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Gerade mal 21 Jahre alt war Nathaniel Wallich, als er 1807 von Kopenhagen aufbrach, um als Arzt in Dänisch-Ostindien zu arbeiten - seine wahre Leidenschaft galt jedoch von Beginn an dem Reich der Flora. Dabei bewies er ein solches Geschick, dass er schon bald den botanischen Garten in Kalkutta leitete, Forschungsreisen in die entlegensten Winkel Asiens und Südafrikas unternahm und zu einem der bekanntesten Pflanzenkundler seiner Zeit wurde. Der Historiker Martin Krieger skizziert das bewegte Leben eines großen Dänen mit norddeutschen Wurzeln auf der Grundlage seines Briefnachlasses. Dieser ist…mehr

Produktbeschreibung
Gerade mal 21 Jahre alt war Nathaniel Wallich, als er 1807 von Kopenhagen aufbrach, um als Arzt in Dänisch-Ostindien zu arbeiten - seine wahre Leidenschaft galt jedoch von Beginn an dem Reich der Flora. Dabei bewies er ein solches Geschick, dass er schon bald den botanischen Garten in Kalkutta leitete, Forschungsreisen in die entlegensten Winkel Asiens und Südafrikas unternahm und zu einem der bekanntesten Pflanzenkundler seiner Zeit wurde. Der Historiker Martin Krieger skizziert das bewegte Leben eines großen Dänen mit norddeutschen Wurzeln auf der Grundlage seines Briefnachlasses. Dieser ist nicht nur für die Botanikgeschichte von großer Bedeutung, sondern bietet darüber hinaus einen sehr persönlichen Einblick in ein Stück erlebter Globalgeschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Autorenporträt
Krieger, Martin
Martin Krieger studierte in Kiel Geschichte, Skandinavistik und Ur- und Frühgeschichte. Zwischen 1996 und 2009 war er an der Universität Greifswald beschäftigt. In dieser Zeit hielt er sich u.a. im Rahmen eines einjährigen Forschungsaufenthaltes in Indien auf. Seit 2009 lehrt er an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Nordeuropäische Geschichte. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die dänische Geschichte, die deutsch-dänischen Beziehungen sowie der Geschichte Helgolands und der skandinavischen Kolonien in Übersee. Gegenwärtig arbeitet er an einer Biographie über den dänischen Botaniker Nathaniel Wallich, den Entdecker des Assam-Tees. Alle Titel: Nathaniel Wallich Die Geschichte Helgolands 1200 Jahre deutsch-dänische Grenze: Aspekte einer Nachbarschaft
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.05.2018

Im Dienst des Geldes
Martin Krieger über den Botaniker Nathaniel Wallich

Das britische Kolonialreich in Indien war wenig wählerisch, woher die Experten und Wissenschaftler kamen, die Kanäle bauten, geologische Karten erstellten, die Pflanzenwelt kartierten oder die sprachliche Vielfalt Indiens katalogisierten. Ein Großteil dieser Fachleute kam von deutschen und österreichischen Universitäten, doch einige auch aus anderen europäischen Ländern. Martin Krieger, Professor für die Geschichte Nordeuropas in Kiel, hat nun eine Biographie des dänischen Botanikers Nathaniel Wallich (1786 bis 1854) vorgelegt, der seit 1814 zuerst als Arzt und später als Leiter des Botanischen Gartens in Kalkutta im Dienste der Ostindischen Kompanie stand.

Krieger stellt Wallich als einen paradigmatischen Vertreter der imperialen Botanik in einer Epoche vor, in der Pflanzen eine enorme kulturelle, wirtschaftliche und politische Bedeutung erlangten. Obwohl Wallich dreißig Jahre lang einen der bedeutendsten wissenschaftlichen Posten in der kolonialen Welt innehatte und zahlreiche Pflanzenarten von ihm - und nach ihm - benannt wurden, spielte er bisher kaum eine Rolle in historischen Darstellungen Indiens im neunzehnten Jahrhundert.

