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Seit ihrem ersten Erscheinen 1952 sind Wolfgang Hildesheimer Lieblose Legenden fast schon legendär geworden - und wahr geblieben.
"Diese Erzählungen haben bei aller Ironie, aller bezaubernden parodistischen Spiegelfechterei, allem Sinn fürs offenbar Groteske, fürs Satirische jenen unbedingten geistigen Charme, jene Grazie, jene musische Heiterkeit, die sie bis zu legitimem Dichtungen machen." Karl Krolow
"Seit ihrem ersten Erscheinen vor zehn Jahren sind die Lieblosen Legenden fast schon legendär geworden - und vielleicht auch die Welt, auf die ihre Lieblosigkeit gemünzt war. Aber die
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Produktbeschreibung
Seit ihrem ersten Erscheinen 1952 sind Wolfgang Hildesheimer Lieblose Legenden fast schon legendär geworden - und wahr geblieben.

"Diese Erzählungen haben bei aller Ironie, aller bezaubernden parodistischen Spiegelfechterei, allem Sinn fürs offenbar Groteske, fürs Satirische jenen unbedingten geistigen Charme, jene Grazie, jene musische Heiterkeit, die sie bis zu legitimem Dichtungen machen." Karl Krolow
"Seit ihrem ersten Erscheinen vor zehn Jahren sind die Lieblosen Legenden fast schon legendär geworden - und vielleicht auch die Welt, auf die ihre Lieblosigkeit gemünzt war. Aber die Liebe wie ihr Gegenteil klammern sich an ihren Gegenstand: so halten Hildesheimers Geschichten das Bild einer Welt fest, die es noch verdient, mit dem verwunderten Blick des Kindes und zugleich mit dem bösen des Satirikers angesehen zu werden; sie errötet unter diesen Blicken, aber das steht ihr."
Autorenporträt
Wolfgang Hildesheimer wurde am 9. Dezember 1916 als Sohn jüdischer Eltern in Hamburg geboren und starb am 21. August 1991 in Poschiavo in der Schweiz. 1933 emigrierte er über England nach Palästina, wo er eine Schreinerlehre absolvierte. 1937 begann er an der Central School of Arts and Crafts (London) Malerei, Textilentwurf und Bühnenbildnerei zu studieren und nahm von London aus am Sommerkurs für Bühnenbild bei Emil Pirchan in Salzburg teil. Anfang 1939 gestaltete er in London am Tavistock Little Theatre sein erstes Bühnenbild. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kehrte er nach Palästina zurück, arbeitete als Information Officer, war Englisch-Lehrer am British Institute und leitete zusammen mit einem Freund einige Zeit die Werbeagentur 'HW'. Er beteiligte sich an Kunstausstellungen und veröffentlichte einige Gedichte, Essays und Kritiken. 1946 kehrte er nach London zurück, um Bühnenbildner zu werden, wurde aber für die Nürnberger Prozesse engagiert. Im Januar 1947 reiste er nach Nürnberg, dolmetschte für die amerikanische Besatzungsmacht und beteiligte sich wieder an Kunstausstellungen. 1949 zog er nach Ambach am Starnberger See, um als freier Maler und Grafiker zu arbeiten, schrieb im Januar 1950 aber eine Geschichte für Kinder - der Beginn seiner literarischen Karriere. Bereits 1951 wurde er zur Gruppe 47 eingeladen, 1955 erhielt er den Hörspielpreis der Kriegsblinden und im selben Jahr wurde zudem sein erstes Theaterstück von Gustav Gründgens uraufgeführt; ebenfalls in diesem Jahr begann er auch wieder zu malen. Nachdem er 1953 nach München gezogen war, übersiedelte er 1957 nach Poschiavo und widmete sich einer neuen Art von Theaterstücken, deren Besonderheiten er 1960 mit der Rede Über das absurde Theater fundierte. Anlässlich der Internationalen Theaterwoche der Studentenbühnen in Erlangen gehalten, sorgte diese für Aufsehen. Sein Prosabuch Tynset wurde 1966 mit dem Georg-Büchner-Preis und dem Bremer Literaturpreis ausgezeichnet. Sein Bestseller Mozart (1977) beeinflusste das Theaterstück und den Film Amadeus. Seit 1961 beteiligte er sich wieder an Ausstellungen, seit 1965 wurde sein bildkünstlerisches Werk in rund fünfzig Einzelausstellungen gezeigt. 1980 hielt Hildesheimer die Eröffnungsrede der Salzburger Festspiele Was sagt Musik aus. Neben seinen literarischen Werken verfertigte Hildesheimer auch Collagen, die er in mehreren Bänden sammelte. Spektakulär war 1984 seine Ankündigung, angesichts der drohenden Umweltkatastrophe nicht mehr zu schreiben, sondern zur bildenden Kunst zurückzukehren.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.05.2023

Mit der Eleganz der Nachtigall

Gespiegelter Künstler: Wolfgang Hildesheimers Miniaturensammlung "Lieblose Legenden" erscheint neu in

hinreißend liebevoller Aufmachung.

