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Nicholas Goodrick-Clarkes Buch ist nach wie vor das Standardwerk über die verschiedenen völkisch-okkulten Sekten, Organisationen und Einzelpersonen, die mit der Frühzeit der nationalsozialistischen Bewegung in Verbindung gebracht werden:Guido von List und seine "Armanenschaft", Jörg Lanz von Liebenfels mit seinen Ostara-Heften und dem "Orden der Neuen Templer" (ONT), der Germanenorden und die geheimnisumwitterte Thule-Gesellschaft, die Edda-Gesellschaft und der seltsame Prophet Karl Maria Wiligut, der unter dem Namen Weisthor zu "Himmlers Rasputin" wurde, sowie diverse andere Ariosophen,…mehr

Produktbeschreibung
Nicholas Goodrick-Clarkes Buch ist nach wie vor das Standardwerk über die verschiedenen völkisch-okkulten Sekten, Organisationen und Einzelpersonen, die mit der Frühzeit der nationalsozialistischen Bewegung in Verbindung gebracht werden:Guido von List und seine "Armanenschaft", Jörg Lanz von Liebenfels mit seinen Ostara-Heften und dem "Orden der Neuen Templer" (ONT), der Germanenorden und die geheimnisumwitterte Thule-Gesellschaft, die Edda-Gesellschaft und der seltsame Prophet Karl Maria Wiligut, der unter dem Namen Weisthor zu "Himmlers Rasputin" wurde, sowie diverse andere Ariosophen, Runenokkultisten und Vertreter einer rassistischen Neognostik.Der Autor erzählt fesselnd die Geschichte dieser verschiedenen Organisationen und die oft abenteuerlichen Lebenswege ihrer Protagonisten und schildert ihre wesentlichen okkulten Lehren und politischen Vorstellungen. Viele Legenden, die sie selbst oder findige Buchautoren in üppiger Form verbreitet haben, werden durch die wissenschaftliche Nachschau zerstört, doch auch die Fakten klingen seltsam und bizarr genug, wenn von Sodoms-Äfflingen und Tschandalen, irministischen Priestern und heiligen Femegerichten die Rede ist.Diese "faszinierende Studie" (The Times) macht darüber hinaus aber noch deutlich, in welch großem Ausmaß die Vertreter dieser rassistischen Neognostik in der breiten okkulten Subkultur Deutschlands und Österreichs eingebunden waren, und wie viele enge Verbindungen es mit bekannten Astrologen, Theosophen oder Anthroposophen gegeben hat."Es existiert keine gründlichere und umfassendere Studie zum Thema. An Goodrick-Clarke kann man nicht vorübergehen." (The Times)"An der Verlässlichkeit des Historikers Goodrick-Clarke ist nicht zu zweifeln." (Frankfurter Allgemeine Zeitung)"Das Standardwerk über die verschiedenen völkisch-okkulten Personen, Sekten und Organisationen, die eine Rolle in der Frühgeschichte der nationalsozialistischen Vorstellungswelt spielen." (Zeitschrift für Politikwissenschaft)
Autorenporträt
Dr. Nicholas Goodrick-Clarke ist Vortragender und Autor im Bereich deutsche Geschichte und Literatur. Er schreibt außerdem regelmäßig Artikel und Rezensionen für "The Times". Er ist Senior-Mitglied von St. Edmund Hall der Universität Oxford und Vize-Vorsitzender des Keston College in Oxford. "
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.07.1998

Was die Runen raunen
Erberinnerungen, Theozoologie: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus

Nicholas Goodrick-Clarke: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus. Aus dem Englischen übersetzt von Susanne Mörth. Leopold Stocker Verlag, Graz 1997. 261 Seiten, 33 Seiten Abbildungen, 49,80 Mark.

