Marktplatzangebote
17 Angebote ab € 1,69 €
  • Gebundenes Buch

1 Kundenbewertung

"Wir handeln nicht mit Antiquitäten, wir handeln mit Trödel", sagt Herr Nakano zu Hitomi, die sich um eine Aushilfsstelle in seinem Laden bewirbt. Nakano, ein Herr alter Schule, liebt neben schönen alten Dingen auch schöne junge Frauen. Sein Trödelladen wird zum Treffpunkt von Menschen am Rande der Zeit: seine Freundin Sakiko, die ihn um ein Haar als Einsatz beim Glücksspiel verliert; seine Schwester Masayo, der mit Mitte fünfzig die große Liebe begegnet; und sein Angestellter Takeo, der sich in die neue Aushilfe Hitomi verliebt, doch zu schüchtern ist, ihr seine Zuneigung zu gestehen. Ein…mehr

Produktbeschreibung
"Wir handeln nicht mit Antiquitäten, wir handeln mit Trödel", sagt Herr Nakano zu Hitomi, die sich um eine Aushilfsstelle in seinem Laden bewirbt. Nakano, ein Herr alter Schule, liebt neben schönen alten Dingen auch schöne junge Frauen. Sein Trödelladen wird zum Treffpunkt von Menschen am Rande der Zeit: seine Freundin Sakiko, die ihn um ein Haar als Einsatz beim Glücksspiel verliert; seine Schwester Masayo, der mit Mitte fünfzig die große Liebe begegnet; und sein Angestellter Takeo, der sich in die neue Aushilfe Hitomi verliebt, doch zu schüchtern ist, ihr seine Zuneigung zu gestehen. Ein hinreißender Roman aus Japan über Liebe und Zufall und über das Vergehen.
Autorenporträt
Kawakami, Hiromi
Hiromi Kawakami, 1958 in Tokio geboren, studierte Naturwissenschaften und unterrichtete Biologie, ehe sie sich dem Schreiben zuwandte. Ihre Bücher wurden mit zahlreichen japanischen Literaturpreisen ausgezeichnet, und sie zählt zu den populärsten Schriftstellern des Landes. Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß (Eine Liebesgeschichte, 2008 bei Hanser) war ihr erster sehr erfolgreicher Roman auf Deutsch, es folgten Herr Nakano und die Frauen (2009), Am Meer ist es wärmer (2010), Bis nächstes Jahr im Frühling (2013) und Die zehn Lieben des Nishino (2019).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.03.2009

Sinnsuche im Trödelladen
Hiromi Kawakamis filigraner Initiationsroman

Die 1958 in Tokio geborene Hiromi Kawakami erweist sich nach ihrer auch von der deutschen Kritik gefeierten, ätherisch-fragilen Liebesgeschichte zwischen einer jungen Frau und ihrem alten Japanischlehrer "Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß", die 2008 auf Deutsch erschien, auch in ihrem neuen Roman, der vor vier Jahren im Original erschien, als Chronistin gesellschaftlicher Umbrüche und Rückbesinnungen im Möglichkeitsspiegel der Moderne.

Die Kneipe als Bezugspunkt der Liebenden im vorigen Werk wird hier mit dem "Trödelladen Nakano" in einem Studentenviertel im Westen Tokios vertauscht. Sein zeitentrückter Mikrokosmos genügt der Autorin als Welterklärungsmodell. Protagonisten sind der altmodische Inhaber Herr Nakano und dessen Mätressen, Verwandte, junge Angestellte - eine filigrane Liebesbande verbindet die Erzählerin Hitomi und Takeo - und Kunden: Ein alter Kunstlehrer bietet Aktfotos seiner verlorenen Jugend feil, eine von der Liebe enttäuschte Puppenmacherin stellt lebensechte und pflegeleichte Imitate des Menschen aus, ein Mann gibt dem Geschäft eine mit Groll angefüllte Seladon-Schale, ein Abschiedsgeschenk der Geliebten, zur Aufbewahrung.

Die bedeutungsvolle Dingwelt steht kontrapunktisch zur Statik der Akteure, im suggestiv-sogkräftigen Liebesreigen orchestrieren die Objekte der Sammlerbegierde amouröse Handlungsstränge. Die Aura, Patina, Beläge und Beschichtungen der Messingfeuerzeuge, stumpfen Brieföffner, Nähmaschinen, Ventilatoren oder unscharfen Brillen bezeugen die Befindlichkeit der Helden, die sich umkreisen, umschmeicheln, streiten, begehren.

Japans Puppenspielästhetik prägt Kawakamis Retro-Universum: "Ich merkte, dass Takeo hinter mir den Raum verließ. Hatte ich ihn einmal wahrgenommen, war mir, als flösse ein schwacher elektrischer Strom von ihm zu mir, und die ihm zugewandten Stellen meines Körpers begannen zu prickeln. In dem Moment, als er die Tür zum Hinterhof öffnete, spürte ich einen Ruck, als ob ich in der Mitte meines Rückens von einer Schnur nach hinten gezogen würde, die zerriss, als Takeo die Tür schloss."

Doch auch im Refugium des Stadtviertels evozieren Phänomene wie Love Hotels, "Ruhestandsscheidung" oder Zeitarbeitsverhältnisse eine ihrer traditionellen Kulte, Objekte und Verortungen verlustig gehende Moderne. So fällt letzten Endes auch Nakanos Laden der Umstellung auf den Internethandel und Umstrukturierungsmaßnahmen zum Opfer. Nachdem Hitomi und Takeo, die sich im Gefühlschaos des Tante-Emma-Ladens täglich begegneten und doch verfehlten, ihre Anstellung verlieren, finden sie "wie in einer schlechten Fernsehserie" zufällig in einer Computerfirma zusammen.

Befreit vom Moratorium zwischen Traum und Trödel, gelingt ihnen in Zeiten der Globalisierung analog zum "zweiten Leben" der Secondhandstücke außerhalb der Lebensschule des Antikladens ein gleichwohl auf den angestaubten Traditionsbeständen und Codes des alten Japan aufbauender Neuanfang: "Auch den Umgang mit Excel hatte ich schnell gelernt. Das Einzige, was mir noch schwerfiel, war das morgendliche Schminkritual."

STEFFEN GNAM.

Hiromi Kawakami: "Herr Nakano und die Frauen". Roman. Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe und Kimiko Nakayama-Ziegler. Carl Hanser Verlag, München 2009. 224 S., geb., 17,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Steffen Gnam schätzt die Autorin als Chronistin gesellschaftlicher Umbrüche. Wie Hiromi Kawakami in diesem Roman die Protagonisten im Mikrokosmos eines Tokioter Trödelladens in einem suggestiven Liebesreigen arrangiert, scheint ihm als Welterklärungsmodell zu funktionieren. Die Statik der Figuren um den Ladenbesitzer Nakano und die von Kawakami mit Bedeutung aufgeladene Dingwelt alter Nähmaschinen, Brieföffner etc. stehen für den Rezensenten in der Tradition japanischer Puppenspielästhetik. Über das im Strudel der globalisierten Moderne verlustig gehende "Retro-Universum" mit seinen Traditionen und die Anpassung der Hauptfiguren an ein Leben mit Internetanschluss berichtet Gnam mit spürbarer Sympathie.

© Perlentaucher Medien GmbH