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Schweden im Frühjahr 1940. Finnland und die Sowjetunion befinden sich in der letzten Phase des Winterkriegs. Während die schwedische Regierung auf Neutralität besteht, wünschen sich große Teile der Bevölkerung ein aktives Eingreifen in den Krieg. Überall in Schweden brodelt der Antikommunismus, bis er sich schließlich (wenige Tage vor dem Sieg der Roten Armee über die Finnen) im größten terroristischen Attentat in Schweden im 20. Jahrhundert entlädt: Am 3. März sprengt eine Gruppe von Männern das Gebäude der sozialistischen Zeitung Norrskensflamman in Luleå (Nordschweden, nahe der finnischen…mehr

Produktbeschreibung
Schweden im Frühjahr 1940. Finnland und die Sowjetunion befinden sich in der letzten Phase des Winterkriegs. Während die schwedische Regierung auf Neutralität besteht, wünschen sich große Teile der Bevölkerung ein aktives Eingreifen in den Krieg. Überall in Schweden brodelt der Antikommunismus, bis er sich schließlich (wenige Tage vor dem Sieg der Roten Armee über die Finnen) im größten terroristischen Attentat in Schweden im 20. Jahrhundert entlädt: Am 3. März sprengt eine Gruppe von Männern das Gebäude der sozialistischen Zeitung Norrskensflamman in Luleå (Nordschweden, nahe der finnischen Grenze) in die Luft, mehrere Menschen sterben bei dem Anschlag. ANN-MARIE LJUNGBERG zeichnet in ihrem spannenden Roman die Wochen vor und nach dem Attentat aus der Perspektive eines der Attentäter nach, des Journalisten Paul Wilhelmsson; dabei steht die psychische Verfassung im Vordergrund, das allmähliche Abtauchen in den finsteren Tunnel des Terrors. Warum werden Menschen zu Attentätern? Was ist moralisch vertretbar und was nicht? In Ann-Marie Ljungbergs Roman verwischen die Grenzen zwischen Eifer und Obsession, zwischen Engagement und Verbrechen, zwischen Individuum und Kollektiv, zwischen Realität und Einbildung. Ausgehend vom Gerichtsprozeß gegen die Täter erfährt der Leser in Zeitsprüngen erst nach und nach von den Ereignissen und erlebt mit, wie sich die Dynamik innerhalb der Gruppe der Attentäter verändert. Die Zeitsprünge werden dabei immer kleiner, bis die Woche des Attentats beginnt und die Nacht des Anschlags erzählt wird. Verstörend, spannend, informativ.
Autorenporträt
ANN-MARIE LJUNGBERG wurde 1964 im schwedischen Haparanda geboren, direkt an der Grenze zu Finnland und unweit von Luleå, dem Ort des Attentats. Für ihren Roman SIMONE DE BEAUVOIRS HJÄRTA (»Simone de Beauvoirs Herz«) wurde sie 2005 für den Augustpriset nominiert, den renommiertesten schwedischen Literaturpreis. Sie lebt in Göteborg.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Am 3. März 1940 sprengten Terroristen das Gebäude der sozialistischen Zeitung "Norskenflamman" in Lulea in die Luft, fünf Menschen, darunter zwei Kinder, starben. Viele Schweden hielten damals die deutsche Politik für das kleinere Übel, denn die Sowjetunion hatte Finnland angegriffen. Ann-Marie Ljungberg blendet vom Prozess gegen die Beteiligten zurück in die Monate, während der sie die Tat planten. Der Journalist Paul Wilhelmsson steht dabei im Zentrum der Erzählung. Als Kind war er lungenkrank und durfte deshalb nicht als Freiwilliger für Finnlands Freiheit kämpfen. Meisterhaft zeichnet die Autorin nach, wie sich aus seiner Verwirrung der Wunsch zu handeln herauskristallisiert. Wenig planvoll und nur im Kontakt zu den anderen Verschwörern und ihren Unterstützern, ein paar Soldaten um einen Offizier und den Polizeidirektor Dahlström, der in Wilhelmssons Fantasie zur mythisch überhöhten Führungsfigur wird, nähert er sich der Tat. Wie aus Defiziten und Wünschen ein Attentat entsteht, zeigt dieses Kammerspiel innerer Stimmen eindringlich und dezent. Aus einer Gemengelage von Antikommunismus, Romantik und Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben entsteht das Bild eines Menschen, der auf eigenartig ziellose Weise zum Terroristen wird - zutiefst erschreckend!

