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Masters of the Universe describes neoliberalism's road to power, beginning in interwar Europe but shifting its center of gravity after 1945 to the United States, especially to Chicago and Virginia, where it acquired a simple clarity that was developed into an uncompromising political message. Neoliberalism was communicated through a transatlantic network of think tanks, businessmen, politicians, and journalists that was held together by Friedrich Hayek and Milton Friedman. After the collapse of Bretton Woods in 1971, and the "stagflation" that followed, their ideas finally began to take hold…mehr

Produktbeschreibung
Masters of the Universe describes neoliberalism's road to power, beginning in interwar Europe but shifting its center of gravity after 1945 to the United States, especially to Chicago and Virginia, where it acquired a simple clarity that was developed into an uncompromising political message. Neoliberalism was communicated through a transatlantic network of think tanks, businessmen, politicians, and journalists that was held together by Friedrich Hayek and Milton Friedman. After the collapse of Bretton Woods in 1971, and the "stagflation" that followed, their ideas finally began to take hold as Keynesianism appeared to self-destruct. Later, after the elections of Reagan and Thatcher, a guileless faith in free markets came to dominate politics.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.07.2013

Das Gemeinwohl und seine Feinde
Thatcher, Reagan und die „Masters of the Universe“: Daniel Stedman Jones erzählt die wahre Geschichte des neoliberalen Marktradikalismus
Geschichtslosigkeit ist eines der auffälligsten Merkmale des Neoliberalismus. Erlebtes und Erfundenes, reduzierte und banalisierte Geschichte steht im Hintergrund der abstrakten ökonomischen Theorien. Einfache Geschichten verkaufen sich einfach besser. Auch die Gegner halten sich an diese Grundregel auf dem Discount-Marktplatz der Ideen. Die prominenten Neoliberalismus-Kritiker schaffen es, mit ähnlich wenigen Leitideen ihre Botschaft zu verbreiten: Dann sind wir bei der – wahlweise – großen Schocktherapie- oder Spieltheorie-Verschwörung zum Zwecke der maßlosen Selbstbereicherung. Die neoliberalen Gründerväter haben es mit der Geschichte schon nicht so genau genommen. Ihre verspäteten Antagonisten übertreffen sie darin noch.
  Doch auch kluge kritische Analytiker des Neoliberalismus tappen immer wieder in die Falle der Geschichtslosigkeit. „Neoliberalismus zur Einführung“ von Thomas Biebricher wird Studenten als verlässliche Einführung in die Theorien und Modelle der wichtigsten neoliberalen Denker dienen. Biebricher zeigt auch, wie der Neoliberalismus in die zeitgenössischen Sozialwissenschaften eingesickert ist: Governance oder „Responsibilisierung“ des Individuums sind hier die Stichworte. Aber es bleibt bei der Einführung in ein von Zeit und Ort weitgehend abstrahiertes Denken, dem man scheinbar nur auf theoretischer Ebene begegnen kann.
  Damit wird die Möglichkeit verschenkt, eine Erklärung für die rasante Ausbreitung des neoliberal begründeten Marktradikalismus von den Achtzigerjahren bis heute zu finden. Die Suche danach müsste individuellen Konstellationen nachspüren, die Kontextabhängigkeit und Zufälligkeit der Ausbildung neoliberaler Theorie und noch mehr ihrer Wirkung auf die Politik berücksichtigen. Wie weit diese Suche führt, hat nun Daniel Stedman Jones vorgeführt. Sein Buch „Masters of the Universe“ bringt Politik- und Ideengeschichte mustergültig miteinander in Verbindung.
  Stedman Jones folgt zunächst den von anderen Historikern ausgelegten Spuren. Dabei geht es nicht nur um die mittlerweile gut ausgeleuchtete Geschichte der geheimnisumwitterten Mont Pelerin Society, einer Vereinigung von Ökonomen und anderen Wissenschaftlern, Unternehmern, Journalisten, Beratern und Politikern mit der Absicht, neoliberale Rezepte – Privatisierung, Deregulierung, Geld- statt Fiskalpolitik – unter den transatlantischen Eliten zu popularisieren. Dieses Netzwerk war der Paradefall für das, was der neoliberale Erzvater Friedrich August Hayek mit „second-hand dealers in ideas“ meinte.
