Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung wird immer noch gefragt, wie »der Osten« so tickt. Warum eigentlich? Die Menschen dort haben friedlich die Mauer niedergerissen, unter schwierigsten Bedingungen eine Transformation vollbracht und vielfach Chancen für einen Neubeginn genutzt. Sie sind Vorreiter politischer Trends, haben verkrustete Strukturen der Bundesrepublik reformiert und verschaffen sich zunehmend selbstbewusst Gehör.
Cerstin Gammelin, selbst ost-sozialisiert, versammelt Geschichte(n) und Analysen zu einer Neubewertung. Denn es ist höchste Zeit, den notorisch Unterschätzten eine Stimme zu geben.
Cerstin Gammelin, selbst ost-sozialisiert, versammelt Geschichte(n) und Analysen zu einer Neubewertung. Denn es ist höchste Zeit, den notorisch Unterschätzten eine Stimme zu geben.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.08.2021VON SZ–AUTOREN
Cerstin Gammelin
über Ostdeutschland
Wer hätte 1990 erwartet, dass das Mädchen aus der DDR-Provinz einst Bundeskanzlerin werden und länger regieren würde als alle Vorgänger? Dass sie es ermöglicht hat, mit den entsprechenden Mehrheiten Dinge in den gesamtdeutschen Alltag diffundieren zu lassen, die sie aus ihrer Jugend gekannt hatte: die Normalität berufstätiger Frauen etwa oder flächendeckend Krippen und Kitas. Sie hat den Osten emanzipiert, indem sie bewiesen hat, dass eine ostsozialisierte Frau Deutschland regieren kann. Was sie mit vielen anderen Ostdeutschen verbindet, ist, dass sie lange unterschätzt wurde. Cerstin Gammelin hat mit Politikern, Bürgern, Wissenschaftlern gesprochen und einen anderen Blick auf das vereinigte Land entworfen.
Cerstin Gammelin: Die Unterschätzten. Wie der Osten die deutsche Politik bestimmt. Econ Verlag, Berlin 2021. 304 Seiten, 22,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Cerstin Gammelin
über Ostdeutschland
Wer hätte 1990 erwartet, dass das Mädchen aus der DDR-Provinz einst Bundeskanzlerin werden und länger regieren würde als alle Vorgänger? Dass sie es ermöglicht hat, mit den entsprechenden Mehrheiten Dinge in den gesamtdeutschen Alltag diffundieren zu lassen, die sie aus ihrer Jugend gekannt hatte: die Normalität berufstätiger Frauen etwa oder flächendeckend Krippen und Kitas. Sie hat den Osten emanzipiert, indem sie bewiesen hat, dass eine ostsozialisierte Frau Deutschland regieren kann. Was sie mit vielen anderen Ostdeutschen verbindet, ist, dass sie lange unterschätzt wurde. Cerstin Gammelin hat mit Politikern, Bürgern, Wissenschaftlern gesprochen und einen anderen Blick auf das vereinigte Land entworfen.
Cerstin Gammelin: Die Unterschätzten. Wie der Osten die deutsche Politik bestimmt. Econ Verlag, Berlin 2021. 304 Seiten, 22,99 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensentin Katharina Hamberger empfiehlt Cerstin Gammelins Buch über die neuen Länder sowohl vor der Wende wie nach der Wende geborenen Lesern. Erhellend und überraschend findet sie die Einblicke, die die in Sachsen geborene Journalistin Cerstin Gammelin hier liefert, um die neuen Länder aus der "vermeintlichen Verlierer-Ecke" zu holen. Dass die Autorin dabei nicht nur WissenschaftlerInnen und PolitikerInnen aus dem Osten, sondern auch "ganz normale" Bürger wie eine ehemalige Mitschülerin zu Wort kommen lässt, lobt Hamberger ebenfalls. Auch die Analyse zu den Fehlern, die bei der Wiedervereinigung damals gemacht worden seien (zum Beispiel die mangelnde Rekrutierung von Eliten aus dem Osten), und Gammelins Mahnung an die Politik, das Gewicht der ostdeutschen Wählerschaft nicht zu unterschätzen, scheinen die Kritikerin zu überzeugen. Ein Buch, dass die neuen Länder berechtigterweise und völlig ohne Larmoyanz ins Rampenlicht rückt, findet die Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Ein Buch, das viele, oft auch überraschende Einblicke gibt. (...) Die Autorin versucht zudem offenbar ganz bewusst eine neue, positive Geschichte der Ostdeutschen aufzuschreiben. (...) Das Buch von Cerstin Gammelin ist eines, das versucht, Geschichten zu erzählen, die sonst selten erzählt werden, das einen neuen Einblick in die fünf ostdeutschen Bundesländer geben soll und versucht, Brücken zu bauen. Und es ist nicht nur Nachwende-Geborenen zu empfehlen, sondern vielleicht auch gerade denjenigen, die im Westen geboren sind, als es die DDR noch gab, die auch den Mauerfall bewusst miterlebt haben." Katharina Hamberger DLF Andruck 20210816