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Jonas war ein seltsames Baby. Er weinte selten, übte wie besessen motorische Fähigkeiten; und seine Eltern glaubten sogar manchmal, den wissenden Blick eines Greises in seinem Gesicht zu entdecken. Wie wahr diese Vermutung ist, ahnen sie nicht. Schon als Kleinkind setzt Jonas alles daran, seine Flucht zu planen, ohne dabei aufzufliegen. Als er jedoch ein einziges Mal einen Menschen zum Freund haben will, ist sein Schicksal besiegelt: denn eine Regung des Guten erträgt das Böse nicht. Rasant, klug und mit gerissenem Witz erzählt Charles Lewinsky die Geschichte eines Mannes, der eine zweite…mehr

Produktbeschreibung
Jonas war ein seltsames Baby. Er weinte selten, übte wie besessen motorische Fähigkeiten; und seine Eltern glaubten sogar manchmal, den wissenden Blick eines Greises in seinem Gesicht zu entdecken. Wie wahr diese Vermutung ist, ahnen sie nicht. Schon als Kleinkind setzt Jonas alles daran, seine Flucht zu planen, ohne dabei aufzufliegen. Als er jedoch ein einziges Mal einen Menschen zum Freund haben will, ist sein Schicksal besiegelt: denn eine Regung des Guten erträgt das Böse nicht. Rasant, klug und mit gerissenem Witz erzählt Charles Lewinsky die Geschichte eines Mannes, der eine zweite Chance bekommt. Und eine dritte. Wie er sie nutzt, lässt das Blut bis in die nächste Generation gefrieren.
Autorenporträt
Charles Lewinsky wurde 1946 in Zürich geboren. Er arbeitete als Dramaturg, Regisseur und Redaktor. Er schreibt Hörspiele, Romane und Theaterstücke und verfasste über 1000 TV-Shows und Drehbücher, etwa für den Film "Ein ganz gewöhnlicher Jude", (Hauptdarsteller Ben Becker, ARD 2005). Für den Roman "Johannistag" wurde er mit dem Schillerpreis der Zürcher Kantonalbank ausgezeichnet. Sein Roman "Melnitz" wurde in zehn Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, u.a. in China als Bester deutscher Roman 2006, in Frankreich als Bester ausländischer Roman 2008. Lewinskys Roman "Gerron" wurde 2011 für den Schweizer Buchpreis nominiert, sein jüngster Roman "Kastelau" stand auf der Nominierungsliste für den Deutschen Buchpreis 2014.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.06.2016