© BÜCHERmagazin, Lore Kleinert

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.07.2016

Die Bombe
Ann-Marie Ljungberg erzählt vom
Nazi-Terror in Schweden 1940
Zwar wird in diesem Roman die Geschichte eines Kapitalverbrechens erzählt. Aber das erste auf Deutsch vorliegende Buch der 1964 geborenen schwedischen Autorin Ann-Marie Ljungberg ist kein Krimi. Und schon gar kein „Schwedenkrimi“. Im Jahr 1940 geschah in Nordschweden ein politisches Terrorattentat – es war und ist das größte in der Geschichte Schwedens. Der Bombenanschlag auf das Redaktionsgebäude der sozialistischen Zeitung Norrskensflamman in der Stadt Luleå hatte 5 Todesopfer zur Folge; er wurde von schwedischen Faschisten ausgeführt.
  Der Attentäter war der Journalist Paul Wilhelmsson, ein Emporkömmling, dessen Verwendbarkeit für das Verbrechen ein „Komitee“ aus deutschfreundlichen Nazisympathisanten der Oberschicht in der Region Luleå rasch entdeckt und ausgenutzt hatte. Die Mitglieder des Komitees einte eine so inbrünstige wie vage Vaterlandsliebe und die Idee, Schweden müsse aufseiten des Nachbarlandes in den Winterkrieg zwischen der Sowjetunion und Finnland eintreten.
  Ljungberg erzählt diese Geschichte, indem sie sehr distanziert formulierte Psychogramme der Hauptfiguren in den tagebuchartig erzählten Fluss der Ereignisse in den Wochen vor und nach dem Attentat bis hin zur Gerichtsverhandlung und Verurteilung einbettet. Damit gelingt ihr eine überzeugende, die Nerven der Leser herausfordernde, lebendige und sehr konkrete Darstellung der Entstehung von politisch motiviertem Kapitalverbrechen aus Überzeugungs- und Interessenlagen heraus.
  Dieser analytischen Grundanlage dienen viele kleine Binnenerzählungen, die durch die objektive Chronologie des Geschehens zusammengehalten werden. Man lese etwa die 4 Seiten zum 24. Februar. Sie verdichten die Hetzjagd auf einen kleinen Jungen („der kleine Kommunist“), die Wilhelmsson und sein Freund Skogsl veranstalten. Ljungberg weiß, dass die Geschichte vom Bösen und Guten mit einfachen Mitteln nicht geschrieben werden kann. Nie gibt es in ihrem klugen stoffsicheren Erzählen einen Überschuss des Behaupteten gegenüber dem zur Darstellung Gebrachten.
  Die Geschichte der schwedischen Nationalsozialisten und ihrer Sympathie mit Nazideutschland ist noch nicht geschrieben. Bis heute verdankt Schweden seinen Ruf als demokratische und offene Gesellschaft der erst 1941 einsetzenden Politik des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Per Albin Hansson, der das Ende der Beschwichtigungs- bis Kollaborationspolitik gegenüber und mit Nazideutschland einleitete und damit eine außenpolitische Krise und innenpolitisch massive Zwistigkeiten bewirkte. Hansson grundierte die Leinwand für das Bild des neutralen, humanen Landes Schweden. Der Roman von Ann-Marie Ljungberg, der die Zeit unmittelbar vor Hansson schildert, verdient einen Platz in der großen Erzählliteratur Skandinaviens, soviel ist sicher.
STEPHAN OPITZ
  
Ann-Marie Ljungberg: Dunkelheit, bleib bei mir. Aus dem Schwedischen von Eva Scharenberg und mit einer Einführung von Björn Sandmark. Weidle Verlag, Bonn 2016. 208 Seiten, 23 Euro.
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