15,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in 1-2 Wochen
payback
0 °P sammeln
  • Broschiertes Buch

"Geschichte entzieht sich jeder Instrumentalisierung. Sie wird sich immer rächen als eine Macht, die mehr in sich birgt, als Identifikationsangebote einzwängen können." (Reinhart Koselleck) Das vorliegende Bändchen dokumentiert ein Fragment gebliebenes Buch aus Gesprächen, an dem Reinhart Koselleck und Carsten Dutt zusammen arbeiteten. Bei zwei Treffen in Bielefeld (2003) und Heidelberg (2004) wurden jeweils einstündige Unterhaltungen aufgezeichnet. In Bielefeld wird zunächst die Zeitzeugenschaft Kosellecks zum Thema: seine Erinnerungen an die Endphase der Weimarer Republik, die NS-Zeit und…mehr

Produktbeschreibung
"Geschichte entzieht sich jeder Instrumentalisierung. Sie wird sich immer rächen als eine Macht, die mehr in sich birgt, als Identifikationsangebote einzwängen können." (Reinhart Koselleck) Das vorliegende Bändchen dokumentiert ein Fragment gebliebenes Buch aus Gesprächen, an dem Reinhart Koselleck und Carsten Dutt zusammen arbeiteten. Bei zwei Treffen in Bielefeld (2003) und Heidelberg (2004) wurden jeweils einstündige Unterhaltungen aufgezeichnet. In Bielefeld wird zunächst die Zeitzeugenschaft Kosellecks zum Thema: seine Erinnerungen an die Endphase der Weimarer Republik, die NS-Zeit und die frühe Bundesrepublik, und damit die im Spiegel dieser Erinnerungen greifbare Bildungsgeschichte eines politisch wachen und moralisch sensiblen Intellektuellen, dessen Lebensthema die Erkenntnis der Komplexität geschichtlicher Wirklichkeit werden sollte. Das Heidelberger Gespräch dreht sich um Kosellecks akademische Sozialisation an der Ruprecht-Karls-Universität der späten 1940er und frühen 1950er Jahre. Die Interviews dieses Bandes gewähren einen faszinierenden Einblick in Leben und Werk eines der bedeutendsten Historiker des 20. Jahrhunderts. Reinhart Koselleck spricht in ihnen als Zeitzeuge, Autobiograph und Theoretiker der Geschichte. Carsten Dutts Fragen und Nachfragen veranlassen den "denkenden Historiker", wie Hans-Georg Gadamer Koselleck gelegentlich genannt hat, zu spannenden Auskünften und wichtigen Präzisierungen.
Autorenporträt
Reinhart Koselleck, geb. am 23. April 1923 in Görlitz, gest. am 3. Februar 2006. Akademische Ausbildung: 1947-53 Studium der Geschichte und Philosophie, des Staatsrechts und der Soziologie an den Universitäten Heidelberg und Bristol/England. 1954 Promotion ( Kritik und Krise ). 1954-56 Lektor an der Universität Bristol (England). 1956-56 Assistent am Historischen Seminar der Universität Heidelberg. 1960-65 Mitarbeiter im "Arbeitskreis für Moderne Sozialgeschichte" in Heidelberg, seit 1966 Mitglied, seit 1986 dessen Vorsitzender. 1965 Habilitation ( Preußen zwischen Reform und Revolution ). Akademische Lehrer: Conze, Gadamer, Kühn, Löwith, Heidegger, Schmitt, Weber, Forsthof, V. von Weizsäcker Wissenschaftliche Tätigkeiten, einschließlich der Gastprofessuren: 1966-67 Professor für Politische Wissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. 1966-73 Mitglied des Gründungsausschusses der Universität Bielefeld. 1968-73 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Heidelberg. 1974-88 Professor für Theorie der Geschichte an der Universität Bielefeld. 1974-79 Direktor am Zentrum für interdisziplinäre Forschung Bielefeld. 1987-89 Mitglied des Wissenschaftskollegs zu Berlin. 1993 Mitglied des Collegiums Budapest. 1996/97 Warburg Haus Hamburg, 1998 Netherlands Institute for Advanced Study in the Humanities and Social Sciences Gastprofessuren in Tokio (1978), Paris (1979 und 1982 Directeur associé an der E.H.E.S.S.), New York (1986, 1991 New School for Social Research), Chicago (1988-90), New York (1992 Columbia University). Schwerpunkte in Forschung und Lehre: Historik (Theorie der Geschichte), Begriffs- und Sprachgeschichte, anthropologische Grundlagen der Geschichte, Ikonologie, Sozial-, Rechts- und Verwaltungsgeschichte Wissenschaftliche Großprojekte: Mitherausgeber des neunbändigen Lexikons Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon der politisch-sozialen Sprache in Deutschland
Akademische Auszeichnungen, Ehrendoktorate, allgemeine Ehrungen: 1974

