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Bewertungen

Insgesamt 109 Bewertungen
Bewertung vom 16.11.2011
Vegan kochen für alle
Moschinski, Björn

Vegan kochen für alle


ausgezeichnet

“Vegan? Dann kannst Du ja jetzt GAR NIX mehr essen!” – Welcher Veganer hat diesen Spruch noch nicht gehört?

Ich jedenfalls kenne ihn zu Genüge und wenn ich könnte, würde ich ab sofort einfach jedem, der ihn mir entgegenwirft Björn Moschinskis erstes (und ich hoffe wirklich sehr, dass es nicht das einzige bleibt!) Kochbuch zurückwerfen.

Auf insgesamt 144 Seiten und mit 60 Rezepten zeigt der Berliner Koch, wie einfach und lecker es ist, wenn man sich auch nur ein klitzekleines bisschen mit dem Thema “Vegan kochen” auseinander setzt.

Der klare Aufbau des Buches und das übersichtliche, unaufdringliche Design sprechen für sich. Zu jedem Rezept gibt es ein Bild, das sofort Lust auf mehr macht.

Insgesamt gibt es fünf Rezeptkategorien:

Suppen (z.B. Gulaschsuppe, Tomaten-Kokossuppe)
Salate (z.B. Feurig-frischer Krautsalat, Apfel-Lauch Salat)
Vorspeisen und Snacks (z.B. Pikante Schweinsöhrchen, Ragout Fin)
Hauptgerichte (z.B. Ravioli mit Pilzfüllung, Gemüsequiche mit Salsa)
Desserts und Kuchen (z.B. Schokoladenbrownies, Apfelstrudel mit Vanillesoße)
Dazu gibt es eine Begrüßung von Mahi Klosterhalfen, dem Geschäftsführenden Vorstand der Albert Schweizer Stiftung für unsere Mitwelt und ein Vorwort von Björn Moschinski, in dem er erzählt wie er zum Kochen kam und warum er vegan lebt, seit er 15 Jahre alt war. Als Abschluss wird das Buch sehr gut ergänzt durch ein Kapitel “Küchenwissen”, das sich besonders an diejenigen richtet, die mit der veganen Küche noch nicht so vertraut sind. Ein Zutatenregister macht es besonders leicht ein passendes Rezept zu finden, wenn man nur weiß “Ich hab heute irgendwie Lust auf Zucchini!”.

Fazit: Mein neues liebstes Lieblingskochbuch! Weil es einfache, alltagstaugliche Gerichte erhält, die man aber so bisher noch nicht 300 Mal gekocht hat und weil es zeigt, wie einfach und lecker es ist, sich vegan zu ernähren. Ohne Verzicht. Denn wer bei einem Menü aus Waldpilzsuppe mit Brezelchips als Vorspeise, einem Antipastiteller mit Focaccia als Zwischengang, Soja-Schnitzel Wiener Art mit Champignonrahmsauce und Ofenkartoffeln als Hauptgericht und Kaffeecreme mit marinierter Mango als Dessert noch von Verzicht redet, dem ist nun wirklich nicht mehr zu helfen!

28 von 32 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.11.2011
Der Poet der kleinen Dinge
Roger, Marie-Sabine

Der Poet der kleinen Dinge


ausgezeichnet

Als die androgyne Alex, die trotz ihrer dreißig Jahre ihren Platz im Leben noch zu suchen scheint und Bindungen meidet wie der Teufel das Weihwasser, als Untermieterin im Haus von Marlène und Bertrand einzieht, lernt sie auch Bertrands Bruder Gérard kennen. Der Schwerbehinderte hat es bei der herrischen und oft herzlosen Marlène nicht leicht und so fängt Alex an, sich um ihn zu kümmern. Ganz heimlich still und leise schleicht er sich in ihr Herz und Alex beginnt nach einem besseren Leben für den zartfühligen Poeten Ausschau zu halten.

Nach “Das Labyrinth der Wörter” (La tête en friche) hat Marie-Sabine Roger auch mit “Der Poet der kleinen Dinge” wieder bewiesen, dass ein großer Roman in Gänze vom Feingefühl seiner Autorin leben kann. Sie zeigt ein Gespür für die Menschen um sich herum, das man kaum erlernen kann. Ihr Blick auf die Welt geht weit unter die polierte Oberfläche bigotter Kleinstadtidyllen und schafft so eine Wahrhaftigkeit, die zwangsläufig aufwühlt und berührt, ohne dabei jemals laut zu werden.

Die Charaktere sind alle ein wenig anders, haben ihre Macken, entwickeln sich, was sie extrem ausdrucksstark macht und selbst die Distanz, die man fast bis zum Schluss zu Alex fühlt, ist perfekt auf die Figur abgestimmt und unterstreicht deren eigene distanzierte Art. Gérard rührt einen zutiefst und rückt mit seiner kindlichen und gleichzeitig weisen Art die Welt so manches Mal auf ein überschaubares Maß zurecht.

Dass der Roman zwei Ich-Erzähler hat, verwirrt einen zu Anfang ein wenig, aber sogar das wirkt beabsichtigt und wohlüberlegt.

