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'Frances Stonor Saunders has almost single-handedly started off a branch of sub-history; the cultural cold war. Who Paid The Piper? is an extraordinarily good book and I do recommend it to anyone who's remotely interested in the period'- Ian McEwan author of Sweet Tooth

Produktbeschreibung
'Frances Stonor Saunders has almost single-handedly started off a branch of sub-history; the cultural cold war. Who Paid The Piper? is an extraordinarily good book and I do recommend it to anyone who's remotely interested in the period'- Ian McEwan author of Sweet Tooth
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.03.2001

Letztlich nicht messbar
Die strategischen CIA-Aktionen im Kalten Kulturkrieg
Der 50. Jahrestag der Gründung des „Kongresses für kulturelle Freiheit” im Sommer letzten Jahres in Berlin war nicht nur ein Erinnerungstreffen alter Kämpen wie Melvin Lasky, François Bondy oder François Fejtö. Auch viele geläuterte Exlinke waren zugegen, vor allem solche, die nach ihrem K-Gruppen-Elend in den Siebzigern über Hannah-Arendt-Schnellkurse nunmehr gebetsmühlenartig den „anti-totalitären Konsens” beschwören wie große Krisenstäbe nach Terrorakten die „Solidarität der Demokraten”. Doch jenseits des Kongresses tickte eine publizistische Zeitbombe – die umfangreiche Untersuchung der englischen Historikerin Frances Stonor Saunders über die Rolle des CIA im Kulturkampf des Kalten Krieges. Eine deutsche Fassung liegt nunmehr vor.
Darin dokumentiert die Autorin mit umfassendem Archivmaterial, wie der CIA den „Kongress für kulturelle Freiheit” gründete und bis in die sechziger Jahre unterhielt. Die wichtigsten Figuren in der Gründungsphase waren der Kaufmann Michel Josselson, der Komponist Nicolas Nabokov sowie Melvin Lasky, jener „Vater des Kalten Krieges in Berlin”, der mit seinem Spitzbart stets den Eindruck erweckte, als wolle er jeden verfügbaren Kommunisten oder solche, die er freigebig dafür hielt, geradewegs aufspießen. Noch 1948 wurde Der Monat gegründet, auch mit Mitteln aus vertraulichen Fonds des Marshallplans. Erstklassige Autoren veröffentlichten dort wie Ignazio Silone, André Gide, Arthur Koestler oder Stephen Spender. Unter François Bondy erschien 1951 die erste Nummer von Preuves, 1953 entstand die Zeitschrift Encounter – „so lebhaft und scharfzüngig wie eine literarische Cocktailparty”. Außerdem standen Radiosender auf der Liste des CIA . Ausstellungen, Konzerte und Kongresse wurden organisiert, Preise und Stipendien vergeben und hochkarätige Orchester in Freiheitsmission um den Globus geschickt.
Zum negativen Schlüsselerlebnis wurde der Katzenjammer auf jene „Cultural and Scientific Conference for World Peace” im März 1949 im New Yorker Waldorf Astoria, zu der auch die kommunistische Kulturinitiative des Kominform aufgerufen hatte, freilich mit dem aberwitzigen Ziel, die öffentliche Meinung in Amerika zu beeinflussen. „Die Luft knisterte vor Feindseligkeiten”, erinnert sich Arthur Miller. Prominenter Teilnehmer auf kommunistischer Seite war Schostakowitsch, zur Gegenseite gehörten immerhin Benedetto Croce, T. S. Eliot, Karl Jaspers, André Malraux, Bertrand Russell und Igor Strawinsky. Die Waldorf-Konferenz war ein „katalytisches Ereignis”, weil sie eine massive Kampagne auslöste, um gegen die kommunistischen Kulturbemühungen nicht ideologisch ins Hintertreffen zu geraten.
Also folgte dem Kominform gleichsam die „Deminform”. Die Vereinnahmung der westeuropäischen Intelligenz für den amerikanischen Gegenentwurf zur Rettung der westlichen Freiheit vor dem Dunkel des Kommunismus konnte beginnen. Der Plan des CIA wähnte sich als Coup, für die Zerstörung des kommunistischen Mythos nicht-kommunistische Vertreter der Linken und nicht etwa rechte Leute im Rahmen einer Überzeugungs-kampagne zu mobilisieren. Eine naive Annahme, sollte doch die Erfahrung bald zeigen, dass exkommunistische Konvertiten in Zeiten des Kalten Krieges kaum als Linksliberale wieder zu kommen pflegten und solche, die es dennoch taten, kaum Neigung verspürten, sich mit CIA-Initiativen anzufreunden. So fragt die Autorin nach den merkwürdigen „alchemistischen Tricks” des CIA, „sich gegenüber anerkannten Intellektuellen glaubhaft als der goldene Schrein eines ehrfurchtsvoll gehüteten Linksliberalismus hinzustellen”.
