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Zum ersten Mal: ein Bildband über die Familiengeschichte der Manns, der "deutschen Windsors" - mit vielen unveröffentlichten Fotos und Dokumenten
"Was für eine sonderbare FAMILIE sind wir! Man wird später Bücher über UNS - nicht nur über einzelne von uns - schreiben". notierte Klaus Mann 1936 in seinem Tagebuch. Er sollte Recht behalten. Nie war das Interesse an Thomas Mann und den Seinen größer als heute, und es gibt - wie dieses Buch eindrucksvoll zeigt - noch immer viel Neues zu entdecken. Der Bildband "Die Kinder der Manns" widmet sich erstmals allen sechs Kindern von Thomas und Katia…mehr

Produktbeschreibung
Zum ersten Mal: ein Bildband über die Familiengeschichte der Manns, der "deutschen Windsors" - mit vielen unveröffentlichten Fotos und Dokumenten
"Was für eine sonderbare FAMILIE sind wir! Man wird später Bücher über UNS - nicht nur über einzelne von uns - schreiben". notierte Klaus Mann 1936 in seinem Tagebuch. Er sollte Recht behalten. Nie war das Interesse an Thomas Mann und den Seinen größer als heute, und es gibt - wie dieses Buch eindrucksvoll zeigt - noch immer viel Neues zu entdecken. Der Bildband "Die Kinder der Manns" widmet sich erstmals allen sechs Kindern von Thomas und Katia Mann: von den ältesten, Erika und Klaus, über die 'mittleren', Golo und Monika, bis hin zu den Nachzüglern Elisabeth und Michael Mann.
Das Familienalbum beginnt mit Erikas Geburt 1905 und endet mit Elisabeths Tod 2002. Die Spanne reicht also von den Anfängen der gemeinsam in München verbrachten Kindheit über die 'wilden' Jahre der Weimarer Republik, die Zeit der Emigration ab 1933 und die schwierige Epoche nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die jüngste Vergangenheit. "Die Kinder der Manns" dokumentiert eine außergewöhnliche Familiengeschichte - und präsentiert zugleich ein Panorama des 20. Jahrhunderts.
Autorenporträt
Uwe Naumann, geboren 1951 in Hamburg. Studium der Germanistik, Soziologie und Pädagogik in Hamburg und Marburg. 1976 Erstes, 1979 Zweites Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien. 1983 Promotion. 1984 bis 1985 Mitarbeiter der Hamburger Arbeitsstelle für deutsche Exilliteratur, Universität Hamburg. Seit 1985 Mitarbeit im Lektorat der Rowohlt Verlage, 2000 bis 2012 Programmleiter Sachbuch bei Rowohlt, danach Koordinator E-Book. Seit Ende 2016 im Ruhestand, weiterhin beratende Tätigkeit für Rowohlt. Lehrbeauftragter an den Universitäten Lüneburg und Mainz. Herausgeber der Reihe «rowohlts monographien». Features, Essays und Kritiken für verschiedene Rundfunkanstalten. Herausgeber der Werke von Klaus und Erika Mann und von Heinar Kipphardt. Edierte die Bildbände «'Ruhe gibt es nicht, bis zum Schluß'. Klaus Mann (1906-1949)», 1999, und «Die Kinder der Manns. Ein Familienalbum», 2005. Zahlreiche weitere Editionen, vor allem zur deutschsprachigen Exilliteratur.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.12.2005

Eine Familie als offenes Buch
Je schöner die Idylle, desto tiefer die Abgründe: Die vorzügliche Ausstellung „Die Kinder der Manns” im Münchner Literaturhaus
Thomas Mann steht vor dem herrschaftlichen Aufgang zu seiner Villa in der Münchner Poschinger Straße. Seine jüngste Tochter, die über alles geliebte Elisabeth, stakst auf ihn zu. Sie dürfte gerade mal zwei Jahre alt sein. Der glückliche Vater beugt sich hinunter, ergreift beherzt das Mädchen - und wie in einem mustergültigen Werbespot stemmt er es in die Höhe, um es dort, über seinem Kopf, ein wenig zu schütteln, ehe er das Kind auf Brusthöhe in seinen Armen birgt. Nun spricht er zu Elisabeth, diese schaut in die Kamera, hochkonzentriert, mit nachdenklichem Blick, als würde sie jedes der Worte ihres Vaters wohl erwägen. Dann, plötzlich, als habe sie nun die Pointe erfasst, wendet sie den Kopf zum Vater und lacht herzlich auf. In diesem Moment kommen zwei Jungs angestürmt, bremsen scharf vor Thomas Mann ab: Es sind Klaus und Golo. Klaus bekommt vom Vater einen jovialen Klaps auf die Schulter, während Golo rasch die Hand geschüttelt wird. Schluss der Szene.
