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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1357 Bewertungen
Bewertung vom 15.09.2024
Im Warten sind wir wundervoll
Inden, Charlotte

Im Warten sind wir wundervoll


weniger gut

Seichter Groschenroman
Studentin Luise Adler landet 1948 in New York, um dort den amerikanischen GI Joseph Hunter zu heiraten, doch bleibt sie die einzige, die nicht von ihrem Verlobten am Flughafen abgeholt wird. Als gestrandete und sitzengelassene War Bride wird sie unfreiwillig zum Medienstar. Siebzig Jahre später macht sich ihre Enkelin Elfie ebenfalls auf den Weg nach New York, um dort ihren Verlobten zu überraschen, der dort gerade ein Auslandssemester absolviert. Während des Fluges macht sie Bekanntschaft mit ihrem Sitznachbarn, dem sie in den langen Stunden von dem Schicksal ihrer Großmutter erzählt. Wird es Elfie in New York ebenso ergehen wie ihrer Oma Luise oder entpuppt sich der Sitznachbar als der wahre Schlüssel zum Glück?

Charlotte Inden hat mit „im Warten sind wir wundervoll“ einen unterhaltsamen, aber leider sehr seichten Roman ohne jeglichen Tiefgang vorgelegt, der sich über zwei Zeitebenen erstreckt. Der flüssige Erzählstil weiß den Leser zwar sofort einzufangen, doch täuscht er nicht darüber hinweg, dass die beiden unterschiedlichen Zeitebenen durch fehlende Kennzeichnung immer wieder ineinander verschwimmen und so kein klares Bild entsteht. Luise unterstützt im Nachkriegsdeutschland die Familie als Zeitungsausträgerin für die Amerikaner finanziell und lernt dabei Joseph Hunter kennen und lieben. Als Joseph zurück in die USA beordert wird, kann Luise nicht sofort mit ihm fliegen, sondern muss auf ihr Visum warten, bis sie ihm folgen kann. Doch bei ihrer Ankunft bleibt sie allein auf dem Rollfeld zurück, während alle anderen War Brides von ihren Liebsten abgeholt werden. Das Flughafenpersonal sowie die Presse unterstützt sie bei der Suche nach Jo. All das erzählt ihre Enkelin Elfie, ebenfalls auf dem Weg nach New York, ihrem unbekannten Sitznachbarn. Durch die fehlende Abgrenzung der unterschiedlichen Zeitebenen weiß der Leser nie genau, ob es um Luise oder Elfie geht, denn ihre Geschichten gleichen sich in manchen Phasen zu sehr an. Dabei spart die Autorin nicht mit Klischees und streut jede Menge Zuckerperlen obendrauf. Als Leser hat man die ganze Zeit das Gefühl, die Handlung ebenso wie den Ausgang schon zu kennen, was dem Ganzen völlig die Spannung und den Unterhaltungswert nimmt. Zudem wirkt alles mehr als konstruiert und zusammengebastelt, damit es irgendwie passt.

Die Charaktere sind 08/15 gestaltet und wirken austauschbar. Der Leser wird nur als unsichtbarer Statist engagiert, der das Schicksal von Luise und Elfie verfolgen soll, wobei zu den Protagonisten weder Nähe noch Miterleben aufgebaut wird. Während Luise noch gewissenhaft, hilfsbereit und vor allem zupackend wird, ist ihre Enkelin sehr oberflächlich gestrickt. Elfie vertraut einem völlig Fremden während des Fluges jede Menge Privates an, wirft sich ihm mehr oder weniger regelrecht an den Hals. Das Flughafenpersonal der Vergangenheit waren die einzigen Protagonisten, die der Leser einigermaßen ins Herz schließen konnte.

„Im Warten sind wir wundervoll“ ist ein seichter Roman ohne jeglichen Tiefgang, den man ohne Nachdenken mal nebenbei lesen kann. Obwohl das Thema War Brides sehr interessant ist, wurde hier sehr wenig daraus gemacht. Leider liegt hier die Konzentration auf zwei fast identischen Liebesgeschichten, die ineinander verschwimmen aufgrund der fehlenden Zeitbarrieren. Wer einen Groschenroman lesen möchte, greift zu diesem Buch, ansonsten kann das weg. Keine Empfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.09.2024
Sommerfarben in der Stadt der Liebe / Paris und die Liebe Bd.2
Martin, Lily

