachleute aus Deutschland, Großbritannien und Italien keine "Ruhmeshalle oder Trophäenkammer", sondern ein "Militärmuseum gegen den Krieg". Schmidts Urteil über Rommel lautet: "Vor El Alamein hatte er seine Truppe ,nicht zum Siege führen' können. ,Zum Tode führen' wollte er sie nicht. Hier schlug die erste Stunde für jene persönliche Entwicklung, die Rommel zum Zuwiderhandeln, zum Widerspruch, in die Nähe des Widerstands gegen Hitler brachte." Demgegenüber sieht der Dokumentarfilmer Maurice Philip Remy in Rommel einen "Teil der Verschwörung", spätestens ab dem 9. Juli 1944: "Rommel begann mit den Vorbereitungen für einen separaten Waffenstillstand im Westen; das hätte den Alliierten den Vorstoß ins Reichsgebiet ermöglicht. Das Regime wäre zusammengebrochen, mit größerer Sicherheit jedenfalls als nach einem geglückten Attentat." Auch Remy erwähnt die Kontaktaufnahme mit der SS, datiert sie auf den 17. Juli: "Rommel hatte die Sorge, dass die SS-Verbände sich bei einem geplanten Waffenstillstand gegen ihn wenden würden. Seine Befürchtungen bestanden zu Unrecht. Es scheint, dass er gerade bei ,Sepp' Dietrich, einem alten Gefolgsmann Hitlers, offene Türen einrannte." Remy stützt sich auf eine Erklärung des Ordonnanzoffiziers Lang: Rommel habe den SS-General gefragt, ob er seine Befehle auch ausführe, "wenn sie im Widerspruch zu denen Hitlers ständen". Und Dietrich soll erwidert haben: "Sie, Feldmarschall, sind mein Oberbefehlshaber; ich gehorche nur Ihnen, was Sie auch vorhaben werden."

Ob das wirklich einen separaten Waffenstillstand einschloss? Näherten sich der schwäbische Wüstenfuchs und der bayerische Landsknecht, beide Volkshelden der NS-Propaganda, in der Not so weit an, dass sie ihren Gönner Hitler zwar nicht umbringen, jedoch durch ein Öffnen der Westfront stürzen wollten? Über solche neue Alte-Kameraden-Herrlichkeit sollten Sepp Dietrichs dunkle Seiten (Röhm-Morde 1934, Malmedy-Massaker 1944) jedenfalls nicht vergessen werden; nach Prozessen und Haftzeiten kam er bei einer Werbeagentur im schönen Ludwigsburg unter.

RAINER BLASIUS

Manfred Rommel: 1944 - das Jahr der Entscheidung. Erwin Rommel in Frankreich. Hohenheim Verlag, Stuttgart 2010. 256 S., 19,90 [Euro].

Haus der Geschichte Baden-Württemberg (Hrsg.): Erwin Rommel. Geschichte und Mythos. Stuttgarter Symposion, Band 13. G. Braun Buchverlag, Karlsruhe 2009. 270 S., 14,90 [Euro].

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