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Für die antiken Völker führte der Weg nach Süden ins Unbekannte. Selbst wagemutige Seefahrer gaben ihre Reisepläne wieder auf, weil ihnen das Meer unendlich schien. Für die Römer war der Süden eine Gegend lebensfeindlicher Extreme: Die Glut der Sonne lasse die Menschen fast wie verkohlt aussehen. In der christlichen Tradition ist es der missratene Sohn Noahs, dessen Nachkommen den südlichen Teil der Erde bevölkern. Auf ihnen lastete der Fluch der Knechtschaft, womit man die angebliche Minderwertigkeit der Afrikaner bis heute begründet. Der Süden kann eiskalt sein (am Südpol), dann wieder sehr…mehr

Produktbeschreibung
Für die antiken Völker führte der Weg nach Süden ins Unbekannte. Selbst wagemutige Seefahrer gaben ihre Reisepläne wieder auf, weil ihnen das Meer unendlich schien. Für die Römer war der Süden eine Gegend lebensfeindlicher Extreme: Die Glut der Sonne lasse die Menschen fast wie verkohlt aussehen. In der christlichen Tradition ist es der missratene Sohn Noahs, dessen Nachkommen den südlichen Teil der Erde bevölkern. Auf ihnen lastete der Fluch der Knechtschaft, womit man die angebliche Minderwertigkeit der Afrikaner bis heute begründet.
Der Süden kann eiskalt sein (am Südpol), dann wieder sehr exotisch, und zuweilen ist er eine dekadente Region der Lüste und Laster: Dieter Richter eröffnet eine Fülle ungewöhnlicher Perspektiven. Aber natürlich reisen wir mit ihm auch in den sonnigen Süden der Italiensehnsucht. Und manch einer findet den Süden an Stränden und unter Palmen in der Karibik.
Dieser opulent ausgestattete und reich bebilderte Band erfüllt jeden - auch Ihren - Traum vom Süden!
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Dieter Richter, geboren 1938 in Hof, war bis 2004 Professor für Kritische Literaturgeschichte an der Universität Bremen und ist Autor zahlreicher, in Deutschland und Italien erschienener Bücher zur europäischen Kulturgeschichte. Er lebt in Bremen und ist Ehrenbürger von Amalfi. Für sein Buch »Der Süden. Geschichte einer Himmelsrichtung« erhielt er den NDR Kultur Sachbuchpreis 2009.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.10.2009

Sachbücher des Monats November
Empfohlen werden nach einer monatlich erstellten Rangliste Bücher der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften sowie angrenzender Gebiete.
1. HEINRICH AUGUST WINKLER: Geschichte des Westens. Band 1. Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. Verlag C. H. Beck, 1343 S., 38 Euro.
2. CHARLES TAYLOR: Ein säkulares Zeitalter. Übersetzt von Joachim Schulte. Suhrkamp Verlag, 1297 S., 68 Euro.
3. ULRICH RAULFF: Kreis ohne Meister. Stefan Georges Nachleben, Verlag C. H. Beck, 544 S., 29,90 Euro.
4. RAFFAEL SCHECK: Hitlers afrikanische Opfer. Die Massaker der Wehrmacht an schwarzen französischen Soldaten. Übersetzt von Georg F. Harsch. Assoziation A, 200 S., 20 Euro.
5. DIETER RICHTER: Der Süden. Geschichte einer Himmelsrichtung. Verlag Klaus Wagenbach, 208 Seiten, 24,90 Euro.
6. REINHARD MEHRING: Carl Schmitt. Aufstieg und Fall. Verlag C. H. Beck, 750 Seiten, 29,90 Euro.
7. RICHARD J. EVANS: Das Dritte Reich. Band 3 – Krieg. Übersetzt von Udo Rennert und Martin Pfeiffer. Deutsche Verlags-Anstalt, 1152 S., 49,95 Euro.
8. PETRA KUHLMANN-HODICK u.a. (Hrsg.:) Carl Gustav Carus – Natur und Idee. Katalog zur Ausstellung. Deutscher Kunstverlag, 396 S., 35 Euro.
9. DOMENICO LOSURDO: Nietzsche, der aristokratische Rebell. Übersetzt von Erdmute Brielmayer. Argument Verlag, 2 Bände. zus. 1004 S., 98 Euro.
10. MICHAEL TOMASELLO: Die Ursprünge der menschlichen Kommunikation. Übersetzt von Jürgen Schröder. Suhrkamp Verlag, 409 S., 39,80 Euro.
Besondere Empfehlung des Monats von Guido Kalberer: DIETER BACHMANN (Hrsg.): Aufbruch in die Gegenwart. Die Schweiz in Fotografien 1840-1960. Mit literarischen Texten zur Schweiz von damals bis heute sowie einer kleinen Fotogeschichte von Peter Herzog. Limmat Verlag, 184 S. mit 106 Fotografien, 31,80 Euro.
Die Jury: Rainer Blasius, Eike Gebhardt, Fritz Göttler, Wolfgang Hagen, Daniel Haufler, Otto Kallscheuer, Matthias Kamann, Petra Kammann, Guido Kalberer, Elisabeth Kiderlen, Jörg-Dieter Kogel, Hans Martin Lohmann, Ludger Lütkehaus, Herfried Münkler, Wolfgang Ritschl, Florian Rötzer, Johannes Saltzwedel, Albert von Schirnding, Norbert Seitz, Eberhard Sens, Hilal Sezgin, Volker Ullrich, Andreas Wang, Uwe Justus Wenzel.
Redaktion: Andreas Wang (NDR Kultur)
Die nächste SZ/NDR/BuchJournal-
Liste der Sachbücher des Monats erscheint am 30. November.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2009

