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Dies ist die erste Geschichte eines westdeutschen Nachrichtendienstes, die auf Originalquellen beruht und sie auswertet und zitiert. Sie verlegt das bisherige Wissen um die Gründung eines Verfassungsschutzes in Deutschland drei Jahre vor: bis in die unmittelbare Nachkriegszeit. Die Gründung des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen hatte eine erhebliche Vorbildfunktion für die anderen Bundesländer und das Bundesamt für Verfassungsschutz. Alle wichtigen Grundkonstanten der neuen Behörden waren schon hier angelegt. Dazu gehören insbesondere die Anbindung an das jeweilige Innenministerium,…mehr

Produktbeschreibung
Dies ist die erste Geschichte eines westdeutschen Nachrichtendienstes, die auf Originalquellen beruht und sie auswertet und zitiert. Sie verlegt das bisherige Wissen um die Gründung eines Verfassungsschutzes in Deutschland drei Jahre vor: bis in die unmittelbare Nachkriegszeit. Die Gründung des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen hatte eine erhebliche Vorbildfunktion für die anderen Bundesländer und das Bundesamt für Verfassungsschutz. Alle wichtigen Grundkonstanten der neuen Behörden waren schon hier angelegt. Dazu gehören insbesondere die Anbindung an das jeweilige Innenministerium, die Aufgabengebiete und die Trennung von der Polizei. Gerade in der derzeitigen Diskussion um die Fusion der Nachrichtendienste, die eine bessere Abwehr islamistischer Terrorgruppen ermöglichen soll, ist es interessant zu sehen, dass die Verfassungsschutz'väter' diese Grundkonstanten bisheriger Verfassungsschutztätigkeit nicht ohne Sinn und Zweck schufen. Weitere Schwerpunkte des Buches bilden die Interdependenzen zwischen Besatzungsmächten, Behörden und Nachkriegspolitikern, vor allem auch Remigranten, sowie die Struktur extremistischer Bewegungen und Parteien in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Dabei zeigt das Düsseldorfer Beispiel auch, dass beim Aufbau eines Nachrichtendienstes im Nachkriegsdeutschland nicht zwangsläufig auf belastete Nationalsozialisten zurückgegriffen werden musste - wie dies bisher angesichts der Erfahrungen mit dem Bundesnachrichtendienst und dem Bundesamt für Verfassungsschutz unabdingbar schien.
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Autorenporträt
Wolfgang Buschfort: Jahrgang 1961, Studium und Promotion an der Ruhr-Universität Bochum; Tätigkeit als Journalist, v.a. beim Westdeutschen Rundfunk; Arbeit an einer Entstehungsgeschichte des westdeutschen Verfassungsschutzes.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Im Visier der "Schlapphüte"
Frühgeschichte des Verfassungsschutzes in der Bundesrepublik

Wolfgang Buschfort: Geheime Hüter der Verfassung. Von der Düsseldorfer Informationsstelle zum ersten Verfassungsschutz der Bundesrepublik (1947-1961). Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2004. 327 Seiten, 39,90 [Euro].

Nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation stehen Unterlagen westdeutscher Geheimdienste so weit offen, daß sie eine "erste geschichtswissenschaftliche Analyse" des Verfassungsschutzes ermöglichen. Mit ihr schließt Wolfgang Buschfort nahtlos an seine früheren Studien über die Ostbüros der SPD, CDU und FDP an. Er beschreibt die Gründung, Funktion und Arbeitsweise der Landesbehörde für Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen, die das Vorbild für den Aufbau anderer Landesämter und des Bundesamts für Verfassungsschutz bildete. 1945 machte zunächst die britische Siegermacht von der Möglichkeit "politischer Ausforschung" ungeniert Gebrauch und setzte dabei auch deutsche Informanten (V-Leute) ein.

Die Initiative zur Überwachung politisch extremistischer Gruppierungen und Zielsetzungen durch eine politische Polizei in Nordrhein-Westfalen ging von Innenminister Walter Menzel (SPD) aus. Ende 1948 erklärte sich die Militärregierung mit dem Aufbau eines Nachrichtendienstes einverstanden, bei klarer Trennung zwischen Polizei und Verfassungsschutz. So entstand neben einer "Polizeisonderabteilung" eine Informationsstelle zur Beobachtung staats- und verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Beide wurden dem Innenministerium angegliedert, allerdings unterschiedlichen Abteilungen. Dabei verfügte Menzel inzwischen bereits über einen entsprechenden Dienst, eingebaut in das 1947 errichtete und von Walter Jacobi (SPD) geleitete Staatskommissariat zur Bekämpfung von Korruption und Mißwirtschaft. SPD-Mitglied war auch der erste Leiter der neuen Informationsstelle, Fritz Tejessy, ein früherer Polizeireferent im preußischen Innenministerium, bis 1949 in der Emigration. Nach Buschforts Urteil ist der SDP ein "konsequenter Wiederaufbau der sozialdemokratischen Verwaltung Preußens" in NRW gelungen.

Die ersten Nachrichtenprofis waren frühere Offiziere aus der militärischen "Abwehr" von Wilhelm Canaris, nicht wenige von ihnen V-Männer im Lande, die nur mit Decknamen erscheinen, Funktionäre und Mitläufer extremistischer Gruppierungen. Erst 1954 wurde die als quasi Privatunternehmen arbeitende Dienststelle im Innenministerium in ein Landesamt für Verfassungsschutz umgewandelt. Deren Mitarbeiter observierten auch die KPD und ihre zahlreichen Neben- und Tarnorganisationen so erfolgreich, daß der Innenminister manche von ihnen geplante Aktionen verbieten konnte.

Nach Wiedereinführung der Straftatbestände Hoch- und Landesverrat (1951) wurden die Verfassungsschützer die wichtigsten Helfer für die Strafverfolgungsbehörden. Der Bundesgerichtshof akzeptierte 1955 die geheimdienstliche Tätigkeit der V-Leute. Die Überwachung neonazistischer Kleinstgruppen lieferte Material zum Verbot der Sozialistischen Reichspartei (1952), deren Nachfolgeorganisationen unbedeutend blieben.

Die Unterstützung und Finanzierung der KPD und FDJ durch die SED blieben ebenso beobachtet wie die Vorbereitung der Kommunisten auf illegale Tätigkeit im Blick auf ein Verbot der Partei, das aber erst 1956 erfolgte. Anschließend wurden Tarnorganisationen derart überwacht, daß sie teilweise ebenfalls aufgelöst werden konnten. Nach den Hakenkreuzschmierereien an der Kölner Synagoge, Ende 1959, gerieten rechtsextremistische Vereinigungen wieder stärker in das Visier der "Schlapphüte", auch die neue NPD. In ihr ließ man die eigenen V-Leute "nicht zu hoch steigen", um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, eine rechtsgerichtete Organisation "werde in Wahrheit vom Verfassungsschutz geführt und unterhalten". Aufsehen erregte Anfang 1953 die vom britischen Hochkommissar veranlaßte Verhaftung einer "Naumann-Gruppe", der es gelungen war, die FDP in Nordrhein-Westfalen mit früheren hohen NS-Funktionären ("Gauleiter-Kreis") zu unterwandern. Der Verfassungsschutz war in diesem Fall nur zweiter Sieger, die betroffene Partei an Aufklärung nicht interessiert.

Insgesamt kommt Buschfort zu einem für die Arbeit des Düsseldorfer Verfassungsschutzes positiven Urteil. Er macht es allerdings infolge der von ihm detailliert beschriebenen Verästelungen extremistischer Vereinigungen und der Einzelbeobachtungen zahlreicher namenloser V-Leute dem Leser nicht immer leicht, den Überblick zu behalten. Rekordverdächtig, allerdings im negativen Sinne, ist das Personenverzeichnis. Darin stimmt kaum eine Seitenangabe, sind Vornamen und Doktortitel willkürlich gesetzt, fehlen eine ganze Reihe von Namen, während andere gleich doppelt erscheinen.

RUDOLF MORSEY

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Alles in allem zufrieden zeigt sich Rezensent Rudolf Morsey mit Wolfgang Buschforts Frühgeschichte des Verfassungsschutzes in der Bundesrepublik. Ausführlich referiert er Buschforts Darstellung von Gründung, Funktion und Arbeitsweise der Landesbehörde für Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen, die das Vorbild für den Aufbau anderer Landesämter und des Bundesamts für Verfassungsschutz bildete. Dabei betont er, dass Buschfort insgesamt zu einem für die Arbeit des Verfassungsschutzes positiven Urteil kommt. Störend findet Morsey die Unübersichtlichkeit der Darstellung infolge der detailliert beschriebenen Verästelungen extremistischer Vereinigungen und der Einzelbeobachtungen zahlreicher namenloser V-Leute. Einen Negativrekord stellt seines Erachtens das Personenverzeichnis dar: "kaum eine Seitenangabe" stimme darin, Vornamen und Doktortitel seien "willkürlich" gesetzt, und "eine ganze Reihe" von Namen fehlten, während andere "gleich doppelt" erscheinen.

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