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Die Päpste der Renaissance pflegten ihre Beziehungen zu den großen Malern der Zeit besonders geflissentlich. Durch die Kunst wollten sie ihre politischen Ansprüche der Welt verkünden. Diese Ambitionen gipfelten in den Papstporträts, die wir heute als Meisterwerke bewundern. Roberto Zapperi deckt die verborgenen Motive hinter diesen Bildnissen auf. Zugleich entlarvt er die Künstler, die diese Motive häufig unterliefen und in ihren Bildern die dunklen Seiten der Macht zum Vorschein brachten.Politik betrieben die Renaissancepäpste nicht nur im Namen der Kirche, sondern auch im Namen ihrer eigenen…mehr

Produktbeschreibung
Die Päpste der Renaissance pflegten ihre Beziehungen zu den großen Malern der Zeit besonders geflissentlich. Durch die Kunst wollten sie ihre politischen Ansprüche der Welt verkünden. Diese Ambitionen gipfelten in den Papstporträts, die wir heute als Meisterwerke bewundern. Roberto Zapperi deckt die verborgenen Motive hinter diesen Bildnissen auf. Zugleich entlarvt er die Künstler, die diese Motive häufig unterliefen und in ihren Bildern die dunklen Seiten der Macht zum Vorschein brachten.Politik betrieben die Renaissancepäpste nicht nur im Namen der Kirche, sondern auch im Namen ihrer eigenen Familien. Sixtus IV., die Medici-Päpste Leo X. und Clemens VII., Paul III. Farnese - sie alle versuchten, Angehörige als Herrscher von Staaten und vor allem als ihre Nachfolger auf dem Thron Petri zu installieren. Doch die Maler wie Raffael, Sebastiano del Piombo, Giorgio Vasari und Tizian fügten sich den Wünschen ihrer päpstlichen Auftraggeber nicht immer willig. In ihren Bildern können wir bis heute dem schamlosen Nepotismus der Zeit ins Auge sehen. Mit dem Wechselspiel zwischen den Päpsten und ihren Malern entfaltet Roberto Zapperi ein aufregendes Bild von den Wirren und Intrigen jener Zeit, in die auch die mächtigsten weltlichen Herrscher bis hin zu Kaiser Karl V. verwickelt waren.
Autorenporträt
Roberto Zapperi lebt als Privatgelehrter in Rom. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, war Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin, Warburg-Professor in Hamburg und Gastprofessor an der ETH Zürich.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension

Die gefälligen Absichten der Papstmaler des 15. und 16. Jahrhunderts, Raffael, Tizian usw., machen Hans Joachim Müller zwar die Kunst nicht madig, staunen muss er aber schon darüber, was der römische Historiker Roberto Zapperi in seiner Enthüllungskunstgeschichte über die dynastischen Bestrebungen der Päpste und großen Papstfamilien und deren Auswirkungen auf die Künstler und ihre Kunst ans Licht holt. Ernüchternd für den Rezensenten, etwas langatmig auch mitunter. Am Ende aber doch aufregend genug, wenn die Intrigen durch die Indizienprozesse des Autors zutage treten und, so fasst der Rezensent seine Lektüreeindrücke zusammen, der Mythos des unabhängigen Malergenies und Künstler-Helden ins ich zusammenfällt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2014

Übermalen war Tizians Lust

Familienporträts mit Pontifex: Roberto Zapperi erklärt, wie die Renaissance-Päpste mit ihren Bildaufträgen an gesuchte Maler Politik machten.

Roberto Zapperi ist Kulturwissenschaftler im klassischen Sinn des Wortes - anstelle von Diskursen werden Quellen stark gemacht. Als Kulturwissenschaftler ist er auf Kunstpolitik spezialisiert, und in der Kunstpolitik konzentriert er sich primär auf das Geschlecht der Farnese und hier im Besonderen auf Papst Paul III., auf dessen Nepotismus und Instrumentalisierung von Kunst und Künstlern im Dienste der Familienpolitik. Zu den Farnese und Paul III. hat Zapperi bereits breit publiziert. Das jetzt vorliegende Buch ist als eine Zusammenfassung dieser Forschungen zu verstehen, vollzogen am Leitfaden der Papst- und Familienporträts der Farnese.

