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Werden wir in Zukunft genug Wasser haben? Genug für 9 Milliarden Menschen, die trinken und sich ernähren müssen? Zwei Jahre lang hat Erik Orsenna den Planeten auf der Spur des Wassers bereist. Sein Buch erschließt uns das ganze Universum des Wassers - seine Gefahren, aber auch seine unabweisbaren Schönheiten.
Schon heute leidet die Hälfte der Menschheit unter Wassermangel, verschmutztem Trinkwasser oder gewaltigen Überschwemmungen. Mit dem Klimawandel werden sich die Extreme verschärfen. Und schon jetzt ist die gefährliche Trockenheit in Europa angekommen. Orsennas literarisch glänzende
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Produktbeschreibung
Werden wir in Zukunft genug Wasser haben? Genug für 9 Milliarden Menschen, die trinken und sich ernähren müssen? Zwei Jahre lang hat Erik Orsenna den Planeten auf der Spur des Wassers bereist. Sein Buch erschließt uns das ganze Universum des Wassers - seine Gefahren, aber auch seine unabweisbaren Schönheiten.

Schon heute leidet die Hälfte der Menschheit unter Wassermangel, verschmutztem Trinkwasser oder gewaltigen Überschwemmungen. Mit dem Klimawandel werden sich die Extreme verschärfen. Und schon jetzt ist die gefährliche Trockenheit in Europa angekommen. Orsennas literarisch glänzende Reportagen führen uns bis in die entferntesten Regionen dieser Welt. Er begegnet Bauern in Marokko, die das immer trockenere Land fruchtbar machen, Politikern in China, die gigantische Staudämme bauen, Ärzten in Kalkutta, die die Cholera-Kranken behandeln, Wissenschaftlern in Israel, die gegen das Vorrücken der Wüste ankämpfen. Seine hellwachen Beobachtungen, seine luziden Erklärungen, seine kritischen Fragen und sein menschlicher Blick lassen uns eindringlich erfahren, welchen Bedrohungen unser Planet und seine Bewohner täglich ausgesetzt sind. Und wir begreifen nach und nach, mit welchen Lösungen wir unsere Zukunft retten können.
Autorenporträt
Érik Orsenna, geb. 1947, veröffentlichte eine Reihe von Romanen. Für "La vie comme Lausanne" erhielt er 1978 den Prix Roger Nimier, sein großes Opus "L'Exposition coloniale" wurde 1988 mit dem Prix Concourt ausgezeichnet. Seit 1998 ist Orsenna Mitglied der Academie Francaise in der Nachfolge von Jacques Yves Cousteau.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.03.2010

