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Gurke
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 158 Bewertungen
Bewertung vom 02.09.2024
Feuerjagd
French, Tana

Feuerjagd


ausgezeichnet

Tana French gehört seit meiner ersten Begegnung in „Grabesgrün“ zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen und auch mit ihrem neuesten Werk hat sie mich nicht enttäuscht.

In Ardnakelty herrscht aufruhe, denn Johnny Reddy wurde in der alten Heimat gesehen. Früher zu Schulzeiten war er als Schlitzohr bekannt und hinterließ seine Frau mit den gemeinsamen Kindern als alleinerziehende Mutter, um in England den Puls der großen Stadt zu fühlen. Nun kehrt er mit Rushborough im Schlepptau zurück, denn der edle Geschäftsmann hat von seiner Großmutter vor ihrem Tod das Geheimnis erfahren, dass Ardnakelty unentdeckte Goldvorräte im Boden bevorratet, die nur darauf warten von kräftigen Männern ausgegraben zu werden. Gemeinsam will das Duo nun die Farmer, die in diesem Sommer von einer Dürre geplagt werden, reich machen. Das Dorf bleibt skeptisch, investiert aber trotzdem in die Unternehmung. Kurze Zeit später wird einer der Männer tot am Fuße des Berges gefunden und das ganze Dorf wird verdächtigt.

Der Autorin gelingt es erneut auf 500 Seiten einen fesselnden Roman mit Tiefgang und literarischer Raffinesse auf den Markt zu bringen. Ihre Beschreibungen der kargen, ausgedörrten Natur lassen uns regelrecht die staubige Luft auf der Haut spüren und nach einem Glas von Cal`s Eistee lechzen, den der ehemalige US-Cop im Kühlschrank lagert. Sein Verhältnis zu Trey, der ältesten Tochter von Johnny Reddy, steht neben der Goldgräbergemeinschaft ebenfalls im Mittelpunkt. Das ungleiche Duo wirkt zunächst wie ein Sozialarbeiter mit seiner störrischen Betreuungsperson, aber schon bald zeigt sich wie harmonisch die beiden im Umgang sind.

Das Dorf entwickelt zusehends seine eigene Dynamik und es fühlte sich teilweise so an, als ob die Autorin lediglich die Funktion der „Marionette“ übernimmt und sich völlig auf die Charaktere einlässt. Sie sind es, die ihr scheinbar vorgeben, wie die fiktive Geschichte gesponnen werden soll – allen voran Mart, der kauzige Nachbar von Cal, der zwar körperlich beeinträchtigt, aber geistig gewieft, wie kein anderer ist. Einige Überraschungen warten während der Ermittlungen auf die Leserschaft, sodass das Rätselraten um den Mord trotz der oberflächlichen Ruhe zwischen den Zeilen ordentlich brodelt. Diesen Effekt beim Lesen finde ich überwältigend, weil ich es in der Form noch nicht bei anderen Romanen gespürt habe und spiegelt die große Sprachgewalt von Tana French wider.

Auf Grund von Zeitmangel habe ich den Vorgängerband „Der Sucher“ leider nicht mehr rechtzeitig lesen können, weil ich den Zusammenhang schlichtweg auch erst beim Durchstöbern der Rezensionen zu „Feuerjagd“ nachvollzogen habe. Das Verständnis der verschiedenen Charaktere funktioniert trotzdem wunderbar, wenngleich ich mir vorstelle könnte, dass sich besonders bei Lena, der zurückhaltenden Partnerin von Cal, einige Lücken nach der Lektüre noch besser schließen würden.

