Marktplatzangebote
8 Angebote ab € 2,70 €
  • Gebundenes Buch

Auf einer Weltreise, die nicht länger als eine Woche dauern darf, geht es Will und Hand vor allem darum, viel Geld loszuwerden. Am Ende der Reise sind sie um einige zehntausend Dollar erleichtert, doch der Versuch, die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse zu vergessen, ist nicht gelungen.
Warum geht einer auf Reisen - um Geld auszugeben, um neue Eindrücke zu sammeln, um dem eigenen Leben zu entfliehen? Will und seinen Freund Hand lassen all diese Gründe eine Weltreise antreten. Planung, Organisation und Durchführung dieses Unternehmens sind vor allem eines: chaotisch. Sie stolpern von einer…mehr

Produktbeschreibung
Auf einer Weltreise, die nicht länger als eine Woche dauern darf, geht es Will und Hand vor allem darum, viel Geld loszuwerden. Am Ende der Reise sind sie um einige zehntausend Dollar erleichtert, doch der Versuch, die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse zu vergessen, ist nicht gelungen.

Warum geht einer auf Reisen - um Geld auszugeben, um neue Eindrücke zu sammeln, um dem eigenen Leben zu entfliehen? Will und seinen Freund Hand lassen all diese Gründe eine Weltreise antreten. Planung, Organisation und Durchführung dieses Unternehmens sind vor allem eines: chaotisch. Sie stolpern von einer verrückten Situation in die nächste. Am Ende ist das Geld, das dazu dienen sollte, einen Freund nach einem Unfall zu retten, ausgegeben, doch die Erinnerung an diesen und die Erfahrung des Verlustes eines geliebten Menschen können sie nicht abstreifen.
Autorenporträt
Dave Eggers, geboren 1971, wuchs in der Nähe von Chicago auf und besuchte die Universität von Illinois. Er gründete 1998 einen Verlag, in dem er seine Bücher veröffentlicht, ein vierteljährliches Literaturmagazin und eine Monatszeitschrift. 2012 wurde Dave Eggers mit dem "Albatros", dem Preis der "Grass-Stiftung.
Eggers ist Gründer und Herausgeber von McSweeney's, einem unabhängigen Verlag mit Sitz in San Francisco. 2002 rief er ein gemeinnütziges Schreib- und Förderzentrum für Jugendliche ins Leben, "826 Valencia", das heute Ableger in mehreren amerikanischen Städten hat. Eggers stammt aus Chicago und lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Nordkalifornien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.2003

Tue Gutes und schweige darüber
Der junge kalifornische Bestsellerautor Dave Eggers mißtraut Ruhm und Reichtum

Rechts eine Topfpflanze, links eine Topfpflanze, in der Mitte ein Autor mit Gitarre: Auch so kann zeitgenössische Literatur aussehen, am Abend des zweiten Buchmessen-Tages 2003. War das eine bewußte Inszenierung? Die wahre, aufrechte, kompromißlose Literatur als Biotop; das Schreiben aus Liebe zum Schreiben? Aber vielleicht standen die zwei Palmen, die sich auf die Bühne des Frankfurter Kellerklubs O25 verirrt hatten, auch einfach nur so rum.

