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Tel Aviv, Anfang der neunziger Jahre: Helena, Elisabeths Mutter, ist gestorben. Während der Schiva, der sieben Trauertage, ist Elisabeth wieder in dem kleinen Viertel, in dem sie in den fünfziger und sechziger Jahren aufgewachsen ist, ein Viertel, in dem Überlebende der Shoah versuchten, sich ein neues Leben aufzubauen.Alle Kinder, mit denen sie groß geworden ist, haben wie Elisabeth schon vor vielen Jahren dieses Viertel verlassen. Sie wollten die Ängste und Alpträume ihrer Eltern hinter sich lassen, ein normaleres Leben führen, ein Großteil von ihnen jedoch gehörte zu jenen, die in den…mehr

Produktbeschreibung
Tel Aviv, Anfang der neunziger Jahre: Helena, Elisabeths Mutter, ist gestorben. Während der Schiva, der sieben Trauertage, ist Elisabeth wieder in dem kleinen Viertel, in dem sie in den fünfziger und sechziger Jahren aufgewachsen ist, ein Viertel, in dem Überlebende der Shoah versuchten, sich ein neues Leben aufzubauen.Alle Kinder, mit denen sie groß geworden ist, haben wie Elisabeth schon vor vielen Jahren dieses Viertel verlassen. Sie wollten die Ängste und Alpträume ihrer Eltern hinter sich lassen, ein normaleres Leben führen, ein Großteil von ihnen jedoch gehörte zu jenen, die in den ersten Tagen des Jom-Kippur-Krieges fielen. Nun kommen die Nachbarinnen und Nachbarn von einst zu Besuch, um Helena die letzte Ehre zu erweisen, allen voran die zwei alten Schiva-Expertinnen Sonia und Genia. Durch die Trauergäste und ihre Erinnerungen wird für Elisabeth noch einmal die versunkene Welt ihrer Kindheit gegenwärtig, mit Müttern und Vätern, die in der israelischen Gegenwart nie heimisch wurden. Elisabeth, die keine anderen Verwandten hatte als ihre Mutter, erkennt am Ende der Trauerwoche, daß sie doch nicht ohne Familie aufgewachsen ist: Das Viertel hier, es war einmal eine Familie, das machen ihr die sieben Trauertage klar, die Sonia folgendermaßen zusammenfaßt: »Es war richtig gelungen, nur schade, daß Helena nicht dabei war.«
Autorenporträt
Lizzie Doron, geboren 1953, lebt in Tel Aviv. 2003 wurde ihr Roman Ruhige Zeiten mit dem von Yad Vashem vergebenen Buchman-Preis ausgezeichnet. 2007 erhielt sie den Jeanette Schocken Preis - Bremerhavener Bürgerpreis für Literatur. In der Begründung der Jury heißt es: »Lizzie Doron ist eine israelische Schriftstellerin, die jenen eine Stimme gibt, die sie selber nicht erheben, die jenen Raum verschafft, den sie sich selber nicht nehmen könnten. Sie schreibt über Menschen, die von 'dort' kommen, die den Holocaust überlebten und nun zu leben versuchen. In Israel. Fremd, schweigend, versehrt - und stets ihre Würde wahrend. Mit großer Behutsamkeit nähert die Autorin sich ihren Figuren und mit großem Respekt wahrt sie Distanz.«

Mirjam Pressler, geboren 1940 in Darmstadt, war eine der namhaftesten Übersetzerinnen des Hebräischen. Sie übersetzte Werke von Aharon Appelfeld, Lizzie Doron, Batya Gur und David Grossman. Ihre große, sprachlich wie literarisch weite Erfahrung war von größtem Wert auch für die Erschließung der israelischen Lebenswelt, wie Amos Oz sie überliefert. Für die Übersetzung von Oz' Roman Judas erhielt sie 2015 den Internationalen Literaturpreis - Haus der Kulturen der Welt. Pressler starb am 16. Januar 2019 in Landshut.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.04.2009

Trauerzeit

Als ihre Mutter stirbt, kehrt Elisabeth in das Viertel von Tel Aviv zurück, in dem sie aufwuchs. Es ist ein Viertel, in dem sich all die angesiedelt haben, die von "dort" gekommen waren, aus dem Dritten Reich, über das hier niemand spricht. Die Alten nicht, weil sie es nicht können. Die Jungen nicht, weil die Eltern ihnen von ihren Erinnerungen nicht erzählen wollen. Für Elisabeth ist die einwöchige Shiwa, die Trauerzeit, die sie in der Wohnung ihrer Mutter verbringt, deswegen eine Reise in die Vergangenheit - und in die Zukunft. Nach Anbruch der Dunkelheit tauchen die Nachbarn wie Geister in den Straßen auf und irren ihren Albträumen hinterher. Die mondsüchtige Nachbarin wähnt sich in Bergen-Belsen, während die Frau des Gemüsehändlers laut von ihrem Bruder erzählt, der die Untergrundbewegung im Getto anführte und beim Aufstand ums Leben kam. Und so tauchen tagein, tagaus Geschichten auf, die Elisabeth verändern, und die Schoa wird zur wichtigsten historischen Koordinate ihres Lebens. Dazu gesellt sich der Jom-Kippur-Krieg, bei dem die Kinder derjenigen starben, die die Schoa überlebten. "Es war einmal eine Familie" ist ein leises, feinsinniges Buch, mit dem die jüdische Autorin Lizzie Doron all jenen ein Denkmal setzt, die in den beiden Kriegen ihr Leben ließen. Es ist aber auch ein Buch über all jene, die überlebten und heute vor allem eines sind: die zweite Generation. (Lizzie Doron: "Es war einmal eine Familie". Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 2009. 143 S., geb., 16,80 [Euro].) lbo

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Auch in Lizzie Dorons neuem Roman stehen die Fragen und Schwierigkeiten der Generation der Kinder von Holocaust-Überlebenden im Mittelpunkt, stellt Sabine Peters fest, die das Buch augenscheinlich sehr berührt hat. Die Autorin, selbst Kind der "zweiten Generation", lässt darin die Kindheitserinnerungen von Elisabeth aufsteigen, die die siebentägige Totenwache im Haus ihrer Mutter verbringt, erklärt die Rezensentin. Die seltsamen Verhaltenweisen und Angewohnheiten der Erwachsenen des Viertels werden in den ungeordnet anbrandenden Erinnerungen Elisabeths lebendig: die "Scham" für ihre Mutter, die ihre Umgebung mit schroffen Bemerkungen über Auschwitz vor den Kopf stößt, die Ängste der Mutter eines Mitschülers, wenn sie ihren Sohn unter der Dusche stehen sieht, die für die Kinder unerklärlichen Gefühlsausbrüche. Warmherzig und respektvoll schreibt die israelische Autorin über ihre Figuren, und es gelingt ihr dabei zugleich, die Frage zu reflektieren, inwieweit die Shoah überhaupt darstellbar ist, preist die Rezensentin. Bei Doron wird "das Schweigen", das die Elterngeneration prägt, "beredt" und in Gefühlen abgebildet, die sich auch auf die Leser übertragen, lobt Peters beeindruckt.

© Perlentaucher Medien GmbH
'Es war einmal eine Familie' ist ganz große Literatur, wie man unter den Autoren der Gegenwart nur selten findet. Gustav Gaisbauer Fantasia 20180115