HALAT HISAR nannte Mahmoud Darwish seinen 2002 in arabischer Sprache veröffentlichten Gedichtband, der 2005 zweisprachig unter BELAGERUNGSZUSTAND im Hans Schiler Verlag, Berlin erschien.
Es ist eines seiner wichtigsten Bücher und erschien zur Zeit der zweiten Intifada, des zweiten Aufstandes der
Palästinenser gegen die israelische Besatzung. Sie begann im September 2000 und zog Palästina und…mehrHALAT HISAR nannte Mahmoud Darwish seinen 2002 in arabischer Sprache veröffentlichten Gedichtband, der 2005 zweisprachig unter BELAGERUNGSZUSTAND im Hans Schiler Verlag, Berlin erschien.
Es ist eines seiner wichtigsten Bücher und erschien zur Zeit der zweiten Intifada, des zweiten Aufstandes der Palästinenser gegen die israelische Besatzung. Sie begann im September 2000 und zog Palästina und Israel in blutige Gemetzel, von denen sich viele der hineingerissenen Menschen bis heute noch nicht erholt haben.
Es war die Zeit
der Selbstmordattentate durch Palästinenser, vorwiegend in der Gegend um Hadera,
des Lynchens israelischer Soldaten in der Westbank, die sich verfahren hatten,
der Exekutionen führender Palästinenser durch die israelische Armee,
des Panzerrollens im Gazastreifen und der Westbank und
der Diskussion um den Mauerbau, um das Westjordanland endgültig abzuriegeln.
Es war die Zeit,
in der der Hass die Luft verseuchte und die Menschen auf beiden Seiten in tiefe Angst und Trauer stürzte,
in der auch zahlreiche jüdische Israelis auswanderten.
BELAGERUNGSZUSTAND beginnt mit konfrontierenden Versen unter dem Eindruck der israelischen Invasion und endet mit einem Gesang über den ersehnten Frieden.
Mahmoud reflektiert hier das alltägliche palästinensische Leben unter der Belagerung, er sucht Menschlichkeit bei den Israelis und hinterfragt den Märtyrermythos der palästinensischen Selbstmordattentäter.
Der Gedichtband umfasst sowohl politische Lyrik wie auch Liebesgedichte:
Hier, an den Hängen der Hügel, im Angesicht der sinkenden Sonne
und des Schlundes der Zeit
nah den schattenberaubten Gärten
tun wir, was Gefangene tun,
tun wir, was Menschen tun ohne Arbeit:
wir nähren die Hoffnung.
Kein homerisches Echo hier von irgend etwas.
Die Mythen pochen an unsere Türen, wenn wir sie brauchen
kein homerisches Echo von irgend etwas ...
Hier ist ein General, der gräbt nach einem schlafenden Staat
unter den Trümmern eines künftigen Troja
Soldaten messen den Abstand zwischen dem Sein
und dem Nichts
mit dem Zielrohr eines Panzers
Wir messen den Abstand zwischen unseren Körpern
und der Granate mit dem sechsten Sinn
ICH ODER ER
so beginnt der Krieg.
Doch er endet mit einer beschämenden Begegnung
ICH UND ER.
Die Seele steige ab,
um auf ihren seidenen Füßen zu gehen
an meiner Seite, Hand in Hand, wie zwei alte Freunde,
die sich das alte Brot
und den Kelch des alten Weines teilen,
auf dass wir diesen Weg gemeinsam gehen
bevor unsere Tage sich in zwei Richtungen scheiden:
Ich gehe ins Jenseits, sie aber hockt,
die Arme um ihre Beine geschlungen,
auf einem hohen Felsen
Die Belagerung macht mich von einem Sänger
zu einer sechsten Geigensaite
Mahmud Darwisch, die poetische Stimme des palästinensischen Volkes, war einer der herausragenden zeitgenössischen Dichter in der arabischen Welt. Zu den internationalen Auszeichnungen, die er für seine Arbeiten erhielt, zählen u.a. der Lenin-Friedenspreis (1983), der Lannan Cultural Freedom Award (2001), der Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück (2003 zusammen mit dem jüdisch-israelischen Schriftsteller und Psychologen Dan Bar-On) sowie der Goldene Kranz (2007).
Mahmud Darwisch wurde 1941 in Barwa in der Nähe von Akko (damaliges Britisch-Palästina) geboren. Er starb am 09. August 2008 nach seiner dritten Herzoperation in Houston, USA.
Als Siebenjähriger musste Darwisch mit seiner Familie während des israelischen Unabhängigkeitskrieges unter israelischem Gewehrfeuer in den Libanon flüchten. Heimlich kehrte er nach Gründung des Staates Israel in sein Geburtsland zurück. Als Jugendlicher wurde er mehrfach inhaftiert und unter Hausarrest gestellt. 1971 ging Mahmoud Darwish ins Exil ( Moskau, Kairo, Beirut, Tunis, Paris, Amman) und lebte schließlich seit 1996 wieder teilweise in Ramallah (Westjordanland), wo er 2008 bestattet wurde. So blieb ihm zumindest der Blick auf den Gazakrieg Dezember 2008 - Januar 2009 erspart.