  Ohne die Gegenseite hätte es den Neoliberalismus nicht gegeben, aber von seinem Erfolg wurden sogar seine wichtigsten Denker überrascht. Hayek, Karl Popper und Ludwig von Mises, die Stedman Jones als die Ahnherren der österreichischen Linie des Neoliberalismus ausführlich behandelt, formulierten nicht nur eine philosophische Antwort auf den Totalitarismus, die genau betrachtet manchen späten Vorstellungen der Frankfurter Schule von der Schutzlosigkeit des Individuums in der „verwalteten Welt“ gar nicht so unähnlich ist. Mit entschlossenen Geschichtsumdeutungen zielten diese Theorien auf die Tat – bei aller Mathematik ging es immer um ein ideologisches Programm.
  Mises war am kompromisslosesten in seiner Ablehnung aller Einschränkungen des Wirtschaftslebens. Seine weit über neoliberale Kreise hinaus selbstverständlich gewordene Bürokratiekritik ist ein gutes Beispiel für eine Strategie von Gleichsetzungen, bis die „slippery slope“ geebnet ist: Der Nationalsozialismus wird – gegen alle historische Evidenz – zum Inbegriff von Staatlichkeit erklärt, die Bürokratie zum entscheidenden Handlungsinstrument des Staates. Wo es also Verwaltung gibt oder ihr zu viel Einfluss zugestanden wird, herrscht der Obrigkeitsstaat, das Individuum wird paternalistisch bevormundet und zunehmend erstickt. Der Freiheitstest findet bei Mises auf dem Markt statt, jede Einschränkung ist bereits eine mögliche Keimzelle des Totalitarismus.
  Mises verfasste seine radikale Bürokratiekritik während des Zweiten Weltkriegs im amerikanischen Exil. Damals befürwortete Hayek noch begrenzte Staatsinterventionen, nicht nur im Rahmen der Kriegswirtschaft, und Popper dachte ohnehin eher an eine „humanistische“ Internationale gegen den Totalitarismus, die auch um Sozialdemokraten und Linksliberale werben sollte. Erst die Dominanz eines „keynesianischen“ Konsenses unter den Ökonomen nach dem Krieg – Staatsziel Vollbeschäftigung bei Inflationstoleranz, Lenkung von Angebot und Nachfrage durch Steuerpolitik und öffentliche Ausgaben – führte zur Formierung einer internationalen Gegenbewegung, mit einer starken Fraktion österreichischer Emigranten und Zentren in London, Chicago, Paris und Freiburg. Sie kündigte die grundlegende Einsicht des Keynesianismus auf, dass der Kapitalismus krisenanfällig war und diese Krisen sich ohne Eingreifen des Staates so sehr zuspitzen konnten, dass die Demokratie in Gefahr geriet. Den Staat forderten die Neoliberalen dennoch, als Garanten des Markts, als Instanz zur Steuerung der Geldmenge – wobei zwischen deutschen Ordoliberalen oder der älteren Chicagoer Schule einerseits und den jüngeren Ökonomen in Chicago um Milton Friedman andererseits Uneinigkeit darüber bestand, ob Monopole zu verhindern oder nicht doch nützlich waren. Das alles waren akademische Debatten. Und auch das wachsende Netzwerk der „second-hand dealers in ideas“, das von Hayek oder Friedman in Vorträgen und Schriften mit Populärvarianten ihrer Theorien versorgt wurde, änderte wenig daran. Das Geld kam von vereinzelten Unternehmern wie dem britischen König der Legehennenbatterien, aber es handelte sich um alles andere als eine Verschwörung der Wirtschaft – die meisten Unternehmen hatten sich mit dem „keynesianischen“ Konsens arrangiert.
  Was diesen zum Einsturz brachten, war er selbst. Der Hochmut der Wirtschaftsexperten war auch in den Sechzigerjahren ein verbreitetes Phänomen; von Keynes’ Flexibilität und Offenheit für neue Probleme war unter den neokeynesianischen Ökonomen und Politikern nichts zu spüren. Der Krieg in Vietnam brachte die hohen Staatsausgaben der westlichen Wohlfahrtsstaaten zum Explodieren. Inflation galoppierte allerorten, da über das Bretton Woods-System alle westlichen Volkswirtschaften an den amerikanischen Dollar gekoppelt waren. Als dieser seine Stabilität verlor, gab es kein Halten mehr. Doch den Experten fiel nur „more of the same“ ein. Womit alles noch schlimmer wurde.
