Tim Parks, Die Kunst stillzusitzen, Kunstmann 2010, 978-3-88897-680-3
Das neue Buch des englischen Schriftstellers Tim Parks ist kein Roman,sondern eine sich über 370 Seiten hinziehende Selbstinspektion. Es ist die lange Geschichte einer jahrelangen ungeklärten Krankheit, die ihn mit
wahnsinnigen Schmerzen am Leben hinderte und die Geschichte einer Heilung, oder jedenfalls sein Versuch,…mehrTim Parks, Die Kunst stillzusitzen, Kunstmann 2010, 978-3-88897-680-3
Das neue Buch des englischen Schriftstellers Tim Parks ist kein Roman,sondern eine sich über 370 Seiten hinziehende Selbstinspektion. Es ist die lange Geschichte einer jahrelangen ungeklärten Krankheit, die ihn mit wahnsinnigen Schmerzen am Leben hinderte und die Geschichte einer Heilung, oder jedenfalls sein Versuch, Gesundheit und Heilung zu finden.
Neben vielen medizinischen Details über seine Prostataerkrankung, mittlerweile einer der häufigsten Diagnosen, die Männern gestellt werden, und neben den Herz-Kreislauferkrankungen die häufigste Todesursache, erfährt der Leser, der schon etwas braucht , sich auf diesen persönlichen Erfahrungsbericht einzulassen, viel über eine lange Reise eines Skeptikers hin zu einem total veränderten Leben.
Tim Parks treibt das Bedürfnis moderner Schriftsteller, über sich selbst, über ihre intimsten Dinge und Bedürfnisse zu reden, noch auf die Spitze, etwa indem er haargenau eine Blasenspiegelung beschreibt. Für ihn hat das Schreiben über das, was ihm geschieht, einen therapeutischen Effekt, denn, so sagt er, das Schweigen, nicht über die Krankheit zu reden, sei schon fast ein Teil von ihr gewesen: „Es ist leichter über Folter im Irak zu sprechen als darüber. Und es ist sicher leichter für die Leute, Bücher über Serienkiller zu lesen die Frauenkörper aufschlitzen, als über einen Männerkörper, dem ein Objekt in den Penis geschoben wird.“
Die literarische Qualität seines Berichtes macht das Buch gut lesbar. Es bricht ein Tabu, und hilft vielleicht anderen Männern, über ihre Prostataleiden sprechen zu können. Ein Gespräch mit meinem Urologen, dem ich von diesem Buch erzählte, bestätigte mir zweierlei. Erstens, dass es immer mehr Männer sind, die an einer bösartigen Prostatavergrößerung erkranken, und zweitens, dass durch bessere und regelmäßige Vorsorge viele gerettet werden könnten, dass aber die Scheu und die Angst vor dem befürchteten Verlust ihrer Sexualität vielen Männern den Weg in die urologischen Praxen verbaue. Viele Mythen gäbe es um diese Krankheit, die aber meistens meilenweit von der Wahrheit entfernt seien.
Die Veränderungen, die Tim Parks erfahren hat, indem er sich endlich, nach vielen Jahren, in einem auch inneren Veränderungsprozess der Krankheit stellte, werde man, so sagt er in einem Interview, sicher in seinem nächsten Roman erkennen, an der schon arbeite. Seien wir darauf gespannt.