Es fußt in Teilen auf Zapperis 1990 erschienenem schmalem Band über "Tizian, Paul III. und seine Enkel", manchmal vielleicht ein wenig zu direkt. Zapperi beginnt sein Buch mit Papstbildnissen des späteren 15. Jahrhunderts. Ein kurzer Blick wird zuerst auf Melozzo da Forlis Fresko mit Sixtus IV., seinen Neffen und dem gelehrten Bibliothekar Platina geworfen. Bereits dieses Bild dokumentiert eine ausgeprägte päpstliche Familienpolitik, bei der die Mitglieder in politischer Absicht wie auf einem Schachbrett hin und her geschoben wurden. Vor Bauernopfern wurde dabei nicht zurückgeschreckt - was sich im Fresko niederschlug, indem ein Familienmitglied nach der Vollendung des Bildes wieder gelöscht wurde. Der Grund waren Familienstreitigkeiten, bei denen es immer um zweierlei ging: um die Regelung der päpstlichen Nachfolge, die möglichst in der Familie verbleiben sollte, und um die damit verbundene Möglichkeit, der Familie Staatsgebiete zu sichern.

Bei Zapperi folgt ein längerer Blick auf Raffaels "Bildnis Leo X. mit zwei Kardinälen" von 1518, und auch hier geht es um Nepotenpolitik, nun der Medici-Familie. Ursprünglich war offenbar nur das Bildnis des Papstes geplant nach dem Vorbild des Bildnisses Julius II. von Raffael. Doch dann kamen zu Leo die Kardinäle Giulio de' Medici und Luigi de' Rossi hinzu. Das Gemälde war nicht etwa für die päpstliche Sammlung gedacht, vielmehr hatte es als zentrale Tischdekoration bei der Hochzeit Lorenzo de' Medicis mit Madeleine de la Tour d'Auvergne politische Funktion in Hinblick auf das französische Herrscherhaus zu übernehmen.

Die beiden auf Raffaels Bild den Papst begleitenden Kardinäle bringen die Gedanken des Papstes über seine Nachfolge zum Ausdruck: Giulio, Vetter des Papstes, war Leos Auserwählter. Luigi, in der Familienhierarchie nur von untergeordneter Bedeutung, taucht wegen seines Frankreichbezuges auf, König Ludwig XI. war sein Taufpate. Bei der Hochzeit von Lorenzo de' Medici war er persönlich anwesend. Franz I. musste annehmen, dass er in der Kurie von besonderem Einfluss war. Resultat war ein Bündnisvertrag zwischen Franz I., Leo X. und Lorenzo de' Medici - was nicht ausschloss, dass Leo mit Franz I. größtem Gegner Karl V. parallel einen geheimen Bündnisvertrag schloss. Als Luigi 1519 nur kurz nach Vollendung des Gemäldes starb, machte sich Kardinal Innocenzo Cibo als Enkel Papst Innozenz VIII. Hoffnung auf den Papstthron in der Nachfolge Giulios. Und was tat er? Er gab eine Kopie von Raffaels Dreierbildnis in Auftrag, wobei er das Porträt Luigis durch sein eigenes ersetzen ließ, um seine Ansprüche zu dokumentieren.

Zapperi lässt auch die Bildnisse Clemens VII. und Alessandro de' Medicis von Vasari nicht aus, so banal sie als Bilder sind. Und wieder geht es um Dynastisches und Streit und Eifersucht unter den Verwandten, bis hin zum Mord. Paul III. betrieb wieder komplexe Porträtpolitik - und nun kommt Tizian ins Spiel. Zapperi verfolgt, wie Tizian als Porträtist durch Aretino und dann besonders Kardinal Bembo am päpstlichen Hof lanciert wurde. Schließlich war Tizian bereits der einzig legitimierte, hochgeehrte Porträtist Karls V. Erreicht hatte Tizian sein Ziel, als er von Paul III. nach Ferrara eingeladen wurde, um dessen Porträt zu malen. Das war ein geschickter Schachzug, denn Paul III. traf in Ferrara Karl V. zu Verhandlungen, und mit seinem Porträt von Tizian konnte er dem Kaiser demonstrieren, dass auch er dessen Hofmaler hoch in Ehren hielt.

