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Dwayne Koster ist ein amerikanischer Literaturprofessor um die fünfzig. Erlebt in der verrottenden Autostadt Detroit (der passend depressiven Kulissefür seine große Krise), er ist geschieden, hat ein Techtelmechtel mit einer unglaublichjungen Studentin, und seine Exfrau Susan hat sich ausgerechnet mitseinem größten Widersacher eingelassen.Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor? Gewiss kein Zufall, denn derErzähler ist ein französischer Autor, der einen Roman nach amerikanischemVorbild schreiben will, um endlich berühmt zu werden. Was fehlt ihm alsonoch, diesem Dwayne in der Midlifecrisis, zum…mehr

Produktbeschreibung
Dwayne Koster ist ein amerikanischer Literaturprofessor um die fünfzig. Erlebt in der verrottenden Autostadt Detroit (der passend depressiven Kulissefür seine große Krise), er ist geschieden, hat ein Techtelmechtel mit einer unglaublichjungen Studentin, und seine Exfrau Susan hat sich ausgerechnet mitseinem größten Widersacher eingelassen.Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor? Gewiss kein Zufall, denn derErzähler ist ein französischer Autor, der einen Roman nach amerikanischemVorbild schreiben will, um endlich berühmt zu werden. Was fehlt ihm alsonoch, diesem Dwayne in der Midlifecrisis, zum amerikanischen Romanhelden?Eine klare zeitgenössische Verankerung (der Tod Kennedys, der 11. September,der Irakkrieg), ein Hang zum Alkohol und zum Glücksspiel, endlose Highways,die passende Filmmusik und maskuline Selbsterfahrung in freier Natur.Doch währendder Erzähler sich selbst beim Erfinden eines Romans zuschaut,muss er erleben, wie seine Figuren lebendig werden und sich auf und davonmachen.Wie in einem gekrümmten Spiegel reflektiert dieser intelligente und sehrkomische Roman sich selbst, er dehnt und verzerrt, quetscht und überzeichnet.Virtuos und höchst unterhaltsam bespielt Tanguy Viel seine parodistischeKlaviatur.
Autorenporträt
Tanguy Viel, geboren 1973, gehört zu den interessantesten französischen Gegenwartsautoren.Er lebt in Meung-sur-Loire und spielt gerne Tischfußball. In Detroit war er noch nie.Bei Wagenbach lieferbar sind: Ein absolut perfektes Verbrechen, Unverdächtig und Paris-Brest.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Literaturanwärter und -anwärterinnen können sich die Semester in Leipzig und Hildesheim nach der Lektüre von Tanguy Viels neuem Roman "Das Verschwinden des Jim Sullivan" sparen, glaubt Rezensent Jochen Schimmang, der hier nicht nur einen äußerst amüsantes Buch, sondern auch einen aufschlussreichen Metaroman über das Erfolgsrezept amerikanischer Romane gelesen hat. Denn genau jenes liefert Viel gleich mit, informiert der Kritiker und notiert fleißig, dass ein international erfolgreicher Roman stets in Amerika spielen müsse, am besten mit einem Akademiker aufwartet, Roadmovie-Themen, Alkohol und leidenschaftliche Verwicklungen nicht fehlen lässt und mit der Ermordung Kennedys und dem elften September auch noch amerikanische Zeitgeschichte einbringt. Das ist dank Viels lakonischer, eleganter und temporeicher Erzählweise auch noch sehr vergnüglich zu lesen, lobt Schimmang und fügt erfreut hinzu, dass der Franzose Viel im Gegensatz zu seinen amerikanischen Kollegen Pynchon, Franzen oder Eggers dafür nur 120 Seiten benötigt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.09.2014