1950 wurde zum großen Gegenschlag zur frustrierenden Waldorf-Astoria-Konferenz ausgeholt – der „Kongress für kulturelle Freiheit” in Berlin. Im Zimmer der Freiheit durfte es fortan keine neutrale Ecke mehr geben, Äquidistanz galt als Ketzerei und Neutralismus als Sowjetschwindel. Opportunismus und Mitläufertum sollten an den Pranger gestellt werden. Bei Nacht waren alle Katzen grau. „Freunde, die Freiheit ist auf dem Vormarsch”, schwärmte Koestler in einer Kundgebung unterm Funkturm. Doch Trevor-Roper beschlich das ungute Gefühl, „sie seien eingeladen worden, um den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben”. Auch ein Pfarrer namens Adolf Grimme meldete sich zu Wort, dem es nicht gefiel, „dass heute glühend abgelehnt würde, was früher ebenso glühend unterstützt wurde”. Dennoch konnte sich die politische Resonanz sehen lassen. General Magruder im Pentagon pries den Kongress als „raffinierte Tarnoperation auf höchstem intellektuellem Niveau und als unkonventionelle Kriegsführung der besten Art”.
1952 organisierte die Kulturpropagandamaschinerie in Paris ein Riesenfestival mit dem Boston Symphony Orchestra. Amerika sei nun ein Teil Europas geworden, schwelgte Malraux, während die Gegner über ein „Festival der Nato” lästerten. Das Orchester bereiste andere westeuropäische Großstädte als Vorzeigeobjekt amerikanischer Werte, auch wenn ihr kultureller Beitrag „letztlich nicht messbar” war, wie ein Funktionär enttäuscht begreifen musste. Unter Eisenhowers Präsidentschaft geriet der Kongress zusehends in die Wirren der US-Innenpolitik, ausgehend von der Kreuzzugsideologie im Weißen Haus: „Wir versuchen, die Welt mit friedlichen Mitteln dazu zu bewegen, die Wahrheit zu glauben, und die Wahrheit ist, dass Amerika eine friedvolle Welt anstrebt. ” Als Julius und Ethel Rosenberg 1953 wegen Sowjetspionage zum Tode verurteilt wurden, kam es zu heftigen Kontroversen im Encounter, ehe in der McCarthy-Ära die CIA-Strategie ad absurdum geführt werden sollte, nicht-kommunistische Linke zu unterstützen.
Das amerikanische Komitee hatte sich klar von seinen Prinzipien entfernt. „Es wurde zur Gewohnheit, die Qualität kulturellen Schaffens danach zu beurteilen, welcher politischen Richtung der Künstler vermutlich angehört. ” Und je mehr der CIA als amerikanisches Kultusministerium auftrat, desto schwieriger war es, den Eindruck einer Einrichtung zu vermitteln, „die lediglich die spontane Überzeugung freiheitsliebender Personen repräsentiert”. Die umfangreiche Studie der Frances Saunders macht deutlich, wie angesehene Vertreter der westlichen Intellektuellen „wissentlich oder unwissentlich, willentlich oder unwillentlich” zu Werkzeugen des amerikanischen Geheimdienstes wurden. Gleichwohl sollte man sich vor raschen moralischen Verurteilungen hüten, denn die Rolle des CIA als skrupelloses Interventionsinstrument bei Regierungsstürzen, Wirtschaftskriegen und Sabotageakten war in der Gründungsphase längst noch nicht empirisch erhärtet. Außerdem finanzierte der CIA die Veröffentlichung von mindestens eintausend, zum Teil bedeutenden Büchern, die sich kaum als politisch genehme Auftragsarbeiten denunzieren ließen. George F. Kennan brachte es auf den Punkt: „Dieses Land hat kein Kultusministerium, und der CIA musste diese Lücke, so gut es ging, schließen. Man sollte ihn dafür loben, nicht kritisieren. ”
Am Ende wurden die letzten Protagonisten des amerikanischen Kulturkongresses verhöhnt: Sie verstünden von der Weltpolitik nur das Führen eines Spesenkontos. Außerdem könnten sie sich nicht beantworten, „wie es den Kommunisten trotz all ihrer Verbrechen gelungen war, nach wie vor als moralisch überlegen zu gelten”. Noch deutlicher wurde eine Hinterbliebene: Leute wie Lasky hätten letztlich genau so gedacht „wie die Russen. Für sie war das alles lediglich ein strategisches Spiel. ”
NORBERT SEITZ
FRANCES STONOR SAUNDERS: Wer die Zeche zahlt . . . Der CIA und die Kultur im Kalten Krieg. Aus dem Englischen von Markus P. Schupfner, Siedler Verlag, Berlin 2001. 480 Seiten, 48,80 Mark.
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