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2 Kundenbewertungen

Das komische Lamento eines einsamen Teilzeitgottes auf seiner entlegenen, überraschenderweise essbaren Insel St. Gefion. Nach einem Schiffsunglück vor der entlegenen Insel St. Gefion können sich von den 800 Menschen an Bord nur achtzehn auf das unwirtliche Eiland retten, darunter der Ich-Erzähler, der, wie sich bald herausstellt, Einzige, der überleben wird. Die anderen gehen überwiegend in den Stürmen um die eisige, aber überraschenderweise essbare Insel verloren, darunter auch die entzückende Lorna Finferli. Der Ich-Erzähler und nunmehr einzige Bewohner der offenbar unbewohnten Insel ist…mehr

Produktbeschreibung
Das komische Lamento eines einsamen Teilzeitgottes auf seiner entlegenen, überraschenderweise essbaren Insel St. Gefion. Nach einem Schiffsunglück vor der entlegenen Insel St. Gefion können sich von den 800 Menschen an Bord nur achtzehn auf das unwirtliche Eiland retten, darunter der Ich-Erzähler, der, wie sich bald herausstellt, Einzige, der überleben wird. Die anderen gehen überwiegend in den Stürmen um die eisige, aber überraschenderweise essbare Insel verloren, darunter auch die entzückende Lorna Finferli. Der Ich-Erzähler und nunmehr einzige Bewohner der offenbar unbewohnten Insel ist Kadon, oder er nennt sich so, der Gott der Insel, jedenfalls empfindet er sich zeitweilig so. In Meditationen und Litaneien, philosophischen Disputen mit den wenigen zunächst noch berlebenden und Selbstgesprächen entsteht eine Art Welterklärung und Gotteslehre aus dem Geist der Einsamkeit und des Nichts, die ebenso scharfsinnig wie komisch ist, durchsetzt mit höchst unterhaltsamen Rückblen den zur Schiffsreise mit dem typisch Rosendorferschen Arsenal seltsamer Figuren. Die komisch-poetische Predigt eines abgehalfterten Gottes, ein wundersamer, unterhaltsam-nachdenklicher neuer Roman von Herbert Rosendorfer.
Autorenporträt
Herbert Rosendorfer, geb. 1934 in Bozen, ist Jurist und Professor für Bayerische Literaturgeschichte. Er war Gerichtsassessor in Bayreuth, dann Staatsanwalt und ab 1967 Richter in München, von 1993-97 in Naumburg/Saale. Seit 1969 zahlreiche Veröffentlichungen, unter denen die Briefe in die chinesische Vergangenheit am bekanntesten geworden sind. Herbert Rosendorfer, Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste sowie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, wurde mit zahlreichen bedeutenden Auszeichnungen geehrt, u.a. dem Tukan-Preis, dem Jean-Paul-Preis, dem Deutschen Fantasypreis, dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse und zuletzt 2010 mit dem Corine-Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten. Er lebte bis zu seinem Tod im September 2012 mit seiner Familie in Südtirol.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.06.2001

Ein Gott voller Selbstzweifel
Ausgesetzt: Herbert Rosendorfer treibt philosophische Allotria

Herbert Rosendorfer ist ein Mann fürs Kuriose. Wo sich's nicht so leicht einstellt wie im anekdotischen Nebenzimmer der bajuwarischen oder österreichischen Geschichte, da erfindet er es eben. Seine zahlreichen Erzählwerke mit ihrer liebevoll ausgemalten Skurrilität des Personals haben ihre festen Anhänger. Jetzt hat der vielseitige Romancier (der auch Lyriker und Theaterautor ist, Drehbücher für den "Alten" und den "Tatort" geschrieben hat, als Richter seines Amtes gewaltet und bayerische Literaturgeschichte gelehrt hat) etwas gewagt, was seiner Begabung, ja seinem Wesen entschieden zuwiderläuft: ein Buch über das Nichts. Natürlich kein philosophisches Opus, auch nicht eine Imitation des Flaubertschen Traums, ein "livre sur rien" zu schreiben. Vielmehr eine Art Anti-Robinson: Rosendorfer versetzt seinen Helden auf eine öde Insel, nimmt ihm nach und nach alle Gefährten und überläßt ihn ausschließlich seinen Gedanken. Die aber kreisen um - das Nichts.

