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Die Geschichte der russischen Literatur. Vom Mittelalter bis zur postsowjetischen Zeit stellt der Band die Literatur Russlands dar. In einem repräsentativen Überblick werden Autoren-, Werk- und Gattungsgeschichte in kultur-, medien- und ideengeschichtlichen Kontexten beleuchtet. Zu den prominenten Vertretern zählen u.a. Dostoevskij, Bunin, Solochov, Solzencyn, Brodskij, Pasternak und Tolstoj. Ein wesentlicher Schwerpunkt bei der Betrachtung ist die enge Beziehung der russischen Literatur zu Westeuropa und die Problematik kultureller und literarischer ÜberSetzungen. Zahlreiche Illustrationen…mehr

Produktbeschreibung
Die Geschichte der russischen Literatur. Vom Mittelalter bis zur postsowjetischen Zeit stellt der Band die Literatur Russlands dar. In einem repräsentativen Überblick werden Autoren-, Werk- und Gattungsgeschichte in kultur-, medien- und ideengeschichtlichen Kontexten beleuchtet. Zu den prominenten Vertretern zählen u.a. Dostoevskij, Bunin, Solochov, Solzencyn, Brodskij, Pasternak und Tolstoj. Ein wesentlicher Schwerpunkt bei der Betrachtung ist die enge Beziehung der russischen Literatur zu Westeuropa und die Problematik kultureller und literarischer ÜberSetzungen. Zahlreiche Illustrationen aus Geschichte, Kunst und Alltag zeigen die große Vielfalt des literarischen Leben Russlands.
Autorenporträt
Klaus Städtke ist Professor für Kulturgeschichte Osteuropas an der Universität Bremen und Projektleiter am Zentrum für Literaturforschung in Berlin. Veröffentlichungen zur russischen Literatur- und Kulturgeschichte sowie zu Fragen der russischen Literaturtheorie und Ästhetik.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.02.2003

Tolstoi war nicht Dostojewski
Eine weitere russische Literaturgeschichte, nicht ganz überflüssig

Nachdem in den vergangenen Jahren Emmanuel Waegemans (1998) und Reinhard Lauer (2000) je eine "Geschichte der russischen Literatur" vorgelegt haben und unter gleichem Titel auch das Standardwerk von Adolf Stender-Petersen (1993) wieder aufgelegt wurde, ist nun seit kurzem eine weitere, von einem Autorenkollektiv verfaßte "Russische Literaturgeschichte" greifbar, die den schlichten Anspruch geltend macht, eine Gesamtdarstellung der russischen Literaturentwicklung von den Anfängen bis zur Gegenwart zu bieten.

Diesen Anspruch vermögen jedoch, mit unterschiedlichem Ertrag, die vorgenannten Autoren ebenfalls zu erfüllen, ganz abgesehen davon, daß der gleiche Stoff auch im "Neuen Handbuch der Literaturwissenschaft" umfassend dargeboten, wiewohl nicht bis in die unmittelbare Gegenwart aufgearbeitet wird. Stellt sich also die Frage nach dem Erkenntnisgewinn eines nochmaligen historischen Durchgangs durch eine Nationalliteratur, die bereits so weitgehend erschlossen ist wie die russische.

Das allzu knappe, eher rekapitulierende denn entwerfende Vorwort des Herausgebers bringt dazu keinen plausiblen Aufschluß. Einerseits wird einer "radikalen Revision der bisherigen Literaturgeschichtsschreibung" eine Absage erteilt mit der Begründung, ein "gewachsener Literaturkanon" könne und solle nicht willkürlich verändert werden; andererseits ergeht die Forderung nach einer kritischen "Relektüre der russischen Literatur" und dann doch auch einer gründlichen "Rekonstruktion des Kanons". Wenn außerdem betont wird, es gehe dem Autorenkollektiv "vor allem um die Darstellung wesentlicher literatur- und kulturgeschichlicher Zusammenhänge", so ist dies - "vor allem", "wesentlich" - wiederum nicht mehr als ein ohnehin selbstverständliches Minimalprogramm, ein Programm zudem, das eingestandenermaßen "ohne eine einheitlich vorgegebene methodische Konzeption" auskommt.

Auf nur 450 Seiten reihen sich, der üblichen Epocheneinteilung folgend, acht Einzelkapitel zu einem chronologisch kohärenten, methodisch aber überaus disparaten Panorama, das in den Textmarginalien handbuchartig durch zahlreiche Abbildungen - zumeist bekannte Autorenporträts - ergänzt wird. Insgesamt kommt das traditionelle Schema der Literaturgeschichtsschreibung zum Tragen: kurze Charakterisierung der jeweiligen Epoche, ihres Literatursystems sowie ihrer dominanten Stilformation und im Anschluß daran, wiederum eher in der Art eines Handbuchs als einer Entwicklungsgeschichte, die Revue einzelner Autoren und ihrer hauptsächlichen Werke.

Mit wechselnder Insistenz, je nach Gutdünken der Beiträger, wird auf formale respektive inhaltliche Kriterien, auf soziale und zeitgeschichtliche Umstände, auf Intermedialität (Malerei, Musik, Film) und Interdisziplinarität (Publizistik, Philosophie) sowie auf internationale Beziehungen der russischen Literatur (zum Beispiel die Schiller-, die Scott-, die Nietzsche-Rezeption) rekurriert. Zumeist bleibt es allerdings bei der faktographischen Feststellung solcher Kontextbezüge, die Frage nach dem Warum indes - warum konnten ein Walter Scott, ein Maurice Maeterlinck in Rußland stilbildend werden, während Flaubert oder Henry James kaum zu Einfluß kamen? - erfährt keine Klärung.