Der flüssige Zusammenhalt des Ganzen
Bericht von einer Reise um die Welt: Erik Orsenna sucht nach dem Wesen und der Zukunft des Wassers – und macht ihm eine Liebeserklärung
Das „ozeanische Gefühl” steckt tief in unserem Gedächtnis. Der ungarische Psychoanalytiker Fedor Ferenczi hat es beschrieben als ein „unbestimmtes, verschwommenes, aber unauslöschliches Gefühl”, dass wir dem Wasser angehören. So schreibt Erik Orsenna und verbindet damit gleich noch ein anderes Gefühl, das nämlich der Schuld. Denn wir verdanken dem Wasser zugleich das Leben auf diesem Planeten und unser eigenes, individuelles. Was Erik Orsenna an dieser Stelle nicht explizit sagt, worüber er aber vor allem berichten wird, ist eine dritte Schuld: die Schuld, die wir tragen für was, was wir dem Wasser antun.
Dürre in Australien, Waldbrände in Griechenland, riesige Plastikwirbel im Pazifik. So fern, so weit: Zwar könnten wir ohne Wasser nicht überleben, doch sehen wir seine ständige Verfügbarkeit, zumindest in Mitteleuropa, immer noch als viel zu selbstverständlich an und gehen entsprechend mit dem Wasser um – ein Fehler, der spätestens nach diesem wunderbaren Buch jedem klarwerden sollte. Denn nichts mehr ist wirklich weit weg. Panta Rhei. Alles fließt.
Erik Orsenna, dieser französische Tausendsassa, promovierter Ökonom, Berater französischer Regierungen, Autor, hat sich wieder einmal aufgemacht, den Zustand der Welt zu untersuchen und das, was wir mit ihr anstellen. Er hat sich mit seinem Blick auf das Wasser ein Detail herausgezogen unter all den Aspekten, die unsere Welt derzeit verändern wie selten zuvor. Dieses Detail ist jedoch zugleich Grundlage und Urgrund für alles folgende. Um das zu zeigen, ist Orsenna an jene Orte gereist, an denen Wasser so kostbar geworden ist wie Gold und das dort dementsprechend behandelt wird. Und er ist dorthin gefahren, wo man vielleicht bald Kriege führen wird um die letzten Tropfen.
Er hat anfangs das Wasser umkreist, betrachtet, beobachtet, dabei Faktenfetzen eingesammelt wie einst die französischen Enzyklopädisten, die irgendwo beginnen mussten mit der Erfassung und Kategorisierung der Welt. Zu den Sätzen, die Faktenfetzen einsammeln, gehören die folgenden: „Der Wasserstoff ist das erste Element der großen atomaren Kombinatorik, ans der alle Materie hervorgegangen ist.” Oder: „Ein einfacher Regen, ein Guss von zehn Millimetern, kann hundert Kilogramm Sand pro Quadratkilometer auflösen.” Oder: „Neugeborene Kinder sind in erste Linie flüssige Wesen: Dreiviertel ihres Körpers besteht aus Wasser. Mit zunehmendem Alter werden wir fester. Ohne jedoch unseren Wasseranteil zu verlieren: Der erwachsene Mann besteht zu 55 Prozent aus Wasser, die Frau nur zu 50 Prozent.”
Diese unzähligen, wie ziellos hingeschriebenen Facetten verbinden sich im Laufe des Buches, erschaffen schließlich das Abbild eines Zustandes, ohne sich mit der Zusammenschau der angeführten Tatsachen zu begnügen. Erik Orsenna hat dem Wasser eine Liebeserklärung geschrieben – und uns eine strenge Warnung.
Da reist er beispielsweise nach Singapur, in jenen Inselstaat, in dem Wasser perfekt gesammelt, geklärt, gereinigt wird, weil davon das Überleben des Staates abhängt. Orsenna trifft einen Mann, Herrn Tan Hee Paw, der so mächtig ist, dass ganz Singapur aufhorcht, weil er Orsenna eine Audienz erteilt hat. Herr Tan Hee Paw ist Chef eines Staatsbetriebes, der das ausschließliche Monopol für alles Wasser in Singapur hat, über das saubere und das Abwasser und die Reservoirs, die das „Fort Knox” Singapurs bilden.
Der Bericht darüber könnte in einer Erzählung über die kontrollierte Effizienz und die effiziente Kontrolle in diesem autoritären Stadtstaat steckenbleiben. Aber, so erkennt Orsenna, hinter den ständigen Aufrufen, Wasser zu sparen, es nicht zu verschwenden, steckt viel mehr. Das Wasser ist für Singapur die perfekte Metapher des Zusammenhalts: „Das Wasser feiern heißt, die Gesellschaft verherrlichen. Sich dafür einsetzen heißt, seinen Bürgersinn beweisen. Wer das Wasser liebt, liebt Singapur und infolgedessen seine Regierung.”
Wie Singapur mit seinem Wasser umgeht, ist natürlich vorbildlich. Und doch: Erik Orsenna hat hinter diese Superreinheit und Supereffizienz geblickt und einen Blick in die Zukunft geworfen, die ihn ein wenig schauern lässt. Sie ist nicht böse, nur – sie erscheint ihm kalt, künstlich, zu künstlich.
