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In DIE HEILIGE KRANKHEIT erzählt David B. mit einzigartiger Offenheit seine Familiengeschichte, die durch die Epilepsie seines Bruders geprägt wird. Die verzweifelte Suche seiner Eltern nach einer Heilmethode für ihren Sohn führt die Familie vom Facharzt zum Guru, vom Scharlatan zur makrobiotischen Kommune, von der Sekte bis nach Lourdes. Dieses Aufwachsen zwischen Heerscharen von Ärzten und Armeen von Dämonen wird für David B. zum Albtraum, den er Jahre später mit seinem Meisterwerk DIE HEILIGE KRANKHEIT überwindet.

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Produktbeschreibung
In DIE HEILIGE KRANKHEIT erzählt David B. mit einzigartiger Offenheit seine Familiengeschichte, die durch die Epilepsie seines Bruders geprägt wird. Die verzweifelte Suche seiner Eltern nach einer Heilmethode für ihren Sohn führt die Familie vom Facharzt zum Guru, vom Scharlatan zur makrobiotischen Kommune, von der Sekte bis nach Lourdes. Dieses Aufwachsen zwischen Heerscharen von Ärzten und Armeen von Dämonen wird für David B. zum Albtraum, den er Jahre später mit seinem Meisterwerk DIE HEILIGE KRANKHEIT überwindet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.01.2008

Das Ungeheuer in der Familie
In dem Comic „Die heilige Krankheit” schildert David B. die Epilepsie seines Bruders
Was ist Epilepsie? Immer noch besitzt diese Krankheit etwas Rätselhaftes, Verstörendes. Dass sie mit Wahnsinn nichts zu tun hat, wissen inzwischen auch die meisten Laien. Ihre genauen neurologischen Ursachen aber hat die Medizin noch nicht ergründen können. Höher als man gemeinhin denkt, ist auf jeden Fall die Zahl der Betroffenen: Allein in Deutschland dürften es, wie man im Nachwort dieses Albums erfährt, rund 500 000 sein.
In erschütternder Weise berichtet der französische Comic-Zeichner David B. in „Die heilige Krankheit” von der Epilepsie seines älteren Bruders. Jean-Christophe ist sieben, als er seinen ersten Anfall erleidet. Die Ärzte können ihm nicht helfen. Je älter er wird, desto mehr verschlimmert sich seine Krankheit, bis er schließlich ein aggressives, aufgedunsenes Wrack ist. Am Hinterkopf hat er durch die dauernden Stürze die Haare verloren; Schürfwunden überziehen seinen Körper. Und die Familie lebt im Bann dieses Unheils, immer isolierter von ihrer Umwelt, bis sie sich nicht mehr vorstellen kann, dass es je anders gewesen ist: „Wir haben keine Wahl. Die Krankheit hat sich in unserem Haus eingerichtet, ohne uns zu fragen. Sie schlummert in meinem Bruder, und wenn sie erwacht, kommt sie und knabbert an unserem Leben.” David B. ist ein sorgfältiger Protokollant des Intimen, vergisst darüber jedoch nicht die größeren Zusammenhänge. Die verzweifelte Suche seiner Eltern nach alternativen Heilmethoden beispielsweise schildert er als eine Odyssee durch die spirituellen Nachtseiten der sechziger und siebziger Jahre. Trauriger Höhepunkt ist der Aufenthalt in einer makrobiotischen Kommune, wo Freaks zu fuchtelnden Fanatikern mutieren; alle bürgerlichen Zwänge, vor denen man geflohen ist, stellen sich verschärft und in neuem Gewand wieder ein.
Metzeleien auf Papier
Im Zeichen von Gewalt und Tod sind aber auch tiefe Vergangenheit und Gegenwart verbunden. Die grausigen Erlebnisse der männlichen Vorfahren im Indochina der Kolonialzeit, im Ersten und Zweiten Weltkrieg werden berichtet, und die beiden Brüder begeistern sich in ihrer Kindheit für die großen Eroberer und Gewaltherrscher der Geschichte, von Dschingis Kahn bis Hitler. In den Metzeleien, die sie auf immer neue Bögen Papier kritzeln, finden sie ein Ventil für das Gefühl der Ohnmacht, das die Krankheit in ihnen auslöst.
Die nüchtern deskriptiven Blocktexte, mit denen David B. das Geschehen erläutert, stehen in starkem Kontrast zu den Zeichnungen. Die Mischung aus Phantastischem und Realistischem, die sich hier findet, entspricht einerseits der kindlichen Wahrnehmung. Die Krankheit erscheint als gefräßiges Ungeheuer, das an die Schreckensgestalten auf romanischen Kapitellen erinnert, oder als steiler Berg, den es endlos zu erklimmen gilt. Andererseits setzt der Autor, indem er die Mimesis ignoriert, satirische Akzente. Unfähige Ärzte umtanzen die Familie in einem grotesken Reigen; die Rosenkreuzer, die der Vater zu Sitzungen in seiner Garage versammelt, springen als komische Kapuzenmännlein umher. Einen Schimmer von Hoffnung gibt es aber erst ganz am Schluss: David und Jean-Christophe reiten auf weißen Pferden glücklich vereint über den bestirnten Nachthimmel. Die Düsternis hat, wider alle Wahrscheinlichkeit, nicht das letzte Wort; der Autor schenkt sich und dem Leser einen kurzen Traum der Versöhnung. CHRISTOPH HAAS
David B.: Die heilige Krankheit. Band 1: Geister. Band 2: Schatten. Aus dem Französischen von Kai Wilksen. Edition Moderne, Zürich 2006 und 2007. 176 und 208 Seiten, jeweils 22 Euro.
Ein Anfall des Bruders verwandelt Passanten in bedrohlich glotzende Schreckgestalten. Abb. aus dem bespr. Band
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Christoph Haas ist von dem zweibändigen Comic, in denen der französische Zeichner David B. von der Epilepsie seines Bruders und dem Leben der Familie mit der Krankheit erzählt, tief beeindruckt und erschüttert. David B schildert in betont sachlichen Texten und im Gegensatz dazu zwischen Fantastik und Realismus springenden Zeichnungen nicht nur das intime Leben der Familie, die immer mehr isoliert wird, und das hilflose Suchen nach alternativen Heilmethoden, weil konventionelle Mittel nicht nützen. Er öffnet gleichzeitig den Blick auf die größeren Zusammenhänge, wenn er zum Beispiel die spirituellen Absonderlichkeiten der sechziger und siebziger Jahre dargestellt oder den Ersten und Zweiten Weltkrieg in Rückblicken thematisiert. Insgesamt ist es ein düsteres und bedrohliches Bild, das der Zeichner von der Krankheit und ihren Auswirkungen auf die Familie entwirft, und so ist Haas am Ende froh, dass sich so etwas wie ein Silberstreif am Horizont abzeichnet.

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