Wolfgang Niedecken hat seine Memoiren geschrieben. Viele werden jetzt denken: „Ach, noch einer der meint, er hätte was zu erzählen!“ Aber Niedecken ist eben kein 17jähriger Hollywood-Jüngling der meint, alles gesehen zu haben, nur weil er einmal seine Nase hinter den Hollywood Hills hervor gereckt
hat. Niedecken hat was zu erzählen. Und wie er erzählt. Er macht nicht den Fehler, den viele machen,…mehrWolfgang Niedecken hat seine Memoiren geschrieben. Viele werden jetzt denken: „Ach, noch einer der meint, er hätte was zu erzählen!“ Aber Niedecken ist eben kein 17jähriger Hollywood-Jüngling der meint, alles gesehen zu haben, nur weil er einmal seine Nase hinter den Hollywood Hills hervor gereckt hat. Niedecken hat was zu erzählen. Und wie er erzählt. Er macht nicht den Fehler, den viele machen, die sich an der Niederschreibung ihrer Lebensgeschichte versuchen. Er fängt nicht bei dem kleinen Jungen an und hört bei dem weisen Mann auf. Er erzählt, wie man eben erzählt. Kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen, bleibt nur in groben Zügen chronologisch. Von seiner Kindheit in der Kölner Südstadt in der es in den Nachkriegsjahren keine Spielplätze sondern Trümmer gab, von Rittern auf der Vringspooz, Internatsjahren und kölschem Klüngel „… Kölscher Klüngel? Dä jitt et jar nit… ävver et ess schon besser, wemmer einer kennt!“
Über seine Zeit als Künstler im Big Apple, Anfänge in der Musik und die ersten Erfolge mit BAP. „Ein Auftritt im „Chlodwig Eck“ und vielleicht noch einer in einem Vorort von Köln, das war schon fast eine Tournee. Zumindest, wenn man fest daran glaubte.“
Man erfährt viel über den Mann, mit der „merkwürdije Sprooch“. Über den Künstler Niedecken und seine musikalischen Vorbilder ebenso wie über Vorbilder in der Bildenden Kunst. Von den Kinks und Bob Dylan bis zu Larry Rivers, Julian Schnabel und Michael Buthe.
Ein außergewöhnliches Treffen mit Heinrich Böll, ein Song mit Joseph Beuys, ein unverhofftes Duett mit Bob Dylan… Niedecken verwischt die Grenzen zwischen den Künsten und vor allem gibt es keine Grenzen zwischen ihm als Mensch und seiner Kunst. Nichts, was er nicht für seine Kunst verwendet. Egal ob seine Erinnerungen und Erlebnisse, die in seine immer aussagekräftigen Liedtexte einfließen oder alle erdenklichen Gefühle und Materialien, die in seinen Gemälden und Installationen Verwendung finden. Der BAP-Frontmann ist von seiner Kunst nicht wegzudenken. Weder von der einen noch von der anderen. „What’s wrong with Staples?“
Seine Erzählung über seinen ersten Besuch in Afrika sind der Teil des Buches, der wohl jedem im Halse stecken bleibt und gerade deshalb bin ich ihm dankbar, dass er ihn nicht ausgespart, nicht über die Maßen geschönt oder unangenehmes weggelassen hat. Er verschließt die Augen nicht und erspart es auch seinen Mitmenschen nicht, wenigstens darauf hingewiesen zu werden, dass man mit offenen Augen besser sieht und dass man Dinge und Zustände, für die man einmal bewusst die Augen geöffnet hat, nicht mehr ausblenden kann. Nach der Lektüre des Buches fühlt man sich, als hätte man eine ganze Nacht lang mit einem guten alten Freund eine Flasche Whisky geleert und sich dabei seine unglaublich spannende, großartige und interessante Lebensgeschichte angehört. Die teilweise offenen, teilweise versteckten Hinweise auf sein Liedgut sind dabei kleine Schmankerl, die den geneigten BAP-Fan wissend schmunzeln lassen. Seit langem begleitet mich Niedeckens Musik, seine wunderbaren Texte, die nie sinnentleerter Schmonz sind und mit denen er sich zum Glück nie untreu wurde, auch wenn es einige hartnäckig versuchten, durchs Leben und auch, wenn es hin und wieder mal ein Album gab, das mir besser gefiel als ein anderes, habe ich immer die unverkennbare Handschrift entdecken können, die hinter allem stand. Genau wie in diesem Buch, indem er einmal mehr zeigt, dass sich Heimatverbundenheit und Fernweh nicht ausschließen und kein Fehler zu dumm ist, als dass man nicht doch noch etwas aus ihm lernen könnte. -Aufgrund der Begrenzung auf 4000 Zeichen gekürzt