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Thema des Buches ist die Frage nach Eigenart und Gewicht der städtischen Reformation (1521-1555) vor dem Hintergrund der spezifischen Lebens- und Frömmigkeitsformen des spätmittelalterlichen Bürgertums am Beispiel Nürnbergs.

Produktbeschreibung
Thema des Buches ist die Frage nach Eigenart und Gewicht der städtischen Reformation (1521-1555) vor dem Hintergrund der spezifischen Lebens- und Frömmigkeitsformen des spätmittelalterlichen Bürgertums am Beispiel Nürnbergs.
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.08.1996

Der Nürnberger Sonderweg
Berndt Hamm erklärt, was die Reformation mit den Städten zu tun hatte

Der Zusammenhang zwischen reformatorischem Denken und bürgerlicher Lebenswelt ist offenkundig. Kaum eine größere Stadt des Heiligen Römischen Reiches - Köln ist die wichtigste Ausnahme - verschloß sich der Reformation: Hier fand sie ihre Öffentlichkeit. Städte waren Orte des Gesprächs und der Debatte, hier wirkten die Massenmedien Predigt und Druckschrift besonders intensiv. Vor allem darauf bezog der Historiker Arthur Dickens seine vielzitierte Feststellung, die Reformation sei "ein städtisches Ereignis" gewesen. Der plakative Satz fordert aber auch dazu heraus, die Rolle der Städte im reformatorischen Geschehen genauer zu bestimmen und zu präzisieren, was "städtische Reformation" eigentlich ist.

Das ist Berndt Hamms Anliegen. Er versucht, der sozialen Dimension der Reformation ebenso Beachtung zu schenken wie geistesgeschichtlichen Zusammenhängen. Den theologischen Charakter der Stadtreformation aber rückt er entschieden in den Vordergrund. Der Autor verweist auf die dominierende Bedeutung, die religiöse Leidenschaft und theologische Kundigkeit in der Epoche zwischen Luthers Thesenpublikation (1517) und dem Augsburger Religionsfrieden (1555) gehabt hätten: Er konfrontiert diese Jahrzehnte als "theologisches Zeitalter" dem vorangehenden Jahrhundert, das er als "Epoche der Frömmigkeit" charakterisiert.

Sowohl in der einfachen Bevölkerung als auch in der großen Politik habe die Theologie einen "hohen Wirkungsgrad" besessen. Ihre Fragen nach dem Verständnis von Sünde oder Rechtfertigung, nach der Natur der Sakramente oder dem Wesen Christi hätten auch den "gemeinen Mann" erreicht, seien von ihm begierig und kenntnisreich diskutiert worden. Damit habe die reformatorische Theologie Luthers und Zwinglis die sozialen Räume ihrer Entstehung transzendiert. Sie sei nicht aus spezifischen lebensweltlichen Konstellationen ableitbar, von denen sie gleichwohl Prägungen erfahren habe. Solchen Prägungen spürt der besonders gelungene Schlußabschnitt des ersten Kapitels mit der Überschrift "Städtische Theologie" nach.

Unglücklicherweise verengt der Autor nach dem furiosen ersten Teil seines Buches (der übrigens ein erweiterter Handbuchartikel ist) seine Darstellung auf die "Mikrogeschichte" von zwei bedeutenden Exponenten der städtischen Reformation: Zwei kurze Kapitel sind dem Nürnberger Stadtschreiber Lazarus Spengler (1479 bis 1534) und seinem etwas jüngeren Mitbürger Hans Sachs (1494 bis 1576) gewidmet (der Sachs-Abschnitt ist die ausgebaute Fassung eines Vortrages). Der Stadtschreiber und der dichtende Schuster aber repräsentieren den "gemeinen Mann" ebensowenig, wie ihre Nürnberger Umwelt das idealtypische Beispiel einer Stadtreformation darstellt. Wie stünde es mit der von Hamm postulierten Durchdringung der "Breite der einfachen Bevölkerung mit Theologie", würde man den Blick auf die Kleinstädte richten, den Normalfall im Reich des 16. Jahrhunderts?

Die Bedeutung von Hamms Buch liegt vor allem darin, daß es den Leser an die eigentlich religiösen Wurzeln der Reformation erinnert. Die Frage, wie das Seelenheil zu erringen sei, wurde in einer Epoche krisenhafter Veränderungen entscheidend - für die Individuen nicht weniger als für Stadträte und Fürsten, die sich ihrerseits verantwortlich sahen für die ihnen anvertrauten "Heilsgemeinschaften" und sich als Architekten des Himmlischen Jerusalem auf Erden fühlten. Hamm reklamiert die religiöse Erwägung als Element der Zweckrationalität der Menschen des 16. Jahrhunderts, und dieser Zugriff überzeugt. BERND ROECK

Berndt Hamm: "Bürgertum und Glaube". Konturen der städtischen Reformation. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1996. 256 S., 11 Abb., br., 38,- DM.

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