Eine wunderbare, zutiefst anrührende Geschichte über das Anderssein, über Toleranz und Nächstenliebe und die Frage, wie erstrebenswert Normalität wirklich ist.

Zitate:

Ich glaube, in den Geburtskliniken liegen ausschließlich Prinzessinnen und Märchenprinzen in den kleinen Plastikbetten. Kein einziges Neugeborenes, das entmutigt, enttäuscht, traurig oder blasiert wäre. Kein einziges kommt auf die Welt und sagt sich: Später gehe ich mal für einen Hungerlohn in der Fabrik malochen. Ich werde ein Scheißleben haben und das wird super-duper. Juhu. Warum ich hier bin, jetzt, in diesem Moment, ist sogar mir selbst ein Rätsel. Aber da ich an Schicksal glaube, sage ich mir, dass es irgendwo einen großen Plan geben muss., hoch über meinem Kopf. Dass es für das alles einen Grund gibt. (Seite 22)

Ich habe etwas Unfertiges, Unreifes an mir. Ich bin wie ein Entwurf meiner selbst. (Seite 25)

Ich habe gesoffen, bis ich mich am liebsten selbst ausgekotzt hätte, gevögelt, bis alle Lust dahin war. Heute weiß ich, was mit mir los war: Ich hatte zu viel Leere in mir und zu wenig Leben. Ich sehnte mich so sehr nach einer Leidenschaft, nach einer starken, heftigen Sache, die einen vorwärtstreibt. Einem Ziel. Ja, einem Schicksal! Wennschon, dennschon. (Seite 46)

Es gibt nichts an ihm, das nicht missraten, entstellt, erschreckend oder lächerlich wäre. Nichts bis auf seinen Welpenblick, der so sanft ist, dass man es gar nicht beschreiben kann. Nichts bis auf sein schallendes Lachen, voller Leben und Humor. Aber dieses Nichts reicht aus, um etwas in mir zu wecken, Gefühle, die ich nicht verstehe, die Lust, ihm die Flügel zu strecken, und wenn es mir Gewalt ist. Die Lust, ihm abends zuzuhören, ihn am Kanal entlang spazieren zu fahren. […] Wir werden noch mehr Leute treffen, die loslachen werden, wenn sie Roswell sehen. Die wahren Monster sind sie. (Seite 81)

Im Theater ist es wie im echten Leben, da gibt es keinen Probelauf, man kann nicht sagen: “Klappe, die Szene nochmal!” Wenn der Vorhang aufgeht, ist es ernst. Schummeln gilt nicht. (Seite 123)

Seit achtundzwanzig Jahren träume ich Tag für Tag davon, hier abzuhauen, aber es ist wie mit dem Rauchen:Morgen höre ich auf, morgen gehe ich weg. Morgen fange ich an zu leben. immer morgen, morgen, nur nicht heute… (Seite 152)

[gekürzt wegen Begrenzung auf 4000 Zeichen]

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.10.2011
Während ich schlief
Sheehan, Anna

Während ich schlief


gut

Stell Dir vor, Du könntest Deinen Körper einfach auf „Standby“ schalten. Dein Körper altert nicht, Du träumst vor Dich hin und irgendwann weckt Dich jemand wieder auf. In Rose Fitzroys Welt alles kein Problem. Wenn Rose Eltern auf Geschäftsreise müssen, schicken sie Rose in den künstlichen Schlaf statt zu ihren Großeltern und auch wenn sie sich aufregt oder traurig ist, heißt die Lösung: “Stasis”. Und Rose hinterfragt nicht, Rose gehorcht. Weil das eben schon immer so war und ihre Eltern nur das Beste für sie wollen. Und schließlich gibt es ja auch immer ein ganz besonders leckeres Frühstück, wenn sie wieder aufwacht.

Nur nicht an dem Tag, an dem Rose nicht von ihren Eltern, sondern von Bren, einem ihr völlig fremden Jungen, geweckt wird. Völlig geschockt muss sie feststellen, dass sie 62 Jahre lang in Stasis war. In den folgenden Tagen muss Rose, inzwischen Erbin eines interplanetaren Megakonzerns, fast ganz auf sich allein gestellt mit einer ihr völlig fremden Welt klar kommen. Zusätzlich stürzt sich natürlich die Presse auf sie und ein roboterartiges Wesen trachtet ihr nach dem gerade erst zurückerlangten Leben.

Obwohl der Klappentext es vermuten lässt, würde ich “Während ich schlief” nicht zwangsläufig als Dystopie kategorisieren. Genauso wenig aber als Märchen oder als Fantasyroman. Vielleicht braucht aber auch nicht jeder Roman eine eigene Schublade. Auf jeden Fall hat mich Anna Sheehans Erstlingswerk überrascht. Erwartet hatte ich eine eher seichte Lovestory garniert mit ein bisschen dystopischer Zukunftsschwarzmalerei. Bekommen habe ich dann aber einen Roman, der einem zeigt, dass man die Vergangenheit und mit ihr vielleicht auch einige lieb gewordene Illusionen zurücklassen muss, um die Zukunft leben zu können.