Bewertung vom 30.07.2024
Mittsommercamp zum Verlieben
Metzner, Michaela

Mittsommercamp zum Verlieben


gut

Bea ist eine fleißige und perfektionistische Sekretärin mit einer schönen Wohnung und ihrem langjährigen Partner Thomas an der Seite. Sie leben den deutschen Durchschnittsalltag eines kinderlosen Paares. Die Begegnung mit der Fitnesstrainerin Susi lässt Thomas jedoch aus diesem Trott ausbrechen und einen Neustart in Ulm wagen. Für Bea bleiben nach der Trennung lediglich der Van und ein kleines Ferienhaus in Schweden, welches zwar sehr hyggelig (gemütlich), aber eben auch recht marode ist. Der Traum von einem besseren Leben in Schweden ist geboren, aber der Arbeitsmarkt in der ländlichen Idylle bietet wenig Chancen für deutsche Gründlichkeit oder etwa doch?

Neben Bea übernimmt Ed die männliche Hauptrolle in dem Roman, der das besagte Camp aus dem Titel für Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen aufbauen möchte. Allen Widrigkeiten zum Trotz kämpft er für die Auszeit der Stockholmer Kids, wenngleich ihm kurz vor der Eröffnung noch zwei Betreuer*innen fehlen und er von seiner Chefin gehörig Druck bekommt. Mangels anderer Möglichkeiten schnell einen gut bezahlten Job in Schweden zu bekommen, übernimmt Bea eine tragende Rolle im Camp, obwohl sie Kindern eigentlich gar nichts Positives abgewinnen kann.

Unseren Jahresurlaub in Schweden vor Augen habe ich mich als Einstimmung auf zwei entspannte Wochen sehr auf die Lektüre von dem „Mittsommercamp zum Verlieben“ gefreut. Meine Erwartungen konnte die Autorin allerdings leider nicht erfüllen. Die Handlung ist kaum überraschend und fesselte mich insgesamt zu wenig.

Der Schreibstil ist locker und leicht und manchmal gelingt es Michaela Metzner auch den Zauber der schwedischen Weite zu Papier zu bringen, speziell an lauen Sommerabenden am See und beim Vernaschen der ofenwarmen Zimtschnecken. Hier gibt es für alle Naschkatzen auch ein Rezept im Anhang, was zwar ziemlich aufwendig wegen der Ruhezeiten erscheint, aber definitiv von mir gebacken wird. Im Nachwort erklärt die Autorin, dass Bea auch viele biographische Charakterzüge aufweist und sie selbst als junge Mutter frohen Mutes nach Skandinavien ausgewandert ist. Dafür hätte ich mir mehr Reisefieber und Entdeckungsgeist von Bea gewünscht.

Mein persönliches Manko ist zudem die Beschreibungen der romantischen Zweisamkeit in ungestörten Momenten, um es mal kinderfreundlich auszudrücken und möglichst wenig zu spoilern. Ich hatte wahrlich kein erotisches Feuerwerk erwartet, aber die Wortwahl wiederholt sich in den intimen Szenen extrem, sodass ich schon zwischenzeitlich genervt war, wenn erneut „die Erektion zu spüren“ war.

Bewertung vom 24.06.2024
Das Baumhaus
Buck, Vera

Das Baumhaus


ausgezeichnet

Henrik und Nora erfüllen sich einen lang gehegten Traum und ziehen gemeinsam mit ihren 5-jährigen Sohn Fynn in das alte Familienhaus in Schweden. Henrik will dort in der Idylle ein neues Kinderbuch schreiben und Nora die Geister der Vergangenheit abschütteln. Nachdem die erste Staubschicht von den Möbeln poliert wurde, wird allen jedoch schnell klar, dass das Familienhaus in ihrer Abwesenheit nicht gänzlich unbewohnt war, und der heimliche Gast ihnen ganz und gar nicht wohlgesonnen ist. Als schließlich Fynn nach einem Spiel im Wald spurlos verschwindet, seltsame Spuren in einem morschen Baumhaus gefunden werden und die kauzige Ermittlerin Rosa Lundqvist ein altes Kinderskelett ausgräbt, liegen die Nerven blank.

Die Autorin hat sich mit „Das Baumhaus“ für meinen Geschmack in den Annalen der „Besten Thriller aller Zeiten“ verewigt!

Jeder Charakter steht nach außen stark für die eigenen Ideale ein und lässt in der persönlichen Gedankenwelt aber auch viel Raum für Schwächen und Fehler zu, wobei manche Traumata der Vergangenheit auch das Handeln der Gegenwart maßgeblich beeinflussen und dadurch eine psychologische Tiefe generieren, die den Leser in einen puren Sog hineinziehen.
Die unterschiedlichen Handlungsstränge sind perfekt aufeinander abgestimmt und überraschen zum Schluss mit einer ungewöhnlichen Auflösung der Ereignisse.
Der große Vorteil ist auch, dass wir uns in der schwedischen Abgeschiedenheit vollumfänglich auf den überschaubaren Cast konzentrieren können und das potenzielle „Böse“ im Wald mehr Raum einnimmt ohne einen übertriebenen, düsteren Stempel verpasst zu bekommen.

Als netten Bonus empfinde ich das (für mich) neue Gebiet der forensischen Botanik, die anhand von der Verfärbung der Blätter ziemlich eindeutige Rückschlüsse auf Leichenfunde gibt. Hier würde ich mich freuen, wenn Rosa Lundqvist mit ihren Analysen noch weitere Thriller füllen dürfte.

Mein Wunsch wäre außerdem eine Verfilmung des Plots von Vera Buck auf der großen Kinoleinwand oder im Freiluftkino, um den Nervenkitzel noch greifbarer zu machen.

Die Gestaltung des Thrillers sollte zu guter Letzt auch noch positiv hervorgehoben werden, denn der giftgrüne Buchschnitt passt farblich zum aufgedruckten Titel auf dem Cover. Man kann im Buchladen nicht an dieser Signalfarbe vorbeigehen, ohne es wenigstens in die Hand zu nehmen.

Im Sommer planen wir unseren Familienurlaub in Schweden und ich bin mir nicht sicher, ob ich mein Kind nach dieser Handlung wirklich mit einem ruhigen Gewissen in den Wäldern von Bullerbü spielen lassen kann. Diese Bedenken sind wahrscheinlich das größte Lob für die Autorin.

Bewertung vom 19.04.2024
Rettung für den Wolf / Rudi und das Gruselrudel Bd.1
Westmoreland, Paul

Rettung für den Wolf / Rudi und das Gruselrudel Bd.1


ausgezeichnet

"Rudi und das Gruselrudel" ist der Auftakt einer neuen Kinderbuchreihe von dem Autor Paul Westmoreland, in dem der junge Werwolf Rudi und seine Freunde Femi (Mumie) und Elli (Geist) spannende Abenteuer erleben.

Die drei sind echte Skaterjunkies und machen die Halfpipe nach der Schule mit ihren waghalsigen Stunts unsicher. An einem normalen Nachmittag entdeckt Rudi allerdings ein verlorenes Wolfsjunge, tauft es liebevoll "Wolfie" und beschließt sein Rudel zu finden. Heimlich schleicht er sich nachts dafür in den Knarzborkenwald und macht Bekanntschaft mit streitsüchtigen Trollen, die im Sumpf planschen und einem Skeltett, der ein wichtiges Körperteil verloren hat, wobei Wolfie nicht ganz unschuldig ist.

Die Illustrationen haben mir ausgesprochen gut gefallen, da sie durchgängig lediglich in den Farben schwarz, rot und weiß gehalten werden, sind sie sehr ausdrucksstark und geben der gesamten Handlung im Wald einen düsteren Charakter. Für die jungen Leser ist es dadurch auch leichter ein Kapitel zu beenden und ein Erfolgserlebnis zu haben, weil die Seiten nicht mit viel Text überladen sind. Der Schreibstil ist insgesamt leicht und mit reichlich "Schlörps" und "Flatsch" Zwischenrufen gespickt, die besonders Jungs vermutlich viel Freude bereiten.

Als Mutter mag ich die Moral der Geschichte und die Verdeutlichung der Wichtigkeit eines festen Familienbandes, was man nicht oft genug betonen kann, sowie der oft vergessenen Verantwortung für ein Haustier, die nicht nur aus kuscheln besteht.

