114,95 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in 6-10 Tagen
payback
0 °P sammeln
  • Buch mit Leinen-Einband

Zentrales Buch zur Geschichte Frankfurts.
Im Selbstverständnis der Zeitgenossen war Frankfurt im 18. und 19. Jahrhundert eine Stadt, "wo Freyheit, Gleichheit, Stille und Zufriedenheit herrscht, und wo jeder seyn kann, was er will". Die historische Forschung hingegen betont immer wieder die Unfreiheiten der ständischen Bürgergesellschaft, ihr konservatives Verhalten und ihre Unfähigkeit zur Modernisierung. Es herrscht die Meinung vor, daß Veränderungen im wesentlichen von außen angeregt wurden. Stets habe Frankfurt von der Unterwerfung unter einen fremden Willen profitiert. Ralf Roth geht…mehr

Produktbeschreibung
Zentrales Buch zur Geschichte Frankfurts.

Im Selbstverständnis der Zeitgenossen war Frankfurt im 18. und 19. Jahrhundert eine Stadt, "wo Freyheit, Gleichheit, Stille und Zufriedenheit herrscht, und wo jeder seyn kann, was er will". Die historische Forschung hingegen betont immer wieder die Unfreiheiten der ständischen Bürgergesellschaft, ihr konservatives Verhalten und ihre Unfähigkeit zur Modernisierung. Es herrscht die Meinung vor, daß Veränderungen im wesentlichen von außen angeregt wurden. Stets habe Frankfurt von der Unterwerfung unter einen fremden Willen profitiert. Ralf Roth geht diesem Widerspruch nach und entwirft ein Bild der Frankfurter Bürger, das das sozialgeschichtliche Konzept der Bürgerlichkeit ins Wanken bringt: Die Frankfurter seien eigenwillige und selbstbewußte Bürger gewesen, die ihre Lebenswelt nach eigenem Willen gestalteten.

Die Stadt hatte als Lebensraum für die Konstituierung des deutschen Bürgertums große Bedeutung. Wirtschaftliche, soziale, politische und kulturelle Verhaltensweisen und Traditionen, die sich bereits im 18. Jahrhundert geformt hatten, wirkten bis ins 20. Jahrhundert hinein fort. Die sozialen Beziehungen der bürgerlichen Gesellschaft bildeten kein starres Gefüge, eher reagierten sie dynamisch auf innere wie äußere Veränderungen. Auffallend ist die Langfristigkeit und der Zusammenhang zahlreicher Prozesse, die sich relativ unabhängig von den großen politischen Umbrüchen vollzogen. Vielfach wurde das Neue nicht einfach an die Stelle des Alten gesetzt, sondern das Alte zum Neuen umgewandelt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.10.1996

Konsens, nicht Konfrontation

Einen "besonderen Weg von der ständischen zur modernen Bürgergesellschaft" zeichnet Ralf Roth in seiner Untersuchung über das Frankfurter Bürgertum zwischen 1760 und 1914 nach. Zwar war Frankfurt auch Handelsstadt wie beispielsweise Köln oder Mannheim, doch entwickelte sich, wie der Autor hervorhebt, die städtische Bürgergesellschaft hier weitgehend unabhängig von den Einflüssen bestehender Territorialstaaten. Die 670 Seiten und einen umfangreichen Tabellenanhang umfassende Studie Roths, der vor zwei Jahren als Projektleiter der Ausstellung zur 1200-Jahr-Feier Frankfurts fungierte, ist als Dissertation im Rahmen des Forschungsprojekts "Stadt und Bürgertum im 19. Jahrhundert" des Frankfurter Historikers Lothar Gall entstanden.

Roth zeigt, daß das Bürgertum keineswegs, wie vielfach in der historischen Forschung dargestellt, unfrei, konservativ und unfähig zur Modernisierung war und Veränderungen wesentlich von außen angeregt wurden. Der lange Zeitraum, den er in seiner Untersuchung überblickt, ermöglicht es ihm, über politische Umbrüche wie die Dalberg-Zeit oder die Annexion Frankfurts durch Preußen 1866 hinweg Zusammenhänge und Kontinuitäten herauszuarbeiten. In der breit angelegten Untersuchung wird der Wandel dementsprechend nicht nur als Abfolge von Verfassungsmodellen beschrieben, sondern als "umfassender wirtschaftlicher, sozialer, politischer und kultureller Entwicklungsprozeß" - ein Prozeß freilich, der keineswegs linear verlief, sondern als "kontradiktorisches Herauswachsen aus alten Gesellschaftsstrukturen".

Der Bogen ist somit weit gespannt: von der Beseitigung des gesellschaftlichen und politischen Einflusses des Patriziats über die Integration von Handelsbürgertum, Teilen der Handwerker und Fremden sowie die Emanzipation der von politischer Tätigkeit ausgeschlossenen Gruppen wie Katholiken und Juden bis hin zur Integration der Arbeiter in die bürgerliche Gesellschaft. Dabei wurde Roth zufolge ein Konzept von Bürgerlichkeit praktiziert, das auf Konsens aus war, anstatt die einzelnen Interessengruppen zu polarisieren. Frankfurt stand insgesamt für eine Konzeption der Modernisierung unter Berücksichtigung der sozialen Konsequenzen, folgert er, wenngleich soziale Auseinandersetzungen durchaus nicht ohne teilweise erhebliche Konflikte abliefen. ULRICH ADOLPHS

Ralf Roth: Stadt und Bürgertum in Frankfurt am Main. Ein besonderer Weg von der ständischen zur modernen Bürgergesellschaft 1760-1914. 804 Seiten mit 20 Abbildungen. München 1996. 128 Mark.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr