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Sie lieben vergeblich, treffen die falschen Entscheidungen und lassen sich die Hoffnung auf ihr Glück doch nicht nehmen: Esther, die sich als Zauberin mit Wellensittich-Tricks versucht, Jean, die in den Bergen von Wyoming dem Flüstern der Elche lauscht, oder Denny, der unerhörten Sex mit seiner Nachbarin Paulette hat. Zwölf Storys vom Allerfeinsten, ungeheuer pointiert und verblüffend komisch erzählt.

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Produktbeschreibung
Sie lieben vergeblich, treffen die falschen Entscheidungen und lassen sich die Hoffnung auf ihr Glück doch nicht nehmen: Esther, die sich als Zauberin mit Wellensittich-Tricks versucht, Jean, die in den Bergen von Wyoming dem Flüstern der Elche lauscht, oder Denny, der unerhörten Sex mit seiner Nachbarin Paulette hat. Zwölf Storys vom Allerfeinsten, ungeheuer pointiert und verblüffend komisch erzählt.
Autorenporträt
Elizabeth Gilbert ist Autorin des Bestsellers "Eat, Pray, Love", der in über dreißig Sprachen übersetzt und mit Julia Roberts in der Hauptrolle verfilmt wurde. Sie lebt in New Jersey.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.11.2005

Die Wunde am Oberschenkel
Sparsam mit Metaphern, reich an Geschichten: Jakob Hessings untypischer Familienroman „Mir soll’s geschehen”
Von Polen sind sie nach Kriegsende in den Westen geflüchtet. Den Holocaust haben sie nur knapp überlebt. Hersch Kagans Frau wurde von den Deutschen umgebracht, seine Tochter, eine Kommunistin, schon vor dem Krieg von polnischen Sicherheitskräften verschleppt; sie kehrte nie mehr zurück. Judko Frankfurter, der Mann von Herschs jüngerer Schwester Le’itsche, musste erleben, wie sein Bruder erschlagen wurde, als sie sich nachts aus dem Erdloch, in dem ein Bauer sie versteckt hielt, wagten. Munjo Kowalski, der Mann von Judkos Schwester Chaje, hat nicht nur Vater und Brüder, sondern auch seine erste Frau und seine Kinder verloren. Alle hoffen sie nun darauf, sich eine neue Existenz aufbauen zu können - und sie versuchen dies ausgerechnet in der früheren Hauptstadt des Großdeutschen Reiches, in Berlin.
Die Menschen, deren Leben zwischen 1947 und 1996 Jakob Hessing schildert, sind durch die Hölle gegangen. Dennoch geht es in „Mir soll’s geschehen” mehr um die Bewältigung der jeweiligen Gegenwart als um die Traumata der Vergangenheit. Dass diese stets präsent und unauslöschlich sind, wird nur beiläufig erwähnt. Die einzige Ausnahme bildet ein in schnellem Wechsel der Bilder erzähltes Kapitel, in dem Le’itsche eines Morgens von der Erinnerung an die Zeit im Versteck überfallen wird. Sie holt ihren kleinen Sohn Jonas ins Bett. Als sie sich zu ihm schmiegt, reißt sie mit einem Zehennagel eine Wunde in seinen Oberschenkel, die nicht aufhören will zu bluten. Ebenso wenig werden sich die seelischen Wunden Le’itsches und ihrer Verwandten schließen: Nur an dieser zentralen Stelle gestattet der Autor sich die Verwendung einer Metapher.
„Mir soll’s geschehen” ist ein Familienroman, aber das Pralle und Saftige, das kulinarische Vergnügen, das von dieser Gattung gerne erwartet wird, ist hier nirgendwo zu finden. Hessing erweist sich als ein Meister des literarischen Understatements. Der Brand des Hotels, das Hersch in Ramstein gekauft hat, die Trennung und Versöhnung Judkos und Le’itsches - so etwas wird in einigen Sätzen resümiert. Wenn Jonas im Jahr 1972 Zeuge eines Terrorüberfalls auf den Tel Aviver Flughafen wird, erlebt er das Geschehen nur aus der Ferne, und die Affäre seines Vaters mit dem deutschen Dienstmädchen Gretel ist so diskret geschildert, dass sie sich lange nur erahnen lässt. Alle Ereignisse, die zu dramatischen Höhepunkten taugten, spielt Hessing konsequent herunter; ihn interessiert, was vorher oder nachher passiert. Wie manche Regisseure des modernen Autorenkinos versteht er es, gerade die vermeintlich schwachen Momente der Handlung als bedeutungsvoll darzustellen. Zu dieser Strategie des Ausweichens, der Andeutung gehört auch, dass der Autor es mitunter großartig versteht, innere Vorgänge zu beschreiben, indem er scheinbar dem Äußerlichen verhaftet bleibt. Wie Figuren sich bewegen, welche Konstellationen sie in einem Raum bilden - das ist in einigen Gruppenszenen wichtiger als der Dialog oder der Gedankenbericht.
Je weiter „Mir soll’s geschehen” voranschreitet, desto mehr rückt Jonas in den Mittelpunkt. Er ist 1944, noch zur Zeit der Verfolgung, geboren. Die Begeisterung, die er als junger Mann für Camus’ „L’Étranger” empfindet, verweist darauf, dass er sich selbst fremd fühlt: in seiner Familie, vor allem aber in Deutschland. Warum seine Eltern hierher gegangen sind, kann er nicht verstehen. Als Jonas volljährig ist, wandert er nach Israel aus. Er beginnt ein neues Leben, sein Geschichtsstudium lehrt ihn aber auch, wie er einer Freundin resigniert mitteilt, „daß es Freiheit eigentlich gar nicht gibt”, nur die „Sehnsucht”, den „Wunsch nach Freiheit”. Um zu verstehen, wie geschehen konnte, was geschehen ist, schreibt er seine Dissertation über die Rolle der Parteien in der Weimarer Republik.
Die Altersbosheit in Aktion
Jakob Hessing ist ein Schriftsteller, der seinen Weg jenseits der ausgetretenen erzählerischen Pfade sucht. Das macht seinen Roman auf den ersten 180 Seiten zu einer faszinierenden Lektüre. Die nächsten 240 Seiten, in denen nicht mehr die gesamte Familie, sondern nur noch Jonas auftritt, sind leider viel schwächer. Statt der breiten Schilderung von Selbstsuche, Familiengründung und akademischer Karriere wäre es interessant gewesen, mehr über die anderen, wesentlich farbigeren Figuren zu erfahren: über Judko etwa und seine stets etwas undurchsichtigen Geschäfte, die ihn, ohne dass er wirklich vorankommt, pausenlos in Atem halten. Auf den letzten dreißig Seiten fängt sich „Mir soll’s geschehen” allerdings wieder. Wenn Chaje, die immer schon eine unangenehme Person war, zum 80. Geburtstag ihrer Schwägerin anreist, gelingt Hessing eine glänzende Skizze entfalteter Altersbosheit.
Das letzte Kapitel gehört Le’itsche. Nach einem Besuch von Jonas liegt sie nachts wach, und noch einmal vermischen sich Vergangenheit und Gegenwart, Traum und Wirklichkeit, bis am frühen Morgen mit demselben Satz ihr Leben und der Roman enden: „Das Licht, fragt Le’itsche, woher kommt das Licht, und wendet den Blick, im Fenster sieht sie den neuen Tag. Dann bleiben die Bilder stehen.” CHRISTOPH HAAS
JAKOB HESSING: Mir soll’s geschehen. Roman. Berlin Verlag, Berlin 2005. 470 Seiten, 24,90 Euro.
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