Wirklich schockierend fand ich, wie selbstverständlich Rose sich als Kind und später auch als Jugendliche in ihr Schicksal gefügt hat. Wie wenig sie hinterfragt hat, wie perfekt die von ihren Eltern anerzogene Unreflektiertheit es ermöglicht hat, sie zu kontrollieren und fügsam zu machen. Viel davon musste man allerdings zwischen den Zeilen lesen.

Es ist sicher nicht so einfach, in einem Jugendbuch, das kein Science-Fiction Roman sein soll, genau die richtige Menge an Informationen über eine Welt, die nicht nur der Hauptperson sondern vor allem auch dem Leser fremd ist, unterzubringen. Hier hätte ich mir ein bisschen mehr Erklärungen gewünscht, weil allein Rose Situation schon vertrackt genug war um für Verwirrung zu sorgen.

Schwächen sah ich auch bei der Ausarbeitung der Charaktere. Die meisten waren sehr oberflächlich beschrieben und blieben daher bis zum Schluss eher blass. Ein Highlight allerdings war Otto, der als Nebencharakter leider nur eine recht kleine Rolle spielte. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass wir von ihm in einer möglichen Fortsetzung noch mehr hören werden.

Was mir außerdem nicht so gut gefallen hat waren die verschiedenen Erzählperspektiven / Erzählstränge. Einerseits die Gegenwart, dann wird in Rückblenden aus Rose Kindheit und Jugend erzählt (beides mit Rose als Ich-Erzählerin) und es gibt Passagen, die aus Sicht des Wesens geschrieben sind, das Rose töten will. Vermutlich soll das dem Spannungsaufbau dienen, weil man so alle Informationen immer nur häppchenweise erhält. Leider hat das bei mir nicht wirklich funktioniert.

Alles in allem merkt man einfach sehr deutlich, dass es sich um das Erstlingswerk der Autorin handelt und ihr noch eine ganze Menge Routine fehlt. Da für mich am Ende aber noch einige Fragen offen blieben, gehe ich davon aus, dass es eine Fortsetzung geben wird, in der sie dann zeigen kann, dass sie Erfahrung gesammelt hat und es noch besser machen kann. Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.10.2011
Die Seelen der Nacht / All Souls Bd.1
Harkness, Deborah

Die Seelen der Nacht / All Souls Bd.1


ausgezeichnet

Dass sie eine Hexe ist weiß Diana seit sie denken kann. Aber fast genau so lange, nämlich seit dem gewaltsamen Tod ihrer Eltern als sie sieben Jahre alt war, versucht sie, die Magie aus ihrem Leben zu verdrängen. Sie ist durch und durch Wissenschaftlerin. Aber als ihr in der Bodleian Library in Oxford ein verschollen geglaubtes Manuskript in die Hände fällt auf dem irgendeine Art von Zauber zu liegen scheint, wird immer deutlicher, dass sie sich früher oder später ihrer Herkunft stellen muss. Wobei… besser früher als später, denn plötzlich ist sie von Wesen umgeben, die es aus irgendeinem Grund auf sie und dieses mysteriöse Manuskript abgesehen haben. Kann Diana dem uralten Vampir Matthew Clairmont trauen, als er ihr seine Hilfe anbietet? Bald schon beherrscht nicht nur die Magie Dianas Leben, sondern auch die Liebe zu einem Mann, der bereits auf Kreuzzügen gekämpft, mit Marlowe gespeist und mit Darwin gefachsimpelt hat …

Deborah Harkness hat es geschafft mich absolut zu begeistern. Ja, es ist ein Vampirroman. Aber ich schwöre, so einen Vampirroman haben Sie noch nie gelesen. Unglaublich intelligent geht sie das Thema an und schafft es so, hinter der Fassade eines Mystery-Schmökers einen Roman zu verstecken, der seinesgleichen sucht.

Sie nimmt sich Zeit, ist stellenweise regelrecht detailverliebt, lässt ihrer Liebe zu Geschichte, gutem Wein und Literatur viel Raum und füllt die Seiten, die man bei anderen Autoren vielleicht als Längen bezeichnen würde, mit so viel Schönheit, literarischen Schätzen und olfaktorischen Genüssen, dass man gar nicht genug davon bekommen kann. Bei Dianas Streifzügen durch die verschiedenen Bibliotheken schnappt man ungläubig nach Luft, wenn sie eine kostbare Erstausgabe nach der anderen aufstöbert und vergisst völlig, dass man sich nicht in der Realität, sondern in den Fängen einer hervorragenden Geschichtenerzählerin befindet, die es versteht, den Leser in ihr verlockendes Spinnennetz aus bibliophilen Schätzen, Romantik und Spannung zu locken.

Die Charaktere sind von Anfang an stark und bilden in Verbindung mit den wundervollen Schauplätzen binnen kürzester Zeit einen so vertrauten Ort, dass man sich gar nicht mehr losreißen kann. Deborah Harkness verfügt über ein fundamentales Wissen über Alchemie und die Geschichte der Hexerei aus dem sie das Gerüst ihres romantischen und gleichzeitig vor Magie sprühenden Romans erbaut und so zu keinem Zeitpunkt Zweifel an der Kraft ihrer Story aufkommen lässt.
Bei aller Liebe zum Detail und zu historischer Authentizität vergisst sie aber auch die Spannung nicht und sorgt mit vielen unerwarteten Wendungen und heiklen Situationen für fesselnden Lesegenuss.