Weiter reist Orsenna. Er trifft Männer und Frauen, Wissenschaftler, Beamte oder Bauern, die versuchen, ihre Heimat vor einer Zukunft zu bewahren, die aus ewiger Trockenheit und Dürre besteht. Er kann begreifen, dass so viele Farmer in Australien private Wasserspeicher anlegen, um ihr Vieh vor dem Verdursten zu retten, und damit den großen Flüssen, denen das Wasser ausgeht, die letzten Tropfen entreißen – doch weiß er zugleich, dass genau dieses Vorgehen irgendwann zu ihrem Untergang beitragen wird.
In Bangladesch spürt Orsenna den gewaltigen Zorn des Wassers. Es lässt die Menschen stumm verzweifeln, die ihre überschwemmten Dörfer wiederaufbauen, bis sie eines Tages, endgültig erschöpft, ihre Sachen packen und wegziehen, entweder in die unendlichen Elendsviertel Dhakas oder in die Ferne, irgendwo in den Nahen Osten. Dort werden sie, auf der Flucht vor dem Zorn des Wassers, als moderne Sklaven arbeiten und so ihre Familien daheim ernähren, die sich derweil von einer Flut zur nächsten retten in stiller, ungehörter Verzweiflung, wie in einer Spirale, die immer weiter nach unten führt: „ ,Überschwemmung’ ist nicht das richtige Wort. ,Überschwemmung’ ist ein Ausdruck für gemäßigtere Länder.”
Wasser ist in Bangladesch zu einem Sinnbild der Hoffnungslosigkeit geworden, so sehr, dass es scheint, als könne der Reisende sich gegen diese Hoffnungslosigkeit nur noch wehren, indem er Bruchstücke, Anekdoten aufeinander stoßen lässt, die keine Lösungen mehr ergeben, sondern nur immer weitere Fragen. Jedesmal, wenn Orsenna seine Eindrücke aufsplittert zwischen Beobachtungen, Gefühlen, Gedankenfetzen, wenn er sich jeder Handlung verwehrt, den Ablauf auseinander reißt, entsteht aus einem Bericht ein literarisches Werk, das uns über die realistische Schilderung hinaus ahnen lässt, was Wasser für uns und unser Leben bedeutet.
Orsenna reist nach Israel und Palästina, dorthin, wo der einst mächtige Jordan längst zu einem stinkenden Rinnsal verkommen ist, dorthin, wo israelische Wasserexperten wie kaum sonst gelernt haben, mit der kleinstmöglichen Menge Wasser die größtmögliche Anbaufläche zu versorgen. Dorthin, wo Meerwasserentsalzungsanlagen stehen, die in der Entwicklung weltweit ganz weit vorn stehen. Dorthin auch, wo auf besetztem Gebiet israelische Siedlungen stehen, die sich klare, blaue Swimming Pools für ihre Bewohner leisten, während palästinensische Bauern daneben kaum einen Brunnen graben dürfen: „Das Wasser ist kein Spiegel. Es verrät die charakteristischen Merkmale, es karikiert. Ein Land offenbart seine Kräfte, seine Legenden, seine Ängste, seine Widersprüche, sobald es um Wasser geht.”
Dort, wo jeder dem anderen vorwirft, sein Wasser zu rauben oder es zu verschmutzen, wo schließlich, verzweifelt und lächelnd zugleich, ein palästinensischer Wasseringenieur resümiert, dass sich sein Volk in 17 Jahren verdoppelt haben wird. Weit weg vom Wasser an sich führen solche Unterhaltungen den reisenden Orsenna, aber geht es in diesem Kampf ums Wasser nicht ohnehin nur noch um Macht und die Frage, ob man tatsächlich an die Priorität einer „blühenden Wüste” glauben kann „auf die Gefahr hin, dadurch das Land seines Nachbarn in Brand zu stecken”?
Ob Australien, Kalkutta, die Mittelmeerstaaten, Afrika und vor allem Lateinamerika: Wasser, das haben dort die heftigen Kämpfe gegen seine Privatisierung gezeigt, ist niemals eine reine Ware, die gehandelt werden kann. Als ginge ein solcher Schritt den Menschen zu sehr ans Essentielle, waren die Wasserkämpfe etwa in Bolivien radikaler als die meisten anderen Proteste gegen den die Privatisierung von staatlichem Besitz: „Wasser ist durch seine doppelte Natur, seine eminente Wichtigkeit für das Leben und seine symbolische Kraft, immer politisch.”
Erik Orsenna wäre nicht der politische Berater, der er auch ist, würde er nicht am Ende seines Buches doch eine Art Handlungsanweisung für unseren Umgang mit Wasser geben – in Form von sieben gewonnenen Überzeugungen. Denn die weltweite Wasserkrise wird es nicht geben – aber den vielen, die regional leiden werden am Wassermangel, an Dürre, müssen wir, die Glücklicheren, helfen. PETRA STEINBERGER
ERIK ORSENNA: Die Zukunft des Wassers. Eine Reise um unsere Welt. C. H.Beck Verlag, München 2010. 319 Seiten, 21,95 Euro.
„Neugeborene Kinder sind flüssige Wesen: Dreiviertel ihres Körpers besteht aus Wasser”
Wasser lässt sich schlecht privatisieren. Das ginge zu sehr ans Essentielle
Eine unterirdische Kathedrale für den Stoff, der die Grundlagen für unser Leben geschaffen hat: Trinkwasseranlage im Forstenrieder Park in München. Foto: Oliver Lang/ddp
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.03.2010

