Audur Jonsdottir, Jenseits des Meeres liegt die ganze Welt, BTB 2011, ISBN 978-3-442-75253-9
Vom Klappentext angezogen und mit einer durch viele andere Romane von isländischen Schriftstellern geprägten positiven Grundhaltung habe ich diesen neuen Roman von Audur Jonsdottir in die Hand genommen.
Sie gilt als einer der bekanntesten isländischen Schriftstellerinnen, einem Land, das mit nur 320.00…mehrAudur Jonsdottir, Jenseits des Meeres liegt die ganze Welt, BTB 2011, ISBN 978-3-442-75253-9
Vom Klappentext angezogen und mit einer durch viele andere Romane von isländischen Schriftstellern geprägten positiven Grundhaltung habe ich diesen neuen Roman von Audur Jonsdottir in die Hand genommen. Sie gilt als einer der bekanntesten isländischen Schriftstellerinnen, einem Land, das mit nur 320.00 Einwohnern einen Schriftstellerverband hat mit weit über 300 Mitgliedern, und ihr eilen als Enkelin des isländischen Literaturnobelpreisträger Halldor Laxness viele Empfehlungen voraus.
Und meine Erwartungen wurden auch nicht enttäuscht. Zunächst jedenfalls. Denn die Geschichte von Sunna Nönnudottir, einer jungen Frau in den Dreißigern, die ihren Mann Axel abgöttisch liebt und dennoch sich fern wie der Mond von ihm fühlt, beginnt spannend und einnehmend, verspricht sie doch eine Mischung aus Beziehungsroman und Kriminalstory. Denn als die Mitarbeiterin eines Literaturverlags mit teilweise ungewöhnlichem Programm eines kalten Morgens im dunklen und stürmischen Islanddezember ihren Laptop öffnet, um wie gewöhnlich im Internet die Nachrichten zu lesen, springt ihr eine Meldung ins Auge, die sie in einen schockähnlichen Zustand versetzt. Es ist eine Suchmeldung der Polizei, die nach einer seit drei Tagen vermissten Frau sucht. Es handelt sich um die Kunsthistorikerin und Galeriebesitzerin Arndis Theodorsdottir, eine ehemalige Freundin von Sunna, mit der sie lange in Barcelona gelebt hat, als sie dort studierte.
Es ist klar: Sunna will herausfinden, wo Arndis abgeblieben ist. Immer wieder wird die laufende Handlung von Erinnerungen unterbrochen, die in Sunna hochsteigen und mit zunehmender Länge des Buches sich mit der zunächst etwas verwirrenden Gegenwart mischen und sie erklären.
Diese Gegenwart ist gekennzeichnet durch sehr unterschiedliche Stränge. Das ist zunächst ihre Arbeit im Verlag und ihre unmögliche Aufgabe, ein avantgardistisches Buch über Pu den Bären und August Strindberg zu promoten, das die beiden Verlagsinhaber apfelweinselig auf der Frankfurter Buchemesse eingekauft haben. Da ist ihr Mann Axel, der mit einer ziemlich ambitionierten Idee sich in der Tourismusbranche selbständig und dabei ruiniert hat. Er sitzt wegen eines Sturms tagelang in Nordisland fest und kann (und will auch nicht ,wie sich dann herausstellt) nach Hause kommen. Derweil ist sein Sohn aus erster Ehe, Helgi, bei Sunna, die versucht eine Beziehung zu ihm aufzubauen und dabei tatkräftige Hilfe ihrer alten Mutter in Anspruch nimmt, einer linken Gewerkschafterin, die dauernd die isländische Regierung kritisiert.
Und da ist ein Krimiworkshop des Verlags, zu dem Sunna ihre Mutter und den sofort begeisterten Helgi mit nimmt.
Die beiden wollen sich auch schreibend sofort auf die Suche nach Arndis machen, doch Sunna wählt andere Wege. Sie spürt, dass die Lösung des Verschwindens ihrer ehemaligen Freundin in ihrer gemeinsamen Vergangenheit liegt.
Und dort wird sie auch, peu a peu, fündig. Das wiederum führt sie aber auch in Konfrontation mit ihrem eigenen Leben und seinen Ängsten und Lügen.
Etwa zwei Drittel des Buches kann man gut folgen, dann aber gerät die Story etwas verwirrend durcheinander, so wie das Leben der Protagonistin selbst. Ich hätte, wäre ich der Lektor dieses Buches gewesen, das erste, das die Autorin auf Deutsch veröffentlicht, ihr geraten, das letzte Drittel noch einmal zu überarbeiten. Es schmälert den Lesegenuss der ersten 150 Seiten doch erheblich und es bleibt ein Eindruck zurück, bei dem man sich fragt: was wollte sie denn nun erzählen?
Ein Roman, dessen Plot überzeugend beginnt, und dann immer schwächer wird.