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Die zunehmende Globalisierung führt zu einer wachsenden Autonomie der internationalen Finanzmärkte. Natürlich spielt das Geld innerhalb dieser Entwicklung eine maßgebliche Rolle. In der Soziologie blieb der monetäre Aspekt gesellschaftlicher Veränderungen bisher weitgehend unbeachtet. Hanno Pahl unterbricht diese "Geldvergessenheit" und unternimmt den Versuch, eine Gesellschaftstheorie des Geldes zu entwerfen. Dazu verbindet er die Systemtheorie Niklas Luhmanns mit der Kritik der politischen Ökonomie von Karl Marx.
Gesellschaftstheorie des Geldes

Produktbeschreibung
Die zunehmende Globalisierung führt zu einer wachsenden Autonomie der internationalen Finanzmärkte. Natürlich spielt das Geld innerhalb dieser Entwicklung eine maßgebliche Rolle. In der Soziologie blieb der monetäre Aspekt gesellschaftlicher Veränderungen bisher weitgehend unbeachtet. Hanno Pahl unterbricht diese "Geldvergessenheit" und unternimmt den Versuch, eine Gesellschaftstheorie des Geldes zu entwerfen. Dazu verbindet er die Systemtheorie Niklas Luhmanns mit der Kritik der politischen Ökonomie von Karl Marx.
Gesellschaftstheorie des Geldes
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Autorenporträt
Hanno Pahl, Dr. phil., ist seit 2007 Forschungsassistent am universitären Forschungsschwerpunkt Ethik an der Universität Zürich.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Im Nirwana der Hyperrealität
Ist Geld ein Tauschmittel oder unser dominierender Weltbezug?

Der Soziologe Hanno Pahl ist etwa 2400 Jahre später geboren als Sophokles, der Dichter. Schon Sophokles schien ein kritisches Auge auf das Geld geworfen zu haben. In "Antigone" lässt er den König von Theben klagen: "Kein ärgrer Brauch erwuchs den Menschen als das Geld! Es äschert ganze Städte ein, es treibt die Männer weg von Haus und Hof. Ja, es verführt auch unverdorbne Herzen, sich schändlichen Geschäften hinzugeben, es weist den Sterblichen zur Schurkerei den Weg, zu jeder gottvergessenen Tat!"

So ähnlich sagt's der Soziologe auch. Hanno Pahl wählt in seinem neuen Buch Formulierungen wie diese: "Etabliert wird so eine Funktion des Ökonomischen als funktionsspezifischer, aber gleichsam universeller ,Leerbereich', der nicht teleologisch auf ein Ziel hin ausgerichtet ist, sondern seine Funktion gerade in der puren Kontinuität selektiv-kontingenten Operierens hat."

Was meint der Soziologe? Pahls wissenschaftliche Abhandlung hat die brandaktuelle Frage zum Thema, inwiefern eine wirtschaftliche Eigenlogik die moderne Gesellschaft dominiert, und wie dies mit den Geld- und Finanzmärkten zusammenhängt. Hier vergleicht er den theoretischen Ansatz des (späten) Karl Marx mit dem Niklas Luhmanns.

Pahl tritt der unter Ökonomen gängigen Annahme entgegen, Geld sei ein "neutrales" Tauschmedium. Hier wirft er der Makroökonomik trotz deren fortschreitender mathematischer Formalisierung ein "mangelndes Problembewusstsein" vor. Die wirtschaftliche Eigenlogik sei längst aus früheren, von Macht und Sitten bestimmten Lebensformen "emergiert" im systemtheoretischen Sinne Luhmanns.

Die ökonomische Theorie sagt, Geld mache verschiedene Güter in ihrer Wertigkeit vergleichbar und leichter austauschbar, was zwar korrekt sei, allerdings den "Formgehalt" des Geldes nicht hinreichend erfasse, schreibt Pahl. Geld sei nicht nur Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel, sondern selbst ein "Repräsentant" von Reichtum. Er wird vom Mittel zum Selbstzweck. Hier setzt der Autor, Marx' Begriff vom "Geldfetisch" nahestehend, an: Die Gesellschaft transzendiere das Geld, Geldverdienen werde zum Selbstzweck. Dem Bourgeois wird das Geld zum Gott, getrieben durch die Tatsache, dass Geld als "symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium" auf jeden und alles beziehbar sei. Pahl nennt dies ein "Mäandern des Ökonomischen".