Da die vorliegende "Russische Literaturgeschichte" den bestehenden Kanon weder relativiert noch gar revidiert, neue Akzentsetzungen also - ausgenommen bei der exilrussischen Literatur des 20. Jahrhunderts und bei der postsowjetischen Belletristik - weitgehend unterbleiben, kommt sie über ein kompilatives Rewriting vergleichbarer früherer Darstellungen nur phasenweise hinaus, was vorab für den Zeitraum zwischen Mittelalter und Moderne gilt. Irritierend ist hier unter anderem die obsolete, aus der Sowjet- und DDR-Zeit erinnerliche Gepflogenheit, die behandelten Autoren durch ihre soziale Herkunft ("Sohn eines Viehhändlers", "Enkel eines freigelassenen, als Korkhändler erfolgreichen Leibeigenen" und so weiter), durch Krankheiten, Alkoholismus oder politische Vorlieben zu charakterisieren, ohne daß damit auch nur das Geringste für das Verständnis ihres Werks gewonnen würde.

Irritierend sind auch - bei ohnehin beschränktem Textraum - manche Leerformeln, deren Lehrhaftigkeit über Gemeinplätze nicht hinausreicht: "Fofanow war ein Naturtalent ohne systematische Ausbildung." Oder: "Ein Vergleich Tolstois mit Dostojewski zeigt gravierende Unterschiede in der Person, in der Lebensführung und in der Schreibweise." Sei's drum! Doch welche Relevanz können derartige Feststellungen im literaturwissenschaftlichen Diskurs heute noch beanspruchen? Die Stereotypie der Darbietung, die einem Lehrbuch oder Nachschlagewerk durchaus adäquat wäre, als ganzheitliche und zeitgemäße Literaturgeschichte aber nicht wirklich überzeugen kann, weicht in den letzten Kapiteln des Bandes (1917 bis 2000) einer zunehmend differenzierten, theoretisch und methodisch gleichermaßen kompetenten Präsentationsweise, die auch vor ungewöhnlichen Wertungen und Verknüpfungen nicht zurückschreckt. Die kritische Sichtung der Zeitspanne zwischen Tauwetter (1953/1954) und Jahrtausendwende, mit der das Gemeinschaftswerk schließt, gehört zum Verläßlichsten, zugleich zum Originellsten, was es hierzulande über die poststalinistische und postsowjetische Literaturentwicklung zu lesen gibt.

Zu hoffen ist doch, daß die oftmals nachgeschriebene Geschichte der russischen Literatur endlich abgelöst werde durch eine Phänomenologie der russischen Literatur, die sich von der chronologischen Abfolge der Epochen, Schulen, Autoren und Werke emanzipiert, um statt dessen den Bestand und die Wechselbeziehungen von literarischen Bauformen und Stoffen, Themen und Motiven, Stil- und Metaphernbildungen systematisch zu erfassen. Brauchbare Ansätze haben etwa Naum Berkowskij und Jerzy Faryno geliefert; daran wäre anzuknüpfen.

FELIX PHILIPP INGOLD

"Russische Literaturgeschichte". Herausgegeben von Klaus Städtke. Verlag J. B. Metzler, Stuttgart und Weimar 2002. 441 S., 191 Abb., geb., 29,90 [Euro].

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"Wirklich geglückt sind die letzten Teile über die noch im Fluss befindliche Geschichte der poststalinistischen und -sowjetischen Literatur, wo die Autoren unter Einbeziehung der vom Kopf auf die Füße gestellten Literatur und ihrer literatursoziologischen Bedingungen die Chance zu unvoreingenommener Darstellung und Theoriebildung zu nutzen verstehen." - Kultur und Service

"...fast 200 Illustrationen im Text selbst, dazu sachbezogene Schlagwörter und prägnante Abbildungen auf den breiten Seitenrändern: die Russische Literaturgeschichte, herausgegeben von Klaus Städtke, ist nicht nur eine erstklassike Quelle der Informationen, sondern auch ein Vergnügen beim Blättern und Festlesen." - Literaturen

"Städtke und seinen Mitautoren ist es gelungen, ein facettenreiches und kompetent kommentiertes Porträt der russischen Literatur von ihren Anfängen bis heute vorzulegen." - NZZ

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Braucht es das, fragt Felix Philipp Ingold gleich zu Beginn: noch eine Geschichte der russischen Literatur, noch einmal den Durchgang durch die konventionelle Epocheneinteilung, erneute Darstellung eines längst bekannten Kanons? Im Grunde, so die klare Antwort: Nein. Wenig Positives kann der Rezensent dem größten Teil des von mehreren Autoren verfassten Werkes abgewinnen. Es werden keine Zusammenhänge hergestellt, dafür Fakten gereiht und mit abgestandenen Floskeln garniert ("Ein Vergleich Tolstois mit Dostojewski zeigt gravierende Unterschiede in der Person, in der Lebensführung und in der Schreibweise"). Keineswegs erhellend, was den Sinn der Unternehmung angeht, findet Ingold das Vorwort, auch wer auf "neue Akzentsetzungen" hofft, werde enttäuscht. Ein großes Aber gibt es jedoch: Durchweg gelungen, meint der Rezensent, sei der letzte Teil des Bandes. In den Kapiteln über die poststalinistische und postsowjetische Literatur finde das Buch dann doch zu einer "zunehmend differenzierten, theoretisch und methodisch gleichermaßen kompetenten Präsentationsweise".

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