Das dritte Leben
Charles Lewinsky klont in seinem arg spekulativen Roman „Andersen“ einen NS-Verbrecher.
Doch was das Monsterbaby im Dienste des Bösen erwartet, ist allemal unterhaltsam zu lesen
VON CHRISTOPH BARTMANN
Man hat schon gehört von NaziTätern, die nach dem Krieg mit neuem Namen und frisierter Biografie ein zweites Leben starteten, enttarnt vielleicht erst nach dem Ableben. Noch nicht gehört hat man hingegen von einem Fall wie diesem: Ein vormaliger NS-Folterknecht erfindet sich zunächst als Lebensmittelunternehmer neu, um schließlich im Mutterleib ein drittes Leben zu beginnen, körperlich ein Fötus, doch mental ein böser alter Mann. Wie kann man durch drei Verkörperungen und schon gar eine solche Kindwerdung hindurch derselbe bleiben?
  Andersen, der Mann, der als Kind nun Jonas heißt und der als Verhörexperte noch mal ganz anders hieß, gibt dem Leser Rätsel auf. Der Schweizer Autor Charles Lewinsky hat zu ihrer Lösung nichts Substanzielles beizutragen. Wie ist dem alten Andersen der Transfer, die Flucht oder was immer in Helenes Bauch gelungen, wo er nun, chronisch missmutig und intellektuell unterfordert, seine erneute Ankunft auf der Erde erwartet? Viel hält sich der Romanheld auf sein gutes Gedächtnis zugute, er kann sich zwar an alle Oberstudienräte seiner Schulzeit erinnern, aber wie vielen Kriegsverbrechern fallen auch ihm die entscheidenden Sachverhalte nicht ein. Wirklicher Aufschluss über das Geheimnis von Andersens Wiedergeburt wird uns nicht gewährt. Wie auch, denn von den vielen glaubhaften Maskeraden dieses Romans ist dies die eine, die es nicht geben kann. Lewinsky hat sich eine wahrlich außerordentliche Erzählerfigur und -position ausgedacht: ein pränatales Monsterbaby, das um Worte, Meinungen und Urteile nie verlegen ist.
  Ziemlich ausgedacht kommt einem dann auch der ganze Roman vor, kühn ausgedacht zwar, aber auch arg konstruiert. Man muss sich mit Unwahrscheinlichkeiten anfreunden, wenn man an „Andersen“ Freude haben will. In seinem ersten Leben, vor Andersen, war Andersen, sofern seinem Bericht zu trauen ist, ein Zyniker und Manipulator vor dem Herrn, ein Meister der psychologischen Kriegsführung, ein Sadist und Biedermann, nichts Geringeres als die Inkarnation des Bösen. Über die tatsächlichen Begleitumstände seines Tuns erfährt man wenig. Wo, für wen und in welcher Funktion hat Proto-Andersen seine bösen Werke verrichtet? Das scheint nicht die Art von Frage zu sein, die Lewinsky interessiert.
  Das Vorleben seines Protagonisten bleibt im Nebel, manches wird überpedantisch memoriert, anderes weiträumig ausgeblendet, und wenn der Erzähler sich nicht erinnern mag, lautet die Begründung, dass er sich ein halbes Leben lang versteckt hat: „Ich hatte mir fest vorgenommen“, heißt es einmal, „alles, was vor Andersen war, zu verstecken, es endgültig verschwinden zu lassen, sogar vor mir selber. Ist mir das zu gut gelungen? Erinnere ich mich in diesem Leben daran, weil ich es im letzten Leben so gründlich vergessen habe?“ In seinen Verkörperungen ist sich Andersen allen Gedächtnislücken zum Trotz doch stets treu geblieben: als Menschenfeind, oder eine Etage niedriger, als Ekelpaket. Ob er nun wirklich „das Böse“, was immer genau damit sein mag, repräsentiert, kann man bestreiten. Fest steht, dass Charles Lewinsky in dem Mann, der Andersen wurde und nun als Jonas noch einmal heranwächst, eine der unerfreulichsten Romanfiguren der Gegenwart kreiert hat. Einen übellaunigen Besserwisser und Querulanten, der alles immer schon gewusst hat, der alles immer schon vorausberechnen kann, der (bis kurz vor dem Ende) von keinerlei menschlicher Regung befallen wird und der damit insgesamt vielleicht weniger als die Fleischwerdung des Bösen, sondern des Dumm-Schlauen zu bezeichnen wäre.
  Kein Wunder, möchte man sagen, bei diesen Eltern, die aber natürlich nicht wirklich die leiblichen Eltern sind, sondern sozusagen Leihvater und -mutter eines Homunculus. Denn sie geben sich – in den Kapiteln, in denen der Vater dem heranwachsenden Kind ein Tagebuch schreibt – ebenfalls als unerfreuliche Zeitgenossen zu erkennen. Arno, der Vater, ist im IT-Gewerbe tätig, womit hier eine gewisse emotionale Verkümmerung erklärt werden soll. Seine Spezialität ist der müde Witz, natürlich als Rollenprosa, aber trotzdem findet man auf den Seiten dieses Romans zu viele müde Witze (oder wie wollte man die Bezeichnung „Sigmunda Freud“ für eine mit psychologischen Ratschlägen nervende Familienfreundin sonst klassifizieren?)
Im Umgang der Figuren, in ihren Rede- und Verhaltensweisen miteinander dominiert das Klischee: „Gestern Abend war Helene mit Max im Kino (ich werde nie verstehen, was Frauen an Hugh Grant finden), und ich hatte Kinderdienst.“ Frau + Kino = Hugh Grant, so geht es dahin, auch wenn man schon eine Weile begriffen hat, dass uns das Elternpaar nicht weiter zu interessieren hat. Bei allem, was an diesem Roman effektvoll und spannend „gemacht“ ist, langweilt er in der Eindimensionalität seiner Weltwahrnehmung doch ganz erheblich.
  Und wie geht es aus? Wenn man schon nicht erfährt, wie Jonas / Andersen in den Mutterleib gelangt ist, will man natürlich wissen, welcher Werdegang der dritten Existenz im Dienst des Bösen beschieden ist. Jedenfalls sticht der heranwachsende Jonas durch dieselbe Erfindungs-, Verwandlungs- und Durchsetzungsgabe heraus wie seine früheren Inkarnationen. Intelligenz und Kalkül sind dabei hilfreich, aber irgendwann kommt auch den Schlauesten das Leben dazwischen. Mit demselben Wort, mit dem der Roman angefangen hat, geht „Andersen“ zu Ende und hat seine Leser nicht schlecht unterhalten, aber auch nicht wirklich befriedigt.
Dieser Andersen zählt gewiss
zu den unerfreulichsten Figuren
der Gegenwartsliteratur
                  
  
  
  
  