Ein "Primat der Ökonomie" in der bürgerlichen Gesellschaft macht Pahl also aus, wiederum wie Marx. Und auch Luhmann, der in seinem Werk eine funktionale Differenzierung der Gesellschaft in verschiedene "Teillogiken" beschrieben hatte, diskutierte in den achtziger Jahren eine ökonomische "Radikalisierung", also eine Emanzipation wirtschaftlicher Weltbezüge aus anderen sozialen Systemen. Ökonomische Lebens-, Sprach- und Wissensformen dominierten dann die vormaligen moralisch-politischen. Doch Luhmann sah, wie Pahl darlegt, wirtschaftliche Weltbezüge eher als Teilsystem unter vielen.

Die wirtschaftliche Realität ist Hanno Pahls zentralem Kapitel zu Finanzmärkten (dem "Nirwana referenzloser Hyperrealität") mit seiner Kritik an derivativen Finanzinstrumenten mittlerweile vorausgeeilt. Pahl schreibt, dass wirtschaftliche Zahlungen auf Finanzmärkten "nicht nur Operationen darstellen, sondern immer auch Resultate von Beobachtungen sind, die ihrerseits weitere Beobachtungen ermöglichen." Der Geldmarkt sei - eine fragwürdige Annahme - als "einziger" mit allen anderen Märkten verbunden, hier sieht der Autor dessen dominante Stellung begründet und legt nahe, mit Luhmanns Systemtheorie der Luhmannschen Einschätzung, monetäre Weltbezüge seien nicht "dominierend", entgegenzutreten.

Leider schöpft Hanno Pahl kräftig aus dem Brunnen sprachlicher Eitelkeiten und erweckt stark den Eindruck, mit seinen Ausführungen nicht verstanden werden zu wollen. Der mit systemtheoretischen Fachtermini hochchiffrierte Aufsatz ist für Leser, die sich noch nicht tiefer mit Luhmann befasst haben, unlesbar und signalisiert dies ehrlicherweise schon in seinen Kapitelüberschriften. Nur eine Kostprobe: "Märkte als beobachtungsstiftende interne Umwelt(en) des Wirtschaftssystems". Neben interessanten Ansätzen finden sich in den oft ausschweifenden Ausführungen immer wieder antibürgerliche und antikapitalistische Ressentiments. Auch lässt der Aufsatz naheliegende historische Fragen links liegen: Warum "emergierten" monetäre Weltbezüge nicht schon zu Sophokles Zeiten? Warum blieb den europäischen Gesellschaften auch in der frühen Neuzeit, als Banken entstanden und die Königshäuser Zinszahlungen erlaubten, das Seelenheil wichtiger als Reichtum? Diese Fragen hatte Luhmann selbst besonders mit Blick auf die Philosophie des 18. Jahrhunderts diskutiert.

Gerade in Zeiten einer historischen Finanz- und Wirtschaftskrise, die Volkswirte kalt erwischt hat, hätte Pahls wirtschaftssoziologischer Aufsatz mehr Anregungen bieten können. Leider wahrt das Buch weitgehend die akademische Arbeitsteilung: Ökonomische Theorien suggerieren Gewissheit und Kontrollierbarkeit. Soziologen verwirren.

JAN GROSSARTH

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Reichlich kryptisch findet Jan Grossarth Hanno Pahls Abhandlung über die Frage, wie die wirtschaftliche Eigenlogik die Gesellschaft dominiert. Hierfür vergleicht der Soziologe Pahl die theoretischen Ansätze Niklas Luhmanns und Karl Marx' und tritt der Annahme entgegen, Geld sei ein neutrales Tauschmittel. Stattdessen, so lässt uns der Rezensent wissen, argumentiert Pahl im Einklang mit Marx, die Gesellschaft sei dominiert vom Primat der Ökonomie. Neben "interessanten Ansätzen" verortet Grossarth in Pahls Buch auch "antibürgerliche und antikapitalistische Ressentiments" und bemängelt das Außenvorlassen naheliegender historischer Fragen. Der Rezensent bescheinigt dem Autoren aber vor allem "sprachliche Eitelkeit": für den Leser, der noch nicht auf Du und Du mit der Luhmann'schen Systemtheorie ist, sei die Abhandlung schier unlesbar. Grossarth stellt fest: "Der Soziologe verwirrt."

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