Der junge kalifornische Verlag McSweeney's hatte geladen, in die Nähe des Ostbahnhofs, zwischen Hyundai-Händler und Bahngleise, in eine Gegend Frankfurts, die selbst in diesen Tagen sehr verlassen war und so dunkel, daß sie alleine das gesamte Licht der nächtlich strahlenden Skyline absorbierte. Aber natürlich war das Kellergewölbe mit den alten Kronleuchtern an der Decke, in dem sie für das besondere Ereignis ein paar Bierbänke aufgestellt hatten, ein durchaus adäquates Ambiente für diese Lesung. Der Name Dave Eggers stand ganz oben auf der Liste, darunter vier andere, und vermutlich hätte man die Rangfolge der Autoren auch einfach ändern können, ohne besonders viel Aufmerksamkeit einzubüßen - obwohl der unglaubliche Hype, den Eggers' erstes Buch (das in Deutschland vor zwei Jahren mit dem Titel "Ein herzzerreißendes Werk von umwerfender Genialität" erschien) in den Vereinigten Staaten entfacht hatte, auch an Deutschland nicht ganz spurlos vorübergegangen war. Der 32jährige Eggers jedenfalls schien eher erleichtert über den überschaubaren Rahmen der Veranstaltung - und über die Palmen, hinter die er sich nach seinen kurzen Auftritten zurückziehen konnte. Er fühlte sich wohl in seiner Rolle, die irgendwo zwischen Mentor und Conferencier lag und bei der er mit jeder Geste vermeiden wollte, der Star zu sein. Nicht zuletzt deshalb hatte er sich seine Freunde Heidi Juvalits, Arthur Bradford und Ben Marcus mitgebracht, und natürlich seine Ehefrau Vendela Vita, allesamt Teil einer neuen Schriftsteller-Gemeinschaft aus San Francisco, die mehr oder weniger mit dem No-Profit-Imperium verbunden ist, das Eggers mit den Honoraren aus seinem ersten Buch aufgebaut hat.

Da standen sie also auf der Bühne, fünf junge amerikanische Menschen, lasen ein wenig aus ihren Büchern vor, erzählten ein bißchen von zu Hause, machten ein paar Witze und ließen sich weder von der deutschen Zurückhaltung im Publikum noch von dem kurzen Besuch von Susan Sontag irritieren. "Sie wird sich gefreut haben", sagte die Pressefrau später über Sontag, "daß es in ihrem Land noch ein paar linke, anarchistische Autoren gibt." Worüber man sich vor allem deshalb ein wenig erschrecken mußte, weil ein paar mäßig originelle Bemerkungen zum bizarren Ausgang der kalifornischen Gouverneurswahl schon das Rebellischste waren, was man an diesem Abend von den Autoren zu hören bekam.

Dave Eggers hat sehr eigene Vorstellungen von Erfolg und dessen Konsequenzen, von Popularität und der Art, mit ihr umzugehen. Wer den Schriftsteller am Nachmittag am Stand seines deutschen Verlages beobachten konnte, kann sich ziemlich sicher sein, daß die Bescheidenheit seines Auftritts keine falsche war. Beim Interviewtermin trägt er dasselbe ausgewaschene Karohemd, dieselbe weite Jeans, dieselben müden Augen - und erscheint doch viel unsicherer als am Abend auf der Bühne. Er ist nicht schüchtern, aber zurückhaltend, beantwortet die Fragen, ohne viel von sich zu erzählen, höflich, unspektakulär, wie in Trance. Und erst am Ende sagt er diesen einen Satz, der vielleicht alles erklärt; der einen harmlosen und unerreichbaren Wunsch ausdrückt, der womöglich die Quelle all seiner Anstrengungen ist: "Ich will ein ruhiges Leben", sagt Eggers, "das ruhigste, das möglich ist."

Wie ruhig aber kann man leben, wenn man von der Kritik wahlweise als "neuer J. D. Salinger" oder "literarischer Bob Dylan" bezeichnet wird; als Leitwolf einer neuen Generation und als Vater der Renaissance der traditionsreichen Literaturszene San Franciscos; als erfrischendste Stimme seit Jack Kerouac?