Die kleine Filmaufnahme - sie dauert insgesamt nicht länger als vielleicht 30 Sekunden - ist Teil der vorzüglichen Ausstellung „Die Kinder der Manns” im Münchner Literaturhaus. Die Szene ist allerliebst, man kann sie wieder und wieder anschauen. Dabei wird man sich ertappen, wie man sogleich mit der Deutung dieser Szene beginnt: Natürlich bekommt Golo, der Schwermütige, den der Vater immer nur seine Kälte spüren ließ, nur diesen steifen Handschlag, während der kameradschaftlich-überschwängliche Klaps selbstverständlich Klaus gilt.
Eigentlich ist Familie das Private, dem Öffentlichen, der Welt des Berufs, der Gesellschaft und der Politik Entgegengesetzte. Sie ist ein Schutzraum, der vor dem Lärm der Welt bewahrt. Darin liegt ihre Kraft zur Idylle. Die Ausstellung „Die Kinder der Manns” präsentiert eine Unmenge geradezu mustergültiger Genrebilder von Familienidylle. Eines ist entzückender als das andere. Aber jedes dieser Bilder aus einem privaten Familienalbum lesen wir als Dokumente einer größeren, übergeordneten Geschichte. Das Private und das Politische sind bei den Manns - zumindest im Rückblick - verschmolzen. Keine andere Familie liegt den Deutschen so offen vor Augen und so sehr am Herzen wie die Manns, keine andere nimmt so sehr den Charakter einer nationalen Allegorie an. „Wo ich bin, ist Deutschland”, soll Thomas Mann bei seiner Ankunft in den USA gesagt haben. Mit noch mehr Recht gilt: Wo die Familie Mann auftaucht, da ist die Geschichte des 20. Jahrhunderts exemplarisch individualisiert.
Schon die „Buddenbrooks” sind der Versuch, das kontingente Schicksal der eigenen Familie zu einer geschichtspessimistischen Kulturtheorie auszudeuten. In Wahrheit haben sowohl Thomas wie Heinrich Mann diese Theorie eindrucksvoll widerlegt. Denn nachdem der Bürgersohn als Künstler seinen Debütroman abgeliefert hatte, begannen Ruhm und Glanz überhaupt erst: Thomas Mann heiratete Katia Pringsheim - und das war vor allem auch sozial ein gewaltiger Schritt nach oben. Die jüdischen Schwiegereltern gehörten zu einem sehr vermögenden, geradezu mit herrschaftlicher Grandeur ausgestatteten Großbürgertum. Geist und Geld gingen in dieser Familie eine geradezu bilderbuchhaft schöne Verbindung ein. Der Vater Katias, Alfred Pringsheim, Erbe eines gewaltigen Vermögens, war Mathematikprofessor und - wie so viele gebildete Juden - hemmungsloser Wagnerianer (er kannte den Komponisten noch persönlich). Im Musikzimmer im Palais in der Münchner Arcisstraße standen zwei Flügel, auf denen er mit Freunden die Klavierauszüge der großen Wagneropern spielte. Der Nachwelt erscheint die Ehe Thomas Manns insofern wie die mustergültige Einlösung dessen, was man gerne wehmütig die deutsch-jüdische Kultursymbiose nennt.
Brüder als Repräsentanten
Dieser Zug ins Generalisierende und Überpersönliche liegt bereits deutlich erkennbar dem Bruderzwist zwischen Thomas und Heinrich zugrunde: Ihre Auseinandersetzung über die Bestimmung der Kunst und die Berechtigung des Zivilisationsliteraten war zwar von starken persönlichen Emotionen und Affekten geprägt, gleichwohl beanspruchten beide, dass es dabei um Grundsätzlicheres ging: Es war eine Stellvertreter-Auseinandersetzung, bei der die Brüder in den Ring stiegen für Deutschland auf der einen und den Westen auf der anderen Seite, für Monarchie und Republik, für Kultur und Zivilisation. Ganze Weltbilder mitsamt den sie legitimierenden Nationen traten in den beiden Lübecker Patriziersöhnen gegeneinander an.