Charles Lewinsky: Andersen. Roman. Verlag Nagel & Kimche, München 2016.
400 Seiten, 24,90 Euro. E-Book 18,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Jürg Altwegg kann nur staunen über den Reifeprozess des ehemaligen Unterhaltungsschriftstellers und Vielschreibers Charles Lewinsky. Lewinskys neuen Roman hält er für furios, randvoll mit befremdlichen Beschreibungen der Welt aus Sicht eines Unmenschen, wie er schreibt. Anspielungen auf den "Erlkönig" und auf Mozart entdeckt der Rezensent im Hirn des gebildeten Monsters, das ihm der Autor eröffnet, bis hin zu seinen kleinsten Empfindungen. Dass der Autor es mit den abstoßenden Szenen nicht übertreibt, stellt Altwegg dankbar fest und liest den Text bisweilen als politische Metapher eines Europas außer Rand und Band. Eins weiß Altwegg nach der Lektüre sicher: Das Böse gibt den besseren Stoff ab, vor allem, wenn er dramaturgisch derart gekonnt gestaltet ist, wie bei Lewinsky, findet der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Sein bisher bestes Buch. ... Wie Jonathan Littell in den 'Wohlgesinnten' versetzt sich Charles Lewinsky in das Hirn seines gebildeten Monsters. Er beschreibt dessen Regungen, Gedanken und Empfindungen, zum Glück, ohne es mit den abstoßenden Szenen zu übertreiben." Jürg Altwegg, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.04.16

"Unglaublich raffiniert erzählt. ... Erzeugt einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Einerseits wie ein Thriller, der auf eine Katastrophe zusteuert, andererseits kann man es auch durchaus philosophisch lesen, als eine Parabel auf das Böse in der Welt, das einfach nicht totzukriegen ist." Marion Brasch, rbb radioeins, 02.06.16

"Ein Roman, bei dem er sich verbietet, einfach schnöde den Inhalt preiszugeben. Ich möchte viel lieber auf die klassische Elke-Heidenreich-Formulierung zurückgreifen: Lesen! Ausrufungszeichen. ... Eine Geschichte, die einem den Atem nimmt, in ihrer sorgfältigen Dosierung von Feinsinn, Brutalität, Arglosigkeit und Hinterlist, von Komik und Dramatik, von Gut und Böse, Liebe und Hass." Christine Westermann, WDR 5, 27.05.2016

"Ein originelles Gedankenexperiment, höchst unterhaltsam, aber auch erschreckend." SRF Tagesschau, 14.04.16

"Sehr raffiniert. (....) Sehr spannend erzählt, sehr temporeich." Luzia Stettler, SRF1 Buchzeichen, 10.04.16

"Seine Geschichte von der Macht des Bösen ist meisterlich erzählt und liest sich erstaunlich leicht - und nicht ohne Schaudern. Denn Lewinsky gelingt es, das Grauen darzustellen, ohne es je aufzulösen in Thesen und Moral, ohne uns zu entlasten." Martin Zingg, Neue Zürcher Zeitung, 09.04.16

"'Andersen' ist schräg, witzig und unheimlich, schlicht der originellste Schweizer Roman seit langem. Verblüffend und mitreißend." Rico Bandle, Weltwoche, 31.03.16

"Der Erzählkünstler Lewinsky findet einen neuen Dreh, der so simpel wie genial ist." Iso Niedermann, Schweizer Illustrierte, November 2016

"Starker Tobak und poetisch bezwingend, gedanklich bedrängend." Alexander Kissler, Cicero, August 2016

"Fasziniert und mit Schaudern lesen wir eine so schlimme wie packende Geschichte von der Macht des Unheimlichen und Bösen." Manfred Papst, NZZ Bücher am Sonntag, 25.09.16

"Auf eine schaurige Art und Weise höchst unterhaltsam, spannend und witzig. ... Eine Variation zum Thema 'das Böse'." Nicola Steiner, SRF2 Kultur, 31.03.16

"Verblüffend, wie Lewinsky auch in 'Andersen' kein erzählerisches Risiko scheut. Hier wird uns ein Gruselroman und ein philosophischer Essay serviert, ein Entwicklungsroman, eine moderne Beziehungsstudie, ein Abenteurer- und Nachkriegsroman." Hansruedi Kugler, St. Galler Tagblatt, 15.03.16

"Mit 'Andersen' hat Charles Lewinsky eine kluge Abhandlung über menschliche Niedertracht geschrieben. Sprachlich dicht und unheimlich; gleichzeitig unterhaltsam und temporeich. ... Mit 'Andersen' hat Charles Lewinsky definitiv bewiesen, dass er zu den innovativsten und phantasievollsten Autoren der heutigen Schweizer Literatur zählt." Luzia Settler, SRF Kultur, 14.03.16

"Von Gestalt ein Kind, im Kopf ein Erwachsener aus dem letzten Jahrhundert: Diese geniale Kombination liefert wie spielerisch Erkenntnisse." Christine Richard, Basler Zeitung, 12.3.16

"Ein origineller Einfall, beklemmend und komisch zugleich." Martin Ebel, Tages-Anzeiger, 11.03.16

"Beklemmend, gleichzeitig geistreich. Ein höchst origineller Roman." Isabella Seemann, Tagblatt der Stadt Zürich, 30.03.16
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