Ich hoffe nun, dass im Folgeband die Dynamik der drei Freunde stärker im Fokus liegt und freue mich auf weitere Abenteuer mit Rudi.

Bewertung vom 18.02.2024
Frühlingsgeheimnisse / Season Sisters Bd.1
Helford, Anna

Frühlingsgeheimnisse / Season Sisters Bd.1


ausgezeichnet

Spring Season ist ein gefallenes Mädchen. Sie wurde mit ihren Freunden beim illegalen Drogenhandel erwischt und hat keinerlei Pläne mit ihrem jungen Leben anzufangen. Sie muss nun Sozialstunden bei der betagten Sophia Fowler in London ableisten, die früher ein hoch angesehenes Mitglied der adligen Gesellschaft war. Bald schon stellt sich heraus, dass der Umgang den beiden Frauen ungeheuer gut tut, denn sie verbindet die Enttäuschung mit schwierigen familiären Beziehungen. Sie merken, dass man sich von den Geistern der Vergangenheit nicht die Zukunft bestimmen lassen darf und reisen gemeinsam nach Nordwales.

Das wilde Nordwales wird mit seinen steilen Felsküsten und rauen Meeresgewalten vortrefflich in Szene gesetzt und die Autorin bedient sich dem gängen Stilmittel der wechselnden Perspektiven von Kapiteln in der Vergangenheit mit der Krankenschwester Daphne Marcy im vorgerückten 19. Jahrhundert sowie Passagen aus der Gegenwart mit Spring und Sophia. Ohne zu viel verraten zu wollen, kann ich lediglich Daphnes Mut hervorheben, die es geschafft hat aus dem tristen Alltag eines Farmermädchens eine kleine Sensation zu schaffen und mit Hilfe der Kraft der Liebe das Rad der Zukunft neu zu gestalten. Die Puzzlestücke der Verstrickungen fallen im richtig gewählten Tempo in das logische Feld und ergeben einen tollen Rahmen, deren Inhalt ich mir ebenfalls großartig als Verfilmung vorstellen könnte.

Insgesamt werden alle Protagonisten sehr klar und liebevoll ausstraffiert und der Schreibstil ist zart, berauschend und süchtig machend - wie die ersten Frühlingsboten nach einem tristen Winter. Nebenbei schwingt die Warnung vor harten Drogen zwischen den Zeilen beständig mit und macht es dadurch auch für jüngere Leser*innen empfehlenswert.

Ich lese Romane in denen Familiengeheimnisse aufgedeckt werden ausgesprochen gerne und kann behaupten nicht mehr so leicht überrascht zu werden. Anna Helford ist es aber gelungen mich mit ihrem Auftakt zu dem Vierteiler der Schwestern-Saga derart zu fesseln, dass ich mir die Veröffentlichungstermine der Nachfolgebände direkt im Kalender anstreichen musste. Der Epilog verspricht dabei deutlich neue Herausforderungen in der Season Familie. Ich kann es jedenfalls nicht erwarten bis im Laufe des Jahres die drei weiteren Teile mit den Schwestern erscheinen und gebe eine begeisterte Lesempfehlung ab!

Bewertung vom 11.02.2024
Mayfair House
Hay, Alex

Mayfair House


sehr gut

Mrs. King arbeitet als Wirtschafterin im edlen "Mayfair House" für Miss de Vries, die nach dem Tod ihres Vaters das Zepter rigoros in der Hand hält. Wegen einer kleinen Indiskretion wird Mrs. King kurzerhand mit einer Kündigung vor die Tür gesetzt und alsbald verspricht sie sich Rache in Form des größten Diebstahl des Jahrhundert von dem gesamten Hab und Gut der neureichen Tochter. Dafür benötigt die ehrgeizige Wirtschafterin Verstärkung und heuert sechs weitere Ladys an, um den Coup mit einem ordentlichen Knall am Tag des Kostümballs durchzuführen. Kann dieser gewagte Plan tatsächlich von Erfolg gekrönt werden oder ist das Risiko doch zu groß?

