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Marçal Aquinos dritter Roman Flieh. Und nimm die Dame mit. erzählt die Liebesgeschichte zwischen dem Fotografen Cauby und der jungen, mysteriösen Lavínia. Eine Recherche über Prostituierte führt den Journalisten in eine düstere Goldgräberstadt im Norden Brasiliens, wo er Zeuge der zunehmenden Spannungen zwischen Arbeitern und der Bergwerksgesellschaft wird. Er verfällt der wankelmütigen Lavínia, die manchmal verängstigt und verletzlich wirkt, manchmal ihre verführerischen Reize ausspielt. Zudem ist sie verheiratet mit einem viel älteren, sehr beliebten Fernsehprediger. Cauby will sich von ihr…mehr

Produktbeschreibung
Marçal Aquinos dritter Roman Flieh. Und nimm die Dame mit. erzählt die Liebesgeschichte zwischen dem Fotografen Cauby und der jungen, mysteriösen Lavínia. Eine Recherche über Prostituierte führt den Journalisten in eine düstere Goldgräberstadt im Norden Brasiliens, wo er Zeuge der zunehmenden Spannungen zwischen Arbeitern und der Bergwerksgesellschaft wird. Er verfällt der wankelmütigen Lavínia, die manchmal verängstigt und verletzlich wirkt, manchmal ihre verführerischen Reize ausspielt. Zudem ist sie verheiratet mit einem viel älteren, sehr beliebten Fernsehprediger. Cauby will sich von ihr trennen, doch er wird in einen Mordfall verwickelt und alles kommt ganz anders. In weiteren Rollen: ein ehrbarer Berufsmörder, ein dichtender Zeitungsmacher, ein empfindsamer Polizist und ein Gürteltier namens Zacharias.
Dicht und ironisch erzählt Aquino eine berührende Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der politischen und sozialen Konflikte in der Goldgräberstadt. Ein vielschichtiger Roman, virtuos und spannend geschrieben.
Autorenporträt
Marçal Aquino, 1958 in Amparo/São Paulo geboren, arbeitete als Journalist, bevor er begann, Kinderbücher, Romane und Drehbücher zu verfassen. Sein Werk wurde mit mehreren renommierten Preisen ausgezeichnet. Seit den Neunzigerjahren arbeitet er intensiv mit dem Filmregisseur Beto Brant zusammen, der drei seiner Texte verfilmt hat. Die letzte Verfilmung, 'O invasor' (The Invader), wurde 2002 auf der Berlinale gezeigt, kam 2003 in die Kinos und erhielt einen Preis beim Sundance Film Festival in den USA.

Kurt Scharf ist Übersetzer und Herausgeber von Literatur aus dem Persischen, Portugiesischen und Spanischen. Er war viele Jahre Mitarbeiter des Goethe-Instituts in Teheran, Porto Alegre, Berlin, Istanbul und Lissabon und begründete das Haus der Kulturen der Welt in Berlin mit. Kurt Scharf lebt heute in Berlin und Salobreña (Granada/Spanien).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.05.2010

Unter Goldgräbern
Marçal Aquinos Rat: "Flieh. Und nimm die Dame mit"

"Die Liebe ist sexuell übertragbar", hat der brasilianische Autor Marçal Aquino seinem Roman "Flieh. Und nimm die Dame mit" als Motto vorangestellt, und der Held des Romans wird das zu spüren bekommen, samt aller Konsequenzen, die die Liebe, wenn es schlecht läuft, mit sich bringt. Dazu gehört eine Tracht Prügel: siebzehn Knochenbrüche, halbtaube Ohren, ein erblindetes Auge. So kann es gehen, wenn man sich in einer Goldgräberstadt im brasilianischen Nordosten auf die falsche Frau einlässt. Diejenige, auf die es der Fotograf Cauby abgesehen hatte, war nämlich schon vergeben. Und dass ihr Mann ein bekannter Prediger ist, lässt die Tracht Prügel um nichts milder werden.

