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"Andrea Levy ist eine große Entdeckung in der britischenLiteratur." Katharina Viner, Jurorin des Orange Prize
"Für einen Jamaikaner ist eine Stelle als Fahrer ein großesGlück - wenn auch eine englische Art von Glück."
Voller Optimismus und der Hoffnung auf ein besseres Leben im Mutterland kehrt der Jamaikaner Gilbert 1948 nach London zurück, der Stadt, in der er während des Krieges als Held galt. Dort muss er feststellen, dass er ohne die blaue Uniform der Royal Air Force als Farbiger ein Mensch zweiter Klasse ist. Unterschlupf finden er und andere Jamaikaner im tristen Earls Courtbei…mehr

Produktbeschreibung
"Andrea Levy ist eine große Entdeckung in der britischenLiteratur." Katharina Viner, Jurorin des Orange Prize

"Für einen Jamaikaner ist eine Stelle als Fahrer ein großesGlück - wenn auch eine englische Art von Glück."

Voller Optimismus und der Hoffnung auf ein besseres Leben im Mutterland kehrt der Jamaikaner Gilbert 1948 nach London zurück, der Stadt, in der er während des Krieges als Held galt. Dort muss er feststellen, dass er ohne die blaue Uniform der Royal Air Force als Farbiger ein Mensch zweiter Klasse ist. Unterschlupf finden er und andere Jamaikaner im tristen Earls Courtbei Queenie, einer ebenso herzlichen wie attraktiven Weißen, deren Mann Bernhard nicht aus dem Krieg zurückgekommen ist und die einige Zimmer gegen ein paar Pfund an Emigranten vermietet - sehr zum Ärger der Nachbarn. Aber Gilbert hat noch ein anderes Problem: seine ihm in Jamaika angetraute Frau Hortense,die voller hochfliegender Träume und mit einem Koffer eleganter Kleider nach England gereist ist und jetzt vor seiner Tür steht - fassungslos über die Schäbigkeit des Zimmers, voller Verachtung für ihren Mann und wildentschlossen, dem Mutterland zu zeigen, was für eine hervorragende Lehrerin sie ist ...

Ein melancholischer Roman voller Momente von Glück, Komik und Zorn. Andrea Levy erzählt authentisch und fassettenreich die Geschichte zweier Paare, für die England ein gemeinsames Schicksal bereithält: normale Leute zu sein in einer außergewöhnlichen Zeit.
Autorenporträt
Andrea Levy wurde 1956 als Kind jamaikanischer Einwanderer in London geboren, wo sie heute noch lebt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.07.2007