“Die Seelen der Nacht” hat mich unendlich begeistert und ich bin glücklich zu wissen, dass dieser Roman nur der Auftakt einer Trilogie ist und ich mich nicht für immer von Diana und Matthew verabschieden muss. Band zwei wird voraussichtlich im Sommer 2012 unter dem Titel “Shadow of Night” erscheinen und ist dann hoffentlich spätestens Ende des Jahres auch in deutscher Übersetzung zu haben. Ich jedenfalls kann es kaum erwarten.

Zitate:
“Als Wissenschaftler kann ich dir versichern, Diana, dass es so etwas wie Normalität nicht gibt.” Auf einmal klang er gar nicht mehr vorsichtig und sanft. “Normalität ist eine Fiktion – ein Märchen – , das sich die Menschen gegenseitig erzählen, um sich besser zu fühlen, wenn sie sich den unbestreitbaren Beweisen gegenübersehen, dass das meiste, was passiert, ganz und gar nicht “normal” ist.” (Seite 130)
“Und nichts ist so mächtig wie die menschliche Angst – keine Magie, keine Vampirkräfte. Nichts.” (Seite 133)
Das All Souls College war ein spätgotisches Meisterwerk und ähnelte mit seinen luftigen Spitztürmen und dem fein ziselierten Mauerwerk dem unehelichen Balg eines gotischen Domes mit einer Hochzeitstorte. (Seite 240)

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.10.2011
Arkadien fällt / Arkadien Trilogie Bd.3
Meyer, Kai

Arkadien fällt / Arkadien Trilogie Bd.3


ausgezeichnet

Seit Rosa und Alessandro unfreiwillig Oberhäupter ihrer Familien geworden sind, ist ihr ohnehin schon kompliziertes Leben nicht unbedingt einfacher geworden. Ihre Beziehung und die Interessen ihrer Clans unter einen Hut zu bekommen gleicht einem Vabanquespiel. Und dann scheinen sich plötzlich alle gegen sie verschworen zu haben. Alcantaras und Carnevares machen gemeinsame Sache gegen ihre capi und den beiden bleibt nur die Flucht. Als sie herausfinden, dass hinter allem Der Hungrige Mann steckt, der capo dei capi, der nach 30 Jahre zurückgekehrt ist um wieder die Dynastien anzuführen, bleiben ihnen nicht mehr viele Optionen. Sie können niemandem trauen und der Kampf scheint aussichtslos.

Mit “Arkadien fällt”, dem dritten und vorerst letzten Teil seiner Arkadienreihe, hat Trilogienkönig Kai Meyer ein wirklich furioses Finale hingelegt. Spannend von der ersten bis zur letzten Seite, steht es den beiden ersten Bänden in nichts nach und die Geschichte findet einen mehr als würdigen Abschluss.

Die Hauptcharaktere, die bereits in den vorherigen Teilen der Reihe sehr überzeugend waren, gewinnen nochmal an Tiefe und durchlaufen eine spürbare Entwicklung. Rosa ist deutlich erwachsener geworden und hat nicht mehr viel mit dem Teenie gemein, der im Herbst 2009 erstmals sizilianischen Boden betrat. Auch an Alessandro ist die Bürde, die ihm durch den Tod seines Vaters auferlegt wurde, nicht spurlos vorüber gegangen. Die Leichtigkeit und jugendliche Naivität, die in “Arkadien erwacht” noch wirklich augenfällig ist, ist einer erwachsenen Bitterkeit gewichen, die nachdrücklich spürbar macht, dass es ihm viel abverlangt seinen Posten als capo auszufüllen und seinem stellenweise fast schon kalten Zynismus merkt man deutlich an, wie hart er auf den Boden der Realität aufgeschlagen ist.

Aber auch die Antagonisten legen nochmal gehörig zu und einmal mehr halten unerwartete Wendungen den Spannungsbogen straff gespannt.

Der eingängige Schreibstil, die sprachliche Ausarbeitung und der, wie immer, gut durchdachte und perfekt aufgebaute Plot machen den Roman zu einem wahren Pageturner. Aber nichts anderes erwartet man bei einem Autor von solchem Kaliber. Man merkt seinen Geschichten an, dass er zu Beginn schon genau weiß, wo er hin will. Es gibt keine Ungereimtheiten, keine Ungenauigkeiten und erst recht keine Logikfehler. Kai Meyer leistet eine umfangreiche Vorarbeit, ehe das eigentliche Schreiben beginnt, und genau das zahlt sich in diesem, wie in jedem seiner anderen Romane, unbedingt aus.

Ein tolles Finale, eine großartige Trilogie – ein echter Meyer eben!