Das liegt allerdings nahe, bietet das "Gefion-Eiland" doch nicht viel Konkretes, an dem sich Anschauung oder Reflexion festhaken könnten: gelegen in einer geographisch unbestimmten, jedenfalls aber menschenfeindlichen Region, ist es von schwarzem (manchmal auch grünem oder grauem oder braunem) Wasser umgeben, das jeden Körperteil, den es berührt, auf der Stelle in Eis verwandelt. Dieses Wasser hat bereits das Kreuzfahrtschiff, seine Besatzung und die meisten Passagiere verschlungen. Ein Gleiches widerfährt den vorläufig geretteten Leidensgenossen des Helden. Die hat der Autor mit so lustigen Namen ausgestattet wie Butter Barfuß, Marcel Rolls-Reuß oder Fortunat Altvogel; die Hoffnung des Lesers auf entsprechend kongenial ausgesponnene Geschichten wird kurz genährt, als ein Fußball und ein Kasten Bier sich auf die Insel verirren, dann allerdings böse enttäuscht, denn über kurz oder lang bläst der Wind die Überlebenden allesamt in das todbringende Eismeer. Nur den Helden nicht, denn der ist ein Gott, wenn auch ein selbsternannter ohne Gläubige und Kirche. Und deshalb voller Selbstzweifel: "Reicht es, damit ein Gott Gott ist, wenn der Gott an sich selbst glaubt?" Eigentlich nicht. Andererseits hat Kadon, anders als gewöhnliche Sterbliche, drei Paar Hände.

Und er vermag auch in der menschenfeindlichen Umgebung mühelos zu überleben; 86 222 Tage schon, wie er bereits auf Seite 23 feststellt. Woher er das weiß? Jeden Tag wächst ihm ein Haar, genau eins, und auf einen Schlag zwei Meter lang. Nahrung braucht der skeptische Gott nicht, obwohl sich die Insel als eßbar entpuppt hat, auch keine Gesellschaft oder sonstige Anregungen. Ihm reicht es, über das nachzudenken, was vor dem Urknall gewesen ist, was nach dem Weltende sein wird und was außerhalb unseres Universums sich befindet: nämlich nichts. Oder auch Nichts. Was kann man sich darunter vorstellen? Macht nicht jede Vorstellung aus dem Nichts schon ein Etwas? Mit solch philosophischen Allotria mag sich ein selbsternannter Gott Zeit und Ewigkeit vertreiben können, der schlichter gestrickte Leser kann es kaum. Der Autor übrigens auch nicht, denn immer wieder bemächtigt sich seiner die Fabulierlust. Zwei in einer Höhle gefundene Skelette veranlassen ihn zu einem längeren Exkurs über eine frühere Expedition eines österreichisch-ungarischen Schiffes, bei der ein strafversetzter Kapitän und ein später heiliggesprochener Bordgeistlicher eine kakanisch komische Rolle spielen dürfen. Außerdem treffen auf der wüsten Insel im Erzählnotstand neue Schiffbrüchige ein, die dann gemeinsam mit Kadon die Umgebung erkunden (das Meer wird zwischenzeitlich zu Eis, die Insel wiederum puddingweich) und dabei unter anderem das Grab des Ewigen Juden finden.

"Kurzweilig" könnte man derartige Schnurren nennen, wären sie die Hauptsache des Romans und nicht aus Verlegenheit eingestreute Unterhaltungsintermezzi für Leser, die ihre Lektüre nicht nur als Askeseübung betreiben. Es sind erzählerische Äquivalente für jene Kalauer, aus denen, Kadon zufolge, die Welt besteht. Mit den Worten "Es hat nicht sollen sein" verabschiedet sich der "ehemalige Gott" von dieser Welt. Einverstanden.

MARTIN EBEL

Herbert Rosendorfer: "Kadon, ehemaliger Gott". Roman. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2001. 156 S., geb., 29,90 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Martin Ebel tut es offenbar ein wenig leid, dass ihm das Buch nicht wirklich gut gefällt, denn einleitend weist er darauf hin, dass er an den skurrilen Erzählwerken des Autors bisher durchaus Gefallen gefunden hat. Doch das Sinnieren eines Schiffbrüchigen über das Nichts und die Welt findet der Rezensent nicht wirklich unterhaltsam. Ebel weist darauf hin, dass es sich hier nicht um ein philosophisches Buch handelt, doch immerhin denkt der Protagonist über den Urknall, das Weltende, das Nichts und das Universum nach. Ebel wird den Eindruck nicht los, dass das auch dem Autor bald zu wenig wurde, denn immer wieder bricht dann - so der Rezensent - mit Rosendorfer die "Fabulierlust" durch: Da gibt es "eingestreute Unterhaltungsintermezzi", etwa über Skelettfunde und Exkurse über frühere Expeditionen, einen strafversetzten Kapitän und ähnliches. Doch leider, so Ebel, erscheinen dieses Exkurse eher wie "aus Verlegenheit eingestreut".

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