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Der erfolgreiche Getränkehändler und Barbesitzer Malte Dinger ist ein Glückspilz. Als er jedoch unverschuldet in die Fänge der Justiz gerät, steht plötzlich seine ganze Existenz auf dem Spiel. Für den Balkan-Casanova Branko ist das Leben da schon vorbei. Vieles deutet darauf hin, dass er das Opfer abseitiger sexueller Praktiken geworden ist, doch Kommissar Groschen glaubt nicht recht daran. Das Verhältnis Brankos zu der lustig gewordenen Witwe des Bautycoons Hauenstein bringt dann die Machenschaften der neuen rechtsnationalen Regierung ans Licht, die den bevorstehenden Opernball als…mehr

Produktbeschreibung
Der erfolgreiche Getränkehändler und Barbesitzer Malte Dinger ist ein Glückspilz. Als er jedoch unverschuldet in die Fänge der Justiz gerät, steht plötzlich seine ganze Existenz auf dem Spiel. Für den Balkan-Casanova Branko ist das Leben da schon vorbei. Vieles deutet darauf hin, dass er das Opfer abseitiger sexueller Praktiken geworden ist, doch Kommissar Groschen glaubt nicht recht daran. Das Verhältnis Brankos zu der lustig gewordenen Witwe des Bautycoons Hauenstein bringt dann die Machenschaften der neuen rechtsnationalen Regierung ans Licht, die den bevorstehenden Opernball als Propagandaspektakel inszenieren will. Franzobels neuer Krimi spielt in der Zukunft, ist aber brandaktuell.

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Autorenporträt
Franzobel, geboren 1967 in Vöcklabruck, erhielt u. a. den Ingeborg-Bachmann-Preis (1995), den Arthur-Schnitzler-Preis (2002) und den Nicolas-Born-Preis (2017). Bei Zsolnay erschienen zuletzt der Krimi Rechtswalzer (2019) sowie die in zahlreiche Sprachen übersetzten historischen Romane Das Floß der Medusa (2017), Die Eroberung Amerikas (2021) und Einsteins Hirn (2023).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.04.2019

Wo man sich's im Feschismus richtet
Alles Rechtswalzer: Franzobel persifliert in seinem Politthriller das neue Österreich

Mal verglimmt Franzobels beträchtlicher Sprachwitz in ausufernden Wortspielhöllen und Kalauerkaskaden, mal mischt er sich keck in die politischen Weltläufte ein, mal verfehlt er sie haarscharf mit Trash-Satiren und fröhlicher Science-Fiction. In seinem letzten Roman erzählte Franzobel die Geschichte vom "Floß der Medusa" als höhnische Umkehrung aktueller Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer: Damals, 1816, waren es zivilisierte Europäer, die auf dem Weg nach Afrikas Schiffbruch erlitten und beim Kampf ums Überleben in kannibalistische Urzustände zurückfielen. Jetzt reaktiviert Franzobel seinen schon aus "Wiener Wunder" und "Groschens Grab" bekannten Kommissar Falt Groschen für eine Dystopie aus der nahen Zukunft.

Österreich, 2024. Die türkisblaue Regierung hat "ausgeschissen", die EU ist Geschichte, aber der Populismus schreitet weiter von Sieg zu Sieg. Die neue "Limes"-Regierung propagiert den "wahren Sozialismus", Österreich first und "Wir sind das Volk". Die Erbübel des kakanischen Wesens werden wieder auf Vordermann gebracht: Spezerl, die alles "amical regeln" wollen, "kernige, eingetrachtete" Volksrocker, ein jovialer Feschismus, der Sachertorte und Totschlag, Ausländerhass und gschamigste Unterwürfigkeit gegenüber potenten Investoren und Touristen zwanglos verbindet.

Nicht zufällig zitiert Franzobel in seinem Motto Houellebecqs "Unterwerfung". Malte Dinger wäre ein Mann nach Houellebecqs Geschmack: Zyniker, Macho, Besitzer eines Getränkehandels mit angeschlossener Bar, linksliberal, aber im Grunde zu feig und träge für eine Meinung. Die neue Regierung ist ihm peinlich, aber immerhin darf man wieder ohne Gurt und Tempolimit Auto fahren, im Beisl rauchen und sagen, was man über die Tschuschen, Neger und Schwuchteln schon immer dachte.

Wie schnell man mit dem Gesetz kollidiert, erfährt Malte leidvoll, als er beim unabsichtlichen Schwarzfahren ertappt wird. Von der Polizei als renitentes "Freunderl" erkennungsdienstlich behandelt und lustvoll schikaniert, wird er gleich mal für drei Tage in U-Haft gesperrt. Hinter Gittern machen ihm rüde Vollzugsbeamte, desinteressierte Pflichtverteidiger, georgische Banden und Neonazis das Leben zur Hölle. Franzobel hat in der Justizvollzugsanstalt Josefstadt recherchiert und aus dem "Häfen" schöne Austriazismen wie Brezeln (Handschellen) und Giftler (Drogenbullen) mitgebracht.