Im Umgang mit Epochen waren sie nicht zimperlich. Demnächst würde das Tausendjährige (großgermanische) Reich anbrechen. Darin stimmten sie überein. Die Vergangenheit betreffend, gingen ihre Ansichten etwas weiter auseinander. Einer, Guido von List (1848-1919), favorisierte die heidnisch-germanische Frühzeit und den Typus "Priesterkönig". Ein anderer, Jörg Lanz von Liebenfels (1874-1954), berief sich aufs Mittelalter und den Typus "Mönchsritter". Ein dritter, Rudolf von Sebottendorff (1875-1945), steuerte altnordische Ufer an: Ultima Thule. Ein vierter, Karl Maria Wiligut (1866-1946), rechnete noch etliche Jahrzehntausende weiter zurück, datierte die Blütezeit der Wiligoten - seiner eigenen Vorfahren! - um 12 500 v. Chr. und wußte sich auch mit Armin dem Cherusker und Herzog Wittekind verwandt. Dabei kam ihm seine "hellseherische Erberinnerung" zustatten.

Auch die übrigen drei legten sich, mehr oder weniger begründet, Adelsprädikate zu, was in keinem Fall mit den Niederungen beruflichen Fortkommens zu tun hatte, sondern ihrem elitären Bewußtsein besser entsprach, als es ein bürgerlicher Name und ein bürgerlicher Beruf vermocht hätten. Wäre er doch, wie sein Vater, Lederhändler geblieben, wünscht man sich bei der Lektüre von Lists Lebenslauf, seinem weitverzweigten Wirken als Schriftsteller, Volks- und Brauchtumsforscher, Geheimbündler, Logengründer und Visionär einer ario-germanischen Gesellschaft, die, nach Rasseregeln vom Lohnsklaven zum Herrenmenschen gestaffelt, anmutet wie ein Modell für die 30 Jahre später erlassenen Nürnberger Gesetze.

Buchautor Nicholas Goodrick-Clarke nimmt jeden Faden auf, der sich im Knüpfteppich von Lists Weltbild findet: germanische Mythologie, Theosophie, Kabbala sowie Geheimlehren der Freimaurer, Rosenkreuzer und Templer. Ebenso akribisch porträtiert er die Ansichten und Aktivitäten der bereits genannten und einer Handvoll weiterer Bündler, die alle völkisch-konservativ gesinnt und in Esoterikzirkeln engagiert waren. Aufschlußreicher als das Phänomen selbst sind die Ursachen und wohl auch die Folgen.

Der um die Jahrhundertwende zu beobachtende Rückschwung des gründerzeitlichen Fortschrittsglaubens, der gegen Industrie und Großstadt, Liberalität und Demokratie gerichtete Kulturpessimismus bot einen speziellen Nährboden für Ängste und Überheblichkeiten - in Deutschland, erst recht aber in Österreich. Bezeichnenderweise stammten List, Lanz und Wiligut alle aus Wien. Bei vielen Österreichdeutschen lösten damals die "Überfremdung" im Vielvölkerstaat, die "slawophile" Regierung, die Einführung des allgemeinen Wahlrechts (für Männer 1907) und das explosionsartige Wachstum der Städte Ängste aus. Der Wunsch nach elitärer Absonderung und das zum Wahn des Auserwähltseins gehörige Feindbild wurde auf Liberale und Juden, Kapitalisten und Kleriker projiziert. Man suchte Zuflucht bei den Alldeutschen, im Germanenbund und in der "Los-von-Rom"-Bewegung des Abgeordneten Georg von Schönerer. Dessen Votum: "Nur das Blut begründet Bürgerrecht" war den Lists und Lanzens aus dem Herzen gesprochen. So wurden sie Rassisten.

Lanz von Liebenfels gründete 1907 den Neutempler-Orden und gab von 1905 bis 1930 eine Broschürenreihe heraus, benannt nach der germanischen Frühlingsgöttin "Ostara" und konzipiert als Ratgeber für die Züchtung von Ariern. Haßerfüllt nicht nur gegen den politischen Gleichheitsgrundsatz, sondern auch gegen die christliche Nächstenliebe, fand er, die Religion sei seit dem Mittelalter sentimental geworden, und forderte - wie früher schon der deutsche Orientalist Paul de Lagarde - ein arisiertes Christentum. Gottmenschen und Tiermenschen, helle und dunkle Rassen bildeten den Stoff seiner sogenannten Theozoologie, wonach vorzeiten die Minderwertigen mittels Promiskuität "die edlen Arier auf der Evolutionsleiter herabzogen". Der lange Kampf der "Asinge" gegen "Sodoms Äfflinge" müsse nun in den Wehen des Weltkriegs gewonnen werden. Danach sei für die "Minderwertigen" Sklavenarbeit, Deportation, Auslöschung vorzusehen.