Die allzu herben Sitten in den Goldgräberstädten Brasiliens bilden den Hintergrund des Romans, der zwischen Liebesgeschichte und Milieuschilderung eigentümlich hin und her schwankt, der privates Unglück mit öffentlichen Missständen verquickt und so das Sittenbild einer Gesellschaft entwirft, die den Stellenwert ihrer Mitglieder vor allem nach Rentabilitätskriterien bemisst. Zwar hat sich Cauby, der einst für eine Reportage über das Leben in der Stadt angereist ist, hie und da nützlich gemacht, indem er etwa Fotos lokaler Honoratioren geschossen hat. Aber unverzichtbar ist er darum noch lange nicht, weshalb es ihm dann ausgesprochen rüde an den Kragen geht.

Bis dahin hat er sich aber einen Eindruck von der Stadt und jenen gemacht, die in ihr leben. Vor allem von seiner Geliebten: Lavínia, der ehemaligen Prostituierten und jetzigen Pfarrersfrau. Ihr Weg in die Prostitution verläuft nach dem Lehrbuch der Küchenpsychologie: Vergewaltigung in jungen Jahren durch den Stiefvater, dann Verhältnisse zu anderen stets missratenen Männern, schließlich die Einsicht, dass sich mit Sex auch Geld verdienen lässt. Und doch gibt es nicht nur die abgebrühte, schamlose Lavínia. Neben ihr existiert auch die empfindsame und verletzliche Lavínia, und nicht immer weiß Cauby, mit welcher er es gerade zu tun hat. Es sei eben immer etwas Wahnsinn in der Liebe, liest er bei Nietzsche, vermittelt durch Professor Schianberg, einen Vulgärpsychologen und Autor sehr erfolgreicher Ratgeber für verwirrte Herzen. Und immerhin so viel ist klar, dass er mit diesem Wahnsinn fortan wird leben müssen, einem Wahnsinn, der durch die herben Sitten der Stadt noch zusätzlich gesteigert wird. So wird etwa Chang ermordet, ein Freund und kleiner Händler. Sein Pech war, dass der, dem er Geld geliehen hatte, mit seinen Schulden nicht zurande kam. Wer keinen Gläubiger hat, so sein Kalkül, der hat auch keine Schulden mehr, jedenfalls in der Logik nordostbrasilianischer Goldschürfer.

Marçal Aquinos Roman ist vor allem schnell. Meist knappe Sätze und kurze Szenen verleihen ihm Tempo, der lakonische Stil bewahrt den Autor davor, angesichts düsterer Szenarien ins Melodram zu kippen. Liebe und soziale Realitäten gehen eine akzeptable Verbindung ein, auch wenn man zu beiden Themen schon Eindringlicheres gelesen hat. Dafür ist am Ende fast alles wieder gut. Cauby und Lavínia finden wieder zusammen, treffen sich in einer splendid isolation, nach Art von "einigen Mathematikern, dummen Novizinnen und einigen wenigen Künstlern, Menschen, die mittels Poesie oder Barbituraten in einer Zuckerlösung der Zahmheit konserviert werden". Nur dort, in den "Rissen der Wirklichkeit", vermögen sie sich ihrem Kult hinzugeben, der intensiven Pflege des libidinösen Objekts, erkauft um den Preis eines entschiedenen Rückzugs aus der Welt. Ganz wohl ist Cauby nicht dabei. Aber Liebe ist, wenn man trotzdem bleibt.

KERSTEN KNIPP

Marçal Aquino: "Flieh. Und nimm die Dame mit". Aus dem Portugiesischen von Kurt Scharf. Edition Büchergilde, Frankfurt am Main 2009. 285 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ein Buch über die Liebe, wenn es schlecht läuft, hat Kersten Knipp gelesen. Und sich dann umso mehr gefreut, dass es doch noch ein Happy End gibt in Marcal Aquinos Roman. Die Geschichte zwischen dem Fotoreporter Cauby und der Prostituierten Lavinia spielt in einer Goldgräberstadt im brasilianischen Nordosten. Herbe Sitten und Missstände konstatiert Knipp als Hintergrund und verortet den Roman also zwischen Liebesgeschichte und Milieuschilderunug. Um das Sittenbild scharfzustellen, muss sich der Rezensent allerdings ganz schön beeilen. Rasant durch einen lakonischen Stil, knappe Sätze und kurze Szenen, rettet sich der Text selbst vor dem Melodramatischen. Eine ausgewogene Mischung aus Liebe und sozialer Realität, befindet Knipp, auch wenn er schon Eindringlicheres zum Thema gelesen hat.

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