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Produktdetails
Trackliste
CD
1The Lady Is A Tramp00:03:17
2One For My Baby (And One More For The Road)00:02:57
3Body And Soul00:03:20
4Don't Get Around Much Anymore00:02:40
5Blue Velvet00:04:35
6How Do You Keep The Music Playing00:05:26
7The Girl I Love00:03:52
8On The Sunny Side Of The Street00:02:56
9Who Can I Turn To (When Nobody Needs Me)00:03:51
10Speak Low00:03:56
11This Is All I Ask00:04:35
12Watch What Happens00:02:08
13Stranger In Paradise00:05:02
14The Way You Look Tonight00:03:54
15Yesterday I Heard The Rain00:03:41
16It Had To Be You00:03:51
17When Do The Bells Ring For Me00:02:52
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.09.2011

Letztes Geleit für Amy Winehouse
Er bittet die Größten aller Genres ins Studio und verwandelt sie im Zeichen des Jazz: Tony Bennetts neues Duett-Album ist ein Triumph

Daniel Haas

New York, 1997. Tony Bennett gastiert im Apollo. Ausverkauftes Haus. Hingerissene Fans. Er betritt die Bühne. Die ersten Takte von "I Left My Heart in San Francisco". Eine Frau ruft von der Tribüne: "Nimm dir Zeit, Tony!" Und Bennett, mit breitem Lächeln: "Was glaubst du, was ich hier gerade mache, honey?" Tony Bennett hat den Zeitbegriff in der populären Musik zum Implodieren gebracht: Er ist seit 65 Jahren auf der Bühne, im Radio, auf den Plattentellern, wurde von Bob Hope entdeckt, war Lieblingssänger des Count, des Duke, der Hochadel des Jazz hofierte ihn.

Dann kamen die Sechziger und Siebziger, freche Typen in Jeans statt Anzügen, ein Affront. Bennett verschwand von der Bildfläche, um 1994 sein Comeback ausgerechnet mit MTV-"Unplugged" zu feiern. Tony-Bennet-Jahre vergehen anders. Sie kennen nicht die Abnutzungserscheinungen der Moden. Sie bringen nicht Hypes hervor, sondern veredeln ein Werk, verfeinern eine Lebensidee. Und die heißt: Qualität. Als die Studios von Bennett Anfang der Siebziger eine Renovierung im Zeichen der Hippie-Ära verlangten - er sollte Beatles-Songs covern -, bat er seinen Mentor Count Basie um Rat. Der sagte nur: "Warum würde man einen Apfel ändern?" Deshalb funktioniert auch dieses zweite, exzellente Duett-Album wie das erste: Tony Bennett stimmt seine Gäste ein auf die Crooner-Chronologie. "Blue Velvet", "I Left My Heart in San Francisco", "On the Sunny Side of the Street" - jeder Takt ein Eintrag ins Geschichtsbuch der Musikgeschichte. Und hier, beim Schwelgen der Streicher, unter den Peitschenhieben der Saxophon-Fanfaren, vor dem Hintergrund des perlenden Pianos, da treten Bennetts Partner heraus aus ihrer eigenen, kurzatmigen Zeit und tragen sich ein in den neuen alten Kalender der quality time. Lady Gaga mit der Swingnummer "The Lady is a Tramp"! Ist sie das wirklich, mit einem koketten Timbre, als wäre sie die Blossom Dearie des 21. Jahrhunderts? Das Artifizielle: weg. Der Wille, Referenzen herzustellen und gleich wieder zu verwischen: vergessen. Stattdessen ein freches Parlando mit Bennett, der die Uhren zurückdreht auf Swing. Oder Queen Latifah, First Lady des Hip-Hop: Kennt man sie nicht als weibliche Mischung aus Malcolm X und Chuck D, feministische Maulheldin im besten Sinne? Und nun: "Who Can I Turn To", eine zarte Ballade, und die Queen verwandelt sich in eine Stimmregentin, die würdevoll einen Klassiker durchmisst.

Jazz können alle, Jazz ist ein Universalidiom der populären Musik, das begreift man, wenn man Sheryl Crow hört, Willie Nelson, Josh Groban, alle an der Seite eines Fünfundachtzigjährigen, der niemals die Beine übereinander schlägt, weil es die Anzughosen zerknittert, Elton John für einen "jungen Hüpfer" hält und in Interviews von seinen Freunden Fred und Ginger spricht. Bennett, mit seinem mal raspelnden, mal schmachtenden Appeal, mit seiner pointierten Diktion - wie er mit dem t von "light" und "night" und "right" eine Zeile perforiert, als wären diese Vokabeln nur entstanden, um sich in einem Song von ihm zu reimen -, dieser Mann ist das Zentrum eines Liederkatalogs, den man sich als Palimpsest vorstellen muss. Das Great American Songbook wird überschrieben vom Ausdruck der jüngeren und jüngsten Pop-Artistik und umgekehrt. Michael Bublé klingt streckenweise wie Mel Tormé, Mariah Carey wie Marilyn Monroe, k.d. lang wie eine unglaublich entspannte Anita O'Day. Effekte der Tony-Zeit: das Neben- und Ineinander von Diktionen im Sinne epochaler Eleganz.

Die Besten sterben also nicht zwangsläufig früh, und wenn doch, dann halten wir uns an ihr Werk. Amy Winehouse ist mit ihrem letzten Stück auf dieser Platte vertreten, sie singt "Body and Soul". "Ich überlasse dir meinen Körper, meine Seele". Das gilt auch für den Süchtigen, der von seiner Krankheit verschlungen wird. Der Song hat einen Nebensinn bekommen. Aber wie er hier klingt: Winehouse, subtil phrasierend, mal ins Tremolo der Tragödin ausgreifend, dann mit feinsten Nuancen die Lust an der Liebespein andeutend - eine Jahrhundertstimme wie Billie Holiday, Sarah Vaughan.

Ist es Wunschdenken, Tony Bennett hätte ihr die Kraft geben können, sich über alle Katastrophen hinwegzusetzen, wenigstens für die Dauer eines Duetts? "Body and Soul" ist das Vermächtnis von Amy Winehouse, und der letzte Grandseigneur des Jazz hat ihr die Zeit dafür gegeben.

Tony Bennett,

Duets II

Columbia Records 9699081 (Sony Music)

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