Sommerfarben in der Stadt der Liebe / Paris und die Liebe Bd.2


ausgezeichnet

Farbe ist meine tägliche Obsession, Freude und Qual. - Claude Monet
Kunststudentin Marie lebt in Paris, der Stadt der Liebe, und konzentriert sich seit langer Zeit im Café Lola nur auf ihre Doktorarbeit über Claude Monet, die von der Fertigstellung noch weit entfernt ist. Doch der Liebe möchte Marie aufgrund der Enttäuschung mit Ex-Freund Antoine keine weitere Chance geben, da ist jede Ablenkung willkommen. Nebenbei arbeitet Marie aushilfsweise als Führerin in der Orangerie, wo sie bei einem Schülerrundgang auf den deutschen Lehrer Jan trifft, mit dem sie augenscheinlich die Liebe zu Monet teilt. Als sie Jan aus der Misere hilft, schlägt er ihr als Dankeschön einen Ausflug zu Monets Wohnhaus in der Normandie vor. Was Marie nicht weiß: auch Jan hat eine Enttäuschung hinter sich und wagt kaum, die Liebe wieder in sein Leben zu lassen. Während des Ausflugs nach Giverny öffnen sich behutsam die Herzen von Jan und Marie, die Funken zwischen den beiden springen hin und her. Doch kaum zurück in Paris, steht Maries Ex Antoine auf der Matte und will zu ihr zurückkehren. Wie wird Marie sich entscheiden?
Lily Martin hat mit „Sommerfarben in der Stadt der Liebe“ den zweiten Band ihrer wunderschönen Paris-Reihe vorgelegt, der dem ersten Roman in punkto liebenswerten französischen Savoir vivre, Romantik, Herzschmerz und feingezeichneten Charakteren in nichts nachsteht. Der flüssig-leichte, atmosphärische und farbenfrohe Erzählstil lädt den Leser in die eindrucksvolle französische Metropole Paris ein, wo Liebe neben Tragik anscheinend immer in der Luft liegt. Als unsichtbarer Schatten mischt der Leser sich unter die Protagonisten, wobei er seine Aufmerksamkeit vor allem auf Marie und Jan richtet, deren Gedanken- und Gefühlswelt in sich aufsaugt und ihr Schicksal nur zu gern verfolgt. Einsame enttäuschte Herzen pochen in Marie und Jan, doch während er sich als Lehrer mit seinen Schülern umgibt, muss sich die eher schüchterne Marie unter die Leute zwingen. Am liebsten sitzt sie im Café Lola von Nachbarn umgeben und feilt an ihrer Doktorarbeit, die nicht fertig werden will, da der zündende Gedanke fehlt. Jan macht derweil mit seinen Schülern Paris unsicher und teilt sein Wissen über die französische Lebensart, da er schon einmal in Frankreich gelebt hat. Das Aufeinanderprallen von Jan und Marie ist zufällig, doch schicksalshaft, denn beide teilen die Liebe zur Kunst und Monet. Die Verletzlichkeit der beiden wird immer wieder durch kleine Rückzieher deutlich, wo sie sich wieder in ihr Schneckenhaus verkriechen, um dann erneut einen größeren Schritt hinaus zu wagen. Die Autorin versteht es wunderbar, die Gefühle ihrer Protagonisten mit Streifzügen durch das atmosphärische Paris zu verbinden: die Begegnung der beiden vor der Kulisse eines der größten Impressionisten der Welt oder das malerische Giverny für den Ausflug, bei dem die Funken sprühen. Während der Leser die Charaktere nicht aus den Augen lässt, verliebt er sich immer wieder aufs Neue in Paris und schwebt von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt das Gefühlsbarometer rauf und runter.
Die Charaktere sprühen vor Lebendigkeit und nehmen den Leser sofort als Teil von ihnen in die Mitte. Marie ist eine zurückhaltende, eher schüchterne Frau, der es an Entscheidungsfreudigkeit mangelt, innerlich tief verletzt und verunsichert. Gleichzeitig ist sie hilfsbereit, freundlich und lässt ihre Freunde nicht im Stich. Jan ist ein liebenswerter Mann, der seine Schüler auf Augenhöhe behandelt. Auch er ist in Liebesdingen unsicher und wagt sich gerade erst wieder aufs Parkett. Ebenso lassen bereits liebgewonnene Charaktere wie Fabien oder die alternde Operndiva das Leserherz höher schlagen und geben ihm das Gefühl, daheim unter alten Freunden zu sein.
„Sommerfarben in der Stadt der Liebe“ treffen mit liebenswerten Charakteren, Liebeskummer, Romantik und ganz viel französischem Savoir vivre mitten in die Seele des Lesers, der nicht nur eine zauberhafte Auszeit vom Alltag genießen darf, sondern sich auch selbst ein Stück weit in den Protagonisten wiederfindet. Absolute Leseempfehlung – einfach wunderschön!!!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.09.2024
Die Frauen von Maine
Sullivan, J. Courtney