Zitate:

Alles, was dir im Leben geschehen ist, geschieht auch heute noch. Was einmal begonnen hat, endet nicht. Da oben in deinem Kopf, da endet es nie. (Seite 9)

Sie blickte aufs Meer hinaus, in eine Dämmerung, die sie an jedem anderen Tag wunderschön gefunden hätte. Heute dachte sie dabei nur an Wunden und Schmerzen und Tod. Selbst der Geruch der Algen erinnerte sie an Verfall. (Seite 122)

Freiheit ist nicht das Wissen, tun uns lassen zu können, was einem beliebt. Freiheit bedeutet, es auch wirklich zu tun. (Seite 182/183)

Rache ist eine kleinliche und beschränkte Motivation, Sie befriedigt nur einen Augenblick lang, wie der Verzehr eines Stücks Schokolade. Die Vorfreude darauf macht oft viel glücklicher als der tatsächliche Akt. (Seite 195)

Iole hatte viele merkwürdige Talente, aber eines ihrer größten war es, in den kompliziertesten Augenblicken einfach die Wahrheit zu sagen und die Welt damit auf ein überschaubares Maß zurechtzustutzen. (Seite 295)

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.10.2011
Der letzte Schattenschnitzer
Aster, Christian von

Der letzte Schattenschnitzer


ausgezeichnet

Die Inhaltsangabe spare ich mir an dieser Stelle, denn was könnte ich über den Inhalt dieses Buches erzählen, das im Klappentext nicht schon Erwähnung findet?

Nur soviel sei verraten: Großartiges erwartet euch zwischen den Deckeln dieses Werkes und es gilt, all diese Wunder selbst zu entdecken. Denn wer bin ich schon, dass ich mir anmaßen könnte euch, denen es noch bevorsteht mit Jonas Mandelbrodt auf die Reise zu gehen, dieses Vergnügen zu nehmen?

Verpackt in ein Cover, das passender nicht sein könnte, kommt das neueste Werk eines Schriftstellers daher, der sich selbst offenbar gern Knoten ins Hirn windet um seinen geneigten Lesern solch außergewöhnliche Geschichten schenken zu können. Und wenn Herr von Aster eines beherrscht, dann ist es die Kunst des Geschichtenerzählens.

Aus einer Kombination von historischen Personen, Figuren der Mythologie und purer Fiktion spinnt er das Garn, aus dem er seinen Geschichtenteppich webt. Aufgebaut wie ein Thriller mutet dieser Roman fast an wie ein Märchen oder eine Geschichte der Mythologie, die auch die Moral am Ende nicht vermissen lässt, und von Seite zu Seite fällt es einem schwerer Realität und Phantasie zu unterscheiden. So zitiert er immer wieder aus dem fiktiven Werk Alchimia Umbrarum, angeblich des 17. Jahrhunderts, das er ganz frech John Dee zuschreibt.

Die verschiedenen Erzählperspektiven sind dem Spannungsaufbau durchaus zuträglich und den Schreibstil kann man ohne Weiteres als Einzigartig bezeichnen. Am Ende, wenn sich alle Rätsel aufzulösen beginnen, macht man sich gelegentlich den anfangs erwähnten Knoten in den Denkapparat, aber nichts anderes habe ich erwartet bei einem Autor, der mit selbigem geboren worden zu sein scheint und ich maße mir auch nur deshalb an das so frank und frei zu sagen, da ich zu wissen glaube, dass er das durchaus als Kompliment aufzufassen weiß.

“Der letzte Schattenschnitzer” ist eine einzigartige Geschichte, erzählt von einem einzigartigen Geschichtenerzähler und jeder, der Individualität zu schätzen weiß, sollte ihn sich nicht entgehen lassen.

Zitate:

Für das Verhalten eines Sprösslings, das dem der andren nicht gleicht, haben die Menschen viele Namen. Ihre Herkunft reicht vom Lateinischen bis ins Angelsächsische, und sie bezeichnen dabei allesamt irgendeine Krankheit, was impliziert, dass Andersartigkeit an sich auf die eine oder andere Art zu heilen wäre. (Seite 45)

Da ich um all das wusste, wusste es auch mein Herr und ahnte bereits fünf Sommer nach seiner Geburt, dass der Mörtel, der die Welt der Menschen zusammenhält, zu gleichen Teilen aus Lüge und Eitelkeit besteht. (Seite 72)

Dort unten, am Ende der Stufen, erhob sich eine Wand aus undurchdringlichem Dunkel, so massiv und schwarz, dass nicht einmal die Ahnung eines Gedankens sie durchdrang. (Seite 205)

Hier standen Tausende Bücher aus zig Jahrhunderten: prachtvolle Folianten, Traktate und Inkunabeln aus aller Herren Länder. Menschenwissen, von Mönchen über Generationen mühselig von Hand auf Pergament gebannt, bis Johannes Gutenberg es aus ihren düsteren Scheibstuben befreit hatte. Seite 263)

Der Taumel des Triumphes aber war nur kurz. Denn kurz darauf wurde ich von einem anderen Gefühl ergriffen. Einer großen, traurigen Leere, wie sie einer empfindet, der weiß, wogegen, aber nicht wofür er gekämpft hat… (Seite 302)

Was war Rache, was der Sieg, verglichen mit wahrhaftiger Vergebung? (Seite 306)

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.10.2011
Fast ein bißchen Frühling
Capus, Alex