Natürlich hatte Eggers nicht vor, einen Bestseller zu verfassen, als er mit der Arbeit an "A Heartbreaking Work of Staggering Genius" begann, wie sein Erstling im Original hieß. Er hatte nur diese Geschichte, seine Geschichte, die er aufschreiben mußte. Also schrieb er seine Autobiographie. Mit 28. "Es gab keinen Grund, zu warten, bis ich 50 bin", sagt er. Und während die einen die tatsächlich sehr herzzerreißende Geschichte verschlangen, von einem jungen Mann, dessen Eltern im Abstand von 32 Tagen an Krebs sterben und der so im Alter von 21 Jahren für seinen dreizehn Jahre jüngeren Bruder Toph zum Ersatzvater wird, bejubelten andere die tragikomische Art, in der Eggers sein Schicksal beschrieb, als, nun ja, umwerfend genial. Das Buch steigt auf Platz eins der amerikanischen Bestsellerliste. 1,4 Millionen Dollar bringen die Taschenbuchrechte, zwei Millionen die Filmrechte. Schnelles Geld, dummes Geld. Manchmal fühlt sich Eggers, als müßte er sich für jeden Cent einzeln entschuldigen.

Der junge Star und das Geld: Das ist absurderweise das unausweichliche Thema, das sich in jede Diskussion um Eggers' Rolle in der amerikanischen Literatur hineinmischt, in jede Rezension seiner Bücher, in jedes Interview. Vermutlich wäre alles ganz einfach, würde sich Eggers benehmen, wie man es von einem neureichen Erfolgsautor erwartet; aber statt sein Geld für Autos und Anzüge, für Glamour und Eskapaden auszugeben, spendet er es an Krebshilfe-Organisationen und Kunstprojekte. Den Höhepunkt aber findet sein Altruismus in seinem finanziellen Engagement für neue und unkonventionelle Magazine, für Nachhilfe- und Schreibunterricht für unterprivilegierte Kinder aus San Francisco - und keine andere Seite seines Engagements verursacht mehr Rätselraten bei Fans und Journalisten. Warum tun Sie das, Herr Eggers? Warum investieren Sie Tausende von Dollar in "McSweeney's Quarterly", ein zur Erfolglosigkeit verdammtes Journal mit Texten unbekannter Autoren, das sein Format mit jeder Ausgabe neu erfindet? In "The Believer", ein Kulturmagazin mit überlangen, unaktuellen Buchbesprechungen und Rezensionen von Motels und Werkzeugen? In ein Wohltätigkeitsprojekt, in dem Kinder lernen, Geschichten für ihre Haustiere zu schreiben (Valencia 826)? Warum, zum Teufel, geben Sie Ihr Geld zur Förderung von Literatur aus? Als Schriftsteller?

Was kann man darauf antworten? Eggers würde am liebsten schweigen, über seinen Philanthropismus, der so viele Menschen verblüfft und skeptisch zurückläßt. Was vor allem deshalb nicht funktioniert, weil jeder Dollar, den Eggers ausgibt, so öffentlich diskutiert wird, als wäre er eine Aktiengesellschaft. Eines jedenfalls will sich Eggers nicht nachsagen lassen: Daß die Großzügigkeit, mit der er ja gerade verhindern will, daß sich sein Leben zu sehr ändert, nur ein cleverer Marketingtrick ist. Eggers will nicht der Bono der Literaturwelt werden, will nicht, daß jeder Dollar, den er in Buntstifte für Einwandererkinder investiert, die Auflage seiner Bücher steigert. Aber natürlich funktionieren auch in seinem Fall die Mechanismen des Pop, die jede seiner Aktionen zum Gegenstand ausgiebiger Diskussionen zwischen treuen und enttäuschten Anhängern machen, die überall Verrat und Show und Zugeständnisse an den Kommerz wittern, wo womöglich tatsächlich ehrliche Absichten dahinterstecken. Auf der Bühne des Mainstream gibt es keinen Schritt zurück.