Die Frauen von Maine


sehr gut

Der Friede beginnt im eigenen Haus. – Karl Jaspers
Awadapquit/Maine. Jane Flanagan hat in einem verlassenen viktorianischen Haus direkt auf einer Klippe über dem Meer ihren persönlichen Zufluchtsort gefunden. Mit einer Alkoholikerin als Mutter und einer jüngeren Schwester, die immer im Vordergrund stand, hält sie es daheim kaum aus. Ihr Studium führt sie von Maine an die Universität Harvard, doch 20 Jahre später kehrt sie nach dem Tod ihrer Mutter zurück nach Awadapquit, um nicht nur deren Haus zur räumen, sondern auch Ordnung in die Trümmer ihrer eigenen Existenz zu bringen. Als die jetzige wohlhabende Besitzerin des alten Klippenhauses, Genevieve Richards, Jane bittet, mehr über die Geschichte des Hauses herauszufinden, erkennt Jane bei ihren Nachforschungen, dass diese auch viel mit ihrer eigenen Vergangenheit zu tun haben…
J. Courtney Sullivan hat mit „Die Frauen von Maine“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der neben einer komplizierten Familiengeschichte auch starke Frauen und viel gut recherchierten historischen Hintergrund über die amerikanischen Ureinwohner bietet. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil der Autorin nimmt den Leser schnell gefangen und lädt ihn auf eine Reise ein, die ihn neben der Gegenwart auch in die Vergangenheit führt, um die unterschiedlichsten Frauenschicksale kennenzulernen. Janes Kindheit war nicht glücklich, einzig ihr Geheimplatz am Klippenhaus hat ihr eine Atempause gegeben. Das Studium ermöglichte ihr die Flucht aus Maine, doch die Vergangenheit kann man auch nach vielen Jahren einfach nicht abschütteln. Obwohl sie verheiratet ist und einen gutdotierten Job hat, setzt sie mit ihrem Verhalten fast alles aufs Spiel. Die Rückkehr nach Maine soll Atempause sein und gleichzeitig nach dem Tod ihrer Mutter mit der Räumung deren Hauses einen Schlusspunkt setzen. Doch dann kommt es mit der Begegnung von Genevieve alles ganz anders. Sowohl sie als auch Jane sind eng mit dem Klippenhaus verbunden, und die Nachforschungen fördern einiges zutage, was Janes Leben auf den Kopf stellt. Sullivan versteht es hervorragend, ihren Protagonisten sowohl Stärken als auch Schwächen zu verleihen und Historie gekonnt einen Rahmen zu geben. Die Vielfalt der Themen ist gut miteinander verstrickt, allerdings stören die esoterischen Abschweifungen eher und nehmen der Geschichte deutlich einiges an Tiefe. Zudem ist der erste Teil leider sehr langatmig, hier muss der Leser sich wirklich durchkämpfen, etwas Straffung hätte hier gut getan.
Die Charaktere sind glaubwürdig mit menschlichen Ecken und Kanten versehen, so dass sie für den Leser authentisch wirken und diesen auf ihre Fährte locken. Jane ist eine zurückhaltende, intelligente und belesene Frau, die aufgrund ihres familiären Hintergrunds nicht nur mit Unsicherheiten und Einsamkeit zu kämpfen hat, sondern auch extrem misstrauisch geworden ist. Genevieve dagegen weiß genau, was sie will, dabei ist sie weltoffen und nicht so schnell zu verängstigen. Doch das alte Haus „atmet“ in ihren Augen etwas zu sehr und hinterlässt bei ihr ein ungutes Gefühl, dem sie sich gemeinsam mit Jane stellen will.
„Die Frauen von Maine“ vereint starke Protagonistinnen, unterschiedliche Familienschicksale sowie historischen Hintergrund miteinander, wobei viele Themen wie amerikanische Geschichte, Geheimnisse, Verlust und Trauer eingebracht werden. Etwas Straffung und weniger Esoterik hätten der Handlung allerdings gut getan. Verdiente Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.08.2024
Eine Rose, die im Sand erblüht
Peterson, Tracie

Eine Rose, die im Sand erblüht


sehr gut

Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. – Antoine de Saint-Exupery
1911 Kalifornien/New Mexico. Die 25-jährige Isabella Garcia hat einige Zeit bei ihrer Tante in Kalifornien verbracht, wo sie bisher ein sehr angenehmes Leben voller Luxus gefrönt hat. An ihren Eltern lässt sie kein gutes Haar und möchte am liebsten gar nichts mehr mit ihnen zu tun haben. Doch dann äußern ihre Eltern den Wunsch, dass sie in ihr Elternhaus nach New Mexico zurückkehrt, was ihr gar nicht schmeckt. Isabella ist wütend und lässt ihre Eltern ihren Unmut deutlich spüren. Dass sie auch noch Aaron Bailey, einen Mitarbeiter ihres Vaters, als Sicherheitseskorte bekommt, ist für sie kaum zu ertragen. Erst in New Mexico erfährt Isabella den Grund für ihre gewünschte Anwesenheit sowie die von ihren Eltern getroffenen Entscheidungen für die Zukunft. Wie wird Isabella damit umgehen?
Tracie Peterson hat mit „Eine Rose, die im Sand erblüht“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der den Leser ins vergangene Jahrhundert entführt, wo er auf eine junge Frau trifft, die während der Handlung einige Veränderungen durchleben wird. Isabella lebte die letzten Jahre von ihren Eltern getrennt bei ihrer Tante in Kalifornien und hat bisher nie den Grund dafür erfahren. Aufgrund dessen hat Isabella eine regelrechte Wut ihren Eltern gegenüber entwickelt, während sie ein privilegiertes Leben in Luxus lebte. Ihre arrogante, verwöhnte Art sowie ihre Überheblichkeit und Boshaftigkeit machen sie nicht zu einer Sympathieträgerin. Die Rückkehr Isabellas nach Silver Veil/New Mexiko in ihr Elternhaus wird durch ihr schlimmes Verhalten erst einmal zur Qual für alle Beteiligten. Erst die Offenbarung über die Krankheit ihres Vaters Daniel sowie der Grund für die lange Trennung zwischen Eltern und Tochter legen bei Isabella einen Schalter um. Auch Aaron Bailey, der Isabella nach Hause eskortiert hat, verändert mit seinem Wesen das Verhalten von Isabella. Die Autorin versteht es geschickt, ihre Charaktere sowie deren Veränderung wunderbar dazustellen, so dass der Leser durch eine Achterbahn der Gefühle rauscht, während die Seiten durch die Finger fliegen. Zudem gibt es interessante zwischenmenschliche Beziehungen, die durch überraschende Wendungen vor einigen Entscheidungen stehen. Der christliche Aspekt ist sehr schön mit der Handlung verwoben und thematisiert nicht nur das Verzeihen der eigenen Fehler, sondern auch die Veränderung, den Neubeginn und das Vertrauen in Gott bei schwierigen Situationen.
Die Charaktere sind lebendig gezeichnet und bestechen mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften. Der Leser heftet sich sofort an ihre Fersen und wird so manche Überraschung erleben. Isabella ist zu Beginn menschlich kaum zu ertragen. Sie ist arrogant, bösartig, benimmt sich wie Rumpelstilzchen, wenn sie ihren Willen nicht bekommt und verletzt ihre Mitmenschen auf egoistische Weise. Erst der Aufenthalt bei ihren Eltern hält ihr den Spiegel vor und lässt sie ihr unmögliches Verhalten ändern, denn eigentlich ist sie gar nicht so übel. Aaron ist ein gottesfürchtiger, freundlicher und starker Mann. Er nimmt Isabella so, wie sie ist und gerade durch seine angenehme und unbeeindruckte Art dringt er zu ihr durch. Diego ist ein selbstverliebter Egoist. Isabellas Eltern dagegen sind voller Mitgefühl, Wärme und Selbstlosigkeit, so dass man kaum glauben kann, dass die Isabella vom Beginn der Geschichte wirklich ihre Tochter ist.
„Eine Rose, die im Sand erblüht“ ist ein schöner historischer Roman, der mit einer interessanten Familiengeschichte ebenso punkten kann wie mit Spannung, starken Charakteren und tiefgründigen Botschaften. Den Leser erwartet ein tolles Kopfkino! Ein echter Pageturner mit verdienter Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.08.2024
Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1
Georg, Miriam

Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Sturm und Wellen geben der See erst Seele und Leben. – Wilhelm von Humboldt
1913 Hamburg. Alice lebt gemeinsam mit Ehemann Henk und Töchterchen Rosa im Arbeiterviertel auf der Uhlenhorst. Da Henk das Geld immer wieder ins Wirtshaus trägt, um sich mit Alkohol zuzudröhnen, ist Alice gezwungen zu arbeiten. Nebenbei muss sie auch noch die ständigen Misshandlungen ihres Ehemannes ertragen und hat ständig Angst, dass er seine Übergriffigkeiten auch auf Rosa ausdehnt. Alice sieht keinen anderen Ausweg, als sich scheiden zu lassen. Auf der Suche nach einem Rechtsbeistand trifft sie auf den gutsituierten, verlobten Anwalt John Reeves, der nebenbei Arme auch pro bono vertritt. Als er von Alice Willen hört, eine Scheidung zu erwirken, weiß er um die Aussichtslosigkeit, doch trotzdem stimmt er zu, ihr zu helfen. Sowohl Alice als auch John begeben sich damit auf einen Drahtseilakt, der für beide größtmögliche Gefahren birgt…
Miriam Georg hat mit „Im Nordwind“ den ersten Teil ihrer historischen Nord-Dilogie vorgelegt, der sowohl mit menschlichen Schicksalen als auch mit einer sehr berührenden, spannenden Handlung durchweg zu fesseln weiß. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil der Autorin nimmt den Leser sofort mit ins Hamburg des vergangenen Jahrhunderts, wo er über wechselnde Perspektiven die Gefühls- und Gedankenwelt sowohl von Alice als auch von John kennenlernt. Alice wurde als kleines Kind von ihren Schausteller-Eltern an eine Pastorenfamilie verkauft. Obwohl ihr Leben ab dann in geordneten Bahnen verlief, wurde sie missbraucht, schwanger und musste ihr Kind gegen ihren Wunsch weggeben. Da das Leben sie auch noch mit einem gewalttätigen Ehemann bestraft hat, der sie mit ihrer Tochter in ständiger Angst leben lässt, nimmt sie all ihren Mut zusammen und reicht die Scheidung ein wohlwissend, dass dies zur damaligen Zeit eigentlich unmöglich ist. Aber in John Reeves hat sie jemanden gefunden, der nicht nur von Alice fasziniert ist und schon bald sein Herz an sie verliert, sondern der ihr beisteht und versucht, ihr zu ihrem Recht zu verhelfen, egal wie aussichtslos das Unterfangen erscheint. Die Autorin gelingt es wunderbar, ihren Charakteren Leben einzuhauchen und die zwischenmenschlichen Beziehungen so an den Leser zu bringen, dass dieser ebenso wie die Protagonisten eine Gefühlsachterbahn durchlebt, während er wie gebannt an den Seiten klebt. Der historische Hintergrund sowie die damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten sind wunderbar mit der Handlung verknüpft und vermitteln dabei ein klares Bild, wie das Leben der Menschen zu jener Zeit geprägt war.
Die Charaktere wurden detailliert ausgestaltet und liebevoll in Szene gesetzt. Mit ihren menschlichen Ecken und Kanten können sie den Leser sofort überzeugen, der sich wie ein Schatten an ihre Fersen heftet, um ihr Schicksal hautnah mitzuverfolgen. Alice besitzt den Mut und die Stärke, die nur Menschen haben, die sich lebenslang durchkämpfen mussten. Sie ist eine liebenswerte Frau, die sich endlich etwas Glück wünscht für sich und ihre Tochter. John dagegen stammt aus einem privilegierten, reichen Elternhaus, besitzt Anstand, Ehre und Gerechtigkeitssinn. Henk ist ein ausgemachter Widerling, der seine Unzulänglichkeit in Alkohol ersäuft und seine Familie drangsaliert. Ebenso bestechen Alice Tochter Rosa und Johns Schwester Blanche mit ihren Handlungen.
„Im Nordwind“ weiß den Leser von der ersten Sekunde an zu fesseln mit einem sehr gelungenen Mix aus menschlichen Schicksalen, einer starken Hauptprotagonistin, Liebe, historischem Hintergrund sowie den damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Absolute Leseempfehlung für einen Roman, der mitten ins Leserherz trifft – einfach wunderbar!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.08.2024
Letzte Lügen / Georgia Bd.12
Slaughter, Karin

Letzte Lügen / Georgia Bd.12


ausgezeichnet

Mörderische Flitterwochen
Gerichtsmedizinerin Sara Linton und Agent Will Trent sind endlich in den Hafen der Ehe eingefahren und verbringen ihre Flitterwochen in einer einsam in der Natur gelegenen Lodge am Appalachian Trail. Doch ihr Honeymoon ist nach einem abendlichen Seebad beendet, denn sie hören entsetzliche Schreie einer Frau, die Will kurze Zeit später ermordet auffindet. Die Tote war Mercy McAlpine, die Managerin der Lodge-Anlage, sie wurde brutal erstochen. Als dann der Sohn der Ermordeten spurlos verschwindet, nehmen Sara und Will die Ermittlungen auf. Allerdings können sie keine Unterstützung erwarten, da alle Familienmitglieder von Mercy und sogar der örtliche Sheriff nicht gut auf das Mordopfer zu sprechen sind. Sie alle verbergen etwas und haben somit ein Mordmotiv…
Karin Slaughter hat mit „Letzte Lügen“ den zwölften Teil ihrer Georgia-Reihe um Agent Will Trent und die Gerichtsmedizinerin Sara Linton vorgelegt, der den Vorgängern in punkto Spannung und Nervenkitzel in nichts nachsteht. Der flüssige, bildhafte und fesselnde Erzählstil lässt den Leser ab den ersten Zeilen an die Seite von Will und Sara gleiten, wo er nicht nur die wunderschöne Naturkulisse des Appalachian Trails mitgenießen und am Glück des frischgebackenen Ehepaares teilhaben darf, sondern wo ihm bei den markerschütternden Schreien einer Frau die Haare zu Berge stehen und sich Gänsehaut breit macht. Slaughter versteht es auf ganz besondere Art, die Spannung mit jedem Absatz, jedem Wort in die Höhe zu treiben und den Leser mitermitteln zu lassen. Dabei bringt sie aktuelle Themen in ihren Romanen unter wie hier Kindesmissbrauch, Kindheitstraumata sowie menschliche Abgründe, die man sich als Mensch nur schwer vorstellen kann. Gänsehaut wird beim Leser deshalb zum Dauerzustand, während er durch ein Wechselbad der Gefühle jagd bei der Suche nach dem Täter. Will wird bei diesem Fall mit seiner Vergangenheit konfrontiert, kann sich aber auf Saras Unterstützung verlassen. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, weil jeder Verdächtige wohl ein Hühnchen mit der Toten zu rupfen hatte. Zudem erschwert ein Unwetter und fehlendes Internet, dass Will und Sara Unterstützung anfordern können. Das Spannungslevel steigert sich immer weiter, während die Tätersuche sich durch überraschende Wendungen schwierig gestaltet.
Die Charaktere sind glaubhaft und lebendig in Szene gesetzt, besitzen Authentizität und Ausstrahlung, so dass der Leser ihnen gern über die Schulter schaut und den Fall unbedingt mit ihnen gemeinsam so schnell wie möglich lösen will. Sara Linton hat in Will ihren Seelenmenschen gefunden. Als Gerichtsmedizinerin ist sie unnahbar und sehr professionell. Will wirkt durch die Konfrontation mit seiner Vergangenheit etwas angeschlagen, doch wie ein Pitbull verbeißt er sich in die Mordermittlung, um den Täter zur Strecke zu bringen.
„Letzte Lügen“ begeistert mit einer perfiden Handlung, hohem Spannungslevel und allerlei Verwicklungen. Slaughter gelingt es mit diesem Psychothriller erneut, den Leser in einen Sog zu ziehen und das Buch von Anfang bis Ende durchzulesen und damit die Nacht zum Tag zu machen. Absolute Leseempfehlung für Hochspannung pur!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.08.2024
Die Modeschöpferin von Manhattan
Weng, Joan