Die Leiden des Knast-Hiobs machen den einen Handlungsstrang von "Rechtswalzer" aus. Der andere, durch Maltes Zellengenossen, den Lobbyisten Ybbserl, nur notdürftig verknüpft, spielt in Untergrutzenbach, einem Provinzidyll. Der smarte Bürgermeister lässt sich hier von zwei Bauunternehmern schmieren, die Chefin des Familienclans hält sich einen osteuropäischen Gigolo als Witwentröster, der aber bald mit verkochten Gedärmen tot aufgefunden wird. Die Untergrutzbacherinnen gehen ins Sonnenstudio oder fremd, pflegen Kultur, Charity und die Kunst der Intrige. Die Männer hüten ihre schmutzigen kleinen Geheimnisse zwischen Golfclub und Puff. Der Whistleblower, der Licht ins Dunkel bringen könnte, ist spurlos verschwunden.

Franzobel schildert den korrupten Sündenpfuhl nicht ohne Behagen und lässt keine Gelegenheit zu komischen Exkursen und galligen Seitenhieben gegen Luxusgrills, "Blattgoldgustl" Klimt oder Poetry Slam ("Paralympics für Dichter") ungenutzt verstreichen. Das verlangsamt den Gang der Erzählung und kühlt den Thrill des ohnehin recht gemütlichen Politthrillers weiter herab. Die österreichische Hölle erreicht traditionell ihren Siedepunkt auf dem Opernball, dem "Dschungelcamp" der Reichen und Schönen. Josef Haslinger machte Mörtels Sause schon 1995 zur Zielscheibe eines Neonazi-Attentats; diesmal will die feministische Burschenschaft Hysteria mit einem Anschlag für die Wiedereinführung des Matriarchats werben.

So wirbelt "Rechtswalzer" alles links im Kreis herum, und am Ende ist nicht nur Kommissar Groschen froh, dem turbulenten Polit-Reigen in Richtung Moldawien zu entkommen. Franzobel ist kein zweiter Houellebecq und trotz einigen unappetitlichen Todesfällen auch kein Tarantino, aber immer gut für unterhaltsamen Schund und Schmäh.

MARTIN HALTER

Franzobel: "Rechtswalzer". Kriminalroman.

Zsolnay Verlag, Wien 2019. 416 S., br., 19,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"In seinem Kriminalroman'Rechtwalzer' hat der österreichische Schriftsteller Franzobel das Koalitionsprogramm zu Ende gedacht und mit ein paar Grotesken ausgekleidet - und schon traf er ins Schwarze." Roman Bucheli, Neue Zürcher Zeitung, 28.06.19

"Franzobel garniert seine Geschichte in gewohnter Manier mit grotesken Details und gewagten Metaphern. ... Der Roman ist eine amüsante, flott geschriebene Lektüre mit düsteren Denkanstößen." Ralf Leonhard, taz, 28.02.19

"Der Balanceakt zwischen ernstem Ton und franzobel'schen Witzen gelingt überraschend gut." Sebastian Fasthuber, Falter, 20.02.19

"Franzobel bittet zu einem Tanz zwischen politischer Fiktion und Wiener Krimi-Geschehen. ... Angelehnt ist die Geschichte an Michel Houellebecqs Bestseller 'Unterwerfung' - nur halt auf wienerisch. Und witziger." Juliane Lehmayer, ORF, 13.02.19

"Was auf den ersten Blick so grell überzeichnet wirkt, wird man in fünf oder zehn Jahren vielleicht ganz anders lesen. Wir müden Europäer können ein paar unsanfte Fausthiebe dieser Sorte gerade ganz gut gebrauchen." Alexander Solloch, NDR Kultur, 13.02.19

"Geistreich, witzig und spannend - großer Lesespaß. Andererseits auch ein sehr ernsthaft geschriebenes Buch mit komplex gezeichneten Figuren, großem Wortreichtum und den verrücktesten österreichischen Ausdrücken." David Eisermann, WDR5 Scala, 05.02.19

"Franzobel bietet eine Fülle von extravaganten Einfällen und überraschenden Wendungen auf, um die Leserin, den Leser über 400 Seiten bei der Stange zu halten. (...) Wer einen Sinn hat für den bizarr-satirischen Zugriff auf die Wirklichkeit, den Franzobel pflegt, wird sich bestens unterhalten bei der Lektüre dieses Buchs, das der unerfreulichen politischen Gegenwart die subversive Macht befreienden Lachens entgegensetzt." Günter Kaindlstorfer, BR Diwan, 03.02.19

"'Rechtswalzer' liest sich ungemein vergnüglich, Franzobel ist und bleibt ein Wortakrobat! Satirisch, g'schert, scharfzüngig." Sabine Willkop, ARTE Metropolis, 27.01.19

"Franzobel steigert sich in eine wunderbare Satire, was wahre Kunst ist, denn auf einen Event (der Opernball, Anm.), der per se schon absurd ist, noch eins draufzusetzen, ist schwer." Ingeborg Sperl, Der Standard, 26.01.19
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