Sein neues Buch, "You Shall Know Our Velocity", hat Eggers bei McSweeney's herausgegeben, im eigenen Verlag also, in einer verhältnismäßig kleinen Auflage von 50 000 Stück. Es wurde nicht beworben und wird nur in unabhängigen Buchläden verkauft. Nur im Ausland wird es von größeren Verlagen herausgebracht. In Deutschland ist es seit kurzem unter dem Titel "Ihr werdet (noch) sehen, wie schnell wir sind" auf dem Markt. Es geht um zwei Freunde, Will und Hand, die in einer Woche um die Welt reisen wollen, um den Tod eines dritten Freundes, Jack, zu vergessen. Es geht um das Verhalten von Amerikanern im Ausland und um den Verlust der Jugend. Aber vor allem geht es darum, wie man möglichst sinnvoll viel Geld unter die Leute bringt, von dem man glaubt, man hätte es nicht verdient: Die Parallele zwischen Will, der als Glühbirnen-Werbemodell unfreiwillig zu 80 000 Dollar kommt, und Eggers ist nicht schwer zu erkennen. Man kann Eggers nicht unbedingt vorwerfen, daß er sich ähnlich naiv und ungeschickt anstellt wie seine beiden Protagonisten auf ihrer Benefiz-Tour. Aber es ist gut möglich, daß auch er sich manchmal überlegt hat, ob er sein Geld, und mit ihm den ganzen Ruhm und die Bekanntheit und die Fragen der Journalisten, nicht einfach in einem Umschlag auf den Rücken eines senegalesischen Esels am Straßenrand binden sollte. Wer zu lange über unerwünschte Folgen seiner Großzügigkeit nachdenkt, verfällt in Apathie - so in etwa lautet Eggers' Lektion aus seiner neuen Karriere als Mäzen: "Die gute Absicht", sagt er, "entschuldigt auch die falsche Wirkung."

Auch das klingt naiv, so naiv, wie jede zu kurze Antwort auf die Frage nach dem richtigen Leben eben klingen muß. Vermutlich leidet Eggers noch immer unter dem Schicksal, das ihn herausgezogen hat aus einem Leben als mittelmäßig bekannter Autor, der statt 34 000 nur 2000 Google-Treffer hat, aber dafür ans Telefon gehen kann, ohne den Anruf irgendeines Talkshow-Redakteurs befürchten zu müssen. Eggers leidet und weiß, daß er sich nicht beklagen darf, er leidet mit Stil, und er zerbricht nicht daran. "Wieso haben unsere Eltern uns nichts von dem Gewicht gesagt", fragt sein Romanheld Will, und es ist dasselbe Gewicht, das Eggers manchmal spüren muß, das Gewicht des Erwachsenwerdens, das Gewicht der Verantwortung und der Transparenz seines Lebens.

Es gibt einfach nicht genug Palmen, hinter denen man sich verstecken kann.

HARALD STAUN

Dave Eggers: Ihr werdet (noch) sehen, wie schnell wir sind. Aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Droemer Verlag, 494 Seiten, 22,90 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

"Was für ein verrücktes Buch!" stöhnt Rezensent Maik Söhler, noch ganz atemlos von seiner "prasselnden Sprache", den "hagelnden Dialogen" und "knallenden Gedankenfetzen". Es geht, wie man liest, um zwei Mittzwanziger, die von Chicago aus sieben Tage lang um die Welt reisen, um 32.000 Dollar an Bedürftige dieser Erde zu verteilen. Der Rezensent versteht diese "barmherzige Roadnovel" außerdem auch als Geschichte eines verspäteten Erwachsenwerdens. Er leidet mit den komplizierten jungen Männern, auch wenn sie ihn gelegentlich nerven. Das liegt selbstredend an ihrem Erfinder, dem amerikanischen Schriftsteller Dave Eggers, dessen "Prosa auf Speed" der Rezensent gelegentlich ziemlich anstrengend und kontraproduktiv findet.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Atemlos aber tiefenwirksam prasselt Sprache, hageln Dialoge, knallen Gedankenfetzen. [...] Die Mischung aus Verrücktem und Rauschhaftem [...] beeindruckt nachhaltig.« literaturkritik.de