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Seit Jahrzehnten versorgt Deutschland den israelischen Staat mit Waffen aller Art, zumeist unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter Umgehung gesetzlicher Bestimmungen. Darüber hinaus gibt es eine enge militärische und geheimdienstliche Zusammenarbeit, deren Ausmaß kaum bekannt ist. Gehört die Sicherheitsgarantie für Israel zur deutschen Staatsräson, wie Kanzlerin Merkel sagt? Erstmals schildert der langjährige ARD-Korrespondent Werner Sonne die intensive militärpolitische Kooperation beider Länder und stellt die weitgehend tabuisierte Frage, wie weit Deutschland im jederzeit möglichen…mehr

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Produktbeschreibung
Seit Jahrzehnten versorgt Deutschland den israelischen Staat mit Waffen aller Art, zumeist unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter Umgehung gesetzlicher Bestimmungen. Darüber hinaus gibt es eine enge militärische und geheimdienstliche Zusammenarbeit, deren Ausmaß kaum bekannt ist. Gehört die Sicherheitsgarantie für Israel zur deutschen Staatsräson, wie Kanzlerin Merkel sagt? Erstmals schildert der langjährige ARD-Korrespondent Werner Sonne die intensive militärpolitische Kooperation beider Länder und stellt die weitgehend tabuisierte Frage, wie weit Deutschland im jederzeit möglichen Ernstfall für Israels Sicherheit haftet.

Sonne hat mit den relevanten Insidern - Geheimdienstchefs, Verteidigungspolitiker, Sicherheitsexperten - gesprochen und vor Ort in Israel wie auch in deutschen Archiven recherchiert. Er kennt die deutsch-israelischen Beziehungen seit Jahrzehnten, hat führende deutsche Politiker von Genscher über Merkel bis Gauck auf ihren Israel-Reisen begleitet und vielfach über die deutschen Waffenlieferungen an Israel berichtet. Angesichts der sich zuspitzenden Lage im Nahen Osten, insbesondere des atomaren Showdowns zwischen Israel und Iran, ist sein Buch von höchster Aktualität und Brisanz.
Autorenporträt
Werner Sonne, 1947 in Rheinland-Pfalz geboren, arbeitet seit vierzig Jahren als Journalist für die ARD, davon lange Zeit als Auslands- und Hauptstadtkorrespondent. Seit 2004 ist er Studioleiter des ARD-Morgenmagazins.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.07.2013

Der Niedergang des
liberalen Zionismus
Peter Beinart und Werner Sonne fürchten für
den demokratischen Charakter Israels
VON HEIKO FLOTTAU
Wie gut, dass Peter Beinart kein deutscher Autor ist. Wie viel Kritik müsste er wohl hierzulande für seine Worte einstecken, an die Stelle jüdischer Ohnmacht sei jüdische Macht getreten und diese Macht könnten Juden auch missbrauchen? Aber Peter Beinart ist amerikanischer Jude. Und seine Untersuchung über die „amerikanischen Juden und Israel“ betrifft, auf den ersten Blick, einen anderen Kontinent – weit weg von uns.
  Doch die Sicherheit dieses Staates gehöre, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt, zur „deutschen Staatsraison“. Der deutsche Journalist Werner Sonne – ehemals Mitarbeiter des ARD-Hauptstadtstudios – untersucht in seinem Werk „Staatsraison? Wie Deutschland für Israels Sicherheit haftet“ den Weg, den schon die alte Bundesrepublik und der damalige Verteidigungsminister Strauß gegangen sind, um durch großzügige Waffenlieferungen, deren Kosten anfangs nicht einmal in den Budgets erschienen, Israels Sicherheit zu gewährleisten.
  Welchen Charakter hat also dieses Israel heute, für dessen Bestand die Bundesrepublik seit mehr als einem halben Jahrhundert Milliardensummen ausgibt? Peter Beinarts scharfsinnige Analyse wird womöglich vielen Wohlmeinenden manche liebgewonnenen Überzeugungen nehmen, und Werner Sonnes im journalistischen Reportagestil geschriebenes Werk dokumentiert ziemlich präzise die Geschichte deutscher – heimlicher wie offizieller – Waffenlieferungen an Israel.