Aus vielen Quellen schöpfend

Auf Du und Du mit den Flüssen und Meeren: Erik Orsenna reist um die Welt, um sich von der möglichen Zukunft der Ressource Wasser ein Bild zu machen.

Von Andreas Platthaus

Während ich das Buch von Erik Orsenna lese, tobt das Orkantief "Xynthia" über der französischen Heimat des Autors. An der Atlantikküste stehen Städte unter Wasser, mehr als vierzig Menschen ertrinken. Da klingt es nicht nur der zu wörtlichen deutschen Übersetzung wegen seltsam, wenn Orsenna schreibt: "Es gibt wohltemperierte Gebiete, von sanfter geographischer Beschaffenheit. Die Völker brauchen sich nur wiegen zu lassen. Wie Frankreich." Ist sein Buch "Die Zukunft des Wassers", das vor anderthalb Jahren im französischen Original erschien, heute schon überholt?

Nein. Und noch immer würde wohl Herr Gao, der Generaldirektor für Wasser im chinesischen Ministerium für hydrologische Ressourcen, seinen französischen Gast so verabschieden, wie er es 2008 getan hat: "Grüßen Sie Ihr gemäßigtes Land von mir! Sie sehen, ich muss Sie verlassen. Wenn man nicht in einem gemäßigten Land wohnt, ist man gezwungen, mehr zu arbeiten." In China sind im zwanzigsten Jahrhundert durch Überschwemmungen Hunderttausende umgekommen, und ausbleibender Regen hat im selben Zeitraum gar Millionen das Leben gekostet. Was zählen da vierzig ertrunkene Franzosen? Doch die für das ehedem so milde Europa verheerenden Wetterkapriolen, in deren Reihe "Xynthia" nur die bislang letzte war, hatten Orsenna überhaupt erst hellhörig gemacht. Das und jene Reisen, die er vor fünf Jahren unternommen hatte, als das Mitglied der Académie française weltweit für sein Buch "Weiße Plantagen" recherchierte.

Orsenna, als Erik Arnoult 1947 in Paris geboren und 1988 für seinen Roman "L'Exposition coloniale" mit dem Prix Goncourt geehrt, ist unter seinem eigentlichen Namen ein renommierter Wirtschaftswissenschaftler und gehört der Geschäftsführung der französischen Stiftung Farm (Fondation pour l'agriculture et la ruralité dans le monde) an. Dieses Interesse für die Landwirtschaft hatte in den vielgelobten "Weißen Plantagen" seinen Ausdruck gefunden: Orsenna widmete sich in Form einer essayistischen Reisereportage der weltweiten Produktion von Baumwolle. Da deren Anbau zu den wasserintensivsten landwirtschaftlichen Aktivitäten zählt, entwickelte sich daraus das nächste Recherchevorhaben - eine zweite Weltreise, diesmal in die Regionen großer Wassernot. Wobei "Wassernot" nicht zwingend Trockenheit bedeutet, sondern eben auch Überschwemmungen.

In Australien geht es los, dann nach Singapur, Kalkutta, Bangladesch, China, Israel, in den Maghreb, an den Südrand der Sahara und schließlich an den Colorado in den Vereinigten Staaten. Und das ist nicht einmal alles: Auf Erik Orsennas Homepage finden sich weitere Kapitel, die keinen Platz im Buch gefunden haben - leider bislang nur auf Französisch. Das ist eine kluge publizistische Ergänzung, die man sich häufiger wünschen würde.

Kurze Abstecher ins heimische Frankreich sind ebenso im Buch zu finden wie eine kleine Betrachtung zu Berlin, wo Orsenna im Wasser ein verbindendes Element während der deutschen Teilung ausmacht: Über die Spree retteten sich manche Flüchtlinge ebenso nach West-Berlin wie durch die Kanalisation, und die DDR übernahm gegen hohe Gebühren die Entsorgung des Abwassers aus den Westsektoren der Stadt. Aber das sind lediglich nette Aperçus in einem Buch, das meist einen viel dramatischeren Gegenstand hat. Sie gehören zum Hohelied, das Orsenna zur Auflockerung immer wieder auf das Wasser als Quelle allen Lebens und sowohl scheidendes (chemikalisch betrachtet) wie verbindendes (kulturhistorisch gesehen) Element anstimmt.

Stilistisch darf man dieses Buch als gewöhnungsbedürftig für ein deutsches Publikum ansehen. Das Pathos, die gelegentlichen Frivolitäten, die dauernde Personalisierung von Wasser, Regen, Meeren, die Orsenna auch gerne einmal direkt anspricht, quasi von Mann zu Fluss - das alles ist in einem Land wie Frankreich gängig, wirkt jedoch auf Deutsch, zumal so einfallslos übersetzt wird wie hier von Caroline Vollmann, schlicht schwülstig.

Dazu kommen peinliche Sachfehler. Von 1819 bis 1942 sind es nicht 143, sondern 123 Jahre; der Stadtstaat Singapur wäre, würde man den Maßstab auf der beigegebenen Karte ernst nehmen, ungefähr so groß wie Bayern; ein Amerikaner verbraucht, wenn man Kapitel zwei glauben will, pro Tag dreihundert Liter Wasser, laut Kapitel dreizehn sind es "weniger als siebenhundert" (was sich zwar nicht widerspricht, aber trotzdem ganz anders gemeint ist); man kann binnen vierzehn Seiten zuerst lesen, die Erzeugung eines Kilogramms Reis erfordere 1600 bis 5000 Liter Wasser, dann wieder, man benötige dazu durchschnittlich 1400 Liter; und schließlich wird behauptet, eine Bevölkerung, die nicht nur Reis, sondern auch Fleisch esse, "verzehnfacht ihren Wasserbedarf (Minimum)" - leider aber steht das unmittelbar nach einer Tabelle, aus der man lernt, dass zwar ein Kilo Rindfleisch tatsächlich fast zehnmal so viel Wasser erfordert wie dieselbe Menge Reis, Schweinefleisch aber nur dreimal so viel, und es ist ja keine Rede davon, dass jene Bevölkerung fortan nur noch Fleisch essen soll.

Auch erwähnt werden muss ein unausgewiesener Hintergrund der Recherche, der aus der Lektüre leicht zu rekonstruieren ist. Orsenna profitierte davon, dass ihm französische Wasserkonzerne, allen voran Veolia und Suez, im Ausland die Türen geöffnet haben. Und so ist auch einsichtig, warum sich Orsenna am Schluss gegen die Forderung von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen nach freiem Wasserzugang für alle und stattdessen für eine Mischung aus öffentlichem und privatwirtschaftlichem Engagement bei der Wasserversorgung ausspricht. Wobei man zu Orsennas Ehrenrettung sagen muss, dass er einerseits auf die Umständlichkeit staatlicher Verwaltungen verweist und andererseits dafür plädiert, jedem Menschen die täglich lebensnotwendige Ration von etwa fünfzig Litern fürs Trinken und - fast noch wichtiger - für die Hygiene gratis zur Verfügung zu stellen. "Dieses Minimum nicht zuzugestehen bedeutet über kurz oder lang zu töten."

Das ist eine erfreuliche Entschiedenheit, die Orsenna gegen die Bemühungen von globalen Akteuren wie Nestlé setzt, aus dem Wasser eine x-beliebige Handelsware zu machen. "Dieser Traum", urteilt der Autor über die Konzerne, "ist töricht und kann niemals Wirklichkeit werden." Sein Wort in Gottes Ohr! Aber genau dort mag es ankommen, wird doch gleich zu Beginn des Buchs auch die Bedeutung herausgearbeitet, die Wasser für alle Weltreligionen besitzt. Wobei Orsenna am Schluss feststellt: "Die allgemeine Wasserkrise wird nicht stattfinden. Die Klimaerwärmung wird eher eine Zunahme der globalen Wassermenge mit sich bringen", allerdings "bei gleichzeitiger dramatischer Verschärfung der regionalen Unterschiede". Was aber wirklich immer weniger werde, das sei die weltweite Anbaufläche, und das bei steigenden Bevölkerungszahlen. Mutmaßlich ist Orsenna schon unterwegs, um für ein neues Buch zu recherchieren - über die Zukunft des Bodens.

Erik Orsenna: "Die Zukunft des Wassers". Eine Reise um unsere Welt. Aus dem Französischen von Caroline Vollmann. Verlag C. H. Beck, München 2010. 319 S., 9 Karten, geb., 21,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Rezensent Arno Widmann hat Erik Orsennas "Die Zukunft des Wassers" mit großer Begeisterung gelesen. Das Buch erschließt in seinen Augen auf wunderbare Weise das gesamte Universum dieses "alles durchströmenden Stoffes". Der Kampf mit, gegen und ums Wasser erscheint für ihn bei Orsenna als eines der "großen Epen der Menschheitsgeschichte". Das Besondere an diesem Sachbuch sieht er darin, dass es dem Autor gelingt, seinen Stoff in Geschichten darzustellen, die nicht nur die Fakten auf spannende Weise vermitteln, sondern insgesamt ein "neues Bild der Welt" erschaffen. Ja, für Widmann hat diese Buch die Kraft, das Leben des Lesers zu verändern, und er verspricht, dass all die Geschichten, die Orsenna erzählt, jedes Mal wieder aufwirbeln werden, wenn man nur mit Wasser in Berührung kommt.

© Perlentaucher Medien GmbH