Der Wundermacher
"Ich wollte Wunder machen", erinnert sich Jan Becker an seine Kindheit und findet damit gleich den Einstieg ins Thema. (17) Denn dieser Wunsch hat sich fest in sein Unbewusstes eingebrannt und seine Intuition beflügelt, einen Weg zur Realisierung zu finden. Der umstrittene
österreichische Hellseher Hanussen hat ihn beeinflusst. (206)
Wie mächtig das Unbewusste ist, hat Ap…mehrDer Wundermacher
"Ich wollte Wunder machen", erinnert sich Jan Becker an seine Kindheit und findet damit gleich den Einstieg ins Thema. (17) Denn dieser Wunsch hat sich fest in sein Unbewusstes eingebrannt und seine Intuition beflügelt, einen Weg zur Realisierung zu finden. Der umstrittene österreichische Hellseher Hanussen hat ihn beeinflusst. (206)
Wie mächtig das Unbewusste ist, hat Ap Dijksterhuis [1] wissenschaftlich untersucht: "Die Verarbeitungskapazität des Bewusstseins bildet nur einen Bruchteil der gesamten Verarbeitungskapazität unseres Geistes. Unbewusst können wir ungefähr 200.000-mal soviel verarbeiten wie bewusst." Intuitiv treffen wir richtige Entscheidungen, weil diese auf unbewussten Erfahrungen beruhen.
Die einschränkenden Wahrnehmungsfilter unseres Bewusstseins können bewirken, dass uns Phänomene als übernatürlich erscheinen, für die es natürliche Erklärungen gibt. Subjektive Erfahrungen können sehr überzeugend sein, im Extremfall begründen sie eine Religion. Sie sind aber weder reproduzierbar noch falsifizierbar.
Die Naturwissenschaften beruhen (nur) auf Vermutungen und können prinzipiell widerlegt werden, aber die Ergebnisse sind reproduzierbar. Damit bilden sie das erklärungsmächtigste Denksystem, welches uns zur Verfügung steht und sie können helfen, Phänomene aufzuklären.
Becker beschäftigt sich mit Parapsychologie (Telepathie, Wahrsagen etc.) und geht damit über den Bereich hinaus, der unter dem Stichwort Intuition subsumiert werden kann, denn Intuition setzt voraus, dass eine zumindest unbewusste Wahrnehmung erfolgt ist.
Aus dem Blickwinkel der Naturwissenschaften gilt die Hypothese von Lambeck [2]: "Kein Mensch kann allein durch Denken (mental) Wirkungen außerhalb des eigenen Körpers hervorbringen oder Informationen aus der Umwelt aufnehmen." Bislang wurde diese Hypothese nicht falsifiziert.
Phänomene außerhalb der derzeitigen Modelle der Physik sind nicht unmöglich, aber unwahrscheinlich. Zum Nachweis reichen keinesfalls subjektive Erfahrungen aus. Der Glaube an Übernatürliches kann aufgrund selektiver Wahrnehmung dazu führen, dass man eine gesunde Skepsis über Bord wirft und leichtgläubig wird.
Becker ist Hypnosetrainer und Unterhaltungskünstler. Ich bezweifele nicht, das er auf diesen Gebieten erfolgreich ist. Wenn er, wie einst Uri Geller, nach außen vertritt, dass er nicht mit Tricks arbeitet (158), ruft er Skeptiker auf den Plan. Mit Uri Geller hatte sich bereits vor 30 Jahren der Wissenschaftsjournalist Martin Gardner [3] ausführlich beschäftigt.
Becker macht eine unterhaltsame Show und das ist auch gut so. Sein Buch ist eine Mischung aus Parapsychologie, Schamanismus, Psychologie, Esoterik, NLP, positivem Denken und Magie. Leser werden eher verwirrt als aufgeklärt. Er generiert eine Erwartungshaltung, die nicht erfüllbar ist. Genau genommen hat er das Thema seines Buches verfehlt. Wenn jeder Gedanken lesen kann (73), muss ich wohl die Ausnahme sein. Dabei hat er meine Zustimmung, wenn er schreibt: "Denn das Leben ... passiert genau jetzt." (55)
[1] "Das kluge Unbewusste" von Ap Dijksterhuis
[2] "Irrt die Physik?" von Martin Lambeck
[3] "Kabarett der Täuschungen" von Martin Gardner