  Zunächst Beinarts Analyse. Der Autor beschreibt den Typus eines amerikanischen Juden, der in seinem Leben viel Geld verdient hat und nun im Alter eine größere Summe zur Sicherung der Existenz Israels spenden will. Gutwillige Leute wie er erlebten eine doppelte Tragödie. Zum einen: Ihre Kinder heirateten oft nichtjüdische Frauen, die ihnen nichtjüdische Enkel schenkten, die dann unangenehme Fragen stellten – etwa jene, warum Israel den Palästinensern Land wegnehme und warum der Großvater immer noch vom „Antisemitismus schwadroniere“. Zu dieser „privaten jüdischen Tragödie“ komme eine „nationale jüdische Tragödie“: Mit seinem Spendenscheck kaufe der großzügige Geber „amerikanische Gleichgültigkeit“ gegenüber dem Leiden der Palästinenser und Gleichgültigkeit gegenüber der israelischen Unabhängigkeitserklärung (welche die Gleichberechtigung aller in Israel lebenden Menschen proklamiert).
  Wenn Israel jüdische Siedlungen subventioniere, schreibt Beinart weiter, wenn es Palästinenser verhafte, die friedlich gegen die Besatzung demonstrierten, leiste der Spender einen Beitrag dazu, dass die amerikanische Regierung nichts gegen diese Ungerechtigkeiten unternehme. Den Ursprung habe diese Tragödie darin, dass die Juden heute nicht mehr in einer Position der Schwäche lebten, sondern stark geworden seien. Ihre Macht aber könnten Juden ebenso missbrauchen wie andere Völker.
  Peter Beinart stellt die Frage, warum sich amerikanische Juden so sehr dagegen sträubten, sich in Israel für eine freiheitliche Demokratie einzusetzen. Seine Antwort: „Das heutige jüdische Establishment in den USA ist kein Kind des amerikanisch-jüdischen Liberalismus. Es ist aus einer Reaktion auf diesen Liberalismus hervorgegangen. Die tonangebenden jüdischen Organisationen entfernen sich immer weiter von der Mehrheit der amerikanischen Juden.“ Diese Organisationen, schreibt er, setzten sich nicht für eine egalitäre Demokratie in Israel ein und auch in den USA würden sie dieses Ziel nicht mehr verfolgen.
  Vor dem Sechstagekrieg von 1967 hätten amerikanisch-jüdische Organisationen wie die „Anti-Defamation League“, das „American Jewish Committee“ und viele andere den Zionismus als einen Teil eines umfassenden liberalen und progressiven Projektes betrachtet. Nach dem Krieg von 1967 aber seien der amerikanische Liberalismus und der organisierte Zionismus auseinandergedriftet. Die amerikanische Linke etwa, die zuvor Seite an Seite mit den amerikanischen Juden für Freiheit und Demokratie gekämpft habe, sei auf Distanz zu Israel gegangen und habe das Land als Produkt des westlichen Imperialismus bezeichnet. Viele hätten sich gegen die Juden gewandt, weil diese nun keine Opfer mehr gewesen seien, sondern neue Macht erobert hätten.
  Um das Leiden der Palästinenser aus der amerikanischen Öffentlichkeit zu verdrängen, habe der Meinungsforscher Frank Lutz den jüdischen Organisationen empfohlen, nicht von „Palästinensern“ sondern von „Arabern“ zu sprechen; der Ausdruck Palästinenser wecke Assoziationen wie „Flüchtlinge“ und „Unterdrückung“, das Wort Araber hingegen verweise auf Reichtum, Erdöl und Islam.
  Der spannenden Frage, wie Barack Obama zum Abdriften des liberalen, demokratischen Zionismus in einen seine Macht missbrauchenden Zionismus steht, widmet der Autor ein ganzes Kapitel. Dessen Überschrift lautet: „Der jüdische US-Präsident“. Nach seinem Jurastudium ließ Obama sich im Stadtteil Hyde Park von Chicago nieder, dort sei er mit Juden zusammengekommen, die „religionsübergreifend, linksliberal und um Integration bemüht“ gewesen seien.
  Obama habe die israelischen Autoren David Grossman und Amos Oz gelesen und mit dem palästinensischen Literaturkritiker Edward Said diskutiert. Allerdings sei Obama vorsichtiger geworden, als es darum ging, die demokratische Präsidentschaftskandidatur und dann das Amt des Präsidenten zu erringen. Zumindest in seinen öffentlichen Stellungnahmen habe sich Obama vom liberalen, demokratischen Zionismus entfernt.