Dann Klaus Mann. Ist er nicht die Idealverkörperung der Roaring Twenties, einer hochbegabten und selbstzerstörerischen Bohème-Kultur? Überempfindlich, von künstlerischer Unrast, stets ohne festen Wohnsitz, von einem Drogenexzess in den nächsten gleitend, völlig unspießig, abenteuerlich und jene Homosexualität frei auslebend, die der Vater noch qua Willensanstrengung domestizierte (mit seiner Heirat, sagte Thomas Mann einmal, habe er die Hunde im Souterrain an die Kette gelegt) .
Dann Erika Mann, eng befreundet mit Pamela Wedekind, drei Jahre mit dem jungen Gustaf Gründgens verheiratet, wird sie, die Schöne und Aparte, die mit so vielen Talenten Begabte, zur Vorzeige-Amazone im antifaschistischen Kampf quer über die Weltmeere, zur Kriegskolumnistin, die die alliierten Truppen zu vielen Fronten begleitet. Dann Golo, dem es erst mit dem Tod Thomas Manns 1955 innerlich gelang, aus dem Schatten seines Vaters zu treten, und der dann zu einem der glanzvollsten, auch politisch hellsichtigsten Historiker der Bundesrepublik wurde und als politischer Berater sowohl Willy Brandt als auch Franz Josef Strauß zur Seite stand.
Und natürlich Elisabeth Borgese, die am stärksten ihren eigenen Weg ging, die familiär vorgezeichneten Bahnen verließ (und die, wenn man das so sagen kann, das vielleicht glücklichste und ausgeglichenste Leben führte) und zum einzigen weiblichen Gründungsmitglied des Club of Rome wurde - eine politische Weltreisende von unermüdlicher Energie. Aber auch sie, wie alle sechs Kinder der Manns, wie auch Michael und Monika, schreibt. Und deshalb ist die Geschichte dieser singulären Familie ein offenes Buch: Alles ist auf die eine oder andere Art schriftlich festgehalten.
Dieses Ineinander von Zeitgeschichte und Familienroman illustriert die von Uwe Naumann und Astrid Roffmann kuratierte Ausstellung auf die belehrendste, erhellendste und zugleich vergnüglichste Art (auch dank der Monacensia, die einen erheblichen Teil der Mannschen Familiennachlässe betreut und für die Ausstellung viele Originale zur Verfügung gestellt hat).
Dass die Familie als soziales Gebilde im Spannungsfeld von Schicksal, Erziehung, Freiheit und Ausbruch, in dem Prägung und Individualität ein prekäres Verhältnis eingehen, unsere Zeit fasziniert, zeigte bereits der stupende Erfolg von Heinrich Breloers Dokudrama über die Manns. Der Historiker Volker Gerhardt schreibt in seinem Buch über „Deutsche Familien” sehr richtig: „In einer Gegenwart des frühen 21. Jahrhunderts, welche nach dem Untergang der Ideologien die Familie, die Abstammung, das Gen als Fatum zu erkennen meint, hat der Mythos der Manns mehr Konjunktur denn je.” Da ist etwas dran.
Leiden des Gnomenkönigs
Jedenfalls ist es schon Genuss genug, allein die physiognomischen Konstanten bei allen Familienmitgliedern bis in die Enkelgeneration zu verfolgen. Besonders die Augenpartie ist stets wie nach der selben Rohform gearbeitet. Aber diese Familie ist eben nicht nur eine biologische Einheit, sondern vor allem eine Kommunikationsgemeinschaft. Und das ist für die Einzelnen nicht immer leicht. Denn jeder hat hier seine Rolle, und sie wird gerne in spitzen Worten umrissen. Über den 1909 geborenen Golo sagt seine Mutter: „Alles macht er sonderbar ungeschickt und grotesk.” Und Klaus Mann schreibt rückblickend: „Er war diensteifrig und heimlich aggressiv; dabei würdevoll wie ein Gnomenkönig.” Kein Wunder, dass der so beschriebene Gnomenkönig später erklärt: „Wenn ich als Neugeborenes in der Klinik verwechselt worden wäre und wäre dann in einem normalen, gesunden, schlichten Bürgerhaus aufgewachsen, dann, glaube ich, wäre etwas Besseres aus mir geworden.”