Ohne lange Einleitungsworte startet die Protagonistin direkt mit den Planungen für ihr großes Ziel und wirkt mit ihrem Ehrzeiz und Durchsetzungskraft wie die perfekte Anführerin ihrer bunt gemischten Truppe. Mir gefällt die Zusammensetzung der Ladys ausgesprochen gut, denn Jede bringt Stärken und Schwachen gleichermaßen mit. Verschont bleiben wir glücklicherweis von allzu viel Stutenbissigkeit, denn der Wunsch nach Vollendung des heiklen Coups braucht Konzentration und Respekt untereinander.

Der Roman war insgesamt kurzweilig und zieht am Tag des großes Kostümballs ordentlich an Tempo an. Für meinen Geschmack wollte der Autor allerdings zu viel Handlung auf zu wenig Seiten verteilen. Der Nebenschauplatz mit den Männern in robbengrauen Anzügen hätte deutlich noch mehr Potenzial geboten und mich eventuell mehr gefesselt als das zackige Verladen von Schmuckstücken in Packkisten. Besonders zum Schluss hätte ich gerne zum Beispiel auch ausführlicher gewusst, was aus den sieben Diebinnen geworden ist. Es fühlt sich nach dem letzten Satz recht unvollendet an und lässt mich mit vielen Fragen zurück, was möglicherweise aber gewollt ist, um der eigenen Fantasie mehr Raum zu geben.

"Mayfair House" hat meine Erwartungen in Bezug auf den unverwechselbaren Charme von England im 20.Jahrhundert leider nicht komplett erfüllt. Zwar wird sich viel mit der Hausarbeit in der imposanten Villa in der Park Lane aufgehalten und darüberhinaus die Rollenverteilung stark thematisiert, aber die Atmosphäre des herrschaftlichen Residenz sprang bei der Lektüre nicht richtig über. Hier muss man auch den Schreibstil in den Fokus der Kritik nehmen, der für das 20.Jahrhundert einen Tick zu modern gehalten wurde, wenngleich ich ihn als angenehm zu lesen empfand.

Die Gestaltung der Außen- und Innenseite entschädigt jedoch für kleine Abzüge in der B-Note. Wunderschön verspielt glänzt das Cover in goldener Farbe und der Grundriss der Villa der Familie Vries wird originell kommentiert aufgezeichnet.

Bewertung vom 30.12.2023
Book Lovers - Die Liebe steckt zwischen den Zeilen
Henry, Emily

Book Lovers - Die Liebe steckt zwischen den Zeilen


sehr gut

Nora ist wie ein Hai - bissig, fokussiert und ständig auf der Suche nach einem neuen Bestseller, den sie als Agentin in der Buchbranche möglichst gewinnbringend für ihre Klienten auf den Markt bringen kann. Gefühle haben bei ihr keine Chance, denn bis auf ihre Schwester Libby kommt niemand durch den dicken Eisblock, den ihr Herz als Schutzschild umgibt, hindurch. Bei ihrem nächsten Meeting trifft Nora allerdings auf den Lektor Charlie Lastra, der von guten Manieren nichts zu halten scheint und Haie liebend gerne zum Frühstück verspeist, da kommt der kleine Urlaub mit Libby gerade recht.

Die Autorin war eine frische Neuentdeckung für mich, die mir einige lustige Lesestunden beschert hat. Ich mochte den gesamten Cast sehr gerne und war besonders von den vielen, liebevollen Verweisen zu anderen Romanen und urigen Kapiteln in den Verkaufsräumen von Buchläden angetan, die Lust auf den nächsten Bücherbummel machen.

Die Handlung lebt von den drei Hauptakteuren - Nora, Libby und Charlie. Das Trio wird in diversen Facetten beleuchtet und sowohl Stärken als auch Schwächen originell verpackt. Der Ort der Handlung spielt hauptsächlich im idyllischen "Sunshine Falls", einer Kleinstadt in North Carolina, wenngleich die Protagonisten echte New Yorker Stadtmenschen sind. Dieser Gegensatz ist durchweg Gegenstand beinahe jeder Konversation und sorgt für ordentlich Zündstoff, der einem Happy End wie ein dicker Ladenhüter im Wege liegt.

