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Jeder Brief ein Faszinosum Wer den Briefschreiber Heine nicht kennt, auf den warten hinreißende Entdeckungen ein Versprechen des Herausgebers, das der vorliegende Band auf nahezu jeder Seite einlöst. Heines Briefe vergegenwärtigen sein Leben als fortgesetzte Spannung zwischen Kampf und Genuß, Zorn und Zärtlichkeit, Sehnsucht und Schmerz. Ihr Leitmotiv, die unerfüllte und hoffnungslose Liebe, wird im Eingangsbrief des Neunzehnjährigen angeschlagen "Sie liebt mich nicht! Den Schlußakkord setzt ein Billett des todkranken Dichters an Elise Krinitz, die letzte in der Reihe seiner imaginierten…mehr

Produktbeschreibung
Jeder Brief ein Faszinosum Wer den Briefschreiber Heine nicht kennt, auf den warten hinreißende Entdeckungen ein Versprechen des Herausgebers, das der vorliegende Band auf nahezu jeder Seite einlöst. Heines Briefe vergegenwärtigen sein Leben als fortgesetzte Spannung zwischen Kampf und Genuß, Zorn und Zärtlichkeit, Sehnsucht und Schmerz. Ihr Leitmotiv, die unerfüllte und hoffnungslose Liebe, wird im Eingangsbrief des Neunzehnjährigen angeschlagen "Sie liebt mich nicht! Den Schlußakkord setzt ein Billett des todkranken Dichters an Elise Krinitz, die letzte in der Reihe seiner imaginierten Geliebten: Misère, dein Name ist H. H.
Die Neuübersetzung von 25 französisch geschriebenen Briefen trifft den Heine-Ton, ohne in äußerlicher Nachahmung zu verharren.
"Und Du alte süße Katze, wie geht es Dir? Wenn Du stirbst, ehe ich Dich wiedersehe, schieße ich mich todt. Merke Dir das für den Fall, daß Dir Anwandlungen kämen Deine Dammthorwohnung gegen ein noch schlechteres Logis zu vertauschen! Merke Dir das, und Du wirst keine solche Niederträchtigkeit begehen. "
An die Mutter Betty Heine, 18. September 1843
Autorenporträt
Heinrich Heine, der als Vollender und Überwinder der Romantik gilt, wurde vermutlich am 13. Dezember 1797 als Sohn jüdischer Eltern in Düsseldorf geboren. Er studierte von 1819 bis 1825 Jura in Bonn, Berlin und Göttingen. Am 25. Juni 1825 wurde Heine, dessen Vorname Harry lautete, protestantisch getauft, und er nahm den Vornamen Heinrich an. 1831 siedelte er dauerhaft nach Paris über. Heine, der ab 1848 wegen Krankheit an die "Matratzengruft" gefesselt war, starb am 17. Februar 1856 in Paris.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.02.2006

Aerger, Lyrik, Makaroni
Ungeschützt: Eine Biographie Heinrich Heines in Briefen

Heine scheint immer von sich selbst zu sprechen, in seinen Gedichten wie in seiner Publizistik. Aber dieses "Ich" hat eine Maske auf, egal, ob es die Liebesklage anstimmt oder politisch agiert. Heine ist nicht authentisch, er ist rhetorisch. In seinen Briefen jedoch offenbaren sich sein Alltag, seine Zerwürfnisse und Verletzungen so ungeschützt wie nirgendwo sonst. Hier geht um die Nöte des Pariser Exils, um Schwierigkeiten mit der politischen Zensur, um das Verhältnis zum Judentum, aber natürlich ebenso um Liebe, Geld und gutes Leben. Und immer um das tief ambivalente Verhältnis zu Deutschland, geprägt von Sehnsucht und Verachtung: "Alles Deutsche wirkt auf mich wie ein Brechpulver", heißt es einmal, "Meine Brust ist ein Archiv deutschen Gefühls", kurz darauf. Dieses Verhältnis zu Deutschland ist vielleicht Heines allergrößte Liebesgeschichte.

Jan-Christoph Hauschild präsentiert eine Auswahl von 199 Briefen am Leitfaden der Biographie. Die Liste der Adressaten bietet manch prominenten Namen: Alexandre Dumas und George Sand, Marx und Rothschild, Liszt und Meyerbeer, Goethe und Gutzkow, Heinrich Laube und Karl Immermann. Es sind viele Briefe an die Verwandten darunter, man liest rührende Post an die "liebe, gute Pracht-Mutter" in Hamburg und natürlich an den Verleger Julius Campe. Heine ist ihm ein knochenharter Geschäftspartner. Um seine Honorare verhandelt er beizeiten, denn: "Der Moment, wo der arme Autor, erschöpft von seiner Arbeit, mit seinem Manuskript anlangt, um es schnell gedruckt zu sehen, ist eben der Punct, wo der Verleger ruhig mit der Flinte auf dem Anstand steht." Veränderte, entstellte Texte treiben Heine zum Äußersten, verbal zumindest. Am Ende mancher wutschnaubenden Epistel verabschiedet er sich aber meist schon wieder mit charakteristischer Liebenswürdigkeit vom "Freund" Campe: "Leben Sie wohl und hole Sie der Teufel".

"Ich fühle tiefer, wie andre Menschen" - so benennt Heine eine Voraussetzung literarischer Produktion. Faszinierend ist denn auch die Palette der Gefühle, die der Briefschreiber aufträgt: von sirupsüßer Schmeichelei (man lese die Huldigung an Dumas aus dem März 1854!) über diplomatische Höflichkeit bis hin zu schneidender Bosheit. "Das schöne Maßhalten, das wir bei den klassischen Schriftstellern bewundern", war ihm selbst fremd. Das biedermeierliche Deutschland hinter seinen Gartenzäunen zu provozieren, empfand der Übertreibungskünstler als seine Mission. Auch seine Briefe bieten keine klassische Ausgeglichenheit, sondern zeigen eine hochnervöse Seele. Anders als etwa die Briefe Schillers sind es keine reflektierenden Schriften, die die Nachwelt mehr als den jeweiligen Adressaten im Auge haben, keine verkappten Essays, keine Laboratorien der Ideen. "Ellenlange Contemplazionen" langweilen ihn. Er bittet seine Briefpartner deshalb, konkret zu bleiben, mitten aus dem Leben zu schildern: "darum ist mir der Brief im Negligee-Gewand tausendmahl lieber als der Gala-Brief".

Seine eigenen Briefe sind ihm immer ein "Thermometer, woraus man meine Gemüthsstimmung erkennen kann". Und sie sind auf den Empfänger abgestimmt. Man wird Zeuge einer Gesprächssituation. Das sorgt für Lebendigkeit, birgt aber manchmal die Gefahr, daß der heutige Leser von der Vertraulichkeit ausgeschlossen bleibt. Deshalb hat der Herausgeber die fünf Kapitel des Buches mit biographischen Einführungen versehen. Darüber hinaus hätte man sich aber auch über ein paar Anmerkungen oder Fußnoten gefreut.

Man bewundert die außergewöhnliche Fähigkeit des Briefschreibers Heine, mit wenigen Worten Situationen und Personen darzustellen und in ein komisches oder entlarvendes Licht zu rücken. Und natürlich den pointierten, bildhaften Ausdruck. Pockennarben als "Spucknäpfchen der Liebesgötter" - darauf muß man erst einmal kommen. Sehnsucht nach Lebensleichtigkeit und Genuß kennzeichnet viele Briefe: "Mit dem letzten Odemzuge ist alles vorbey, Freude, Liebe, Aerger, Lyrik, Makaroni, Normaltheater, Linden, Himbeerbonbons, Macht der Verhältnisse, Klatschen, Hundegebell, Champagner ..." - so Heine an Ludwig Robert.

Diese radikale Diesseitigkeit wird in den Jahren der "Matratzengruft" auf eine harte Probe gestellt. Klage geht allerdings auch dann immer noch mit Selbstironie einher: "Ich kann meine eigenen Schmerzen nicht erzählen, ohne daß die Sache komisch wird." So bewahrt sich Heine im größten Körperelend eine erstaunliche produktive Überlegenheit - der "Romanzero" mit den grandiosen "Lamentationen" wird zum Triumph und zum Verkaufsschlager. Hat zuvor ein Autor so leichthändig über den eigenen nahen Tod gedichtet, der doch immer etwas ganz anderes ist als allgemeine Betrachtungen über die Vergänglichkeit? Der rhetorische Ton der Liebesgedichte macht es manchmal schwer, an das dargestellte Leid zu glauben; die Sterbensgedichte ergreifen wirklich. Und die Briefe des Erblindeten und Halbgelähmten nicht weniger. "Ich sterbe verflucht langsam, aber ich spüre doch den täglichen Grabesfortschritt." Auf diesem harten Weg werden auch die Angebote der Religion neu geprüft: "Ich beginne zu merken, daß ein Quentchen Gott einem armen Mann nicht schaden kann, vor allem wenn er seit sieben Monaten auf dem Rücken liegen muß."

Heine gehörte zu den Autoren, die sich biographische Entschlüsselungen verbeten haben, so schreibt er 1823 an Immermann: "Und wie wenig ist oft das äußere Gerüste unserer Geschichte mit unserer wirklichen, inneren Geschichte zusammenpassend! Bei mir wenigstens paßt es nie." Das ist ein merkwürdiges Ablenkungsmanöver, denn natürlich haben sich gerade die Außenseiter-Erfahrungen als deutscher Jude vielen Texten Heines eingeschrieben. Die völkischen Literaturexperten haben sich später in ihrer Denunziation des Juden Heine oft auf die Briefe bezogen. Heine wußte um diese Gefahr. Mehrfach hat er versucht, wieder in den Besitz von Briefen zu kommen, die ihm hätten schaden können. In eigener Sache hat sich der große Indiskrete, der im publizistischen Kampf vor Schüssen unter die Gürtellinie nicht zurückscheute, äußerste Diskretion ausgebeten. "Es ist eine unerlaubte und unsittliche Handlung auch nur eine Zeile von einem Schriftsteller zu veröffentlichen, die er nicht selbst für das Publikum bestimmt hat. Dieses gilt ganz besonders von Briefen, die an Privatpersonen gerichtet sind", mahnte er künftige Editoren. Glücklicherweise haben sie sich nicht daran gehalten.

WOLFGANG SCHNEIDER

Heinrich Heine: "Leben Sie wohl und hole Sie der Teufel". Biographie in Briefen. Hrsg. von Jan-Christoph Hauschild. Aufbau Verlag, Berlin 2005. 477 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit großer Freude hat Wolfgang Schneider diesen von Jan-Christoph Hauschild herausgegebenen Band gelesen, der am Leitfaden der Biografie 199 Briefe Heinrich Heines versammelt, die das Leben des Dichters "seinen Alltag, seine Zerwürfnisse und Verletzungen" ungeschützt offenbaren. Neben vielen Briefen an Verwandte und die Mutter biete die Liste der Adressaten auch zahlreiche "prominente Namen" wie Alexandre Dumas und George Sand, Marx und Rothschild, Liszt und Meyerbeer, Goethe und Gutzkow. Die Lebendigkeit der Briefe und die "Palette der Gefühle", die darin ihren Ausdruck findet, von "sirupsüßer Schmeichelei" bis hin zu "schneidender Bosheit", haben Schneider fasziniert. Er würdigt Heines Fähigkeit, "mit wenigen Worten Situationen und Personen darzustellen und in ein komisches oder entlarvendes Licht zu rücken". Auch äußert er seine Bewunderung für dessen "pointierten, bildhaften Ausdruck". Berührt haben ihn insbesondere die Briefe, in denen Heine, erblindet und halbgelähmt, über seinen nahenden Tod schreibt. Schneider hält fest, dass der Herausgeber die fünf Kapitel des Buches zum besseren Verständnis mit biografischen Einführungen versehen hat. Darüber hinaus hätte er sich aber auch über ein "paar Anmerkungen oder Fußnoten" gefreut.

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