Der Tel Aviver Historiker Shlomo Sand geht in seinem Buch der Frage nach, wessen Nachkommen die Diaspora-Juden sind, die in der Mehrzahl im 20. Jahrhundert in das britisch verwaltete Palästina und nach 1948 nach Israel kamen. Der Autor macht deutlich, dass er die Antworten des zionistischen
Establishments für historisch falsch, er sieht sie sogar als Ergebnis einer gezielten Geschichtsklitterung,…mehrDer Tel Aviver Historiker Shlomo Sand geht in seinem Buch der Frage nach, wessen Nachkommen die Diaspora-Juden sind, die in der Mehrzahl im 20. Jahrhundert in das britisch verwaltete Palästina und nach 1948 nach Israel kamen. Der Autor macht deutlich, dass er die Antworten des zionistischen Establishments für historisch falsch, er sieht sie sogar als Ergebnis einer gezielten Geschichtsklitterung, Damit soll nach seiner Überzeugung der Anspruch sämtlicher Juden auf „Eretz Israel“ politisch und rechtlich legitimiert werden. Diese Geschichtsauffassung, die von mehreren Vertreibungswellen, wird von Sand eher umständlich nachvollzogen. Bevor er jedoch dazu kommt, gibt es für den Leser eine akademische Einführung zur Nationalismusforschung, sowie zur Entstehung der modernen jüdischen Historiographie.
Kritiker werfen Sand vor, dass er viele Begriffe eher manipulativ benutzt. Allein seine Formel von der „Erfindung des jüdischen Volkes“ beinhalte schon eine klare Meinungstendenz. Der vom Autor beschriebene Erfindungsprozess mündete in die frühe israelische Nationalhistoriographie, die bezüglich der antiken Periode streng der biblischen Erzählung folgte. Damit wurde dann die verknüpft, und so konnte behauptet werden, dass die Diasporajuden tatsächlich die biologischen Nachfahren der biblischen Hebräer sind.
Ich will den Inhalt hier gar nicht weiter referieren. Fachleute werden dieses Buch sicher anders beurteilen als Leser, die schlicht an geschichtlichen Zusammenhängen interessiert sind, oder an einer Einordnung moderner politischer Debatten. Israelische Kritiker werfen Sand vor, die Legitimität des jüdischen Anspruchs auf „Eretz Israel“ zu untergraben. Der Autor hat dem bereits vehement widersprochen. Sein Buch ist auf jeden Fall nicht nur eine historische Abhandlung, sondern auch ein politisches Statement, das auf aktuelle Debatten abzielt. Wie weit man seinen Thesen dabei glauben mag, muss letztlich jeder Leser für sich entscheiden. Vorzugsweise indem er weitere Quellen zu diesem Thema heranzieht.