Die Modeschöpferin von Manhattan


weniger gut

Ziehe dich immer an, als würdest du deinen ärgsten Feind treffen. - Kimora Lee
1939 Manhattan. Die junge Südstaatlerin Daisy Goldenblatt wohnt bei ihrer Tante und arbeitet in dem Salon der berühmten, aber exzentrischen ukrainischen Modeschöpferin Valentina Schlee, die nur für eine ausgewählte namhafte und zahlungskräftige Kundschaft ihre Kreationen entwirft. Ohne Termin kommt niemand in den Salon, meistens sogar nur auf Empfehlung. So trifft man dort die Präsidentengattin Eleonor Roosevelt ebenso an wie Greta Garbo oder Marlene Dietrich. Daisy soll nach dem Wunsch ihrer Eltern den wohlhabenden Alistair heiraten, aber insgeheim hat sie sich in den irischen Journalisten Christopher verliebt, der schon bald nach Europa abreisen will. Und dann gibt es ja auch noch Valentinas gut gehütetes Geheimnis…
Joan Weng hat mit „Die Modeschöpferin von Manhattan“ einen historischen Roman vorgelegt, der die damalige Zeit sowie die Modeszene und die verschiedenen Gesellschaftsschichten beleuchtet. Der flüssige Erzählstil sowie die Sicht aus unterschiedlichen Perspektiven können leider nicht verhindern, dass die Handlung nur aus einer Aneinanderreihung von Ereignissen ist, die den Leser nicht wirklich mitnehmen, sondern nur als Statist folgen lassen. Daisy arbeitet gerne in dem Salon, obwohl ihr die Eigenheiten ihrer Chefin Valentina oftmals Rätsel aufgeben. Die Arbeit mit der illustren Kundschaft und den Umgang mit den exklusiven Roben entschädigen sie dafür. Valentina dagegen lebt in einer Ehe, die für sie und ihren Ehemann nur Mittel zum Zweck ist. Insgeheim liebt Valentina eher Frauen, doch zur damaligen Zeit ging das nur im Verborgenen. Zudem leidet sie unter der Flucht aus ihrem Heimatland, aber was wirklich dort passiert ist, wird der Leser bis zum Schluss leider nicht erfahren, weil viel mehr Wert auf Unwichtiges gelegt wird. Die Klientel des Modesalons und der Umgang mit ihnen wird ausführlicher behandelt, zeigt z.B. die große Rivalität zwischen Hollywoodstars und die Extravaganz so mancher Künstlerin.
Die Charaktere bleiben leider bis auf Daisy sehr farblos, so dass dem Leser die Rolle als unsichtbarer Zuschauer zufällt. Daisy ist eine junge, liebenswerte Frau, die vor der Entscheidung steht, ihrem Leben einer Richtung zu geben. Sie ist hilfsbereit, clever und besitzt den nötigen Südstaatencharme, um so manch brenzlige Situation zu entschärfen. Valentina ist ständig am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Vor ihren Kundinnen kehrt sie die Chefin raus, aber im Inneren ist sie unsicher und verletzlich. Ihre Exzentrik geht an die Nerven und man wundert sich, dass sie überhaupt Kundinnen hat bei dem Benehmen.
„Die Modeschöpferin von Manhattan“ ist historischer Roman, dessen Handlung leider sehr langweilig präsentiert wird und auch nicht mit interessanten Charakteren punkten kann. Das kann die Autorin wirklich viel besser. Diesmal leider keine Empfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.08.2024
Rebellin mit Herz
Büchle, Elisabeth

Rebellin mit Herz


ausgezeichnet

Du bist nur machtlos, wenn Du glaubst, dass Du es bist. – Zitat aus „Robin Hood-König der Diebe“
1811 England. Außerhalb von London wird die unverheiratete Lady Henrietta Murray auf die junge Pfarrerstochter Lily Thomson aufmerksam, die ihr Herz auf der Zunge trägt, und bietet ihr eine Stelle als ihre Gesellschafterin in London an. Lily sieht eine Chance für sich und macht sich vom Land auf den Weg in die unbekannte Großstadt, wo sie alsbald nicht nur das Leben von Lady Henrietta durcheinanderwirbelt und ihr den Weg zurück in die Hochadelskreise zurückbringt, sondern auch für den überaus charmanten, aber auch scharfsinnigen Marvin, dem Earl of Kantley, eine echte Herausforderung darstellt. Als Lily durch die Zufallsbekanntschaft mit einem kleinen Straßendieb herausfindet, unter welchen Umständen die Menschen und vor allem die Kinder an den Themse-Docks leben, möchte sie deren Zustände mit allen Mitteln verbessern. Dabei ist sie auf die Hilfe von Henrietta und Marvin angewiesen. Wird ihr Vorhaben von Erfolg gekrönt?
Elisabeth Büchle hat mit „Rebellin mit Herz“ einen wunderbaren historischen Roman vorgelegt, der sowohl mit einer starken charismatischen Hauptprotagonistin als auch mit einer tiefgründigen Handlung den Leser von der ersten Zeile an in den Bann schlägt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser sofort eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert antreten, wo er sich sofort an Lilys Seite wiederfindet und sich von dort nicht mehr entfernt, bis das Schicksal der jungen, mutigen Frau ergründet ist. Die Aufgabe als Gesellschafterin nimmt Lily sehr ernst und holt Lady Henrietta mit unkonventionellen Mitteln immer mehr aus ihrem Schneckenhaus. Die beiden tauchen ein ins gesellschaftliche Leben des Hochadels, wobei sich deren Geister über die zwei Frauen scheiden. Die einen rümpfen die Nase, während die anderen ihnen insgeheim Respekt zollen. Lilys Anstrengungen, den Ärmsten der Armen zu helfen und Unterstützung vom Adel zu bekommen, sind nicht von Erfolg gekrönt, so dass sie zu drastischeren Mitteln greift, die sich am Rande der Legalität bewegen. Zwischen Marvin und Lily gibt es nicht nur lebhafte, teils sehr humorvolle Wortwechsel, sondern es knistert auch zwischen den beiden, obwohl sie aus völlig verschiedenen Gesellschaftsschichten stammen. Die Autorin versteht es sehr geschickt, nicht nur die damaligen Lebensumstände der armen Bevölkerung darzustellen, sondern auch die gesellschaftlichen Gepflogenheiten sowie die Stellung der Frau sehr gut herauszustellen. Ebenso war es damals eine Kunst zu verstehen, wenn das eine gemeint, aber das Gegenteil gesagt wird. Der Leser klebt aufgrund von Lilys gefährlichem Unterfangen sowie den teils amüsanten Wortwechseln und Entwicklungen regelrecht an den Seiten und durchlebt so manche Achterbahn der Gefühle, wozu auch die überraschenden Wendungen beitragen.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und lebendig in Szene gesetzt. Ihre glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften ziehen den Leser an, der sich direkt an ihre Fersen heftet, um nichts zu verpassen. Lily ist eine liebenswerte, sehr ehrliche, direkte, ungeduldige junge Frau mit einem großen Gerechtigkeitssinn, die ihr Herz auf der Zunge trägt und sich mutig der Welt stellt. Henrietta sah sich schon lebendig begraben, taut aber mit Lilys Hilfe auf und ist ihrer jungen Gesellschafterin eine gute Ratgeberin, die allerdings auch von Lilys frischer Art profitiert. Marvin ist ein intelligenter, aufrichtiger Mann, der dem Standesdünkel keinen Raum gibt, jederzeit unterstützt und mit wohldosierten Ratschlägen dient. Dabei offenbart er seinen Witz und Charme immer wieder. Aber auch James und der Butler dürfen in dieser außergewöhnlichen Geschichte nicht fehlen.
„Rebellin mit Herz“ ist die Geschichte von „Robina Hood“, die ihrem Namensvetter alle Ehre macht. Mit starken Charakteren, wunderbar humorigen Dialogen, einer spannenden Handlung, dem historischen Setting, wo neben Nächstenliebe auch Romantik ihren Platz hat, schafft Elisabeth Büchle einmal mehr, den Leser von Beginn an die Seiten zu fesseln. Absolute Leseempfehlung für ein Jahreshighlight! Chapeau!!!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.08.2024
Das Lied der Biene
Groß, Gabriela