Fast ein bißchen Frühling


ausgezeichnet

Waldemar Velte und Kurt Sandweg wissen: daheim in Wuppertal wollen und können sie nicht bleiben. Also wollen sie nach Indien. Gar nicht so leicht 1933. Trotzdem machen sie sich auf den Weg. Das nötige Reisegeld beschaffen sie sich durch einen Banküberfall in Stuttgart. Bis Basel immerhin schaffen sie es, wo sie auf Dorly und Marie treffen. Gerne würden sie bleiben, aber das Geld wird knapp und damit der nächste Banküberfall fällig…

Selten ist mir eine Rezension so schwer gefallen wie diese. Was soll man auch schreiben, wenn man auch nach einer ganzen Woche nachdenken noch immer nicht weiß, was für ein Buch man da gelesen hat!? Eine halbfiktive Road-Movie Krimi-Dokumentation gepaart mit ein bisschen Romantik und ein bisschen Zeitgeiststudie vielleicht. Und das alles auf nur 160 Seiten. Denn den Kriminalfall “Sandweg und Velte” hat es tatsächlich gegeben.

Viele Versuche (nach eigener Aussage von Alex Capus genau 22) und über zehn lange Jahre hat der Autor gebraucht um aus Realität und Fiktion eine Geschichte zu spinnen, die einerseits sehr nüchtern und dokumentarisch, andererseits aber auch eindringlich und unglaublich spannend daher kommt. Der schnelle Wechsel vieler verschiedener Erzählperspektiven tut sein Übriges. Keine der Personen in Capus Roman wirkt zufällig platziert, jede hat ihren eigenen Platz und ihre eigene Geschichte, die zumindest kurz angerissen wird. Nicht alle der Geschichten werden bis ins letzte Detail erzählt, aber das ist erstens auf 160 Seiten schlicht unmöglich und zweitens auch eigentlich gar nicht nötig.

“Fast ein bisschen Frühling” ist ein gegensätzliches Buch. Man spürt die Melancholie der beiden fern der Heimat von noch mehr Ferne träumenden jungenhaften Freunde Waldemar und Kurt. Man spürt aber genauso die kaltblütige Wut und den unbändigen Hass der beiden letztlich an ihrer eigenen Verzweiflung zu Grunde gehenden Bankräuber. Der Autor beschönigt nichts, vermeidet es Stellung zu beziehen zu den Verbrechen seiner Protagonisten. Das muss der Leser dann schon für sich selbst tun.

Eine uneingeschränkte Leseempfehlung und 5 Sterne für einen kleinen, aber sehr feinen Roman.

Leider offenbar im Moment vergriffen ist der bereits 2002 im Residenz Verlag erschienene Doppelband aus “Fast ein bisschen Frühling” und einem “Buch zum Buch”, das zusätzlich eine CD mit den Original-Tango-Aufnahmen von Willi Kollo enthält, die Waldemar und Kurt bei Dorly erstanden haben.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.10.2011
Versuchung / Unter dem Vampirmond Bd.1
Hocking, Amanda

Versuchung / Unter dem Vampirmond Bd.1


sehr gut

Als die 17-jährige Alice eines Nachts Jack kennenlernt, ist sie fasziniert von der Anziehungskraft, die er offenbar auf alle weiblichen Wesen ausübt. Auf alle weiblichen Wesen – und ihren kleinen Bruder Milo. Dabei ist Jack äußerlich mit seinen hellblauen Chucks und pinkfarbenen T-Shirts gar nicht so ein Aufreißertyp. Was ist es nur, das ihn so unwiderstehlich macht, dass sogar ihre Mutter sich wie ein verknallter Teenie aufführt? Als Jack sie dann zum ersten Mal mit zu sich nach Hause nimmt und sie seinen Bruder Peter kennenlernt, geschieht irgendetwas seltsames mit ihr. Trotzdem sie sich einerseits vor ihm fürchtet, wird sie doch magisch von ihm angezogen. Aber Peter scheint sie abgrundtief zu hassen und Alice kann ihre Gefühle für ihn nicht einordnen. Als sie dann beginnt, sich in Jack zu verlieben, fangen die wahren Probleme erst an.

Als mir der cbt-Verlag die Bücher von Amanda Hocking vorschlug, war mein erster Gedanke: Oh nein – nicht noch eine Teenie-Vampirroman-Reihe! Dann aber las ich, wie die Autorin es geschafft hatte durch Eigenvermarktung ihrer Bücher als E-Books fast über Nacht zur Auflagenmillionärin zu werden und war schon weitaus interessierter. Was hat diese junge Frau, dass sich ihre Bücher so verkaufen? Also forderte ich die beiden ersten Bände an und wollte es herausfinden.

Zunächst einmal muss ich sagen, dass man nach “Twilight” das Rad im Bereich Vampire – Jugendbuch sicher nicht mehr neu erfinden kann, aber muss man das? Amanda Hocking hat hier eindrucksvoll gezeigt, dass es Schemata gibt, die einfach immer wieder funktionieren.