Durch die Wüste
Warum schreibt ihr nicht endlich wie die Amerikaner? Der französische Autor Tanguy Viel
gibt mit seinem Roman „Das Verschwinden des Jim Sullivan“ eine souveräne Antwort
VON ULRICH RÜDENAUER
Warum den US-amerikanischen Kulturimperialismus bierernst analysieren, wenn man sich auch wunderbar über ihn lustig machen kann! Der 1973 in Brest geborene Tanguy Viel, der in seinen hierzulande leider noch viel zu unbekannten Büchern gerne mit Elementen der Genre-Literatur spielt, hat einen sehr lustigen und scharfsinnigen „amerikanischen Roman“ geschrieben – eine raffinierte Kreuzung aus Parodie und Liebeserklärung.
  Am Anfang von „Das Verschwinden des Jim Sullivan“ steht die windige Diagnose, dass Romane, die etwas zu sagen haben, heutzutage aus Nordamerika kommen, in Amerika spielen und amerikanische Figuren aufweisen müssen. Wir kennen das ja aus manchen Rezensionen der vergangenen Jahrzehnte: Junge Schriftsteller wurden da immer mal wieder mit erhobenem Zeigefinger ermahnt, sich ein Beispiel an Don DeLillo, Jonathan Franzen und Co. zu nehmen, um ein wenig Welthaltigkeit in ihre verstaubten Fiktionen zu bringen und das ohnehin verschreckte Lesepublikum nicht immer mit so einer verquasten Nabelschau zu langweilen.
  Tanguy Viels Erzähler – ein französischer Schriftsteller – entschließt sich also, seine Geschichte nicht etwa zu Füßen der Kathedrale von Chartres, sondern in Detroit anzusiedeln, „einem modernen Pompeji, nur dass die Lava nicht aus geschmolzenem Fels besteht, sondern eher aus Krediten und Schulden, die diese Stadtflucht bewirkt haben, man fragt sich, wo all diese Menschen hin sind, die ihre Hunde und vollen Mülleimer zurückgelassen haben, die Schaukeln in den Gärten, die nachts im Wind schwingen, als wären die Kinder zurückgekehrt“.
  Große Recherche oder gar Ortskenntnis ist für solch atmosphärisch dichte Beschreibung kaum vonnöten, weil die einzelnen Requisiten sich leicht aus unserem medial generierten Amerika-Archiv zusammenkratzen lassen. Tanguy Viel war jedenfalls, nach eigenem Bekunden, noch nie in der verfallenden Autostadt. Der Detailreichtum seiner Beobachtungen – zu einem amerikanischen Roman gehöre nun einmal ein wacher Sinn fürs Detail – lässt allerdings nicht viel zu wünschen übrig.
  Viels Held heißt Dwayne Koster, natürlich ein gut aussehender Uni-Dozent in mittleren Jahren, der eine Scheidung hinter und ein kleines Martyrium vor sich hat. Wie in jedem guten amerikanischen Roman verschränken sich welthistorische Ereignisse mit persönlichen Traumata, das Zeitgenössische soll in jedem Nebensatz spürbar sein, die Rückblenden sollen ein grelles Licht auf die Gegenwart werfen, die junge Geliebte wird auf Dauer zu anstrengend, und die geschiedene Frau lässt sich selbstverständlich mit Dwaynes ärgstem Konkurrenten ein.
  Es ist ein meisterhaftes Kunststück, wie sich in Viels Roman die sanfte Ironie schleichend im Erzählen auflöst: Immer mehr werden die Regieanweisungen vom Plot ins Abseits gedrängt, immer wieder wird der fiktive Autor für einige Seiten zum Schweigen gebracht durch die Geschichte, die ihn fortreißt. Schleichend geraten wir hinein in diesen amerikanischen Roman und fahren mit Dwayne tief in die Wüste hinein auf der Suche nach einem Ausweg aus dem Schlamassel eines verhunzten Lebens und nach dem Geheimnis von Jim Sullivan, dem „Urgrund“ des Buches.
  Sullivan war ein knapp am Erfolg vorbeischrammender Musiker, der 1969 das Album „U.F.O.“ aufnahm und von endlosen Straßen, verlassenen Wüstenorten und Außerirdischen sang. Für die Verschwörungstheoretiker und Ufologen unter den spärlichen Sullivan-Fans traf es sich gut, dass er im Jahre 1975 auf Nimmerwiedersehen in der Wüste New Mexicos verloren ging – in seinem VW Käfer fand man damals zwar seine Gitarre, von ihm selbst jedoch keine Spur. Dwayne Koster aber entdeckt diesen Jim Sullivan auf gewisse Weise in der Wüste wieder, ganz einfach deshalb, weil er selber ein Gescheiterter und Verschwindender ist.
  Tanguy Viels sehr französischer, mit allen Wassern gewaschener Erzähler erfüllt schließlich noch das letzte Gesetz eines amerikanischen Romans – verfilmbar zu sein. Er lässt ihn in der Dämmerung mit einer hollywoodreifen Totale enden – mit einem schon nicht mehr nur diesseitigen Blick in die Ferne, der sowohl den Horizont als auch die dahinterliegende Ewigkeit zu erfassen scheint.  
Sullivan sang von endlosen
Straßen, verlassenen Wüstenorten
und von Außerirdischen
Ein idealer Himmel für einen „amerikanischen Roman“: Wo Straßen ins Nichts führen, Blitze in Kakteen fahren und Sänger verloren gehen.
 Foto: dpa/Medina
  
