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In seinen Poetikvorlesungen, die er im Januar und Februar 2000 in Frankfurt gehalten hat, untersucht Hans-Ulrich Treichel exemplarisch am eigenen Fall das Werden eines Autors: wie das Leben, ob in der westfälischen Provinz, in Berlin oder in Rom und auf Reisen, den Autor gleichsam entwirft und zu dem macht, was er heute ist: Schriftsteller und damit immer auch Finder und Erfinder der eigenen Biographie.

Produktbeschreibung
In seinen Poetikvorlesungen, die er im Januar und Februar 2000 in Frankfurt gehalten hat, untersucht Hans-Ulrich Treichel exemplarisch am eigenen Fall das Werden eines Autors: wie das Leben, ob in der westfälischen Provinz, in Berlin oder in Rom und auf Reisen, den Autor gleichsam entwirft und zu dem macht, was er heute ist: Schriftsteller und damit immer auch Finder und Erfinder der eigenen Biographie.
Autorenporträt
Treichel, Hans-UlrichHans-Ulrich Treichel, am 12.8.1952 in Versmold/Westfalen geboren, lebt in Berlin und Leipzig. Er studierte Germanistik an der Freien Universität Berlin und promovierte 1984 mit einer Arbeit über Wolfgang Koeppen. Er war Lektor für deutsche Sprache an der Universität Salerno und an der Scuola Normale Superiore Pisa. Von 1985-1991 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Neuere Deutsche Literatur an der FU Berlin und habilitierte sich 1993. Von 1995 bis 2018 war Hans-Ulrich Treichel Professor am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig. Seine Werke sind in 28 Sprachen übersetzt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.2000

Nicht von Pappe

Wenn ein Autor wie Hans-Ulrich Treichel nach Frankfurt kommt, um dort über seine eigene Poetik zu lesen, dann erwartet man handfest Handwerkliches. Schließlich lehrt dieser Autor am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig die Kunst des Schreibens. Statt dessen erzählt er in seinen unter dem Titel "Der Entwurf des Autors" erschienenen Vorlesungen erst einmal von seiner Kindheit. Denn die eigene Biographie ist für Hans-Ulrich Treichel die Basis für seine literarische Arbeit. Allerdings ist diese Basis in seinem Fall gekennzeichnet von Leere. Als Kind von Vertriebenen ist er von jeder Vergangenheit abgeschnitten, die sich poetisch formen ließe. So entwickelt er seine Poetik aus dem Defizit. Es ist die Erfahrung der Abwesenheit, die ihn zum Schreiben treibt. In der ostwestfälischen Kindheit, die "umstellt von Pappkartons" war, wird die Leere zur prägenden, noch sprachlosen Erfahrung. Erst die Leere, die er in Berlin empfindet, schafft einen kreativen Raum, den er mit Lyrik zu füllen versucht. Zum ersten Mal meldet sich der Autor zu Wort. Die Langeweile der drückenden Sommermonate in der Villa Massimo schließlich löst den "autobiographischen Schreibimpuls" aus. Aus dem Lyriker wird ein Prosaschriftsteller.

Die Themen seines Schreibens findet Treichel immer in seinem eigenen Leben. Das heißt jedoch nicht, daß alle Aspekte der Gegenwart aus seinen Texten ausgeblendet sind. Auch wenn er historische Ereignisse unter einer sehr persönlichen Perspektive betrachtet, die Mauer etwa "meinen antiwestfälischen Schutzwall" nennt, betont er doch, daß Literatur immer auf die Gegenwart reagiert. Egal, wovon sie handelt. In gleicher Weise läßt sich behaupten, daß ein Autor immer poetologisch spricht, wenn er von sich selbst erzählt. Aber ein bißchen mehr hätte man dann vielleicht doch erwartet. Denn daß Treichel ein hervorragender Schriftsteller ist, beweisen nicht zuletzt die Vorlesungen selbst, die auf unterhaltsame Art belehrend sind. Die Konzentration auf das Biographische jedoch blendet seine jüngste Arbeit, die sich darauf nicht mehr reduzieren läßt, fast ganz aus. Der Roman "Tristanakkord" wird in seiner Poetikvorlesung mit keinem Satz erwähnt. Hier verkürzt sich der Autor in seinem Entwurf selbst. Und das ist schade. (Hans-Ulrich Treichel: "Der Entwurf des Autors". Frankfurter Poetikvorlesungen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2000. 130 S., br., 16,90 DM.)

SEBASTIAN DOMSCH

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zwiespältig äußert sich Sebastian Domsch über diesen Band. Zunächst zeigt er sich erstaunt darüber, dass hier kaum "Handwerkliches" geboten wird, und das, obwohl Treichel doch Dozent in Leipzig für die "Kunst des Schreibens" ist. Stattdessen erfahre man viel über Treichels Biografie und darüber, was ihn zum Schreiben gebracht hat. Das ist vor allem Defizit, Leere, Langeweile, wobei sich das Defizit vor allem auf die Tatsache bezieht, dass Treichel als Flüchtlingskind "von jeder Vergangenheit abgeschnitten" war. Die Konzentration auf Biografisches hat nach Domsch jedoch auch Nachteile. Denn Treichels Roman "Tristanakkord", der nicht mit Biografischem zu fassen ist, kommt daher in diesen Vorlesungen nicht vor. Bedauerlich findet Domsch dies, allerdings bewertet er die Vorlesungen insgesamt als "auf unterhaltsame Art belehrend".

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