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Produktdetails
Trackliste
CDEXT
1Ist das so?00:03:05
2Rüssel an Schwanz00:04:54
3Guten Tag00:03:37
4Denkmal00:03:18
5Du erkennst mich nicht wieder00:04:56
6Die Zeit heilt alle Wunder00:04:40
7Monster00:03:49
8Heldenzeit00:04:24
9Aurélie00:03:33
10Müssen nur wollen00:03:36
11Ausser dir00:03:42
12Die Nacht00:04:19
13Wir sind Helden00:15:00
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.07.2003

Guten Tag, wir sind raus!
Neue deutsche Wellenreiter: "Spillsbury" und "Wir sind Helden"

Wenn man Vorschußlorbeeren zurückzahlen muß, kann das teuer werden. Keiner anderen deutschen Popband eilte in diesem Jahr ein solcher Ruf voraus wie "Wir sind Helden" aus Berlin. Nach vielen Konzerten und zwei Singles haben sie jetzt endlich ihr erstes Album "Die Reklamation" veröffentlicht, das die Erwartungen tatsächlich erfüllt und auch diejenigen überzeugen wird, die durch die PR-Lawine mißtrauisch geworden sind und nur einen weiteren Neue-Deutsche-Welle-Aufguß erwarten. "Guten Tag", ihr erster Hit, hatte das mit seinem schnellen Synthie-Beat nahegelegt, doch musikalisch ist das Album insgesamt kaum neonfarbig-tiefgefroren geraten, sondern einfach eine weitere abwechslungsreiche Power-Pop-Platte, wie sie zuletzt "Kettcar", "Sportfreunde Stiller" oder "Virginia Jetzt!" gemacht haben. So viele gelungene Mainstream-Popsongs aus deutscher Produktion waren lange nicht mehr zu hören.

Bei den Texten halten die "Helden" locker den Standard, den die Hamburger Schule ebenso wie der minimalistische Hauptstadt-Pop in den letzten Jahren etablierten, ohne aber das Plakat "Diskurs-Rock" vor sich herzutragen. Die kluge Judith Holofernes singt mit kaum verborgener Berliner Schnauze durchgearbeitete, originelle Texte, die freilich nicht gewinnen, wenn sie - wie in "Guten Tag" oder "Heldenzeit" - politisch oder konsumkritisch überfrachtet sind. Die schönsten Songs auf diesem Album sind Liebeslieder, etwa "Die Zeit heilt alle Wunder" oder das mit- und abreißende "Denkmal", die beide auf ganz unpathetische Weise und ohne Larmoyanz die Unbeständigkeit des Glücks zu zweit mehr feststellen als betrauern: "Hol den Vorschlaghammer / Sie haben uns ein Denkmal gebaut / und jeder Vollidiot weiß / daß das die Liebe versaut." Sogar ganz leicht und ausgelassen wird Judith Holofernes, wenn sie - in "Aurélie" - einer Französin die Ausfallerscheinungen deutscher Männer beim Flirt erklärt. Als Speerspitze einer Repolitisierung des Pop, die mancherorts herbeigeschrieben wird, eignet sich die Band aber wohl kaum.

Das gleiche gilt für das Hamburger Duo "Spillsbury", das auf "L'age d'or" sein Synthie-Punk-Debüt vorgelegt hat. Hier sind die Anklänge an die achtziger Jahre deutlicher, auch weil Sängerin Zoe Meissner und ihr Partner Tobias Asche stilistisch keine Konzessionen machen und vom ersten bis zum letzten Ton mit programmierten Beats, Stakkato-Baß und retrospektiven Synthieklängen lossprinten. Das ist auf Dauer ermüdender als die stil- und tempowechselnden "Helden", zumal die Texte hier eher Gebrauchscharakter haben.

Doch entfaltet die Platte gerade durch ihren Purismus auch einen Sog, der über schwächere Stücke hinweghilft. "Pause, Rücklauf, stop, nochmal von vorn / Textblatt vor den Augen, alles einmal durchgehört, / und Kreuzchen machen, Endlosschleife, Lieblingsstelle rot markiert." So geht es mit hohem Tempo durch Beziehungskrisen, Medienkritik und durchgemachte Nächte, wobei auch hier ein diffuser Widerstandsgeist, ein Unbehagen an metropolitaner Pop- und Spaßkultur die Texte grundiert: "Raus aus dieser Stadt, sie frißt euch alle auf", heißt es im Titelsong, den die "Speed Queen" aus dem großartigen Roman von Stewart O'Nan im Fluchtauto hören könnte. Der versteckte Song am Ende der CD ist eine Akustikversion davon, und erst hier denkt man zum ersten Mal wieder ans Ausatmen.

RICHARD KÄMMERLINGS.

Spillsbury, Raus!, Lado 17103-2.

Wir sind Helden, Die Reklamation, Labels/Emi 590869 0

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