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Der wissenschaftliche Charakter der philosophischen Ethik und politischen Philosophie und die ihnen entsprechende methodische Erkenntnis sind trotz der jüngsten weltweiten Rehabilitierung der praktischen Philosophie noch immer umstritten. In dieser Situation empfiehlt es sich, die in der zeitgenössischen Diskussion vorherrschenden Grundmodelle kritisch zu untersuchen sowie an ausgewählten Problemen die normativ-kritische Kompetenz der praktischen Philosophie unter Beweis zu stellen. Der vorliegende Band stellt sich dieser doppelten Aufgabe: Zum einen wird die durch mannigfaltige…mehr

Produktbeschreibung
Der wissenschaftliche Charakter der philosophischen Ethik und politischen Philosophie und die ihnen entsprechende methodische Erkenntnis sind trotz der jüngsten weltweiten Rehabilitierung der praktischen Philosophie noch immer umstritten. In dieser Situation empfiehlt es sich, die in der zeitgenössischen Diskussion vorherrschenden Grundmodelle kritisch zu untersuchen sowie an ausgewählten Problemen die normativ-kritische Kompetenz der praktischen Philosophie unter Beweis zu stellen. Der vorliegende Band stellt sich dieser doppelten Aufgabe: Zum einen wird die durch mannigfaltige Mißverständnisse verdeckte und verzerrte originäre Rationalitätsstruktur der Grundmodelle herauspräpariert, ohne vor der Kritik herrschender Interpretationen zurückzuschrecken. Diese Grundmodelle stammen aus verschiedenen sowohl kontinentalen wie anglo-amerikanischen Denktraditionen.
Autorenporträt
Höffe, OtfriedOtfried Höffe ist emeritierter Professor für Philosophie an der Universität Tübingen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.09.2013

Werktagsglück oder Sonntagsglück?
Stets gibt er verständliche Hinweise auf das Vertretbare: Der Philosoph Otfried Höffe führt in die Ethik ein

Die philosophische Ethik hat es nicht leicht. Zwar wird sie vielfach nachgefragt, für Kommissionen beispielsweise, die der Politik Rat geben sollen. Fast jeder gesellschaftliche Konflikt scheint Moralfragen aufzuwerfen: Tierethik, Medizinethik, Umweltethik. Sogar Unternehmen beanspruchen, ethische Standards einzuhalten. Doch ob die Beteiligung an der Produktion der entsprechenden Gütesiegel selbst moralisch vertretbar ist, daran melden sich Zweifel.

Verzieren nicht vielleicht Politik und Wirtschaft nur, was sie für mehrheitsfähig halten, mit güldener Wertarbeit? Und ist das Gute wirklich ein Wissen, eine Frage des richtigen Durchdenkens, der besseren Begründung? Soll man sich den guten Menschen als besonders begründungsstark vorstellen? Zugleich hat die moderne Gesellschaft gemischte Erfahrungen mit dem Guten gemacht.

Sie kennt die guten Folgen zweifelhafter Absichten: den Markt. Sie kennt die zweifelhaften Folgen guter Absichten: die Pädagogik. Und schließlich kennen wir die Unvermeidbarkeit der Doppelmoral, der Kasuistik. Otfried Höffe hat ein ganzes Philosophenleben der Ethik gewidmet. Duisburg, Fribourg und Tübingen waren dabei seine Stationen. Es gibt kein Moralgebiet, über das er nicht geschrieben hat, keine Tugend und keinen Wert, die von ihm nicht hochverständlich erläutert worden wären. Das Kopftuch und die Spitzengehälter, der Datenschutz und der Generationenvertrag, das Urheberrecht und der Föderalismus, Höffe hat zu all dem aus seinem Studium der Klassiker - für ihn vor allem Aristoteles, Kant und Rawls - Hinweise auf das Vertretbare gezogen.

Wenn Höffe, der heute siebzig Jahre alt wird, jetzt eine Einführung in die Ethik vorlegt, ist das ein neuerlicher Beweis dieser Unermüdlichkeit. Sie zeigt sich auch in seiner Ansicht, wer die Frage nach dem Gutsein einer Handlung vorzeitig abbreche, müsse sich rechtfertigen. Dass man, um zu handeln, aufhören muss zu reflektieren, Termindruck also oder "Endlichkeit" genügen Höffe nicht. Im Leben mag dieses Insistieren auf Begründungen zu Schwierigkeiten führen. Der herrliche Satz jener entnervten Mutter, deren Kind unnachgiebig gute Gründe fürs Zubettgehen verlangte, "Du gehst jetzt ins Bett! Ich werd dich später überzeugen", belegt den Sinn fürs vordiskursiv Notwendige.

Zum Prinzip erhoben, würde das aber jede Einführung in die Ethik stark abkürzen. Was uns Höffe statt dieser Abkürzung zeigt, ist ein zerklüftetes Gebiet. Das Gute ist teils an das Menschenmögliche gebunden. "Unmögliches ist nicht verlangbar", sagt der Jurist. Teils ist der Mensch aber auch zum guten Handeln wider seine Natur befähigt. Tugenden, sagen die einen, tun uns selber gut. Märtyrer, entgegnen die anderen, sind tugendhaft, ohne dass es ihnen guttäte. Und selbst wenn man sich auf hervorgebrachtes Glück als Kriterium für gute Taten einigen könnte - mehr als Dissens, worin es besteht, ist nicht zu erreichen. Die einen finden es im Frieden, die anderen würden ihn der Ehre nicht opfern wollen. Höffe schlägt die Unterscheidung von "Werktagsglück" und "Sonntagsglück" vor, aber man hört heraus, dass dem Kantianer in ihm das nicht gefallen kann.

So hinterlässt uns diese Einführung gerade dadurch, dass sie alle Positionen erwähnt, unentschieden. Das aber muss in Fragen der Ethik kein Nachteil sein. Denn erstens scheint guter Rat nicht teuer, sondern überreich vorhanden. Und zweitens verdeutlicht das Studium der ethischen Argumente, gerade weil es so viele davon gibt, dass Güte zumeist nicht auf ihnen beruht und Bösartigkeit wohl nur selten ein Mangel an Philosophie ist.

JÜRGEN KAUBE

Otfried Höffe: "Ethik". Eine Einführung.

Verlag C. H. Beck, München 2013. 128 S., br., 8,95 [Euro].

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