Reuchlin-Preis der Stadt Pforzheim, 1989 Preis des Historischen Kollegs, 1989 Ehrendoktor der Universität Amsterdam; 1993 Ehrenmedaille der Ecole des Hautes Etudes en Science Sociales, Paris; 1999 Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa, 2003 Historikerpreis der stadt Münster
Mitgliedschaften in Akademien: Mitglied der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften in Düsseldorf, Korrespondierendes Mitglied der Heidelberger und der Göttinger Akademie der Wissenschaften, Mitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München, Mitglied der Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, Corresponding Fellow of The British Academy und Korrespondierendes Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. Er ist Träger des Sigmund-Freud-Preises für wissenschaftliche Prosa 1999.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.01.2014

Der denkende Historiker
Gespräche mit Reinhart Koselleck
Jeder, der mit dem Historiker Reinhart Koselleck in Berührung kam, kennt die Geschichte. Als 22 Jahre alter Soldat erlebt er sie 1945 in russischer Kriegsgefangenschaft in Auschwitz (wie die Amerikaner verwendeten auch die Sowjets die Nazi-Lager weiter). „Es gab da eine Szene, die ich schon öfter geschildert habe. Es war da ein oberschlesischer Aufseher, der mir einen Schemel auf dem Kopf zertrümmern wollte, weil ich nicht schnell genug Kartoffeln schälte, aber dann warf er den Schemel in die Ecke, wobei ein Bein abbrach, und rief: ,Was soll ich dir schlaggen Schäddel ein, wo Ihr habt vergast Millionen.’“ Koselleck: „Da habe ich schlagartig gemerkt, dass das nicht erfunden sein konnte.“
  Jetzt ist diese Geschichte schriftlich fixiert, in einem biografischen Gespräch, das Kosellecks Schüler Carsten Dutt 2003/2004, zwei Jahre vor dem Tod des großen Historikers, führte und zusammen mit einem bereits früher gedruckten Gespräch vom September 2001 über „Geschichte(n) und Historik“ publiziert und mit präzisen Fußnoten angereichert hat. Das Bändchen enthält Materialien für das Jugendkapitel einer künftigen Koselleck-Biografie. Sichtbar wird die Herkunft aus einem nationalliberalen, dem NS-Regime distanziert gegenüberstehenden, aber nicht oppositionellen Milieu von Bildungsbürgern. Die Erfahrungen des Soldaten, das Studium und der Beginn der wissenschaftlichen Laufbahn in der Adenauerzeit kommen ins Bild. Der Leser erlebt einen nüchternen, seine Erinnerungen misstrauisch befragenden Historiker, der eigene Irrtümer nicht beschönigt, aber auch pauschale Moralisierungen unterlässt. So erklärt Koselleck die geringe Präsenz des Holocaust in der unmittelbaren Nachkriegserinnerung mit der überwältigenden Nähe der deutschen Katastrophenerfahrungen, vor allem von Flucht und Vertreibung aus den Ostgebieten.
  Das Gespräch zur Historik bietet den knappsten Grundriss von Kosellecks geschichtstheoretischem Denken. Mancher Leser dürfte hier unverzüglich die ausführlicheren Darlegungen in den meisterhaften Abhandlungsbänden des großen Historikers zu Rate ziehen.
GUSTAV SEIBT
Reinhart Koselleck/Carsten Dutt: Erfahrene Geschichte. Zwei Gespräche. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2013. 73 Seiten, 15 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr