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Was träumten die Menschen vor zwei Jahrtausenden? Die sorgfältig kommentierte Zusammenstellung vermittelt von Homer bis Hieronymus eine lebhafte Vorstellung und eröffnet einen spannenden Zugang zu den Funktionen und Deutungen des Traumes im Altertum: Träume begegnen als raffiniertes poetisches Mittel, sie werden als Propagandawerkzeug eingesetzt, als Offenbarung interpretiert u. v. a.

Produktbeschreibung
Was träumten die Menschen vor zwei Jahrtausenden? Die sorgfältig kommentierte Zusammenstellung vermittelt von Homer bis Hieronymus eine lebhafte Vorstellung und eröffnet einen spannenden Zugang zu den Funktionen und Deutungen des Traumes im Altertum: Träume begegnen als raffiniertes poetisches Mittel, sie werden als Propagandawerkzeug eingesetzt, als Offenbarung interpretiert u. v. a.
Autorenporträt
Träume sind so alt wie die Menschheit, und so ist es nicht verwunderlich, dass sie schon in antiken Texten eine charakteristische Rolle spielen. Die Sammlung "Träume in der Antike" zeigt, wie Träume in der griechischen und römischen Literatur vermittelt und gedeutet wurden. Viele Elemente unseres modernen Traumverständnisses sind hier - in anderer Begrifflichkeit - vorgebildet. Und manches, was die Moderne bisweilen vergessen zu haben scheint (und die Postmoderne wieder entdeckt?), tritt hervor. Darüber sprachen wir mit der Herausgeberin Dr. Marion Giebel: 'Träume in der Antike - das ist noch nicht die Sprache des Unbewussten, die uns ja erst Freud zu verstehen gelehrt hat. Wer spricht denn nach antiker Auffassung in den Träumen der Menschen?' Es ist schon die Sprache des Unbewussten, denn der Mensch ist ja immer der gleiche - man nannte es nur anders. Bei Homer werden die Träume von den Göttern gesandt, aber Aristoteles hatte da schon seine Zweifel. Schließlich träumen ja Tiere auch, meinte er. Ein Hund zuckt im Schlaf mit den Beinen und bellt mit geschlossenem Maul: Er träumt von der Jagd! Aristoteles und andere Denker wussten schon, dass sich in Träumen die Sprache der Seele ausdrückt. Wenn sie vom Körperlichen und von den Alltagssorgen gelöst ist, ergeht sie sich gewissermaßen in einer anderen Bewusstseinswelt und kann bestimmte Impulse aufnehmen. Auch was Freud die "Tagesreste" nennt: dass Dinge, mit denen man sich am Tage beschäftigt hat, dann im Traum wieder auftauchen, oft in veränderter, verschlüsselter Form - das finden wir bereits bei Herodot als gängige Vorstellung. Dann wusste man, dass aus dem individuellen Selbst des Menschen bestimmte Traumvorstellungen kommen, das nannte man dann den Daimon, der erscheint. Wie bei dem Perserkönig Xerxes, der sein Hybrisunternehmen, den Feldzug gegen Griechenland, eigentlich aufgeben will, auf guten Rat hin. Dann aber erscheint ihm im Traum eine Gestalt, die ihn geradezu zwingt, bei seinem ersten Entschluss zu bleiben. Wer ist das? Ein "Botschafter" aus seinem Innern, das die Größenwahnvorstellungen einfach nicht aufgeben kann ... 'Es gab ja in der Antike professionelle Traumdeuter. Wer nahm ihre Dienste in Anspruch, wovon gingen sie bei ihren Deutungen aus?' Träume gehörten zur Mantik, zur Vorzeichendeutung, wie z. B. die Weissagung aus dem Vogelflug oder den Eingeweiden eines Opfertieres, woraus man den Willen der Götter erkennen oder die Zukunft deuten konnte. Sie wurden daher von den Sehern und Priestern gedeutet, den Spezialisten für das Heilige. Später aber gab es eine regelrechte Zunft von Traumdeutern, vor allem am Hof der Könige und Fürsten, die Vorläufer der Hofastrologen. Von Alexander dem Großen ist bekannt, dass er einen Traumdeuter aus einer Gegend von Kleinasien hatte, wo die Leute angeblich über besondere intuitive Kräfte verfügten. Das interessanteste Dokument ist das Traumbuch des Artemidor, aus dem 2. Jh. n. Chr.: Er war ein professioneller Traumdeuter, der Fälle sammelte und methodisch auswertete. Daraus hat er ein "Traumlexikon" gemacht, in dem jedermann nachschlagen konnte, was ein bestimmter Traum zu bedeuten hatte. Dabei geht Artemidor durchaus kritisch vor. Das gleiche Traumelement kann bei verschiedenen Personen Unterschiedliches bedeuten. So muss man sich genau nach den Lebensumständen und der emotionalen Verfassung des "Klienten" erkundigen und auch die jeweiligen Bräuche und Volkssitten berücksichtigen. Ebenso die Zeitumstände: Ein Traum vom Baden war früher etwas Negatives, denn man badete nur nach Mühe und Anstrengung, nach Krieg oder Krankheit; heute aber, sagt Artemidor, geht man zum Vergnügen zum Baden, in die Thermen. Mit dieser differenzierten Herangehensweise hat Artemidor sogar bei Sigmund Freud Anerkennung gefunden. 'Träume verheißen in der Antike nicht nur Gutes oder Böses, es gibt auch therapeutische Träume.' Das ist m. E. das interessanteste Gebiet, diese Inkubation: die Erscheinung des Gottes Asklepios, der im Traum Kranke heilt oder Mittel zur Heilung nennt, in Kos, Epidauros und Pergamon. Man kann das ja nicht als "Einbildung" abtun. "Gelenkte Träume", unter Aufsicht spirituell begabter Personen, mit Heilungseffekt, das gibt es ja heute noch, in Afrika und auch in Südamerika. Schon im Gilgamesch-Epos hören wir, wie man mit magischen Riten und Gebeten Träume hervorruft. In den Asklepiosheiligtümern wurde durch die ganze Umgebung eine numinose Stimmung und eine allgemeine Erwartungshaltung hervorgerufen, in der sich dann, auf autosuggestiver Basis, die Traumerscheinungen des Gottes einstellten. Oft wurden dadurch unbewusste Blockaden gelöst und die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert. Interessant auch, dass im frühen Christentum noch Inkubation betrieben wurde, Schlafen in einer Kirche, wo dann nicht mehr der Soter, der Heiland Asklepios, sondern Christus oder die heiligen Ärzte Kosmas und Damian erschienen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.01.2007