Ein sanfter Wind weht vom Süden her

Wo Pygmäen hausen, braune Frauen locken und Zitronen blühen: Dieter Richter hat die Kulturgeschichte einer Himmelsrichtung geschrieben.

Von Jakob Strobel y Serra

Fragte man die Menschen nach ihrer Lieblingshimmelsrichtung, bekäme man zumindest nördlich der Alpen eine eindeutige Antwort: Natürlich der Süden, denn er ist viel mehr als nur ein Buchstabe auf dem Kompass. Er ist eine Idee, die tief in uns allen steckt. "Jeder wird mit seinem Süden gleich geboren", seufzte fernwehtrunken Jean Paul, und noch emphatischer als der romantische Schwärmer aus dem rauhen Ostbayern ruft es Dieter Richter aus, dem wir dieses fabelhafte Buch verdanken: "Unsere Sehnsucht aber geht in den Süden. Dorthin weist die Kompassnadel des Glücks."

Richter, der seit einem halben Menschenleben Professor für Kritische Literaturgeschichte an der Universität Bremen ist, greift mit vollen Händen in die Schatztruhe der abendländischen Literatur, Philosophie und Kunst, um die Kulturgeschichte des Südens mit all ihren Volten und Brüchen, Verdammnissen und Apotheosen zu erzählen. Er ist dabei ungeheuer belesen, aber nie belehrend, akribisch, ohne je pedantisch zu werden, unterhaltsam jenseits aller Geschwätzigkeit. Und er schafft es, auf nicht einmal zweihundert Seiten so etwas Flüchtigem, Vielschichtigem, Ungreifbarem wie einer Himmelsrichtung eine Gestalt, ein Wesen zu geben.

Seine Geschichte beginnt 600 vor Christus. Damals stachen phönizische Seefahrer im Auftrag von Pharao Necho II. am Roten Meer in See, um Afrika zu umrunden. Es war eine historische Großtat ohne Konsequenzen für die Weltgeschichte. In der Antike blieb der Süden, der im Wesentlichen identisch war mit Afrika, eine große Leere, bedrohlich und böse, bewohnt von schrecklichen Ungeheuern und kleinwüchsigen Pygmäen.

Auch das Christentum hatte keine gute Meinung vom Süden. In seiner dreigeteilten Welt hausten dort unten die Nachkommen von Noahs missratenem Sohn Ham und waren verflucht in alle Ewigkeit - alles radikale Weltvereinfachungen, die den Ursprung für den europäischen Rassismus gegenüber Afrika in sich trugen. Die Farbenlehre war von Anbeginn klar: Der Süden ist schwarz, und Schwarz ist die Farbe des Bösen, des Teufels, der Hölle. Schwarz sind die "Mohren" und "Möhrinnen", mit denen im Mittelalter nicht mehr nur die Mauren, also die Bewohner des römischen Mauretaniens, sondern alle Menschen aus der südlichen und orientalischen Hemisphäre bezeichnet wurden.

Doch Richter entdeckt auch schon die ersten, zarten Signale für eine aufkeimende Sympathie: Thomas von Aquin spürte im Südwind den Heiligen Geist wehen, das Volk begann, schwarze Madonnen zu verehren, und der Süden wurde zur Himmelsrichtung der göttlichen Gnade, denn die drei wichtigsten Pilgerziele des Mittelalters lagen dort - Jerusalem mit dem Heiligen Grab, Rom als Mittelpunkt der Christenheit und Santiago de Compostela, die Stadt des Apostels Jakob.

