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Von einem der auszog, um einundzwanzig Tage satt zu werden
Hunger und Armut plagen Milad von Kindheit an, erhält er doch von seinem Stiefvater mehr Prügel als Essen. Überall ist er der Außenseiter, seine letzte Zuflucht eine verlassene Höhle in der Nähe von Malula. Da verspricht ihm eines Tages eine Fee im blauseidenen Kleid einen Schatz. Einzige Bedingung: Er muss einmal einundzwanzig Tage hintereinander satt werden. Von da an kennt Milad nur noch ein einziges Ziel. Es ist ein mühsamer Weg, auf dem er von einem Abenteuer in ein anderes gerät. Immer wieder verhindern Gauner und Despoten…mehr

Produktbeschreibung
Von einem der auszog, um einundzwanzig Tage satt zu werden

Hunger und Armut plagen Milad von Kindheit an, erhält er doch von seinem Stiefvater mehr Prügel als Essen. Überall ist er der Außenseiter, seine letzte Zuflucht eine verlassene Höhle in der Nähe von Malula. Da verspricht ihm eines Tages eine Fee im blauseidenen Kleid einen Schatz. Einzige Bedingung: Er muss einmal einundzwanzig Tage hintereinander satt werden. Von da an kennt Milad nur noch ein einziges Ziel. Es ist ein mühsamer Weg, auf dem er von einem Abenteuer in ein anderes gerät. Immer wieder verhindern Gauner und Despoten sein Glück, und als er es schließlich erreicht, ist die Überraschung groß ...
Autorenporträt
Rafik Schami wurde 1946 in Damaskus geboren. 1971 kam er nach Deutschland, studierte Chemie und schloss das Studium 1979 mit der Promotion ab. Heute lebt er in Marnheim (Pfalz). Schami zählt zu den bedeutendsten Autoren deutscher Sprache. Sein Werk wurde in bislang 34 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur 2015 sowie dem Elisabeth-Langgässer-Literaturpreis und dem Gustav-Heinemann-Friedenspreis 2018. Seit 2002 ist Rafik Schami Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Im Sommersemester 2010 hatte er die Brüder-Grimm-Professur der Universität Kassel inne.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.12.1997

Schreckliches Dunkel im Hirn
Sättigend: Rafik Schami erzählt ein Märchen aus acht Nächten

Im Prosabrevier "Gesammelte Olivenkerne. Aus dem Tagebuch der Fremde" malt sich der Syrer Rafik Schami aus, wie sich ein zukünftiger Friedhof für Autofahrer in Deutschland - aus Rationalisierungsgründen direkt neben dem Autofriedhof angelegt - von einer vergleichbaren letzten Ruhestätte in Arabien unterscheiden würde: "Auf den Grabsteinen des deutschen Friedhofs wird überall stehen: Er hatte Vorfahrt. Auf den Grabsteinen des arabischen Friedhofs wird die Inschrift dagegen einheitlich lauten: Er wollte stets Vorfahrt haben."

Im Jahre 1971, im Alter von fünfundzwanzig Jahren, war der Chemiestudent und Gründer der Damaszener Wandzeitung "Al-Muntalek" in die Bundesrepublik ausgewandert. Das hiesige Rechthaben-Wollen und der arabische Sinn für das Mögliche wie für den Reiz des Unmöglichen - der Erzähler Rafik Schami wird sich immer für die zweite, die morgenländische Variante entscheiden.

Das gilt auch für das romanhafte Märchen "Milad", eine Geschichte, die sich auf die klassische Beglaubigung von Erzähler und Zuhörer gründet. Schami, als Student in der Heimat "der beste Zuhörer der Welt", will die Lebensbeichte des nach Jasmin duftenden Aramäers Milad im Jahre 1966 in acht Nächten vernommen und anschließend in acht Kapiteln aufgeschrieben haben. Einen "merkwürdigen Hunger" verspürte er nach den Erinnerungen des fast Siebzigjährigen, die er zunächst für eine gelungene Erfindung hielt. Denn will man sich auf "Milad" einlassen, so hat man sich auch auf eine Fee im zwanzigsten Jahrhundert einzustellen. Sie war dem Halbwüchsigen erschienen, als er wegen einer Hungersnot sein Dorf Malula verlassen mußte. Das blaugewandete Luftwesen versprach Milad einen Schatz, vorausgesetzt, es gelinge ihm, einundzwanzig Tage in Folge satt zu werden: "Dann sollst du zu mir kommen, und so, wie der Regenbogen mit seinen Farben den Himmel beschenkt, werde ich dein Herz mit Freuden füllen."

Doch die Märchenform stellt für den Satiriker und Phantasten Schami nur eine knisternde, orientalisierende Verpackung dar. Milad und Damaskus, das "Schönheitsmal Arabiens", dem das Buch eine fortwährende Hommage darbietet, erfahren wechselvolle Zeiten. In dem verzweifelten Bemühen, seinen Hunger zu stillen, gerät der Bursche in der Erzählung der dritten Nacht indirekt in die Wirren der russischen Revolution. Ein Gauner kleidet ihn gut ein und schickt ihn auf Kundenfang. Es gilt, wertlos gewordene Rubel an ahnungslose, des Schreibens unkundige Bauern zu verkaufen. Neunzehn Tage lang halten sie sich mit der Lüge vom Sieg des Zaren schadlos, dann aber rächen sich die Geschädigten; Milad muß sich wieder von der Fee zurechtweisen lassen.

Sentenzen, die altväterliches Behagen verströmen, wechseln mit Szenen harscher Brutalität ab. Die Franzosen marschieren in Damaskus ein und lösen die Osmanen nach Jahrhunderten als Besatzer ab. Milad, ein langsam reifender Simplizissimus, ein Christ unter Muslimen, die plötzlich aus Ehrfurcht vor dem neuen Bürgermeister das islamische Bilderverbot mißachten, erlebt die schlimmsten Wirren von einem Bordell aus mit - in der sechsten Nacht. Liebe und Vernunft schließen einander aus, lernt er, ebenso wie er als Freund und Verteidiger der vorlauten Hure Nariman endlich erwachsen und damit des Feenschatzes würdig wird. Was sich versöhnlich anhört, steckt voller Spitzen - gegen fromme Geizhälse, korrupte Politiker, staatstreue wie linke Verleger, den "impotenten Staat". Zugleich ist "Milad" ein an Details überbordendes Plädoyer für die sogenannten kleinen Leute, für die Zähigkeit, mit der sie ihren Traum verfolgen. "Hiobsgeduld" bescheinigt sich Milad an einer Stelle.

In diesem Jahr erscheinen nicht weniger als sechs - zum Teil neu aufgelegte - Bücher von Rafik Schami, darunter auch "Märchen aus Malula". Dieser Band enthält die Geschichte des Feengünstlings in Kurzfassung. Doch erst jetzt in "Milad" kommt der geschundene Titelheld mit der kecken Zunge zu voller epischer Entfaltung. So wie er selbst seine Zunge lobt - "Klein, wie sie ist, besitzt sie noch immer den Mut, aus der schrecklichen Dunkelheit meiner Hirnkammer Wörter ans Licht zu bringen" -, so ist Rafik Schamis kunstvolle Saumseligkeit zu rühmen. Stets hält sie die Balance zwischen der Ironie des Zeitgenossen und jenen Wundern, ohne die ein Märchen nicht auskommt. KATRIN HILLGRUBER

Rafik Schami: "Milad. Von einem, der auszog, um einundzwanzig Tage satt zu werden". Roman. Carl Hanser Verlag, München und Wien 1997. 176 S., mit Illustrationen, geb., 29,80 DM.

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