Das Lied der Biene


ausgezeichnet

Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende. – Demokrit
Seit Jahren ist Marga geschieden und hat mit ihrer Stelle als Haushälterin bei dem Unternehmer Paul Alprecht den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter Conny erarbeitet. Nun geht Conny eigene Wege, der Grund für die momentane Funkstille zwischen Marga und ihr. Wenigstens ihre Freundinnen Kirsten und Eva halten ihr die Stange und versuchen Marga aus ihrem zurückgezogenen Leben zu locken. Als ausgerechnet am Tag, als Marga aufgrund der hochnäsigen und übergriffigen Verlobten ihres Arbeitgebers kündigen möchte, diese im Swimmingpool an einem Bienenstich verstirbt, wendet sich Margas Leben um 180 Grad. Marga möchte ihren Chef Paul in seiner Trauer unterstützen, deshalb schreibt sie ihm via E-Mail anonym Worte des Trostes und der Unterstützung, die Paul langsam wieder aufbauen. Er möchte unbedingt wissen, wer ihm diese Mails zukommen lässt, doch bis er durch Zufall herausfindet, dass es sich hierbei um Marga handelt, stehen sich die beiden privat schon sehr viel näher, als es jeder von ihnen es je für möglich gehalten hätte…
Gabriela Groß hat mit „Das Lied der Biene“ einen wunderschönen, unterhaltsamen Gegenwartsroman vorgelegt, dessen Handlung einerseits wie ein modernes Märchen anmutet, andererseits auch wie aus dem Leben gegriffen zu sein scheint. Der flüssig-leichte, farbenfrohe und empathische Erzählstil stellt den Leser sofort an Margas Seite, lässt diesen tief in ihre Seelenwelt blicken, während er gleichzeitig darauf hofft, dass Margas Leben vom Glück geküsst wird und sie aus ihrem Schneewittchenschlaf erwacht. Marga hat sich über die Jahre selbst immer mehr in den Hintergrund bugsiert und das Leben an sich vorbeiziehen lassen, was zwar sicher ist, aber auch schrecklich langweilig. Doch das Unglück in Pauls Haus lässt sie über sich hinauswachsen. Mutig und liebevoll formuliert sie Briefe per E-Mail an Paul, um nicht nur ihn bei seiner Trauer zu unterstützen, sondern auch, um ihre unbegründeten Schuldgefühle in den Griff zu bekommen. Dass Paul ihr auf die Schliche kommt, gleicht dem verlorenen gläsernen Schuh von Cinderella. Er musste irgendwann herausfinden, wer ihn die ganze Zeit mit sensiblen Worten und Lebensweisheit aufbaut. Die Autorin hat ihre Handlung wunderbar gestrickt und lässt den Leser Stück für Stück den Standesdünkel zwischen Haushälterin und Chef vergessen. Hier geht es um zwei Menschen, die auf der Suche nach dem privaten, erfüllenden Glück suchen und mit Unterstützung ihres Umfeldes Zugeständnisse und mutige Schritte machen müssen, damit es gelingt. Die farbenprächtigen Landschaftsbeschreibungen Portugals bilden einen schönen Rahmen und vermitteln eine aufgelockerte Atmosphäre, in der vieles passieren kann.
Die Charaktere sind ausgesprochen lebendig und authentisch beschrieben. Ihre glaubwürdigen Eigenschaften lassen den Leser glauben, sie schon lange zu kennen, weshalb er ihnen nicht von der Seite weicht, um keinen Augenblick ihres Schicksals zu verpassen. Marga ist eine patente, liebenswerte Frau, die ihr Licht viel zu sehr unter den Scheffel stellt. Sie ist hilfsbereit, zupackend und bisher leider „unsichtbar“. Doch im Verlauf der Geschichte wird sie immer mutiger, gewinnt Stärke und eine gewisse Leidenschaft – sie kämpft für sich und das steht ihr wahnsinnig gut. Paul ist ein freundlicher Mann, der trotz seines Reichtums nicht abgehoben, sondern sehr menschlich geblieben ist. Sowohl sein Freund Jörg als auch Stieftochter Inga nehmen ihm die Scheuklappen von den Augen. Aber auch Margas Tochter Connie sowie die Freundinnen Eva und Kirsten tragen zum Wohlfühlcharakter der Geschichte bei.
„Das Lied der Biene“ ist ein wundervoller Roman über Hoffnung, Mut, den eigenen Schatten zu überspringen, und vor allem Stärke, endlich für sich und sein Glück einzustehen. Ein modernes Märchen, das überall jederzeit wahr werden kann. Absolute Leseempfehlung für einen Roman, der mitten ins Leserherz trifft!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.08.2024
Träume aus Meerglas und Sand
Lowe, T. I.