Jamaika im Ohr
Andrea Levys Roman „Eine englische Art von Glück”
Als Gilbert Joseph dem verspätet aus dem Zweiten Weltkrieg heimgekehrten Mann seiner Londoner Vermieterin Queenie nach mehreren hundert Seiten ordentlich antirassistisch den Kopf wäscht und sich damit als Schwarzer, der in der Royal Air Force gedient hat, zum ersten Mal in voller Überzeugung gegen einen Weißen erhebt, wird es still. Dann kommt ein kurzes „Sorry”. Toll, denkt sich Hortense, Gilberts Frau, wer könnte da auch etwas erwidern. Mein Mann ist doch ein ganzer Kerl. Wir werden trotz allem eine goldene Zukunft haben. Bis Mr. Bligh seinen Satz zu Ende bringt. „Sorry. . . , aber ich versteh’ kein Wort von dem, was Sie da sagen.” Er hat sich in dem jamaikanischen Englisch, in dem Gilbert so wuchtig schimpfte, einfach nicht zurechtgefunden.
„Small Island”, das in England eine runde Million Mal verkauft wurde, trägt im Deutschen den feinen Titel „Eine englische Art von Glück”. Freundlich ironisch und doch in die Irre führend. Gerade das edle, möglicherweise koloniale Ambiente, das man von Titel und Cover befürchten darf, ist Andrea Levys Sache nicht. Gleich zu Beginn zeigt sie, wie Hortense im noch bombenzerstörten London des Jahres 1948 ankommt, ein leuchtendes Bild der Hauptstadt des Commonwealth im Kopf. Von Gilbert, dem sie ins Himmelreich Mutterland gefolgt ist, wird sie in das schäbige Dachzimmer eines verblichenen großen Stadthauses geführt. Das Paradies ist verrottet, das Zimmer ist das einzige, die Küche ist eine Herdplatte, das Bad liegt einen Stock tiefer, und Gilbert Joseph meint nur: Anderen geht es schlechter.
Das Privileg der Haut
Schade, dass Hortense enttäuscht werden muss, trägt sie bei ihrer verunglückten Ankunft doch einen hübschen kleinen Hut und lange, weiße Handschuhe. Daneben spricht sie ein exquisites Englisch, vom Patois ihres Mannes sehr verschieden, aber auch gewöhnlichen Londonern fremd. „Ich bekam Gilbert noch nicht zu Gesicht.” Hortense ist das uneheliche Kind eines Kolonialbeamten und war in Jamaika wegen ihrer honigfarbenen, beinahe weißen Haut privilegiert. Sie wurde Lehrerin, und hangelt sich seither sprachlich in eigenwilligen Variationen von Shakespeare bis Wordsworth und zurück. Von ihr werde mehr erwartet, sagt sie, als von jemand, „of a more lowly persuasion. And so it was with I.”Deutsch klingt dieser Satzzusammenhang, der hohe Literatur und Bananenstauden vermittelt, so: „Ist man ein Kind von einem Mann wie ihm, werden Dinge von einem erwartet, die gewisslich nicht erwartet werden, wenn man von eher niederer Abkunft ist. Und so war es auch mit mir.”
Sehr schön bringt Bernhard Robben – der Übersetzer unter anderem von Salman Rushdie und Hanif Kureishi – Hortenses ausschweifend-umständlichen Satzbau und die antike Wortwahl ins Deutsche. Gut begründet er in seinem prägnanten Nachwort aber auch die Entscheidung, Hortenses wiederholtes Ersetzen von „me” durch „I” nicht mitzumachen. Statt jamaikanisch zu wirken, hätte das falsche Deutsch sie dumm erscheinen lassen. Das ist sie nicht, auch wenn sich Hortense manchmal näschenrümpfend fragt, warum viele Engländer sprechen wie ungehobelte Zuckerrohrschneider auf Jamaika.
Es gibt kein jamaikanisches Deutsch. Über diese Brücke kommt man nicht. Aber statt sich die Sache leichtzumachen, hat Robben darauf verzichtet, sich an die üblichen Auswege zu halten. Weder begeht er den Fehlgriff, sich mit einem deutschen Dialekt zu behelfen – unvergessen Ulrich Enzensbergers Umberto Saba-Übersetzung ins Fränkische – noch verdünnt er Andrea Levys schillernd vielfältige Sprache in graues Einheitsdeutsch. Er versucht, die Eigenarten aller vier verschiedenen Erzählerstimmen, Hortense, Gilbert Joseph, Queenie und Bernard Bligh, zu Gehör zu bringen, vom barocken Englisch Hortenses bis zum knappen Army-Ton von Bligh.
Dass daraus eine runde Sache geworden ist, die man jetzt auf Deutsch mit Genuss lesen kann, setzt hier wie stets voraus, dass das Original die Mühe lohnt: „Small Island” ist ein klug gebauter, lebendig erzählter Roman. Die Struktur der Geschichte ist einfach. Sie setzt, nach einem kurzen Prolog, 1948 ein, geht dann aus der Perspektive von vier Erzählerstimmen in die jeweilige Vergangenheit zurück, um immer wieder 1948 anzukommen, in der Gegenwart des Textes.
Vier Lebensgeschichten, zwei Paare, werden miteinander verschränkt. Das schwarze Kind, das die sympathische Queenie am Ende empfängt, und, zwecks Schadensbegrenzung, an Hortense und Gilbert weitergibt, die zusammenzubleiben scheinen, stammt vom abwesenden Fünften im Club der zwei Ehepaare: Michael Roberts, einem entfernten Cousin, für den Hortense vor langer Zeit geschwärmt hat, der aber, wegen einer Affäre mit einer verheirateten Frau, in die Army gehen musste.
Überhaupt sind in diesem Roman beinahe alle Männer in der Air Force gewesen. Am interessantesten ist Gilberts Fall. Er ist einer jener westindischen Freiwilligen im Zweiten Weltkrieg, die in Amerika auf ihren Einsatz für England vorbereitet werden, und dort einen Rassismus kennenlernen, den die Amerikaner mit nach England nehmen. Beinahe wie zu Hause im Süden richten sie sich ein. Manche Städte, wie Nottingham, machen sie ganz schwarz, während an anderen Orten Schwarze nur mittwochs ausgehen dürfen.
Wunderbar gelungen ist jene Stelle, in der zwei schwarze amerikanische Soldaten Gilbert Joseph, dessen Vater Jude war und der deswegen gegen die deutschen Nazis in den Krieg gezogen ist, die Rassentrennung als völlig normale Sache erklären. Der Rassismus im englischen Mutterland hingegen, hat bei Andrea Levy einen weniger systematischen, eher ignoranten, dabei durchaus nicht harmlosen Charakter. Jener von Bernard Bligh, der als Soldat in Indien war, wird als Verunsicherung durch etwas wirklich Anderes ernst genommen.
Dass die 1956 geborene Andrea Levy, deren Eltern jamaikanische Einwanderer waren, ihr Milieu gut kennt, merkt man dem Roman in beinahe allen Teilen an. Je weiter der Text fortschreitet, desto glaubwürdiger wird er. Er ist anschaulich-sinnlich und analytisch zugleich erzählt. Er will keine neue Ästhetik prägen, vertraut einer klassisch-humanistischen Variante flüssigen Erzählens, das in seiner ruhigen Art die Gegensätze hier nicht verniedlicht, sondern sorgfältig entwickelt und damit deutlicher macht. HANS-PETER KUNISCH
ANDREA LEVY: Eine englische Art von Glück. Aus dem Englischen übersetzt von Bernhard Robben. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2007. 534 Seiten, 22,90 Euro.
„Das Paradies ist verrottet, aber anderen geht es noch schlechter”: Die englische Schriftstellerin Andrea Levy Foto: Basso Cannarsa/Opale
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Angesichts dieses Romans ist postkoloniale Literatur nur ein Wort, findet Margret Fetzer. Das Reizvolle des Textes von Andrea Levy besteht für sie in der Kreuzung der jamaikanischen und der britischen Perspektive. Dem Unverständnis der Figuren untereinander setzt Fetzer die für den Leser enstehende "humorvolle" panoramische Sicht entgegen, die das Geschehen und Verhalten im Text "ganz neu" erklärt. Die Kluft zwischen den Figuren, den Kulturen und Geschlechtern aber sieht Fetzer nur noch deutlicher, wenn sie die individuellen Geschichten auch für ebenso gültig hält.

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