Diesem Moment, wenn in unseren von Kallax, Ektorp, Billy und ihren Geschwistern ästhetisch zerrütteten Lebenswelten der Blick plötzlich an einem vollendet geschwungenen, lächelnd die Zeiten überdauernden Vollholzmöbel im Midcentury-Stil hängenbleibt, diesem erlösenden Moment kommt es gleich, wenn einem zwischen all den sorglos vollgedruckten Gegenwartstexten plötzlich ein Werk des großen Stilisten (und Malers) Wolfgang Hildesheimer in die Hände fällt. Wenn es sich dann noch um seine ästhetisch ebenso wie erzählerisch vollendeten, lächelnd die Zeiten überdauernden satirischen Kurzgeschichten handelt, die als "Lieblose Legenden" erstmals im Jahr 1952 erschienen sind - und fortgesetzt wurden -, ist die Freude umso größer. Mit einer an Jorge Luis Borges heranreichenden Komik der Selbstreflexion nehmen diese schlackenlosen Texte das prekäre Terrain zwischen Geschmack und Stil in den Blick, handeln von den Zumutungen des Schreibens, Malens und Musizierens im Angesicht der ewigen Antithese von Kunst und Leben.

Immer wieder geistert der fiktive Sekundärdichter Hubertus von Golch durch die Geschichten (der Erzähler will etwa die Biographie dieses Biographen von Biographen liefern), bis Golch schließlich - samt der gesamten traditionellen Kunst - in den Fluten vor Venedig versinkt. Ein anderes Mal wird ein Hund zum Kritiker der Gedichte seines Herrchens und konstatiert kühl: "Mist!" Das ist zwar richtig, aber die "frühere Herzlichkeit" des Verhältnisses ist hin: "Seltsamerweise ist es schwer, sich mit der Kritikfähigkeit eines Hundes abzufinden." Dann wieder verklagt ein Literat, der unter Pseudonym der schärfste Kritiker der eigenen Werke ist, sich selbst wegen Verleumdung. Sogar Mobiliar kommt in den Blick, freilich ist es in diesem Fall der spießige Gründerzeitgeschmack ("aus geflammtem Nußholz"), der zur Bürde wird. Kaum hat sich der Erzähler, eigentlich ein Liebhaber der Abstraktion, zweier geschenkter schwülstiger Landschaftsgemälde nicht erwehrt, überschwemmen bald - Stil ist Kampf - wuchtige Geschmacklosigkeiten seine gesamte Wohnung.

Legenden sind das in der Tat, unbedingt zu lesende, heiter verspielte und erstaunlich antimoralische Märtyrer-Geschichten, die mitunter blutig ausgehen (wie nah die dunklen Jahre noch waren, wusste der jüdische Remigrant Hildesheimer). So wird ein Redner der "Sozial-liberalen Front ehemals politisch Beleidigter" vom "Kampftrupp" einer gleichlautenden und daher "Ketzerei" witternden Partei totgeschlagen. Letztlich geht es ums Ganze, um die Wahrheit. Gezeigt aber wird immer wieder deren Unmöglichkeit, weil die Absurdität des Lebens so viel mächtiger ist, ein schwarzes Loch, das alles Bemühen einsaugt.

Nur eine Dimension dieser grandiosen Satirensammlung, die materielle, wirkte bislang, nun ja, etwas lieblos. Dem hat der ruhmreiche Leipziger Verlag Faber & Faber nun Abhilfe geschaffen mit einer von Thomas Walther gestalteten, schlichtweg traumhaften Ausgabe in der renommierten Reihe der Graphischen Bücher. Perfekt ergänzt werden die pointierten Miniaturen darin von zahlreichen Linolschnitten Christoph Ruckhäberles (darunter vier Originallinolschnitte), die sich mit viel Witz an die selbstbewusste Eleganz der Illustrationskunst der Fünfziger- und Sechzigerjahre anlehnen. Der klare Strich spiegelt die schnörkellose Modernität von Hildesheimers Erzählkunst, die hier aus jedem Satz spricht, etwa aus diesem Einstieg: "Ich habe mich aus Überzeugung in eine Nachtigall verwandelt." Warum und wie das genau geschieht, ist dann derart phantastisch, allegorisch und hellsichtig, dass darin alle Rückzüge, Fluchten und Verdrängungen einer sich selbst überdrüssigen Menschheit sichtbar werden, aber zugleich der fröhlich-freundliche Witz erhalten bleibt - in Wort und (jetzt auch) Bild. OLIVER JUNGEN

Wolfgang Hildesheimer: "Lieblose Legenden".

Kurzgeschichten.

Mit 30 Reproduktionen nach Linolschnitten und 4 Originallinolschnitten von Christoph Ruckhäberle. Faber & Faber Verlag, Leipzig 2023. 144 S., geb., 90,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wie ein Midcentury-Vollholzmöbel unter Kallax-Regalen sticht diese Sammlung von Kurzgeschichten des Künstlers und Schriftstellers Wolfgang Hildesheimer für Rezensent Oliver Jungen aus der großen Masse der zeitgenössischen Literatur heraus. Die im Jahr 1952 erstmals erschienenen Miniaturen nehmen auf humorvoll-selbstreflektierte Weise - der Kritiker fühlt sich an Jorge Luis Borges erinnert - das Verhältnis zwischen Kunst und Leben in den Fokus. Erzählerisch brillant und fantasievoll, so Jungen, setzt sich Hildesheimer in seinen "Legenden" mit Fragen des Geschmacks, der Beziehung zwischen Künstler und Kritiker, aber auch mit der Suche nach der Wahrheit auseinander, die, so sieht es der Künstler, zwangsläufig in der Absurdität des Lebens versanden muss. Hingerissen ist der Rezensent auch von der optischen Gestaltung der "schlichtweg traumhaften" neuen Ausgabe, in der Hildesheimers Texte von Linolschnitten ergänzt werden, die sich in "selbstbewusster Eleganz" an den Illustrations-Stil der fünfziger Jahre anlehnen und sowohl den Witz als auch die "schnörkellose Modernität" der Texte widerspiegeln.

© Perlentaucher Medien GmbH