Zwei Porträts des Papstes, sitzend ohne und mit Kamauro, sind das Resultat. Röntgenfotos zeigen, dass Tizian den Papst zuerst offenbar sehr naturgetreu wiedergegeben hat, ihn dann, Zapperi meint auf ausdrücklichen Wunsch des Papstes, zu dessen großer Zufriedenheit "verschönert" hat. Der Vorgang wiederholt sich im OEuvre Tizians, auch bei den hier verhandelten Nepotenporträts. Es mag den Modellen in der Tat geschmeichelt haben. Doch handelt es sich eher um ein generelles Tiziansches Verfahren, das gewährleistet, dass trotz der verschönernden Eingriffe im Malprozess die ursprüngliche Ähnlichkeit erhalten bleibt.

Dies gilt entsprechend auch für ein anderes Tiziansches Verfahren, für das Zapperi wiederum nachdrückliche Forderungen von Tizians Klientel als Veranlassung sieht. Kardinal Alessandro Farnese, der auf Tizians Porträt Pauls III. rechts vom Papst auftaucht, hatte Tizians "Venus von Urbino" gesehen und lockte den Künstler 1545 nach Rom, getragen von dem Wunsch, eine entsprechende Nackte von Tizian zu besitzen. Tizian malte "Danae und Cupido". Röntgenfotos haben gezeigt, dass darunter ursprünglich eine gänzlich der "Venus von Urbino" entsprechende Nackte zu sehen war. Zapperi: Der Kardinal habe auf Änderung bestanden, ein erotisches Venusbild im Zimmer des Kardinals sei in Zeiten der Reform nicht denkbar gewesen.

Immerhin muss Zapperi zugeben, dass das Thema der Danae mit dem befruchtenden göttlichen Goldregen durchaus auf das Kurtisanenwesen, bei dem auch gezahlt wurde, verweisen konnte. Die Paradoxie des Themas bleibt mit Zapperis Argumenten unaufgehoben. Doch die Änderungen brauchen nicht den Einfluss des vermeintlich keuschen Kardinals, sondern erklären sich aus Tizians Arbeitsverfahren. Er pflegte auf entsprechend großen Leinwänden gelungene Bildfindungen zu kopieren oder im Atelier kopieren zu lassen. Bei einem verwandten Auftrag übermalte er die alte Fassung nach neuem Konzept, dabei Teile der alten Vorlage nutzend. Das war nicht nur pragmatisch, sondern auch ein Verfahren der Bilderfindung aus dem Prozess des Malens heraus.

Wie nicht anders zu erwarten, ist Tizians unvollendetes Porträt Pauls III. mit seinen beiden Nepoten in seiner Konzeption politischen Überlegungen geschuldet. Auch die Tatsache, dass Tizian die Arbeit abgebrochen hat, dürfte sich aus politischen Rücksichtnahmen erklären. Der dem Papst zu seiner Linken Reverenz erweisende Kardinal Ottavio stand als Schwiegersohn des Kaisers für die habsburgischen Beziehungen. Doch Ende 1546 wendete sich das Blatt, Paul III. begann auf die Frankreich-Karte zu setzen. Tizians Bild verlor seinen politischen Sinn und verschwand im Magazin.

All dieses entwickelt Zapperi in großer Detailliertheit. Wir können die Papstbilder nicht mehr ohne seine historischen Rekonstruktionen anschauen. Was dem Kunsthistoriker bleibt, das sind vorsichtige Korrekturen, die künstlerischen Prozesse betreffend. Anders gesprochen, ihm bleibt die Betonung des Bildcharakters der Kunst - aber immer auf der Basis der Ergebnisse Zapperis.

WERNER BUSCH

Roberto Zapperi: "Die Päpste und ihre Maler". Von Raffael bis Tizian. Verlag C. H. Beck, München 2014. 219 S., Abb., geb., 24,95 [Euro].

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