Wie der Süden allmählich seinen Schrecken verlor, wie aus Furcht Verzückung und aus Abscheu Attraktion wurde, zeichnet Richter mit vielen präzisen Zitaten aus Gedichten, Briefen, Traktaten, Reiseberichten, Logund Lehrbüchern nach. Es begann damit, dass der Süden, nicht etwa der Westen, am Anfang der Neuzeit stand - die Epoche der Entdeckungen begann mit dem meridionalen Aufbruch der Portugiesen entlang der Küste Afrikas, nicht mit dem transatlantischen von Christoph Kolumbus. Dann ging auch noch das Paradies auf Wanderschaft, ebenso wie das sagenhafte Reich des Priesterkönigs Johannes. Nicht mehr im Osten, nein, im Süden vermuteten es jetzt die Menschen, weil der Osten inzwischen zu bekannt war, um Unbekanntes noch beherbergen zu können. Gleichzeitig wurde der antike Mythos von der Insel der Seligen auf die gerade entdeckten Kanaren übertragen, während Staatsutopisten wie Thomas Morus oder Francis Bacon ihre idealen Gemeinwesen auf der Südhalbkugel verorteten. Am entscheidendsten aber für die Verherrlichung des Südens waren seine neu gewonnenen erotischen Qualitäten. Er wurde zum Inbegriff des Lustgartens. In Ariosts "Rasendem Roland" findet der Ritter Ruggiero seine Ekstase mit der schönen, bösen Zauberin Alcina jenseits der Säulen des Herkules, und die allegorische Figur der Africa wurde in volkstümlichen Darstellungen gerne als splitternackte, mit gespreizten Beinen auf einem Krokodil reitende Männerverschlingerin gezeigt.

Als dann auch noch James Cook auf seiner Suche nach der Terra Australis in Tahiti selbst die kühnsten Verheißungen des Südens wahr und Fleisch geworden sah, war es um die anderen drei Himmelsrichtungen endgültig geschehen. Europa hatte das Paradies auf Erden gefunden, ein sterbensschönes Land mit freizügigen Bewohnern, eine Erde von Gottes Gnaden jenseits aller Not und Plage, die Wohnstatt des Glücks. Und Europa war elektrisiert von den Schilderungen der Libertinage. Etwa bei Louis-Antoine de Bougainville, der auf seinem Schiff Besuch von einer jungen Tahitianerin bekam: "Sie ließ ungeniert ein kleines Röckchen fallen und stand nun vor aller Augen da wie Venus, als sie sich Paris zeigte. Sie hatte einen göttlichen Körper."

Nach so viel Schwärmerei kann ein wenig Abkühlung nicht schaden, und auch dafür liefert der Süden den idealen Ort: den Südpol, mit dem Dieter Richter sein Buch enden lässt. Seit der Antike spukt er in den Köpfen der Menschen herum. "Den Südpol schauen der düstere Styx und die Geister der Tiefe", dichtete Vergil mit finsterer Miene, zu den unerforschlichen Dingen, die Gott vorbehalten seien, zählten ihn die Scholastiker. Das blieb nicht so. Im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert wurde er zur Obsession ganzer Generationen von Forschern, schon wieder zu einem Sehnsuchtsziel, um dessen Erreichen ein aberwitziges Wettrennen begann. Doch der Südpol verspottete mit seiner Unsinnlichkeit alle menschliche Sehnsucht. Robert Falcon Scott nannte ihn in seinem Tagebuch den "trostlosesten Ort dieser Welt". Es ist der einzige Flecken auf dem Planeten, an dem man nicht nach Süden blicken und sich nicht nach Süden wünschen kann. Scott hatte recht: Es ist der schlechteste aller Orte auf Erden.

Dieter Richter: "Der Süden". Geschichte einer Himmelsrichtung. Wagenbach Verlag, Berlin 2009. 218 S., geb., 24,90 [Euro]

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Rezensentin Ruth Fühner findet größtenteils spannend, wie Dieter Richter die Geschichte vom Süden als Idee aufbereitet. Je näher er mit seiner Analyse, die er in einem "hübsch aufgemachten und reich illustrierten Bändchen" präsentiert, der Gegenwart komme, desto schwächer und klischeehafter werde seine Darstellung, moniert Fühner. Der Süden als "Ausgangspunkt von "Migrationsbewegungen", die Gegenüberstellung einer Idee mit einer Gegenwartsrealität, ist ihm jedenfalls kaum eine Erwähnung wert. Doch was die länger zurückliegende Vergangenheit angeht, wartet er mit "farbigen, oft erstaunlichen Details auf". In der Summe ergibt sich daraus für die Rezensentin eher ein mit Fleiß kompiliertes "Handbuch" als eine "fesselnde Erzählung".

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