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Die Herausforderungen der Gedenkstättenpolitik in einer (post-)migrantischen Gesellschaft.Über den Beitrag des historischen Erinnerns für die demokratische Stabilisierung einer (Post-)Migrationsgesellschaft wird in Deutschland nicht erst nachgedacht, seit 2015 Geflüchtete in großer Zahl ins Land gekommen sind. Doch stellt sich eine Frage seither umso drängender: Wie kann die eigentlich zwingend nationalgeschichtlich orientierte selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus über den nationalgeschichtlichen Referenzrahmen hinaus für Menschen anderer Herkunft geöffnet und…mehr

Produktbeschreibung
Die Herausforderungen der Gedenkstättenpolitik in einer (post-)migrantischen Gesellschaft.Über den Beitrag des historischen Erinnerns für die demokratische Stabilisierung einer (Post-)Migrationsgesellschaft wird in Deutschland nicht erst nachgedacht, seit 2015 Geflüchtete in großer Zahl ins Land gekommen sind. Doch stellt sich eine Frage seither umso drängender: Wie kann die eigentlich zwingend nationalgeschichtlich orientierte selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus über den nationalgeschichtlichen Referenzrahmen hinaus für Menschen anderer Herkunft geöffnet und relevant werden, ohne dabei historische Identität aufzunötigen oder den Nationalsozialismus von seinem deutschen Ursprung abzukoppeln?Der Band versammelt Anstöße zum Diskurs über diese Fragen, vermittelt Orientierungen für die Bildungspraxis und regt dazu an, im Sinne eines reflexiven Geschichtsbewusstseins über das Verhältnis von historisch-politischem Lernen und Gegenwartsbezug sowie über die Zukunftsaufgaben der KZ-Gedenkstätten nachzudenken.Aus dem Inhalt:Omar Kamil: Junge Migranten und Migrantinnen und Antisemitismus: Eine Suche nach Anerkennung in Deutschland?Aycan Demirel: Erfahrungen in der historisch-politischen Bildungsarbeit mit Jugendlichen aus EinwandererfamilienAstrid Messerschmidt: Rassismus- und antisemitismuskritische Geschichtsvermittlung im Kontext von vielfältigen ZugehörigkeitenGespräch mit Cem Özdemir: Die Bundesrepublik als Einwanderungsgesellschaft: geschichtskulturelle und pädagogische Herausforderungen
Autorenporträt
Volkhard Knigge, Prof. em., Dr. phil., geb. 1954, Historiker, Geschichtsdidaktiker, Psychoanalytiker. Von 1994 bis April 2020 Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, kuratierte und leitete zahlreiche Ausstellungen, 2002 Ernennung zum Honorarprofessor, 2008 bis 2020 Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte in Medien und Öffentlichkeit am Historischen Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena, zahlreiche Auszeichnungen, darunter das Offizierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen (2005), der Carl-von-Ossietzky-Preis für Politik und Zeitgeschichte der Stadt Oldenburg (2006), das Bundesverdienstkreuz (2006) sowie der Heinz-Galinski-Preis der Jüdischen Gemeinde zu Berlin (2007), 2013 ernannte ihn die Republik Frankreich zum Ritter der Ehrenlegion.

Sybille Steinbacher, Direktorin des Fritz Bauer Instituts und und Professorin für Geschichte und Wirkung des Holocaust am Historischen Seminar der Goethe-Universität Frankfurt a. M. Veröffentlichungen u. a.: Ein Verbrechen ohne Namen. Anmerkungen zum neuen Streit über den Holocaust (2022, mit Saul Friedländer, Norbert Frei und Dan Diner), Wie der Sex nach Deutschland kam. Der Kampf um Sittlichkeit und Anstand in der frühen Bundesrepublik (2011); Auschwitz. Geschichte und Nachgeschichte (2004); »Musterstadt« Auschwitz. Germanisierungspolitik und Judenmord in Ostoberschlesien (2000).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.01.2020

Kollision
der Gedächtnisse
Wie Gedenkstättenarbeit
mit Migranten funktionieren kann
Vor zehn Jahren standen die KZ-Gedenkstätten vor einer gewaltigen Herausforderung. Das Ende der Ära der Zeitzeugen war absehbar, neue pädagogische Konzepte mussten entwickelt und in der Praxis getestet werden; denn lange Zeit schien nichts eindrücklicher für Schulklassen zu sein als ein Gespräch mit einem Überlebenden oder einer Überlebenden. Zu dieser Herausforderung haben sich allerdings weitere gesellt, verstärkt seit dem Zuzug von fast einer Million Migranten im Jahr 2015. Historiker und Praktiker aus den Gedenkstätten haben sich daher auf dem Dachauer Symposium für Zeitgeschichte darüber unterhalten, wie die „zunächst zwingend nationalgeschichtlich orientierte selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus über den nationalgeschichtlichen Referenzrahmen hinaus für Menschen anderer Herkunft und Erfahrung geöffnet und relevant werden kann“.
Einig war man sich, dass verpflichtende Besuche von Schulklassen in einer Gedenkstätte, wie es immer wieder mal gefordert wird, das Problem nicht lösen.
Der Band mit dem Untertitel „Die Erfahrungen des Nationalsozialismus und historisch-politisches Lernen in der (Post-)Migrationsgesellschaft“ versammelt die Vorträge und die Diskussion – und er ist aufgrund der unterschiedlichen Ansätze lohnend und anregend über das angesprochene Fachpublikum hinaus. So erzählt etwa die stellvertretende Direktorin der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannseekonferenz, Elke Gryglewski, von den Erfahrungen mit muslimischen Jugendlichen, die nach ihrem Eindruck keinesfalls die Beschäftigung mit den NS-Verbrechen verweigern, von so profanen Neuerungen, dass Informationstafeln nun auch ins Türkische und Arabische übersetzt wurden, und dass sich geflüchtete Jugendliche nach einem Vorbereitungskurs gegenseitig durch die Ausstellung führen können. Roland Hirte, pädagogischer Mitarbeiter in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald erzählt von traumatisierten Geflüchteten, die angesichts des „Prügelbocks“ davon berichten, dass die Polizei in Syrien noch heute mit derartigen „Maschinen“ arbeitet.
Oliver von Wrochem, Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, stellt die Frage, was es für Menschen mit Migrationshintergrund bedeutet, wenn sie von Haus aus als „Nichtbetroffene“ von einem gemeinsamen Erfahren und Lernen durch die Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen sind. Und der Historiker Omar Kamil erklärt eindrucksvoll, wie es zur „Kollision der Gedächtnisse“ gekommen ist. Seine These: Europa blickt auf den Zweiten Weltkrieg und sieht vor allem den Holocaust, im arabischen Raum steht aber für diesen Zeitraum die koloniale Gewalterfahrung im Vordergrund. Wenn man sich hierzulande für arabische Geschichtsnarrative öffnen würde, ließen sich Holocaust-Erinnerungen als Brücke für unterschiedliche Gewalterfahrungen nutzen, so die These.
ROP
Volkhard Knigge,
Sybille Steinbacher (Hg.):
Geschichte von gestern
für Deutsche von morgen? Dachauer Symposien zur Zeitgeschichte, Band 17. Wallstein-Verlag,
Göttingen 2019.
220 Seiten, 20 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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»lohnend und anregend über das angesprochene Fachpublikum hinaus« (Robert Probst, Süddeutsche Zeitung, 20.01.2020)