Ihre Charaktere sind stark und ihre Art zu schreiben flüssig und eingängig. Ohne es zu merken ist man mitten drin in ihrer Story und die ist durchaus auch mit vielen eigenen Ideen gespickt, die sie interessant und spannend machen. Man kann sich gut in die Figuren hineinversetzen und mit ihnen fühlen und das ist es, was ein gutes Jugendbuch in erster Linie ausmacht.

Sie hat die richtige Balance von Mysterium, Liebe, Gefahr und Leidenschaft gefunden und sieht die Welt mit den Augen eines jungen Mädchens und nicht, wie gewisse andere Autorinnen, durch die Augen einer keuschen Jungfrau.

Die Übersetzung ist stellenweise nicht überragend, aber durchaus ok. Was allerdings eindeutig zu bemängeln ist, ist die Tatsache, dass der Schreiber des Klappentextes das Buch offenbar nur sehr rudimentär gelesen hat, denn sonst wäre ihm oder ihr nicht entgangen, dass Jack hellblaue und keine rosa Chucks trägt.

Ich jedenfalls bin positiv überrascht von Amanda Hocking und werde mich jetzt gleich mal mit “Verführung” (Band 2 der Reihe) auf’s Sofa verkriechen.

Zitate:

Es gibt kein schrecklicheres Geräusch als das Rasseln eines Weckers. (Seite 80)

Ich hasste in diesem Moment sein wundervolles Lachen und das herrliche Kribbeln, das es in mir auslöste. Ich wollte mich jetzt nicht wohlfühlen. Ich wollte vielmehr den ganzen tag lang Trübsal blasen und mich im Bett verkriechen, bis jemand anderes für mich eine Entscheidung getroffen hatte. Über etwas so Bedeutendes wie den Rest meines Lebens entscheiden zu müssen, war weit mehr Verantwortung, als mir lieb war. (Seite 290)

5 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.10.2011
Nacht / Das Land der verlorenen Seelen Bd.1
Melodia, Elena

Nacht / Das Land der verlorenen Seelen Bd.1


gut

Nach einem schweren Autounfall, bei dem ihre beiden besten Freundinnen ums Leben kamen, hat die 17jährige Alma schreckliche Alpträume. Eines Nachts beginnt sie von grausamen Morden zu träumen, die kurze Zeit später dann tatsächlich stattfinden. Der Einzige, dem sie sich anvertraut, ist ihr Mitschüler Morgan, der selbst auch ein Geheimnis zu haben scheint. Gemeinsam versuchen sie herauszufinden, was es mit den furchtbaren Verbrechen auf sich hat.

Der Klappentext dieses ersten Teils einer Trilogie der italienischen Autorin Elena Melodia liest sich wie eine Lovestory im klassischen Urban Fantasy Stil. In groben Zügen ist sie das auch, aber welches Buch derjenige gelesen hat, der den Klappentext geschrieben hat, konnte ich leider nicht herausfinden.

Von unerträglichen Schmerzen bei jeder Berührung ist im ganzen Buch nicht einmal die Rede, sondern es dringt lediglich durch, dass Alma Berührungen und Umarmungen nicht sehr mag und sich dabei unwohl fühlt. Auch kommen mir die fantastischen Elemente der Geschichte viel zu kurz um sie eindeutig dem Urban-Fantasy-Genre zuzuordnen.

Der Plot, den die Autorin sich hier für ihr Erstlingswerk ausgedacht hat, gefällt mir an sich sehr gut, aber man merkt deutlich, dass sie noch unroutiniert beim Schreiben ist, beliebte Anfängerfehler macht. So kam es mir beim Lesen gelegentlich so vor, als wäre sie sich selbst noch nicht sicher, wohin das ganze am Ende führen soll. Was hat beispielsweise die Geschichte um Almas Freundin Agatha mit der Gesamtstory zu tun?

Dabei liest sich der Roman grundsätzlich gut und flüssig und ist zwischendurch auch richtig spannend. Auch sprachlich gibt es nichts auszusetzen. Die Charaktere allerdings wirken teilweise unentschlossen und eine 17jährige, die so etwas Schreckliches erlebt hat und sich dann wie eine 12jährige mit Mutproben und Aufnahmeritualen für ihre Clique aufhält, wirkt einfach nicht glaubhaft.

Das Ende wirkt so, als sei die Geschichte ursprünglich für EIN Buch konzipiert gewesen und dann in drei Teile getrennt worden. Normalerweise gibt es in den verschiedenen Teilen einer Reihe immer einen Strang, der mit dem jeweiligen Buch für den Moment abgeschlossen ist und dann einen Cliffhanger, der neugierig auf den nächsten Teil macht. Hier gab es für keinen Teilbereich einen Abschluss, sondern die Story war einfach mitten drin zu Ende. Eigentlich ist man am Ende nicht schlauer als vorher, was sehr unbefriedigend ist. Als würde man ein Buch lesen und mittendrin bricht die Geschichte ab weil die Druckerei vergessen hat die restlichen Seiten zu drucken.