Träume aus Meerglas und Sand


sehr gut

Wenn du etwas wagst, wächst dein Mut. Wenn du zögerst, deine Angst. – Gandhi
Nach der Scheidung von ihrem berühmten, aber übergriffigen Ehemann Ty kehrt Sophia Prescott mit ihrem dreijährigen Sohn Collin in ihre Heimatstadt Sunset Cove zurück, um dort bei ihrer Mutter und ihren Freundinnen ihre Enttäuschung und ihren Schmerz zu verarbeiten. Derweil lässt sich der engagierte Kinderarzt Weston Sawyer in Sunset Cove nieder, um Abstand vom Unfalltod seiner Frau Claire zu bekommen und einen Neustart zu wagen. Als Sophia sich bei Weston Sawyer für einen Job als Assistentin bewirbt, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, erhält sie schon bald eine Zusage. Doch die Zusammenarbeit zwischen den beiden ist sowohl für Sophia als auch für Weston aufgrund ihrer unterschiedlichen Ansichten eine Herausforderung. Aber Stück für Stück klappt das Miteinander zwischen den beiden immer besser und sie kommen sich immer näher. Gibt es für Sophia und Weston die Chance auf ein gemeinsames Glück?
T. I. Lowe hat mit „Träume aus Meerglas und Sand“ den dritten Teil ihrer Sunset Cove-Reihe vorgelegt, der den Leser nicht nur ins wunderschöne Örtchen Sunset Cove entführt, sondern mit einer berührenden Geschichte wunderbar zu unterhalten weiß. Der flüssige, gefühlvolle und bildhafte Erzählstil stellt den Leser schnell an Sophias Seite, wo ihre Gedanken- und Gefühlswelt kennenlernt und jeden ihrer Schritte mitverfolgt. Die Rückkehr nach Sunset Cove bedeutet für Sophia nicht nur, wieder mit ihren Freundinnen Josie und Opal vereint und ihrer Unterstützung sicher zu sein, sondern auch den Trost und die Liebe ihrer Mutter zu erhalten. Die Misshandlungen durch ihren Ehemann haben Sophia Selbstvertrauen gekostet und seelische Blessuren hinterlassen, die erst einmal verheilen müssen, aber auch Sohn Collin hat an der Trennung der Eltern zu knabbern. Die Arbeit bei Kinderarzt Weston Sawyer hält Sophia in Atem, da sie beide starke Charaktere sind und jeweils mit ihrem Schicksal hadern. Erst, als sich jeder dem anderen nach und nach öffnet und über den erlittenen Verlust spricht, wird die Zusammenarbeit harmonischer und freundschaftlicher. Die Autorin hat ein gutes Händchen für die zwischenmenschlichen Beziehungen sowie die Schicksale ihrer Protagonisten, denn mit viel Empathie und glaubhaften Handlungen sorgt sie beim Leser für warmherzige Lesemomente und eine Gefühlsachterbahn nebst Kopfkino. Der christliche Aspekt wird angenehm mit der Geschichte verwoben und handelt von Vertrauen in Gott, Vergebung, Trauerverarbeitung und Neubeginn.
Die Charaktere sind lebensecht gezeichnet und mit authentischen menschlichen Eigenschaften in Szene gesetzt worden. Aufgrund ihrer Glaubwürdigkeit folgt der Leser ihnen auf Schritt und Tritt und genießt dabei die Zeit in Sunset Cove. Sophia ist eine liebenswerte, aber etwas naive Frau, die aufgrund des ehemals wohlhabenden Lebensstils oft falsch eingeschätzt wird. Sie ist verletzt, unsicher und hadert mit sich selbst, versucht aber, sich für ihren Sohn zusammenzureißen. Weston ist ein sehr gläubiger Mann, der in seinem Beruf seine Berufung gefunden hat. Er ist hilfsbereit und fürsorglich, hat aber mit seinen Dämonen zu kämpfen. Sophias Sohn Collin ist ein Herzensbrecher und das Zünglein an der Waage. Die alten Ladies vom Strickclub sowie die Freundinnen Opal und Josie mit ihren Ehemännern sorgen für zusätzlichen Unterhaltungswert in der Geschichte.
„Träume aus Meerglas und Sand“ ist ein schöner Roman über Neuanfänge, Schicksalsbewältigung, Hoffnung, Liebe und Freundschaft. Den Leser erwartet eine gefühlvolle, abwechslungsreiche Handlung, die aufzeigt, dass der Glaube einiges bewirken kann. Verdiente Leseempfehlung!

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