  
Tanguy Viel: Das Verschwinden des Jim Sullivan. Ein amerikanischer Roman. Aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Wagenbach Verlag. Berlin 2014. 120 Seiten. 16,90 Euro. E-Book 14,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.10.2014

Man nehme Kaktus, Dodge und Zeitkolorit

Ein guter Roman über Amerika braucht Versatzstücke. Wer sie richtig mischt, der hat einen Hit: Der Franzose Tanguy Viel führt das mit "Das Verschwinden des Jim Sullivan" sehr witzig vor.

Nun liegt es auch auf Deutsch vor, das optimale Creativewritingmanual, getarnt als Roman. Geschrieben hat es der Franzose Tanguy Viel, der uns zuletzt mit dem ebenso perfekten Antifamilienroman "Paris - Brest" beglückte. Sein neues Buch erspart den jungen hoffnungsfrohen Autoren und Autorinnen der Zukunft mehrere Semester Leipzig oder Hildesheim, zumindest wenn sie sich auf dem immer härter umkämpften Romanmarkt behaupten wollen.

Denn, so weiß Viel, wer dort Erfolg haben will, muss einen "internationalen" Roman schreiben, einen jener Romane, "die man in sämtliche Sprachen der Welt übersetzt findet und die in vielen Buchhandlungen verkauft werden". Und der internationale Roman ist selbstverständlich der amerikanische (wie wir in dieser Saison gerade wieder an Dave Eggers erfahren), weshalb die Gattungsbezeichnung von Viels neuem Buch auch nicht einfach Roman, sondern "Ein amerikanischer Roman" lautet. Franzosen können so etwas nicht schreiben, nicht so lange jedenfalls, wie sie ihre Bücher in Frankreich ansiedeln, denn "die Hauptfigur eines amerikanischen Romans würde niemals zu Füßen der Kathedrale von Chartres wohnen". Es nützt aber auch nichts, in andere Städte von la douce France auszuweichen, "weil es in mehr oder weniger allen Städten Kathedralen gibt und ringsum Straßen mit Kopfsteinpflaster, die die internationale Dimension der Örtlichkeiten zerstören".

Der amerikanische Autor dagegen kann seine Story sogar in Kentucky oder Montana ansiedeln und von Maisfeldern und Hühnerfarmen, vom Jagen und Angeln und Brennholzmachen schreiben und kriegt doch immer noch einen internationalen Roman hin. Deshalb verlegt Viel den internationalen Roman, den er schreiben würde, nach Detroit und stattet ihn mit amerikanischem Personal aus.

Das ist ein überzeugendes Programm, und es wird ebenso überzeugend umgesetzt. Der Roman entsteht, während sein Autor uns erzählt, wie der amerikanische Roman aussehen würde, den er schreiben würde. Es handelt sich also um einen Metaroman. Zum Glück hat diese Brechung nichts Akademisches und nichts Neunmalkluges, nicht einmal etwas Postmodernes, weil dieser Autor ein Meister der Lakonik ist, ein zügiges Tempo vorlegt und seine Geschichte nach 120 Seiten zu Ende erzählt hat. Das unterscheidet ihn, beiläufig bemerkt, von den amerikanischen Autoren amerikanischer Romane.