Grundsätzlich glaube ich aber, dass die Trilogie durchaus Potential hat und ich werde den nächsten Band auf jeden Fall lesen. Allein schon um zu sehen, ob ich mit meiner Einschätzung, dass die Autorin, die ja aus der Verlagsbranche kommt, durchaus in der Lage ist sich noch sehr zu steigern, den richtigen Riecher hatte. Naja… und natürlich um endlich zu erfahren was es mit all den Geheimnissen auf sich hat, die Elena Melodia in diesem Teil aufgebaut hat.

Zitate:
Ich blicke in ihre großen dunklen Augen und sehe nichts als ein vorzeitig gealtertes Kind, das zu enttäuscht vom Leben ist, um ihm weitere Irrtümer zuzugestehen. (Seite 32)

Ich betrachte die beiden, Vater und Mutter, und sehe nur ein Gefängnis aus Konventionen und aufgesetzten Gefühlen. (Seite 93)

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.10.2011
Wired / Lia Kahn Bd.3
Wasserman, Robin

Wired / Lia Kahn Bd.3


gut

Seit Lia kein Mensch mehr ist, keinen menschlichen Körper mehr besitzt, hat sich so gut wie alles in ihrem Leben verändert. Nur langsam beginnt sie sich nach den vergangenen Katastrophen wieder ihrer Ursprungsfamilie anzunähern. Bis sie hinter eine Lüge kommt, die so existentiell, so undenkbar ist, dass sie die einzige Konstante ihres Lebens zerstört. Um sich und die, die so sind wie sie zu schützen, muss Lia nicht nur sich selbst einer großen Gefahr aussetzen.

Mit “Skinned” hat Robin Wasserman mich damals sofort begeistert und auch die Fortsetzung “Crashed” stand ihrem Vorgänger in nichts nach. Bei “Wired” hatte ich zum ersten Mal Schwierigkeiten, wieder in die Story einzusteigen. Aber nach einer leicht verlängerten Einlesephase hat mich der gewohnt flüssige Erzählstil der Autorin dann doch wieder mitreißen können und auch die wirklich überraschenden Wendungen, die sie sich für ihren letzten Teil ausgedacht hat, konnten mich begeistern und haben den Spannungsaufbau gut getan.

Die Charaktere, die von Anfang an sehr gut eingeführt und ausgearbeitet waren, konnten auch hier wieder überzeugen und der Story die nötige Tiefe geben. Die Entwicklungen, die ihre Hauptfiguren durchleben, machen sie glaubwürdig und realistisch. Einzig der Wandel, den Lias Mutter durchmacht, war mir ein wenig zu dick aufgetragen.

Ja und dann das Ende. Ich gebe zu, die Erwartungen an das Ende einer so großartig begonnenen Trilogie sind hoch und man kann ihnen als Autor fast nicht gerecht werden. Schon gar nicht kann man jeden Geschmack treffen. Aber hier hätten meiner Meinung nach ein paar Seiten mehr dem ganzen durchaus gut getan. Das Ende kam einfach zu abrupt und für mich blieben zu viele Fragen offen. Es hat mich in einfach unzufrieden zurückgelassen.

Gab ich für Band 1 und 2 überzeugte 5 Sterne, so kann ich für dieses Finale leider nur 3-4 Sterne vergeben. Die Trilogie als Ganzes bringt es damit aber immer noch locker auf 4 Sterne und ich würde sie auch nach wie vor jedem, der sich für Dystopien begeistern kann, wärmstens ans Herz legen.

Zitate:

So ist es mit perfekten Küssen. Sie sind einen Scheiß wert. Machen vielleicht Spaß. Aber deshalb bedeuten sie noch lange nichts. Die ganze Sache, von wegen mit jemand anderem verschmelzen, von Lippen, die sich vereinigen, Seelen, die sich treffen, alles romantischer Quatsch? Glaubt mir, die Seele stecht nicht in der Zunge und wartet darauf, kostenlosen Urlaub im Mund irgendeines Losers zu machen. Wollt ihr ein Maß, das zählt, eine Methode, wie man abschätzen kann, wie viel von einer anderen Person einem gehört? Versucht es mit der perfekten Umarmung. (Seite 38/39)

Das machte anscheinend Zivilisation aus. Seine Rolle zu spielen, ein Lächeln vor sich herzutragen, den Mund zu halten. Ganze Jahrhunderte stützten sich auf gute Manieren und Täuschung. (Seite 190)

[…] … dabei ging es beim Network ja eigentlich darum, Informationen zugänglich zu machen und zu verhindern, dass man irgendeine Wahrheit einsperrte, die nach draußen drängte. Vielleicht rangelten tausende von möglichen Wahrheiten miteinander um die Vorherrschaft, aber das sollte nun mal die Demokratie modernen Lebens sein, die Freiheit, unsere eigene Realität zu wählen. Die Freiheit zu wissen. (Seite 201)

Was tut man, wenn das Heute endet und man weiß, dass sich morgen eine Welt öffnen wird, in der er tot ist? Morgen und morgen und morgen, bis er etwas ist, was einmal passiert ist, etwas, das man einmal gekannt hat. Menschen benutzen Wärter wie “undenkbar”. Doch was macht man, wenn das Undenkbare eintritt und auch die Weigerung, das zu glauben, ihn nicht zurückbringt? (Seite 238)

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