Diese romantische Komödie verlässt sich nicht darauf nur Frauenherzen zu unterhalten, sondern gibt uns auch tolle Einblicke in die Lektoratsarbeit, die uns Leser mitnehmen beim spannenden Schaffungsprozess. Gespickt wird alles mit einem Schreibstil, der mitten aus dem Alltag stammt - geistreiche Pointen und kluge Schlagabtäusche inklusive.

Ein bisschen erinnert mich "Book Lovers" mit der "To-Do-Liste" der Schwestern sowie der unendlichen Lethargie über einen verstorbenen Menschen an den Stil von "P.s. Ich liebe dich", deshalb kann ich auch einen kleinen Minuspunkt verkraften, der aus (zu) vielen erotischen "Verpuffungsmomenten" besteht. So viel Selbstbeherrschung ist schlichtweg nicht glaubhaft, aber überzeugt euch selbst davon und entscheidet, ob ihr Charlie und Nora auch so gerne während mancher Momente der Zweisamkeit geschüttelt hättet.

Bewertung vom 24.10.2023
Das Nachthaus
Nesbø, Jo

Das Nachthaus


sehr gut

Es geschehen seltsame Dinge seit Richard in dem verschlafenen Ort Ballantyne lebt. Als er eines Tages bei der Polizei zu Protokoll gibt, dass sein Kumpel Tom von einer Telefonzelle mit Haut und Haar gefressen wurde, wünschen sich die Bewohner insgeheim, dass er niemals zu seinen Adoptiveltern gezogen wäre. Das Unheil nimmt aber gerade erst seinen Lauf.

Das Buch wird in drei Teile gegliedert, die Richard als jungen Teenager und 15 Jahre später bei seiner Rückkehr zum Ursprung begleiten. Der Mittelteil ist aus meiner Sicht zu schwach und driftet zu sehr ins Fantasy Genre ab, dadurch verliert Nesbø auch einen Stern auf der Bewertungsskala. Hier hätte man aus meiner Sicht lieber einen mysteriösen Fokus mit mehr Gruseleffekten setzen müssen. Fast scheint es so als würde der Autor sich ein bisschen selbstironisch über sein neuestes Werk äußern, wie das Zitat eines Mitschülers von Seite 214 vermuten lässt:

"Ich muss gestehen, ich lese nicht so Fantasysachen. [...] Ich will damit aber nicht sagen, dass nicht auch solche Bücher einem Autor alles abverlangen."

Der Schreibstil entschädigt hingegen für kleine Schwächen im Plot. Butterweich fließen die Sätzen dahin und zeigen, dass jedes Wort punktiert ins Schwarze trifft - purer Leseschmaus.

Die Kennzeichnung als Roman ist schlichtweg irreführend und wird den ein oder anderen Leser leider enttäuschen. Der Autor zieht nämlich alle Register und zeigt, dass man auf 282 Seiten auch einfach mal einen kompletten Genre-Mix zu Papier bringen kann. Zwischendurch fühlte ich mich an meine geliebte Gänsehaut Reihe von R.L. Stine erinnert, allerdings für älteres Publikum aufbereitet. Dann plötzlich lassen sich Parallelen zu "Der Exorzist" finden und ein bisschen obligatorische Zombie Apokalypse rundet alles ab. Für meinen Geschmack wurden zu viele Elemente miteinander vermischt, nichtsdestotrotz ist "Das Nachthaus" unterhaltsam und lesenswert.