Man nehme also: den Literaturprofessor Dwayne Koster, um die fünfzig, der in Ann Arbor lehrt und über den Einfluss von "Moby Dick" auf den zeitgenössischen Roman promoviert hat; seinen Rivalen Alex Dennis, dessen Seminare viel besser besucht sind und der eines Tages Dwaynes Frau Susan verführt; seine dreißig Jahre jüngere Studentin Milly Hartway, die zur Finanzierung ihres Studiums in einem Diner jobbt und Dwayne in seiner Freizeit in irgendwelchen Motels vögelt, bevor man entspannt über William Faulkner plaudert; den einflussreichen Geschäftsmann und Politiker Lee Matthews, Republikaner natürlich, eine Mixtur aus Nixon und Dick Cheney, der Dwayne anbietet, seinen Rivalen aus der Welt schaffen zu lassen, wenn Dwayne ihm im Gegenzug einen Gefallen tut. Dann weiß man, dass hier ein echt amerikanisches Epos entsteht, auf dessen letzter Umschlagseite stehen wird: "Ein regelrechtes Gemälde, das uns auf die verschlungenen Pfade des menschlichen Lebens führt."

Dass das Ganze auch ein Roadmovie ist, versteht sich von selbst, und Dwaynes Wagen, ein alter Dodge Coronet, ist ebenso einer der Protagonisten wie die Hütte ganz weit draußen, die ihm Lee Matthews eine Weile zur Verfügung stellt. Es beginnt im behüteten akademischen Milieu, denn immer ist in amerikanischen Romanen "eine Hauptfigur Professor an der Uni", und endet schließlich in New Mexico, wo Dwayne den 1975 unter nie geklärten Umständen verschwundenen Sänger Jim Sullivan aufspürt. "Da klettert Dwayne aus dem immer noch rauchenden Dodge und folgt Jim zwischen den Kakteen hindurch, er geht durch die rissige Wüste, und dann, ja dann, es ist eben in Amerika, dann verschwindet Dwayne, er verschwindet in der Ferne." Damit ist der amerikanische Roman zu Ende.

Aber ich habe noch gar nicht erwähnt, dass Dwayne immer ein bisschen zu viel Jack Daniels trinkt. Auch nicht, dass er als Kind seine Mutter mit einem Liebhaber erwischt hat, nicht an einem beliebigen Tag, sondern am 22. November 1963, dem Tag der Kennedy-Ermordung, "eines jener Ereignisse, an denen man als Amerikaner nicht vorbeikommt, ich meine, als amerikanischer Schriftsteller, eines jener Ereignisse, die über einem Buch schweben und dafür sorgen, dass die Figuren mit den Problemen ihrer Zeit zu tun bekommen". Als Dwayne in der Psychiatrie ist, sieht er im Fernsehen die Zwillingstürme zusammenfallen, und die Haupthandlung des Buches spielt zur Zeit des zweiten Irak-Kriegs, versteht sich.

Ich habe immer noch nicht alles aufgeführt, aber klar genug ist jetzt wohl, dass so spezielle Autoren wie Thomas Pynchon, Jonathan Franzen oder eben Dave Eggers aus diesen 120 Seiten sechs- bis achthundert gemacht hätten. Tanguy Viel aber ist eben doch kein amerikanischer Autor, und deshalb wohnt er nach wie vor - nicht mal in Paris, sondern in dem hübschen Örtchen Meung-sur-Loire, wo es auch Kopfsteinpflaster und eine Kirche gibt (aus dem elften oder zwölften Jahrhundert), wo der gesellschaftliche Höhepunkt der sonntägliche Markt ist und wo Kommissar Maigret sich zur Ruhe setzen wollte, wenn Simenon ihn denn gelassen hätte. Von solchem Ort aus lässt sich das Skelett des erfolgreichen amerikanischen Romans vermutlich besser freilegen als unterwegs auf einem amerikanischen Highway, und ebendas hat Viel getan. Dafür sei ihm gedankt, denn seine Gebrauchsanweisung ist nicht nur perfekt, sie ist auch - auf elegantem sprachlichem Niveau - überaus amüsant. Und erspart, wie gesagt, dem Autorennachwuchs einige Semester Schreibschule.

JOCHEN SCHIMMANG

Tanguy Viel: "Das Verschwinden des Jim Sullivan". Ein amerikanischer Roman.

Aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2014. 120 S., geb., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Ein literarisches Kleinod. Zweifellos das lebendigste Buch von Tanguy Viel!« Le Figaro