Wallich wurde 1786 in eine jüdische Kopenhagener Kaufmannsfamilie geboren und an der Königlichen Chirurgischen Akademie ausgebildet. 1807 wurde er zum Chirurg in der dänischen Handelsniederlassung Frederiksnagore, heute Serampore, in der Nähe Kalkuttas ernannt. Die dänische Allianz mit Napoleon führte dazu, dass viele dänische Kolonien im Gegenzug von den Briten eingenommen wurden. Sie übernahmen auch die Kontrolle in Frederiksnagore und stellen Wallich zuerst unter Hausarrest. Doch wegen seiner medizinischen und botanischen Kenntnisse und auch wegen seiner guten Kontakte zu britischen Missionaren wurde Wallich wieder freigelassen. Vvon diesem Augenblick an bemühte er sich, eine Anstellung bei der Ostindien-Kompanie zu bekommen.

Krieger zeigt unter Rückgriff auf die erhaltene Korrespondenz von Wallich, wie der junge und ehrgeizige Arzt sich ein Netz von Unterstützern aufbaute, dessen Währung und Kapital lebende Pflanzen, Samen und Herbarbelege waren. Er engagierte sich auch in der berühmten Asiatic Society und war maßgeblich and der Gründung des Oriental Museum beteiligt. All diese Mühen wurden 1814 mit der Ernennung zum Assistant Surgeon der Kompanie belohnt. Die Medizin war der einträgliche Job, doch Wallichs wirkliche Leidenschaft galt der Botanik. 1817 wurde er zum Leiter des botanischen Gartens in Kalkutta ernannt, eine Position, die er dann fast dreißig Jahre lang innehatte.

Wallich organisierte auch Forschungsreisen nach Mauritius, Nepal, Burma und Singapur. Noch heute ist der sogenannte "Wallich Catalogue", der die mehr als 20 000 vom Wallich und seinen Mitarbeitern gesammelten Herbarbelege katalogisiert, für Botaniker von großer Bedeutung. 1846 musste Wallich wegen ernster Gesundheitsprobleme Indien verlassen. Er ließ sich in London nieder, wo er 1854 starb.

Kriegers Darstellung nutzt die Quellen hervorragend und zeichnet ein persönliches und lebendiges Bild des Botanikers. Aber leider bleibt in ihr das Indien, in dem Wallich einen großen Teil seines Lebens verbrachte, ziemlich farblos. So erhält der Leser keinen Eindruck vom Leben in Kalkutta außerhalb der Institutionen des Kolonialreiches. Auch verliert Krieger kaum ein Wort über die auch in Großbritannien äußerst umstrittene Rolle von Wallichs Arbeitgeber, der Ostindien-Kompanie - schon 1788 versuchte Edmund Burke den damaligen Generalgouverneur Warren Hastings wegen Korruption absetzen zu lassen. Eines der ersten indischen Worte, die in das Englische aufgenommen wurde, war "to loot" - plündern.

Die Ostindien-Kompanie war eine gewalttätige, korrupte, paranoide Bürokratie mit ihrer eigenen schlagkräftigen Armee, keine ehrwürdiger Zusammenschluss von friedliebenden Händlern. Wallich untersuchte für die Kompanie die Holzressourcen Indiens und des neu eroberten Burma, und dabei standen für ihn finanzieller Ertrag und militärische Interessen an erster Stelle.

Kriegers Einordnung von Wallichs Bedeutung als Botaniker ist treffend: Er war weder ein Vorreiter beim Schutz oder der nachhaltigen Nutzung der indischen Wälder noch ein innovativer Botaniker. Als Wissenschaftler arbeitete er noch im Rahmen der Linnaeischen Taxonomie und war damit noch ganz dem Wissenschaftsverständnis des achtzehnten Jahrhunderts verhaftet. Darüber hinaus war er ein Unternehmer, auf die Interessen seines Arbeitgebers wie seine eigenen bedacht. Es galt, die Naturschätze Indiens kommerziell nutzbar zu machen.

Wenn Kriegers Biographie auch einige Facetten übergeht: Sie bietet interessante Einblicke in den Alltag kolonialer Wissenschaft.

THOMAS WEBER

Martin Krieger: "Nathaniel Wallich". Ein Botaniker zwischen Kopenhagen und Kalkutta.

Wachholtz Verlag,

Kiel 2018.

300 S. geb., 24,80 [Euro].

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