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Kurz nach Beginn der nationalsozialistischen "Endlösung" entstand im besetzten Prag ein jüdisches Museum. Unter Aufsicht einer SS- Dienststelle arbeiteten jüdische Wissenschaftler an Ausstellungen über Brauchtum und Geschichte der Juden. Was bezweckten Heydrich, Eichmann und ihre Untergebenen damit? Jan Björn Potthast analysiert die Zusammenhänge von "Gegnerforschung" und Vernichtung.

Produktbeschreibung
Kurz nach Beginn der nationalsozialistischen "Endlösung" entstand im besetzten Prag ein jüdisches Museum. Unter Aufsicht einer SS- Dienststelle arbeiteten jüdische Wissenschaftler an Ausstellungen über Brauchtum und Geschichte der Juden. Was bezweckten Heydrich, Eichmann und ihre Untergebenen damit? Jan Björn Potthast analysiert die Zusammenhänge von "Gegnerforschung" und Vernichtung.
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Autorenporträt
Jan Björn Potthast, Dr. phil., promovierte am Lehrstuhl für jüdische Geschichte und Kultur der Universität München. Er arbeitet als Historiker und Journalist in München.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.05.2003

Auf Wunsch der SS
Jan B.Potthast zeigt das
Jüdische Zentralmuseum in Prag
Unter allen Ungeheuerlichkeiten des Dritten Reich ist das Jüdische Zentralmuseum in Prag ganz sicher eine der verrücktesten: Während die SS die Vernichtung der Juden in ganz Europa betrieb, baute sie zugleich ein vergleichsweise unbedeutendes Regionalmuseum und einige Synagogen im Prager Judenviertel zu einem der größten jüdischen Museen der Welt aus. In Prag sammelten, archivierten und bewahrten jüdische Wissenschaftler und Museumsfachleute die Zeugnisse einer Kultur, deren Angehörige durch eben diese Auftraggeber millionenfach ermordet wurden. So entstand eine der größten und wertvollsten Sammlungen von Judaica, die gerade in ihrer Pracht und Fülle das Ausmaß des Verbrechens bezeugt. Es war der Vorläufer aller späteren Holocaust- Museen.
Wie dieser Wahnsinn geschehen konnte, welche Motive die Juden hatten, ihn nicht nur zu fördern, sondern sogar zu initiieren, was sich andererseits die SS von einer solchen Sammlung versprach, das hat Jan Björn Potthast für eine Promotion zu einer Studie zusammengetragen, die nicht nur wissenschaftlich solide fundiert, sondern auch bemerkenswert flüssig geschrieben ist. Es ist nicht die erste Arbeit zu diesem Thema, aber eine, die frühere Betrachtungen – etwa jene von Hana Volavková, Museumsdirektorin nach 1945 – aufgreift und um den heutigen Forschungsstand erweitert.
In großen Schritten beschreibt Potthast die Judenpolitik im Protektorat Böhmen und Mähren, die rivalisierenden „Gegnerforscher” Rosenberg und Himmler, den konkurrierenden Ämterstreit, er stellt die Protagonisten der Museumsgründung vor, wie etwa den Referenten der Wiener „Zentralstelle für jüdische Auswanderung”, Hans Günther, und beleuchtet schließlich die schrittweise Parallelentwicklung von Bewahrung und Vernichtung einer Kultur.
Offenbar, so Potthasts Fazit, ging die Initiative von den jüdischen Museumsmachern aus, die angesichts des Genozids die Rettung ihrer Kunst- und Sakralschätze betrieben: „Die jüdischen Museumsmacher dachten (wie auch ihre deutschen Peiniger) an die Zeit nach dem Krieg. Sie installierten alle Änderungen, die ihnen von deutscher Seite aufgezwungen wurden, so provisorisch, dass man sie in besseren Zeiten leicht wieder entfernen konnte.”
Die Motive der SS erklären sich allein aus der menschenverachtenden Ideologie: Offenbar stellte das Museum im Denken von Rosenberg und Himmler keinen Widerspruch zur Vernichtung der Juden dar, sondern deren logische Konsequenz: Nach der Ermordung aller Juden Europas sollte das „Museum einer untergegangenen Rasse” eingeweihten Eliten Mahnung und Warnung sein, Erinnerung an die Vitalität des „Feindes”, den zu bekämpfen man nicht müde werden dürfe. Nach Potthast legt das ehemalige Prager Regionalmuseum Zeugnis von einem Vernichtungswillen ab, der nicht in Deutschland, nicht in Prag, und nicht in Europa halt gemacht hätte.
SONJA ZEKRI
JAN BJÖRN POTTHAST: Das jüdische Zentralmuseum der SS in Prag. Gegnerforschung und Völkermord im Nationalsozialismus. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2002. 503 Seiten, 49,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eine absurde Fußnote der Geschichte ist das Jüdische Zentralmuseum in Prag nach Meinung der Rezensentin Sonja Zekri auf jeden Fall, denn es wurde von den Nazis mit Unterstützung von jüdischen Wissenschaftlern aufgebaut, während die jüdische Kultur außerhalb des Museums systematisch vernichtet wurde. Zwar ist diese Promotion nicht die erste Arbeit, die sich mit der Geschichte dieses absurden Ortes beschäftigt, bemerkt die Rezensentin, doch sie ist "wissenschaftlich fundiert" und bringt die Forschung zum Thema auf den aktuellen Stand. Dabei geht der Autor sowohl auf die Motive des Nazis als auch der Juden ein. Zudem sei das Buch "bemerkenswert flüssig geschrieben", wie Zekri erfreut bemerkt.

© Perlentaucher Medien GmbH
Auf Wunsch der SS
"Eine Studie, die nicht nur wissenschaftlich solide fundiert, sondern auch bemerkenswert flüssig geschrieben ist." (Süddeutsche Zeitung, 02.05.2003)