  In der Folge beschreibt Beinart Obamas weitere Entwicklung: Das Kapitel „Der monistische Ministerpräsident“ zeigt die Unnachgiebigkeit Netanjahus, das Kapitel „Der Zusammenstoß“ analysiert den Konflikt zwischen ihm und Obama, und „Die Demütigung“ schildert Obamas Niederlage. Dieser Teil der Analyse endet mit Obamas Aufforderung an die amerikanischen Juden, selbst für den demokratischen, liberalen Zionismus zu kämpfen. „Wenn ihr nicht“, so paraphrasiert der Autor den Präsidenten, „wenn ihr nicht für die israelische Demokratie kämpft, warum soll ich es dann tun?“
  Die Resignation des „jüdischen Präsidenten“ lässt Beinart nicht unberührt. Israel müsse, schreibt er, die mit seiner Macht verbundene ethische Verantwortung übernehmen und akzeptieren, dass die Besatzung palästinensischen Landes das Verhalten seiner Widersacher geprägt habe. Diese Verantwortung zu ignorieren, wäre „der Ausdruck politischer und moralischer Blindheit“.
  Welches Israel ist es also, darf man fragen, für das Angela Merkel eine Sicherheitsgarantie abgegeben hat? Jenes, das ständig seine Grenzen erweitert, oder jenes in den Grenzen des Waffenstillstandes von 1949, die international anerkannt sind? Werner Sonne fügt in seinen Titel „Staatsraison?“ zu Recht ein Fragzeichen ein. Seine Recherchen sind bemerkenswert, anders als Peter Beinart enthält er sich aber weitgehend einer eigenen Wertung.
  Sonne schildert, wie sich unter deutschen Parteipolitikern immer mehr Kritik an Israel breitmache, vorerst noch hinter den Kulissen. Und er schildert, wie sich Merkel und Benjamin Netanjahu am Telefon, man möchte fast sagen, angifteten. Werner Sonne, der viele Kontakte in Ministerien und Geheimdiensten sowohl in Israel als auch hierzulande angezapft hat, zeigt detailliert, wie alle Regierungen der alten und neuen Bundesrepublik Waffen an Israel verschenkten und verkauften.
  Das Wort Staatsraison erklärt sich demnach schon aus den kontinuierlichen Waffenlieferungen. Politisch hinterfragt wird es aber erst seit Merkels möglicherweise politisch folgenschweren Worten. Auf den Prüfstand wird es kommen, falls Israel Iran angreift oder noch tiefer als bisher in die Syrienkrise verwickelt wird. Sonnes Fazit: Angesichts der eskalierenden nahöstlichen Krisen und der israelischen Drohungen gegen Iran liegt ein Großteil der Verantwortung für die Zukunft der Region bei Barack Obama. Dieser sei bemüht, einen Krieg mit Iran zu verhindern, könne aber wenig tun, um den Palästinensern zu einem Staat zu verhelfen und damit den demokratischen Charakter Israels zu retten.
  Diese Tatsachen vor Augen, schreibt Beinart, „sollten wir Juden mit uns ins Gericht gehen“. Auch Werner Sonne sieht eine Schieflage der israelischen Politik. Statt sich nach dem Sieg im Krieg von 1967 um die Lösung des Palästinenserproblems zu bemühen, habe das Land „großisraelischer Versuchung“ nachgegeben.
  Staatsraison? Wie im Verhältnis amerikanischer Juden zu Israel könnte auch im Verhältnis der Bundesrepublik zu Israel etwas „falsch laufen“.
Peter Beinart: Die amerikanischen Juden und Israel. Was falsch läuft. Aus dem Englischen von Stephan Gebauer. Verlag C.H. Beck, München 2013. 320 Seiten, 24,95 Euro.
Werner Sonne: Staatsraison? Wie Deutschland für Israels Sicherheit haftet. Propyläen Verlag, Berlin 2013. 250 Seiten, 19,99 Euro.
Die „private jüdische Tragödie“
mischt sich mit einer
„nationalen jüdischen Tragödie“
Beinart betrachtet Obamas
jetzige Haltung zu Israel als
Ergebnis seiner Resignation
Deutschland serviert. Seit Jahrzehnten wird Israel, teils umsonst, mit Waffen versorgt. Israels Feinde halten das Land für einen gefräßigen Moloch. Peter Beinart beklagt, dass es dazu gekommen ist.
ZEICHNUNG: ERNST KAHL
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