Aber andere trifft es noch viel härter. Vor allem Monika. Obwohl sie gerade einen schweren Schicksalsschlag hinter sich hat (auf der Flucht in die USA wurde ihr Schiff von den Deutschen bombardiert und sie musste mitansehen, wie ihr Mann vor ihren Augen in den Fluten des Atlantik ertrank), hat man nur wenig Nachsicht mit ihr. An ihre Eltern schreibt Erika 1941: „Denke auch schon viel darüber nach, was man mit Moni tun könnte. Ist ja auch ein ganz unseliges Problemata.” Untätig, ja faul sei sie, findet die Familienmajorität. Nehme ihr Leben nicht in die Hand. Und die Mutter bemerkt: „Das Zusammenleben mit dem egozentrischen, aggressiven und ungnädigen Geschöpf hat sein Trostloses.” Monika Mann heiratet nach dem Krieg einen einfachen italienischen Fischer, mit dem sie auf Capri für fast drei Jahrzehnte lebt. Hier endlich wird sie glücklich. Und auch sie greift zur Feder. Es ist eine Chance dieser Ausstellung, die Texte von Monika Mann zu lesen. Man hat in ihr eine überaus begabte Erzählerin, deren Bestes besser ist als das Schwächste von Klaus Mann.
Michael ist der Jüngste. Über ihn heißt es in der Erzählung „Unordnung und frühes Leid”, dass seine „Würde und Männlichkeit mehr angestrebt als wahrhaft in seiner Natur gesichert sind, denn, gehegt und geboren in wüsten Zeiten, hat er ein recht labiles und reizbares Nervensystem mitbekommen.” Michael wird zuerst Musiker. Nach dem Tod des Vaters studiert er Germanistik und wird Professor für Literaturwissenschaft. Als 1975 Thomas Manns Tagebücher veröffentlicht werden sollen, übernimmt er die Edition. In den lange verschlossenen Tagebüchern muss er lesen, dass seine Eltern über seine Abtreibung nachgedacht hatten. 1977 stirbt Michael Mann an einer Mischung aus Alkohol und Barbituraten.
Frido Mann ist der Sohn von Michael. 1940 geboren, wurde er durch seinen Großvater in der Figur des Echo im „Doktor Faustus” literarisch verewigt. Thomas Mann war ganz aus dem Häuschen über seinen goldigen Enkel. Im Roman lässt er diesen gleichwohl noch als Kind an Meningitis sterben. Frido Mann ist zur Eröffnung der Ausstellung gekommen. Wir fragen ihn, ob er je mit seinem literarischen Schicksal gehadert habe. „Wenn wir”, sagt er, „in Kalifornien Gäste empfingen, dann schauten die mich immer halb mitleidig, halb sensationsgierig an. Das habe ich schon gemerkt. Mit 13 habe ich dann die ,Entstehung des Doktor Faustus‘” gelesen und da gingen mir die Augen auf.” Den Roman selbst hat er dann nicht mehr gelesen. Ohnehin hatte er sich eine Lektüresperre aller Werke der Familie aufgelegt. Erst mit 40 Jahren fing er an, Thomas Manns Bücher zu lesen. Heute steht er auf entspannt-liebevolle Art als Nachlassverwalter für die meisten Manns gerade. Logisch, dass auch er schreibt.
IJOMA MANGOLD
Literaturhaus München, bis 26. Februar. Infos unter 089-29193414. Das Begleitbuch zur Ausstellung kostet 19,90 Euro.
Ganz links: Heinrich Mann mit stattlicher Statur vor seinem Haus in Santa Monica. Daneben Klaus Mann mit seinem Neffen Frido im Arm. Daneben oben Thomas und Katia mit ihren Enkelsöhnen Toni und Frido. Darunter sieht man Golo Mann 1981 mit Franz Josef Strauß in München. Ganz rechts schließlich Erika Mann, die ihr Leben lang schnelle Autos liebte. Wir entnehmen die Bilder dem der Ausstellung als Katalog dienenden, von Uwe Naumann herausgegebenen Buch „Die Kinder der Manns” (Rowohlt Verlag).
Fotos: Katalog
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