Bewertung vom 29.09.2023
Between Us - Die große Liebe kennt viele Geheimnisse
McFarlane, Mhairi

Between Us - Die große Liebe kennt viele Geheimnisse


gut

Roisin und Joe gehen schon seit einem Jahrzehnt als Paar durchs Leben, doch plötzlich sind da diese Zweifel, ob ihre Liebe bereits das Ablaufdatum erreicht hat. Joe ist mittlerweile ein gefeierter Drehbuchautor und verdient mit seinem neuesten Werk "Hunter" ein kleines Vermögen. Sex sells - Seitensprünge sind laut der Auftaktfolge eine grandiose Freizeitbeschäftigung und ausgerechnet Roisins' beste Freundin scheint dafür seine Fantasie beflügelt zu haben. Wie viel Wahrheit steckt in der Fiction?

Der Schreibstil war für das Genre locker, leicht und unkompliziert. Am besten haben mir die Unterhaltungen via WhatsApp von Gina, Meredith und Roisin gefallen. Wie ein lustiger Sidekick haben diese voll den Punkt getroffen.

Der Bezug zu den Protagonisten fiel mir insgesamt schwer. Zwischen den Zeilen erkennt man, dass die Autorin gerne den unverwechselbaren Vibe der Sitcom "Friends" aufleben lassen möchte - in vielerlei Hinsicht gelingt ihr das allerdings nur LOS (leider suboptimal). Roisin macht aus jeder Mücke einen Elefanten und wirkt völlig überzogen in ihrer Streitkultur. Ihr Partner Joe würde dagegen deutlich besser in einen Psychothriller passen. Man erwartet fast, dass er in der nächsten Sequenz ein Messer zückt. Lediglich Matt erwärmt mit seiner Art das Herz und ist der strahlende Held der Geschichte, indem er bei den Walters-Frauen für Ordnung sorgt.

Als Fan von McFarlane würde ich mich nach ihrer neuesten Romcom nicht bezeichnen. "Between Us" ist eine gute Durchschnittslektüre und ein kleines Manifest für den Neuanfang. Lügen haben kurze Beine, bei der Autorin haben sie dagegen lange Drehbücher.

Bewertung vom 01.09.2023
Der Wald
Rode, Tibor

Der Wald


ausgezeichnet

Marcus Holland ist auf dem Höhepunkt der Karriere angelangt und als Brandenburger Förster mit seinem neuesten Bestseller selbst in den USA ein gefeierter Star. Er provoziert bewusst mit gewagten Thesen, die der Pflanzenwelt ein komplexes Kommunikationstalent zugestehen - allein über ihr ausgeklügeltes Wurzelsystem, und sieht sie als wahre Herrscher der Erde. Kurz darauf wird er mit seiner Expertise um die Analyse eines neuartigen Gewächses gebeten, währenddessen beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit und das unbändige Wachstum des Höllenkrautes.

Der Schreibstil hat mich besonders durch die regelmäßigen Perspektivenwechsel überzeugt. Es mischen relativ viele Nebenschauplätze mit, die allesamt durch starke und authentische Charaktere präsentiert werden. Ich fühlte mich wie in einen regelrechten Sog gezogen und konnte nicht mehr aufhören zu lesen, da auf knapp 460 Seiten ein sehr gut recherchierter Plot gesponnen wird, der wie ein feines Mykorrhiza Geflecht immer tiefer in die Materie dringt. Ich bleibe zurück und frage mich, wie unsere Zukunft wohl aussehen wird, denn jeder Fortschritt bringt bekanntermaßen auch Gefahren mit sich. War früher vielleicht doch alles besser und die Zeit der Menschheit sogar längst abgelaufen? Gesellschaftskritisch, futuristisch und ziemlich "grün" - diese drei Attribute fassen den Öko-Thriller ziemlich gut zusammen, damit ist auch mein neuestes Lieblingsgenre geboren. Ich will mehr davon!

Wer die gefeierten Bücher von Dan Brown gelesen hat, kommt meiner Meinung nach der Lektüre um einen Vergleich mit Tibor Rode nicht vorbei. Verstecken muss sich der Deutsche Autor allerdings keineswegs hinter dem großen Namen aus Übersee, denn "Der Wald" wurde von mir genauso verschlungen wie "Illuminati" oder "Sakrileg" und erhält den klaren Stempel "Leseempfehlung".