  Die Ironie ist, dass das „keynesianische“ System vielleicht zu stabilisieren gewesen wäre, wenn Präsident Nixon auf den Rat Milton Friedmans gehört und die Geldmenge reduziert hätte. Der Monetarismus Friedmans bewegte sich innerhalb des makroökonomischen Rahmens, den Keynes und andere gesetzt hatten. Doch Nixon war nicht nur beratungsresistent, er war ein einmaliger politischer Opportunist. Für einen Wahlsieg verkaufte er die Chance auf ökonomische Stabilisierung – mit globalen Konsequenzen.
  Es waren zentristische und linke Regierungen, Carter in den USA und Callaghan in Großbritannien, die nach Lösungen für Inflation, Arbeitslosigkeit, Rezession und Staatsverschuldung suchten, die sich nicht völlig den Marktmechanismen entzogen. Deregulierung und Privatisierung wurden zuerst und maßvoll von Regierungen der linken Mitte eingesetzt. Mit zwei weiteren Zufällen – den Wahlsiegen Thatchers und Reagans 1979 und 1980 – änderte sich zunächst kaum etwas; viele ihrer wirtschaftspolitischen Entscheidungen standen in direkter Kontinuität zu denen ihrer moderat linken Vorgänger. Doch die Rhetorik und das Personal änderten sich. Jetzt kamen die lange an den Rand gedrängten Ideologen des Markts zum Zug. Eine ideologische Eigendynamik führte seit Mitte der Achtzigerjahre zu den Eingriffen, die als Thatcher- oder Reagan-Revolutionen gelten. Wie viel Zufall dabei im Spiel war und wie deutlich anfangs die Kontinuität ausfiel, macht Stedman Jones beeindruckend sichtbar. Hier wechselt sein Buch den Gang und hängt alle Vorarbeiten ab. Fallstudien zum Wandel der wirtschaftspolitischen Strategie und zum öffentlichen Wohnungsbau zeigen bis ins Detail, wie groß, unkalkulierbar und unsicher der Schritt von den Ideennetzwerken zur Durchsetzung einer Politik war, die erst nach und nach neoliberal wurde.
  Als ökonomische Einsichten waren die Theorien von Friedman und anderen ins wohlfahrtsstaatliche System des demokratischen Kapitalismus zu integrieren. Callaghan oder Carter zielten mit ihren marktgerechten Reformen immer auch auf eine Vitalisierung der Gesellschaft und eine Stärkung des Bürgersinns; das Öffentliche, der Staat, sollte nicht an Bedeutung verlieren, sondern nur effizienter werden – etwa so wie es in Skandinavien seit den Neunzigerjahren geschehen ist. Das wäre eine mögliche und ökonomisch erfolgreichere Entwicklung auch in den USA oder in Großbritannien gewesen. Was den Neoliberalismus, wie wir ihn heute kennen, als System hervorbrachte, war der ideologische Overdrive, die politisch-philosophisch fundierte Feindschaft gegenüber Staat, Gesellschaft, Öffentlichkeit, Gemeinwohl. Umverteilung findet nun von unten nach oben statt. Stedman Jones scheint wenig Hoffnung zu haben, dass sich in der Krise heute etwas ändert, auch wenn er für intelligentes Regieren, für eine Politik der klugen Reform und Regulierung plädiert.
  Ihm bleibt die bittere Schadenfreude über eine unbeabsichtigte Folge der so unwahrscheinlichen neoliberalen Umwälzung: Jede Revolution frisst ihre Kinder; den konservativen Politikern, die den Neoliberalismus umarmt hatten, wurden am Ende all ihre kulturellen Gewissheiten genommen.
TIM B. MÜLLER
Thomas Biebricher : Neoliberalismus zur Einführung. Junius Verlag, Hamburg 2012. 228 Seiten, 14,90 Euro.
Daniel Stedman Jones : Masters of the Universe. Hayek, Friedman and the Birth of Neoliberal Politics. Princeton University Press, Princeton 2012. 418 Seiten, ca. 27 Euro.
Mit entschlossenen
Geschichtsumdeutungen zielten
die Theorien auf die Tat
Jede Revolution frisst ihre Kinder:
Diese nahm den Konservativen
ihre kulturellen Gewissheiten
Der „keynesianische“
Konsens hat sich selbst
zum Einsturz gebracht
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"Mr. Stedman Jones offers a novel and comprehensive history of neoliberalism. It is tarred neither by a reverence for the heroes, nor by caricature, for he is a fair and nuanced writer. This is a bold biography of a great idea."--Economist