Es ist anzunehmen, daß der diesen grauenhaften Theorien zugrundeliegende Rassenwahn in den populären Antisemitismus allmählich einsickerte. Hitler selbst las in seinen Wiener Jahren "Ostara"- Heftchen und hat ihnen möglicherweise mehr entnommen als seiner stets behaupteten Lektüre der Werke von Nietzsche, Gobineau oder H. St. Chamberlain. Dennoch oder ebendeshalb erhielt Lanz von Liebenfels nach 1938 Publikationsverbot. Persönlich kannte Hitler kaum einen der "völkischen Wanderscholaren", wie er sie nannte. Aber in "Mein Kampf" schmähte er sie ausgiebig: "Es ist das Charakteristische dieser Naturen, daß sie von altgermanischem Heldentum . . . schwärmen, in Wirklichkeit aber die größten Feiglinge sind, die man sich vorstellen kann. Denn die gleichen Leute, die mit altdeutschen, vorsorglich nachgemachten Blechschwertern in den Lüften herumfuchteln, ein präpariertes Bärenfell mit Stierhörnern über dem bärtigen Haupte, predigen für die Gegenwart immer nur den Kampf mit geistigen Waffen und fliehen vor jedem kommunistischen Gummiknüppel . . ."

Keinen Fluchtweg gab es in den Münchner Wirren nach der Ermordung Kurt Eisners unter anderem für die sieben Mitglieder der Thule-Gesellschaft, die am 30. April 1919 nach ihrer Geiselnahme nicht nur niedergeknüppelt, sondern erschossen wurden. Die erbitterte Reaktion darauf war Zuwachs bei den Freikorps, aber auch bei der NSDAP. Rudolf Heß, Alfred Rosenberg und Dietrich Eckart hatten der Thule-Gesellschaft angehört. Ihr Gründer indessen, Rudolf Glauer alias von Sebottendorff, mußte nach dem Geiseldrama abtauchen, da ihm fahrlässiger Umgang mit den Mitgliederlisten zur Last gelegt wurde. Die Spur dieses Abenteurers unter den Völkischen führte ins Ausland. 1945 soll er im Bosporus ertrunken sein.

Gemessen am persönlichen Einfluß auf einen Nazimachthaber, war der Offizier Karl Maria Wiligut der erfolgreichste Okkultist. Er beriet den für dergleichen besonders anfälligen Heinrich Himmler in Ahnenkunde und in Fragen des Arrangements von Weihezeremonien. Er wurde Abteilungsleiter im Rasse- und Siedlungshauptamt und war beauftragt, die Wewelsburg bei Paderborn als Museum, Offiziersschule und SS-Ordensburg herzurichten. Später sollte er sie zu einem prunkvollen "SS-Vatikan" ausbauen. Aber da war der alte Herr schon in Ungnade gefallen, und dann brach der Krieg derlei Planungen ab.

Fazit der auch im bibliographischen Teil überaus gründlichen Studie, die aus Goodrick-Clarke's Oxford-Dissertation hervorgegangen ist und schon 1985 in England veröffentlicht wurde: Die Naziherrschaft war nicht aus dem Nebelreich okkultistischer Zentren ferngesteuert. Das ist festzuhalten trotz mancher Details in den zitierten Schriften, die einem Entwurf des Holocaust gleichkommen. Daß ein Kampf kosmischer Kräfte am Werk und Hitler eine Inkarnation des Bösen gewesen sei, wurde und wird unter Esoterikern, besonders Englands und Frankreichs, behauptet. Auch dies dokumentiert der Band, im Anhang.

An der Verläßlichkeit des Historikers Goodrick-Clarke ist nicht zu zweifeln. Auf welche Weise er es allerdings fertigbrachte, seine Fundsachen: die phantasmagorischen Texte, die abstrusen Rituale, die Gralsmystik und Runendeutelei mit einer an Temperamentlosigkeit grenzenden Geduld auszubreiten - sempre moderato -, gibt Rätsel auf. Schon all das zu lesen fällt schwer genug.

CORONA HEPP

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