Magendruck
Und andere Schlafprobleme: Die Traumweisheit der Antike
Das Kaleidoskop der Antike kann man schütteln, so oft man will, es ergeben sich immer wieder neue farbenprächtige Muster. Im anzuzeigenden Fall ist es besonders bunt, geradezu traumhaft schön ausgefallen. „Träume in der Antike” – der Titel des mit dem Orange seines Einbands seine Zweisprachigkeit verratenden Reclambändchens verspricht eine Reise durch die Seelenlandschaft der Griechen und Römer. Marion Giebel, die unermüdliche Vermittlerin antiker literarischer Schätze an eine Welt, die ihrer dringend bedarf und neuerdings auch wieder in zunehmendem Maß nach ihnen verlangt, hat auf knappem Raum alle wichtigen einschlägigen Texte zusammengestellt und hervorragend kommentiert.
Natürlich beginnt die Revue mit dem Bild von den zwei Pforten, aus denen einerseits die wahren, andererseits die täuschenden Träume kommen. Die von einer Gottheit oder ihrem Dichter Homer erleuchtete Penelope gebraucht dieses Bild, um den noch als Bettler verkleideten, also unerkannten Odysseus von der Bedeutungslosigkeit des Traums, der ihr in allegorischer Form die Heimkehr des Gatten verhieß, zu überzeugen. Sie hat sich (in der Fall erfreulicherweise) in der Pforte geirrt, wie Jokaste sich irrt, wenn sie inzestuöse Befürchtungen ihres Sohnes Ödipus dadurch in den Wind schlagen zu können glaubt, dass sie auf die Bedeutungslosigkeit entsprechender Träume verweist.
Träume sind Schäume: Das ist die aufklärerische Linie des antiken Umgangs mit dem Phänomen. Die Schäume werden etwa dem übervollen Magen zugeschrieben oder als Reste besonders starker Tageseindrücke erklärt. Die Vertreter der anderen Linie, die sich ebenfalls durch die ganze Antike zieht, nehmen die Träume ernst; sie verstehen sie als Vorzeichen, als Weisung oder Warnung. Auch Caesar hatte ödipale Anwandlungen; er träumte, er habe seine Mutter vergewaltigt. Als „Mutter” stellte sich die Erde Afrikas heraus, die der Eroberer bald darauf in Besitz nahm. Das – auslegungsbedürftige – Orakel konnte nur von einer Gottheit stammen; die Weissagung kam also von oben. Umgekehrt wurde aber auch schon früh die Seele als Ursprungsort der prophetischen oder per Tempelschlaf praktizierten heilenden Träume angenommen. Dem antiken Traumwissen fehlte der Begriff des Unbewussten, sonst hätte es einen griechischen oder römischen Freud gegeben. Marion Giebels Textsammlung jedenfalls hätte auch vor einem Jahrhundert den Moses der Traumanalyse entzückt. ALBERT VON SCHIRNDING
MARION GIEBEL (Hrsg.): Träume in der Antike. Zweisprachige Ausgabe. Philipp Reclam jun., Stuttgart 2006. 255 Seiten, 6 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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"Träume in der Antike" (...) verspricht eine Reise durch die Seelenlandschaft der Griechen und Römer. Marion Giebel, die unermüdliche Vermittlerin antiker literarischer Schätze an eine Welt, die ihrer dringend bedarf und neuerdings auch wieder in zunehmendem Maß nach ihnen verlangt, hat auf knappem Raum alle wichtigen einschlägigen Texte zusammengestellt und hervorragend kommentiert. (...) Dem antiken Traumwissen fehlte der Begriff des Unbewussten, sonst hätte es einen griechischen oder römischen Freud gegeben. Marion Giebels Textsammlung jedenfalls hätte auch vor einem Jahrhundert den Moses der Traumanalyse entzückt. -- Süddeutsche Zeitung

Ob Träume nützlich sind oder nicht, ist seit der Antike strittig. Sicher ist jedoch, dass dieses Buch interessierte Leser finden dürfte. -- Radio Bremen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rundum glücklich ist Albert von Schirnding mit diesem Reclambändchen über "Träume in der Antike", das Marion Giebel herausgegeben hat. Er findet in der jeweils zweisprachigen Textsammlung alle wichtigen antiken Texte zum Thema Traum. Giebels Kommentierung der Texte würdigt er als ausgezeichnet. Deutlich werden für ihn zwei Traditionslinien im Umgang mit den Träumen: Während die aufklärerische Linie das Phänomen als Folge eines übervollen Magen oder als Reste besonders starker Tageseindrücke erklärte, deutete die andere Traditionslinie sie als Vorzeichen, Weisung oder Warnung. Einen Begriff des Unbewussten kannte das antike Traumwissen allerdings nicht, wie Schirnding berichtet. Dennoch hält er fest: Freud wäre von dieser Textsammlung entzückt gewesen.

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